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Räumungs- und Herausgabeverpflichtung bei Eigenbedarfskündigung

AG Nürtingen – Az.: 10 C 4413/20 – Urteil vom 04.06.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.380,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Räumungs- und Herausgabeverpflichtung der Beklagten, welche als Mieterin in der Wohnung des Klägers lebt.

Mit Mietvertrag vom 07.08.1996 mietete die Beklagte die streitgegenständliche Wohnung ab dem 15.09.1996 von den Rechtsvorgängern des Klägers, den Herren … Der Kläger wurde am 27.09.2018 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 17.07.2019 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31.07.2020 und berief sich hierbei ausdrücklich auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. Als Begründung führte er aus, die Wohnung für eigene Wohnzwecke für sich und seine Ehefrau zu benötigen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Kündigungsschreiben vom 17.07.2019 (Anlage K3, Bl. 30 f. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger trägt vor, das Kündigungsschreiben sei von seinem Anwalt unterschrieben gewesen. Beigefügt sei zudem auch die von ihm eigenhändig unterschriebene Vollmacht. Versehentlich habe er der Beklagten jedoch auch ein nicht unterschriebenes und lediglich für seine Unterlagen bestimmtes Exemplar des Kündigungsschreibens zukommen lassen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im ersten Geschoss rechts der J.-Straße … in … L. bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einer Diele, einem Bad, einer Toilette zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt vor, ausschließlich ein nicht unterschriebenes und als „Kopie“ bezeichnetes Kündigungsschreiben von dem Kläger erhalten zu haben.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 10.01.2021 und 14.05.2021 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2021 und 14.05.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Ein Anspruch des Klägers auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Ein solcher Anspruch erwächst insbesondere nicht aus §§ 546, 549 Abs. 1, 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB.

1.

Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis.

Nach dem Erwerb der vermieteten streitgegenständlichen Wohnung trat der Kläger als neuer Vermieter in das Mietverhältnis ein, § 566 Abs. 1 BGB.

2.

Die ordentliche Kündigung des Klägers vom 17.07.2019 hat das Mietverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet.

Gem. § 568 Abs. 1 BGB bedarf die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum der Schriftform im Sinne des § 126 BGB. Demnach muss das Kündigungsschreiben eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht schon nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das streitgegenständliche Kündigungsschreiben vom 17.07.2019 unterzeichnet war.

Der Zeuge … schilderte zwar glaubhaft, das unterschriebene Original-Kündigungsschreiben in den Briefkasten der Beklagten geworfen zu haben. Weshalb die Beklagte jedenfalls auch eine nicht unterschriebene „Kopie“ hiervon erhalten hatte, konnte er sich jedoch nicht erklären. Auf Nachfrage des Gerichts gab er an, diese müsse sich dann „wohl aus Versehen“ auch in dem Briefumschlag befunden haben. Beim Herausholen des Schreibens, um dieses dem Zeugen … zu zeigen, sei ihm das aber nicht aufgefallen. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass es sich dann um sechs DIN-A4 Blätter (zwei Seiten Kündigungsschreiben und eine schriftliche Vollmacht im Original sowie jeweils eine Kopie hiervon) statt nur drei gehandelt haben müsste und dem Vortrag, er habe dem Zeugen … die Unterschrift gezeigt, das heißt, die Blätter herausgeholt und jedenfalls bis zu den Unterschriften auf Seite 2 und 3 durchgeblättert, als nicht plausibel. Zudem muss berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Zeugen … um den Sohn des Klägers und damit um keinen unabhängigen Dritten handelt. Ein solch enges Näheverhältnis ist zwar nicht per se als Grund für eine geringere oder mangelnde Glaubhaftigkeit der Aussage bzw. Glaubwürdigkeit der Zeugen heranzuziehen, im Rahmen der Gesamtwürdigung aber durchaus zu berücksichtigen. Nach dieser Gesamtwürdigung bewertet das Gericht die Aussage als nicht überzeugungskräftig.

Der Zeuge … schilderte zwar zunächst glaubhaft, sich gut an zwei unterschiedliche Unterschriften auf dem Kündigungsschreiben erinnern zu können, eine von dem Rechtsanwalt des Klägers und eine weitere von dem Kläger selbst. Er konnte auch die Anordnung der Unterschriften auf dem Schreiben wiedergeben. Er gab jedoch auch an, dieses Jahr und somit im Nachhinein von dem Kläger noch eine Kopie des „Original“-Kündigungsschreibens erhalten zu haben und sich gerade deshalb so gut an die Unterschriften erinnern zu können. Der Zeuge … erklärte im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmung dann zwar auch, er könne sich auch ohne die Kopie jedenfalls noch an die Unterschriften erinnern, zuletzt aber auch, er habe das Ganze damals als unwichtig empfunden und nie gedacht, dass er deswegen einmal vor Gericht aussagen müsste. Vor dem Hintergrund, dass der Zeuge … sich einerseits ganz genau an die Unterschrift sogar hinsichtlich der Anordnung erinnern konnte, obwohl mittlerweile fast zwei Jahre vergangen sind, den Vorgang damals aber andererseits als unbedeutend empfand und darüber hinaus im Nachhinein von dem Kläger auch die Kopie eines „Original“-Kündigungsschreibens erhielt, auf welchem sich die Unterschriften befanden, welches aber durchaus auch erst im Nachhinein hätte angefertigt bzw. unterschrieben werden können und sein Erinnerungsvermögen sehr wahrscheinlich beeinflusst haben könnte, ergibt die Aussage in der Gesamtwürdigung derart viele Ungereimtheiten, dass sie insgesamt als nicht überzeugungskräftig gewertet werden muss.

Dass das Kündigungsschreiben unterzeichnet war, konnte daher letztlich schon durch die Zeugen der Klägerseite nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden. Auf die Zeugin … der Beklagtenseite kam es deshalb nicht an.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus dem zwölffachen Betrag der monatlichen Gesamtmiete in Höhe von 365,00 €, § 41 Abs. 2 S. 1 GKG.

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