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Räumungsklage – außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug nach Schonfristzahlung

AG Hoyerswerda, Az.: 1 C 17/16, Urteil vom 02.08.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.820,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Räumung einer Wohnung in ….

Die Beklagten haben die streitgegenständliche Wohnung durch Mietvertrag von 1./5.8.2013 von dem Kläger gemietet.

Die monatliche Gesamtmiete einschließlich Vorauszahlungen auf die Betriebskosten beträgt nach Betriebskostenabrechnung für 2013 und Anpassung durch den Kläger in der Betriebskostenabrechnung vom 27.11.2014 (Anlage K 4 – Bl. 47 ff d.A.) ab 1.1.2015 monatlich 435,00 EUR.

Der Kläger hat den Mietvertrag wegen (behaupteten) Zahlungsverzuges in Höhe von 991,60 EUR mit Schreiben vom 12.10.2015 fristlos, hilfsweise zum 31.1.2016 fristgemäß gekündigt. Wegen der Einzelheiten der Kündigungserklärung wird auf die Anlage K 2 (Bl. 21 ff. d.A.) Bezug genommen.

In der Folgezeit leistete das Jobcenter eine Zahlung in Höhe von 991,60 EUR, wodurch die fristlose Kündigung geheilt wurde. Streitgegenständlich ist seitdem die Wirksamkeit der fristgemäßen Kündigung.

Die Beklagten sind der Kündigung sowie dem darin geltend gemachten Kündigungsgrund entgegengetreten, haben eine unzumutbare Härte eingewandt und die Mietsache nicht geräumt.

Wegen der im Verlaufe des Mietverhältnisses entstandenen Zahlungsrückstände ist es zwischen den Parteien unstrittig, dass die Beklagten im Januar 2015 zunächst nur die ursprünglich vereinbarte Miete – unter Außerachtlassung der Anpassungserklärung des Klägers gemäß § 560 Abs. 4 BGB – in Höhe von 385,00 EUR fristgerecht bezahlt hatten. Die Restzahlung ist dann am 13.1.2015 gemeinsam mit der Nachzahlung der offenen Betriebskostenforderung (die nicht streitgegenständlich ist) erfolgt. Die Übernahme der Betriebskosten und der Mietdifferenz im Januar 2015 erfolgte auf der Grundlage eines Bescheides des Jobcenters vom 8.1.2015 (Anlage B4 – Bl. 62 f. d.A.).

Danach haben die Beklagten die Miete in Höhe von monatlich insgesamt 435,00 EUR bis einschließlich Juli 2015 jeweils an den Kläger gezahlt, dabei allerdings im Mai 2015 einen Teilbetrag in Höhe von 293,00 EUR erst am 12.5.2015 und im Juni 2015 einen Teilbetrag in Höhe von ebenfalls 293,00 EUR erst am 11.6.2015. Die Gesamtmiete für Juli 2015 ging am 9.7.2015 bei dem Kläger ein. Die Mieten für August und September 2015 hatten die Beklagten sodann nicht an den Kläger gezahlt. Allerdings hatte der Beklagte zu 2. am 11.5.2015 zu Gunsten des Vaters der Beklagten zu 1. Miete in Höhe von 345,00 EUR an den Kläger gezahlt. Eine weitere solche Mietzahlung des Beklagten zu 2. in derselben Höhe zu Gunsten des Vaters der Beklagten zu 1. erfolgte am 9.7.2015.

Vom 9.9.2015 datiert die erste Zahlungserinnerung der von dem Kläger beauftragten Hausverwaltung. Hierauf antwortete die Familienhelferin der Beklagten mit Schreiben vom 25.9.2015 (Anlage B2 -Bl. 37 d.A.). Mit Schreiben vom 29.9.2015 wandte sich die Beklagte zu 1. direkt an die Hausverwaltung (Anlage B3 – Bl. 38 d.A.). Auf die darin jeweils enthaltenen Bitten um Ratenzahlung reagierte der Kläger bzw. die von ihm beauftragte Hausverwaltung nicht. Die Beklagten unterzeichneten daraufhin am 29.9.2015 zu Gunsten des Klägers eine Abtretungserklärung (Anlage B13 – Bl. 77 d.A.). Mit Schreiben vom 1.10.2015 (Anlage B15 – Bl. 78 d.A.) teilte das Jobcenter der von dem Kläger beauftragten Hausverwaltung mit, die Miete zukünftig direkt zu zahlen. Am 2.10.2015 erfolgte dann die Zahlung der Oktobermiete wieder pünktlich. Nachdem die zwischenzeitliche Kündigung vom 12.10.2015 den Beklagten am 14.10.2015 zugegangen war, zahlten diese mit der Novembermiete am 1.11.2015 anteilige 50,00 EUR auf den Rückstand (Anlage B15 – Bl. 79 d.A.). Am 16.11.2015 übernahm das Jobcenter sodann den komplett geltend gemachten Mietrückstand (Anlage B16 – Bl. 80 d.A.). Durch Anwaltsschriftsatz vom 25.11.2015 forderte der Kläger die Beklagten sodann erfolglos zur Räumung auf Grund der zuvor ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung auf (Anlage B3 – Bl. 24 d.A.).

