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Pflicht des Vermieters zur Beseitigung von Schimmel in Mietwohnung

AG Siegburg – Az.: 112 C 68/10 – Urteil vom 30.06.2011

1. Die Beklagten werden verurteilt,

a) im Schlafzimmer der Wohnung der Klägerin, T-Straße EG rechts, …1 U, die in den Fensterlaibungen links und rechts sowie in den Boden-/ Wandecken und an der Trennwand zum Kinderzimmer im Bereich der Wandecke, sowie unterhalb des Heizkörpers neben dem Fenster vorhandenen Feuchteschäden und den dortigen Schimmelpilzbefall fachgerecht zu beseitigen sowie die Verunreinigungen der Glashalteleisten und Gummidichtungen zu beseitigen,

b) im Kinderzimmer derselben Wohnung die in der Fensterlaibung links vorhandenen Feuchteschäden und den dortigen Schimmelpilzbefall fachgerecht zu beseitigen,

c) den Sockelbereich und die Fensteranschlussfugen der Fenster im Schlafzimmer und im Kinderzimmer fachgerecht funktionstauglich regendicht herstellen zu lassen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe 1.200,- € abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten, den Eigentümern der von ihr gemieteten Wohnung, die Beseitigung von Schimmel, wobei die Parteien darum streiten, ob die Schimmelschäden bau- oder nutzungsbedingt sind.

Pflicht des Vermieters zur Beseitigung von Schimmel in Mietwohnung
Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com

Die Klägerin ist seit 2001 Mieterin einer ca. 75 m² großen Wohnung im Erdgeschoß des Objekts T-Straße in U, die im Eigentum der Beklagten steht und in deren Auftrag von der Hausverwaltung M verwaltet wird. Im November 2008 begann die Klägerin festzustellen, dass sich im Schlaf- und Kinderzimmer ihrer Wohnung im Fenster- und Wandbereich Schimmel bildete. Über den Mieterverein C3 ließ die Klägerin die Schäden bei der Hausverwaltung der Beklagten anzeigen (Anlage K 5/Bl. 22-24 d.A.). Auf ihre Schadensanzeige hin erklärte die Hausverwaltung M mit Schreiben vom 05.11.2008, soweit Schimmelschäden vorlägen, würden diese von Vermieterseite beseitigt (Anlage K 3/Bl. 20 d.A.). In der Folge beauftragte die Hausverwaltung das Architekturbüro L mit der Begutachtung der Ursachen der Schimmelschäden. In seinem Gutachten stellte der Architekt I fest, dass keine größeren Wärmebrücken in dem Objekt bestehen und schlug als Abhilfe eine dauerhafte Entlüftung der Räumlichkeiten mithilfe eines Entlüftungseinsatzes vor (Bl. 63 d.A.). Die Klägerin minderte aufgrund der Schimmelschäden ihre Miete um 10% und forderte über den Vermieterverein die Hausverwaltung der Beklagten mit Schreiben vom 07.09.2009 und 20.01.2010 erneut zur Beseitigung der Schimmelschäden auf (Bl. 25-28 d.A.).

Die Klägerin behauptet, die Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden in ihrer Mietwohnung beruhten auf Baumängeln des Objekts. Sie ist daher der Ansicht, die Beklagten hätten diese Schäden zu beseitigen. Sie hat ursprünglich beantragt, die Beklagten zur fachgerechten Beseitigung der Schäden und Herstellung eines mangelfreien Zustands zu verurteilen. Später hat sie ihren Klageantrag präzisiert und beantragt nunmehr, die Beklagten zu verurteilen

a) im Schlafzimmer der Wohnung der Klägerin, T-Straße  EG rechts, …1 U, die in den Fensterlaibungen links und rechts sowie in den Boden-/ Wandecken und an der Trennwand zum Kinderzimmer im Bereich der Wandecke, sowie unterhalb des Heizkörpers neben dem Fenster vorhandenen Feuchteschäden und den dortigen Schimmelpilzbefall fachgerecht zu beseitigen sowie die Verunreinigungen der  Glashalteleisten und Gummidichtungen zu beseitigen,

b) im Kinderzimmer derselben Wohnung die in der Fensterlaibung links vorhandenen Feuchteschäden und den dortigen Schimmelpilzbefall fachgerecht zu beseitigen,

c) den Sockelbereich und die Fensteranschlussfugen der Fenster im Schlafzimmer und im Kinderzimmer fachgerecht funktionstauglich regendicht herstellen zu lassen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden seien nutzungsbedingt, sie beruhten insbesondere auf einem mangelhaften Lüftungs- und Heizverhalten der Klägerin. Die Klägerin habe die Schäden daher zu vertreten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. F des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens (Bl. 94-126 d.A.) verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Beseitigung der Feuchtigkeits- und Schimmelschäden in ihrer Wohnung sowie der hierfür jedenfalls teilweise verantwortlichen Baumängel aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die im Gutachten F näher bezeichneten Feuchtigkeits- und Schimmelschäden in Schlaf- und Kinderzimmer der Wohnung der Klägerin sind Mängel im Sinne der §§ 535 Abs. 1 S. 2, 536 Abs. 1 BGB, denn durch sie wird der Gebrauchswert der Wohnung eingeschränkt. Gleiches gilt für die nicht regendichten Fensteranschlussfugen und die Wasserschäden am Außenputz. Nach den Feststellungen des Sachverständigen F, denen sich das Gericht insoweit anschließt, führen diese Baumängel zum Eindringen von Wasser von außen nach innen und sind damit jedenfalls mitursächlich für die Feuchtigkeitsschäden (Bl. 114 d.A.). Auch hierbei handelt es sich daher um Mängel der Mietsache, die ihre Tauglichkeit beeinträchtigen.

