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Passivlegitimation Vermieter bei Veräußerung des Hausgrundstücks während des Prozesses

AG Neukölln – Az.: 15 C 242/11 – Urteil vom 16.08.2012

1. Das Versäumnisurteil vom 03.04.2012 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die durch die Säumnis der Beklagten im Termin am 03.04.2012 entstandenen Kosten, die diese zu tragen hat.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Beseitigung behaupteter Feuchtigkeitsschäden in einer Mietwohnung, Feststellung ihrer Berechtigung zur Mietminderung und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

Die Klägerin mietete von der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin des Grundstücks war, mit schriftlichem Vertrag vom 23.11.1994 eine Wohnung im Hause … Berlin (Anlage K1).

Mit E-Mail-Schreiben vom 13.08.2012 wandte sich die Klägerin an die Hausverwaltung der Beklagten, teilte dieser mit, dass an der Decke im Wohnzimmer ein Wasserschaden sei und bat um Rückmeldung (Anlage K2). Mit Schreiben vom 03.09.2011 und 19.09.2011 forderte sie die Beklagte zur Mängelbeseitigung auf (Anlagen K4 und K5). Schließlich machte sie mit Anwaltsschreiben vom 29.09.2011 nochmals die Beseitigung eines Wasserflecks an der Wohnzimmerdecke und weiterer Mängel geltend und kündigte eine Mietminderung von 10 % an (Anlage K6).

Die Beklagte veräußerte die Liegenschaft an die … die am 09.03.2012 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihre Begehren der Mängelbeseitigung und Feststellung der Mietminderung weiter; daneben macht sie die Erstattung ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend.

Die Klägerin behauptet, Ende Juli 2011 sei ein ca 1 cm² großer Wasserfleck an der Wohnzimmerdecke aufgetreten. An der Außenwand des Wohnzimmers befinde sich ein Riss, neben dem sich Feuchtigkeit und Schimmel ausgebildet habe. Oberhalb des Balkons sei die Hauswand undicht, so dass bei Regen vom Fassadenanstrich verfärbtes Wasser auf den Balkon laufe. Sie meint, sie könne den Anspruch auf Mängelbeseitigung im vorliegenden Rechtsstreit auch nach der Veräußerung der Mietsache weiter gegen die Beklagte geltend machen.

Mit Versäumnisurteil in dieser Sache vom 03.04.2012 ist die Beklagte antragsgemäß verurteilt worden. Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.04.2012 zugestellte Urteil am 19.04.2012 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 03.04.2012 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 03.04.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Wasserschaden sei nur von geringem Ausmaß gewesen und habe eine unerhebliche optische Beeinträchtigung dargestellt. Er sei inzwischen getrocknet. Sie meint, dass die Klägerin die Mängelbeseitigung nach der Veräußerung der Mietsache nicht mehr von ihr verlangen könne.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30.07.2012 trägt die Klägerin weiter vor, dass der Zeuge … der sich als Lebensgefährte der Klägerin regelmäßig in der Wohnung aufhalte, die geltend gemachten Mängel bestätigen könne. Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Mietminderung werde begrenzt bis zum 31.01.2012, da zwischen der Beklagten und der … ein Lasten- und Nutzenwechsel zum 01.02.2012 vereinbart worden sei; im Übrigen werde der Rechtsstreit wegen des weitergehenden Feststellungsantrags in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

EntscheidungPassivlegitimation Vermieter bei Veräußerung des Hausgrundstücks während des Prozessessgründe

I.