Unter dem 17.6.2015 (Anlage B5 – Bl. 64 f. d.A.) erfolgte eine vorläufige Neuberechnung der Grundsicherung der Beklagten. Einen weiteren Folgeantrag stellten die Beklagten am 6.7.2015 (Anlage B7 – Bl. 68 f. d.A.). Vom 17.7.2015 bis 31.8.2015 bezog der Beklagte zu 2. Krankengeld (Bescheid Anlage B1 – Bl. 36 d.A.). Vom 9.7.2015 bis 21.9.2015 befand sich eines der insgesamt drei Kinder der Beklagten zur stationären Behandlung im Sächsischen Krankenhaus in G.. Vom 25.8.2015 bis zum 1.9.2015 musste die Beklagte ebenfalls stationär behandelt werden, nämlich im K.-T.-Klinikum in C. (Anlage B11 – Bl. 75 d.A.). Hierfür ist zu Lasten der Beklagten zu 1. ein Eigenanteil in Höhe von 80,00 EUR entstanden und am 1.9.2015 bezahlt worden (Anlage B12 – Bl. 76 d.A.).

Der Kläger behauptet, zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung habe ein Mietrückstand in Höhe von 991,60 EUR bestanden. In diesem Zusammenhang hat der Kläger zuletzt allerdings eingeräumt, dass hinsichtlich einer Teilzahlung von 50,00 EUR, enthalten in dem Gesamtbetrag von 614,69 EUR, gezahlt am 13.1.2015, eine unzutreffende Verrechnung auf Pacht seitens der von dem Kläger beauftragten Hausverwaltung erfolgte. Der Kläger macht geltend, die fristlose Kündigung sei wegen Zahlungsrückstandes wirksam gewesen. Der Kläger bestreitet, dass die Zahlungsrückstände der Beklagten jeweils unverschuldet waren und macht in diesem Zusammenhang geltend, der Zahlungsverzug sei pflichtwidrig und schuldhaft gewesen. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auch auf die – insoweit unstrittigen – Zahlungen des Beklagten zu 2. zu Gunsten des Vaters der Beklagten zu 1. Der Kläger macht auch geltend, die erheblichen Barabhebungen der Beklagten in den Monaten August und September 2016 hätten – auf der Basis der von den Beklagten eingereichten Anlage B8 – für die Miete aufgewendet werden müssen; auch sei die Mietzahlung der Zahlung des Eigenanteiles der Krankenhausbehandlung vorgegangen. Der Kläger bestreitet, dass die Beklagten nicht in der Lage waren, ausreichende Vermögensdispositionen zu treffen, um die mietvertraglich geschuldeten Mieten zu bezahlen.

Der Kläger beantragt: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen inne gehaltenen Räumlichkeiten im Hause in …, Wohnung im Erdgeschoss rechts, im Einzelnen drei Zimmer, eine Küche, ein Bad, eine Diele, ein Kellerraum sowie einen Schuppen zum Ablauf des 31. Januar 2016 zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise beantragen die Beklagten, ihnen eine Frist von fünf Monaten zur Räumung der streitgegenständlichen Wohnung zu gewähren.

