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Räumungsanspruch nach Verwertungskündigung

AG Schöneberg – Az.: 7 C 135/16 – Urteil vom 22.03.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Räumungsansprüche nach einer Verwertungskündigung.

Die Beklagte ist aufgrund Mietvertrags vom 27.05.2009 Mieterin einer Wohnung im 1. OG des Vorderhauses links im Haus A. Straße, … B. sowie eines Stellplatzes, die Klägerin ist durch Erwerb des Gebäudes in den Mietvertrag eingetreten.

Mit Schreiben vom 2.09.2015 kündigte die Klägerin den Mietvertrag zum 31.05.2016 mit der Begründung, sie sei durch den Fortbestand des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung ihres Grundstücks gehindert und erleide dadurch erhebliche Nachteile. Eine erneute Kündigung erfolgte mit der Klageschrift vom 13.07.2016. Mit Schriftsatz vom 30.11.2016 kündigte die Klägerin vorsorglich den Stellplatzmietvertrag.

Eine Abriss- und Zweckentfremdungsgenehmigung lag zum Zeitpunkt der Kündigungen nicht vor.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Erteilung der Abrissgenehmigung sei reine Formsache, es sei daher nicht erforderlich, dass sie zum Zeitpunkt der Kündigung bereits vorliege.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung im Vorderhaus (VH), 1. OG links des Hauses A. Straße, … B., bestehend aus 2 Zimmern, einer Küche, einem Korridor/Diele, einer Toilette mit Bad/Dusche, einem Balkon, einem Kellerraum Nr. 17 sowie den auf dem Grundstück A. Straße, … B. gelegenen Kraftfahrzeug-Einstellplatz Nr. 4, vierter Stellplatz, linke  Seite, zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise,

Ihr eine angemessene Räumungsfrist einzuräumen.

Sie hält beide Kündigungen mangels ausreichender Begründung schon  für formell unwirksam. Sie hält die Kündigung auch für unangemessen. Sie behauptet, unter erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen zu leiden und aufgrund ihres physischen und psychischen Gesamtzustandes räumungsunfähig zu sein.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Räumungsanspruch aus § 546 BGB. Das Mietverhältnis besteht fort.

Denn die Kündigungen vom 2.09.2015 und vom 13.07.2016 sind unwirksam. Nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB kann ein Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würde. Diese Voraussetzungen lagen jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigungen nicht vor. Denn es fehlte jeweils an einer Abriss- und Zweckentfremdungsgenehmigung. Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass es insoweit genüge, wenn es sich um eine „reine Formsache“ handelt und die Erteilung der Genehmigungen zur Kündigung unmittelbar bevorsteht. Das Vorliegen der Genehmigung ist vielmehr eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung (so auch Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage, Rn. 153 zu § 573 BGB; Rolfs in Staudinger, Neubearbeitung 2014, Rn. 155 zu § 573 BGB, jeweils m.w.N.). Letztlich kommt es auf die Frage aber nicht an: Denn es handelte sich offensichtlich nicht um eine reine Formsache, deren Erfüllung unmittelbar bevorstand. Die Klägerin hat zwar inzwischen eine Genehmigung vom 15.12.2016 für das Haus Nr. __ vorgelegt, also das Nachbarhaus. Selbst unterstellt, dass sie sich auch auf das hier streitgegenständliche Haus Nr. __ bezieht oder für dieses eine vergleichbare Genehmigung vorliegt (dem Gericht liegt sie trotz Hinweises bis heute nicht vor), hätte es jedenfalls nach der ersten Kündigung noch mehr als ein Jahr und nach Klageerhebung und zweiter Kündigung immer noch fast ein halbes Jahr gedauert, bis die Genehmigung erteilt wurde. Es handelt sich daher bei beiden Kündigungen um unzulässige Vorratskündigungen. Die Klägerin war nicht durch den Fortbestand des Mietverhältnisses an einer Verwertung des Grundstücks gehindert, sondern schon durch öffentliches Recht.

Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen einer Verwertungskündigung vorliegen, kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Härtegründe der Beklagten und die Frage, ob die Kündigungen schon formell unwirksam waren.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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