Der zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Einspruch hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Beseitigung der geltend gemachten Mängel der Mietsache aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB – der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage – zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die behaupteten Mängel tatsächlich bestehen. Denn jedenfalls ist die Beklagte hinsichtlich eines etwaigen Instandsetzungsanspruchs der Klägerin nicht mehr passivlegitimiert. Durch die Veräußerung des Grundstücks an die … ist diese gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf Vermieterseite anstelle der Beklagten in das Mietverhältnis eingetreten. Die Passivlegitimation der Beklagten besteht auch nicht nach den §§ 265, 266 ZPO fort. Gemäß § 266 Abs. 1 ZPO ist, wenn über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechts, das für ein Grundstück in Anspruch genommen wird, oder einer Verpflichtung, die auf einem Grundstück ruhen soll, zwischen dem Besitzer und einem Dritten ein Rechtsstreit anhängig ist, im Falle der Veräußerung des Grundstücks der Rechtsnachfolger berechtigt und auf Antrag des Gegners verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, in der er sich befindet, als Hauptpartei zu übernehmen. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen bereits deshalb nicht vor, weil es an dem Grundstücksbezug des Rechtsstreits fehlt, der insbesondere bei dinglichen Rechten gegeben ist, nicht aber bei schuldrechtlichen Ansprüchen (vgl. Zöller-Greger, 29. Auflage, § 266 Rn. 3 m. w. N.). Der von der Klägerin geltend gemachte Mangelbeseitigungsanspruch ist jedoch ein rein schuldrechtlicher Anspruch, da er in dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietverhältnis begründet ist. Auch die Voraussetzungen des § 265 ZPO für die Fortführung des Rechtsstreits durch die Beklagte liegen nicht vor. Nach dessen Absatz 1 schließt die Rechtshängigkeit das Recht der einen oder anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern, nach Absatz 2 hat die Veräußerung auf den Prozess keinen Einfluss. Das Grundstück ist nicht im Sinne der Norm streitbefangen. Denn dies setzt voraus, dass die für das Verfahren maßgebliche Sachlegitimation des Rechtsvorgängers auf seiner rechtlichen Beziehung zu der Sache beruht und diese den unmittelbaren Gegenstand des Rechtsstreit bildet (BGH, Urteil v. 20.07.2007 – V ZR 245/06 –, NJW-RR 2008, 102, 104 m. w. N.). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Eigentum oder ein dingliches Recht an der Sache streitig ist; bei nichtdinglichen Rechten kommt eine solche Annahme in Betracht, wenn sie der Sache in einer dinglichen Rechten vergleichbaren Weise anhaften (vgl. BGH, Urteil v. 20.07.2007, a. a. O.). Letzteres ist hier nicht der Fall, da der Mangelbeseitigungsanspruch nicht der Sache selbst anhaftet, sondern vom jeweiligen Vermieter zu erfüllen ist, und zwar unabhängig von seiner dinglichen Beziehung zur Mietsache.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Feststellung der Mietminderung aus § 536 Abs. 1 BGB besteht ebenfalls nicht. Die Beklagte hat das Vorliegen von Mängeln – mit Ausnahme des Wasserflecks, der als unerhebliche Minderung der Tauglichkeit im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 3 BGB außer Betracht zu bleiben hat – bestritten. Die Klägerin wurde in der mündlichen Verhandlung vom 10.07.2012 darauf hingewiesen, dass ihr Vortrag zu der Frage, welche behaupteten Mängel der von ihr benannte Zeuge … beobachtet habe und wann er sich in der Wohnung aufgehalten habe, nicht ausreichend sei. Einen Schriftsatznachlass gemäß § 139 Abs. 5 ZPO hat die Klägerin hierauf nicht beantragt, so dass ihr ergänzender Vortrag hierzu im Schriftsatz vom 30.07.2012 nach § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen ist. Soweit die Klägerin zum Beweis der Mängel Augenschein angeboten hat, so wäre dieser nicht geeignet, etwaige Mängel in der Zeit bis zum Eigentümerwechsel festzustellen. Der Feststellungsanspruch bestünde – ebenso wie der Mangelbeseitigungsanspruch – aber nur bis zu diesem Zeitpunkt. Soweit die Klägerin die Feststellung der Mietminderung für die Zeit danach begehrt, war die Klage bereits aus diesem Grund abzuweisen. Auch die diesbezügliche Teilerledigungserklärung der Klägerin im Schriftsatz vom 30.07.2012 war gemäß § 296 a ZPO verspätet. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war durch sie nicht veranlasst, zumal die Erklärung auch schon im Termin hätte abgegeben werden können.

Da die Hauptforderung nicht besteht, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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