Die Beklagten sind grundsätzlich nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, diese Mängel zu beseitigen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Klägerin die dargestellten Mängel der Mietsache schuldhaft im Sinne von § 276, 278 BGB verursacht hat (vgl. Palandt-Weidenkaff, 70. Aufl. 2011, § 535 Rn. 58; Schmitt-Futterer-Eisenschmitt, 10. Aufl. 2011, § 535 Rn. 89). Vorliegend basieren die Mängel nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts nicht auf einem fehlerhaften Nutzungsverhalten der Klägerin. Der Sachverständige F hat in seinem Gutachten anhand von Klimaaufzeichnungen nachweisen können, dass keine nutzungsbedingte zu hohe Feuchtelast in Schlaf- und Kinderzimmer der klägerischen Wohnung vorlag, die Klägerin mithin für eine ausreichende Durchlüftung sorgt (Bl. 113-115 d.A.). Der Sachverständige hat weiter nachvollziehbar ausgeführt, dass die Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden auf eine Reihe anderer Faktoren zurückzuführen sind. Schäden am Außenputz und unzureichende Fensteranschlussfugen sind für die Feuchtigkeitsschäden an der Wandinnenseite in Schlaf- und Kinderzimmer jedenfalls mitursächlich (Bl. 101 d.A.). Hierbei handelt es sich um bauliche Mängel, die in die Sphäre der Beklagten fallen. Im Übrigen haben höhere nächtliche Raumluftfeuchten, bodenlange Vorhänge, die Heizungsanordnung neben den Fenstern und Innentemperaturen von durchschnittlich 18 °C zu erhöhter Tauwasserbildung an den Fenstern geführt und waren somit ebenfalls mitursächlich für die Schäden (Bl. 113-115 d.A.). Auch diese Faktoren führen weder zu einem Ausschluss des Anspruchs der Klägerin aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, noch muss sie sich eine Mitverursachung der Schäden nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB anrechnen lassen (vgl. zur Anwendbarkeit von § 254 BGB Schmitt-Futter-Langenberg, § 10. Aufl. 2011, § 538 Rn. 7). Denn keine der vom Sachverständigen festgestellten Ursachen beruht auf einem der Klägerin anzulastenden fehlerhaften Nutzungsverhalten. Die Verwendung bodenlanger Vorhänge ist grundsätzlich vom vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache im Sinne des § 538 BGB erfasst. Der Klägerin musste überdies nicht bekannt sein, dass derartige Vorhänge die Schimmelbildung fördern, zumal sie von Beklagtenseite hierüber nicht aufgeklärt worden ist. Auch soweit die Schäden teilweise auf die Beheizung der Wohnung mit einer Durchschnittstemperatur von 18 °C zurückzuführen sind, hat die Klägerin dies nicht zu vertreten, da ein derartiges Heizverhalten noch vom vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung im Sinne des § 538 BGB erfasst war. Zwar ist die Klägerin grundsätzlich verpflichtet, die Mietsache zu ihrer Instandhaltung ausreichend zu heizen, worauf sie auch nach § 15 Nr. 4 des Mietvertrags (Bl. 13 d.A.) hingewiesen worden ist. Dass der Klägerin hier aber eine zahlenmäßig bestimmte Mindestdurchschnittstemperatur vorgegeben wurde, oder sie darauf hingewiesen worden wäre, dass 18 °C unzureichend sind, wird auch von Beklagtenseite nicht vorgetragen. Ohne besondere Vorgaben hält sich die Beheizung mit einer Durchschnittstemperatur von 18 °C nach Überzeugung des Gerichts aber noch im Rahmen des vertraglich vorausgesetzten normalen Wohnverhaltens eines Mieters. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Mieter etwa, je nach individueller Vorliebe, nachts gerne in einem deutlich kühleren Raum schläft und so im Mittel auf eine Durchschnittstemperatur seiner Wohnung unter 20 °C kommt. Ein derartiges Verhalten führt auch nicht per se zu Feuchtigkeits- oder Schimmelschäden, in der vorliegenden Konstellation entstanden die Schäden wie vom Sachverständigen F festgestellt aus dem Zusammentreffen verschiedener Faktoren, von denen das Heizverhalten der Klägerin nur einer ist. Der Klägerin musste sich insoweit auch nicht aufdrängen, dass ihr Heizverhalten mitursächlich für die Tauwasserbildung an den Fensterinnenseiten und damit für die später entstandenen Schäden war. Als Laie musste sie nicht erkennen, dass ein für sich genommen noch akzeptables Heizverhalten in ihrer Wohnung zu den genannten Schäden beitrug. Nicht zu verwechseln ist das Recht der Klägerin, ihre Wohnung mit 18 °C zu beheizen, mit der von der Rechtsprechung angenommenen Pflicht des Vermieters, eine Durchschnittstemperatur über 18 °C zu ermöglichen (vgl. dazu OLG München, NJW-RR 2001, 729; LG Berlin, NZM 1999, 1039). Diesbezüglich besteht kein Widerspruch, da der Mieter danach berechtigt ist, bestimmte Mindesttemperaturen zu verlangen, nicht aber verpflichtet, sie auch seinerseits in vollem Umfang einzuhalten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 800,- €

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