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Pflicht des Mieters einer Erdgeschosswohnung zur Duldung des Einbaus einer Balkontür in der Küche

LG Berlin – Az.: 63 S 574/12 – Urteil vom 28.02.2014

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1. November 2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 102 C 185/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Beklagten sind aufgrund der Ankündigung vom 5. Januar 2012 gemäß § 554 Abs. 2 BGB verpflichtet, den Einbau einer Balkontür anstelle des in der Küche vorhandenen Fensters zum Zugang zum bereits vorhandenen Balkon zu dulden. Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Möglichkeit der Nutzung eines Balkons auch bei einer vorhandenen Gartennutzungsmöglichkeit den Gebrauchswert einer Wohnung nachhaltig erhöhe (vgl. LG Berlin, Urteil vom 11. Oktober 2011 – 63 S 379/10, GE 20012, 486). Das gilt hier insbesondere deshalb, weil mit dem Balkon eine direkte Zugangsmöglichkeit zum Garten verbunden ist. Das erhöht den Wohnkomfort bei objektiver Betrachtung deutlich. Es kommt nicht darauf an, ob die Beklagten dies subjektiv auch so empfinden.

Mit der Duldung der Veränderungen ist keine besondere Härte im Sinne von § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB verbunden, welche den Beklagten die Duldung unzumutbar macht.

Aus den geänderten Stellmöglichkeiten ergibt sich eine solche Härte nicht. Es ist auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht schlechterdings unmöglich, weiterhin einen Tisch zu stellen. Dass unter diesen Umständen der Zugang zur Tür etwas hinderlich ist, erscheint vertretbar. Es stellt sich aber letztlich nicht als unzumutbar dar, zumal man einen Tisch auch einmal ein Stückchen hin- und herrücken kann. Letztlich können die Beklagten den Tisch auch wie bisher unmittelbar vor die Tür stellen. Dann können sie zwar nicht mehr einfach aus der Tür heraustreten, können aber den Tisch und den Raum im Wesentlichen wie bisher nutzen.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, dass die infolge der Modernisierung erhöhte Miete für sie eine besondere Härte im Sinne von § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB darstelle. Denn dieser Einwand ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB ausgeschlossen, weil die Wohnung durch den Anbau des Balkons nur in einen allgemein üblichen Zustand versetzt wird. Ein allgemein üblicher Zustand ist anzunehmen, wenn dieser Zustand bei mehr als zwei Dritteln vergleichbarer Wohnungen, also Wohnungen derselben Baualtersklasse nach dem Berliner Mietspiegel, vorhanden ist (BGH, Rechtsentscheid vom 19. Februar 1992 – VIII ARZ 5/91, GE 1992, 375).

Die Kammer hat mit Beschluss vom 9. Juli 2013 Beweis erhoben über die Frage, ob mehr als zwei Drittel der Wohnungen der Baualtersklasse 1919 bis 1949 in Berlin mit Balkonen ausgestattet sind, durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. B. vom 30. September 2013 nebst ergänzender Stellungnahme vom  5. Dezember 2013.

Nach dem Ergebnis des Gutachtens, auf das Bezug genommen wird, sind rund 74 % aller Wohnungen der vorgenannten Baualtersklasse mit Balkonen ausgestattet. Bei einem Berliner Bestand von 345.600 Wohnungen in der streitgegenständlichen Baualtersklasse hat der Sachverständige hat der Sachverständige nach Rücklauf der Anfragen bei Hausverwaltungen und Wohnungsbaugesellschaften die Ausstattungen von insgesamt 49.900 Wohnungen ausgewertet, wobei sich die Objekte sowohl in den östlichen als auch in den westlichen Bezirken Berlins befanden. Von diesen verfügen 36.867 Wohnungen über einen Balkon, was einem Anteil von 73,75 % entspricht.

Die Einwände der Beklagten gegen das Gutachtens greifen nicht durch. Das Gutachten ist überzeugend und nachvollziehbar. Der Sachverständige hat mit rund 49.900 Wohnungen etwa 14 % des Gesamtbestands des maßgeblichen Baualtersklasse ausgewertet und damit seinem Gutachten eine breite Datenbasis zugrunde gelegt. Die Kammer hat keine Zweifel, dass diese eine hinreichende Beurteilungsgrundlage bildet. Dass es sich bei den befragten Eigentümern überwiegend um größere Wohnungsbauunternehmen bzw. Hausverwaltungen mit einem großen Wohnungsbestand handelt, steht dem nicht entgegen, denn ein Großteil der Wohnungen in dieser Baualtersklasse befinden sich im Bestand von großen Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften. Aber auch unter Berücksichtigung etwaiger vom Sachverständigen nicht befragter Kleinvermieter hat die Kammer aufgrund des vom Sachverständigen ermittelten hohen Werts von 74 % der vergleichbaren Wohnungen keine Zweifel daran, dass die Ausstattung mit einem Balkon bei mindestens zwei Dritteln der Wohnungen dieser Baualtersklasse vorhanden ist und damit einen allgemein üblichen Zustand darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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