Die Beklagten halten die Kündigung für formell unwirksam, da in ihr der zutreffende rückständige Gesamtbetrag nicht angegeben worden sei. Die Höhe der in der Kündigung aufgeschlüsselten Mietrückstände sei nicht korrekt gewesen. Teilweise sei der Kläger überzahlt, teilweise seien Zahlungen der Beklagten nicht korrekt berücksichtigt worden. Die Beklagten machen geltend, der tatsächlich bestehende Zahlungsrückstand sei jeweils unverschuldet gewesen. Bisher hätten sie auch angemessenen anderweitigen Wohnraum erfolglos gesucht. Wegen der Erkrankung ihres Kindes sei die geforderte Räumung der Wohnung zu Lasten der Beklagten auch eine unzumutbare Härte. Die Beklagten behaupten, sie hätten die Betriebskostenabrechnung für 2013 im November 2014 unverzüglich nach Erhalt an das Jobcenter weitergegeben. Darüber hinaus habe wegen Arbeitsaufnahme des Beklagten zu 2. im April 2015 eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes II durch das Jobcenter durchgeführt werden müssen, was zu Verzögerungen geführt habe. Bei den Zahlungen des Beklagten zu 2. zu Gunsten des Vaters der Beklagten zu 1. habe es sich lediglich um kurzfristige Darlehn bis zum Eingang des Arbeitsentgeltes am 15. eines jeweiligen Monats gehandelt, wobei die beiden kurzfristigen Darlehn dann auch jeweils kurzfristig zurückgezahlt worden seien. Im Übrigen sei ein drohender finanzieller Engpass damals seitens der Beklagten nicht erkennbar gewesen. Seit Juni 2015 sei der Beklagte zu 2. selbst krank gewesen. Die Julimiete sei dann ausnahmsweise durch die Beklagten und nicht direkt vom Jobcenter bezahlt worden. Außerdem seien seit dem 9.7.2015 wegen der Erkrankung des Kindes zu Lasten der Beklagten höhere Kosten, insbesondere bis dahin unerwartete Fahrtkosten in Höhe von 180,00 EUR im Juli 2015 sowie in Höhe von 270,00 EUR im August 2015 entstanden. Im August 2015 habe im Übrigen die Miete wieder durch das Landratsamt bezahlt werden sollen. Die gestaffelten Zahlungseingänge im August und September 2015 (Anlage B8 – Bl. 71 f. d.A.) seien nicht ausreichend gewesen, auch noch Miete zu bezahlen.

Das Gericht hat die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 28.6.2016 zu den einzelnen aufgetretenen Rückständen und diesbezüglichen Umständen, soweit sie zwischen den Parteien im Streit standen, persönlich angehört und verschiedene Unterlagen eingesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des AG Hoyerswerda vom 28.6.2016 (Bl. 164 f. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Räumungsanspruch gegenüber den Beklagten nicht zu, weil erstens die fristlose Kündigung (insoweit unstrittig) zwischenzeitlich – durch vollständige Zahlung innerhalb der gesetzlichen Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB – unwirksam geworden ist und weil zweitens die Durchsetzung der hilfsweise ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung – trotz eines ursprünglich bei Ausspruch der Kündigung ausreichenden Kündigungsgrundes gemäß § 573 BGB – gemäß § 242 BGB treuwidrig wäre. Dem Kläger steht daher im Ergebnis gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf geräumte Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB zu.

Zwar ist dem Grunde nach unstreitig, dass die Beklagten zwischen Januar 2015 und September 2015 die von dem Kläger zu Recht aus dem Mietvertrag beanspruchte Miete – trotz im Mietvertrag vereinbarter kalendermäßiger Leistungszeit zum 3. Werktag eines jeden Monats – in den Monaten Januar sowie Mai bis Juli nicht vollständig pünktlich sowie in den Monaten August und September 2015 zunächst vollständig nicht bezahlt haben. Die Beklagten befanden sich damit in Zahlungsverzug, was eine Pflichtverletzung des Mietvertrages darstellt. Da die Beklagten auch nicht ausreichend vorgetragen haben, dass sie die in der Nichtzahlung der Miete bzw. nicht vollständig pünktliche Zahlung der Miete nicht zu vertreten zu hatten, war die fristgemäße Kündigung an sich auch gerechtfertigt. Unter Beachtung von § 242 BGB kann der Kläger den eingeklagten Räumungsanspruch gleichwohl nicht durchsetzen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

Unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof in dem Beschluss vom 23. Februar 2016 (Aktenzeichen VIII ZR 321/14 – zitiert aus juris) aufgestellten Kriterien kann der Kläger im vorliegenden Falle aus der – aus Sicht des Gerichts ursprünglich durchaus auch formell wirksamen – ordentlichen Kündigung wegen der nachträglich eingetretenen Umstände mit Rücksicht auf Treu und Glauben keinen Räumungsanspruch mehr mit Erfolg herleiten ; § 242 BGB. Danach ist die Würdigung, ob angesichts besonderer Umstände des Einzelfalls der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Durchsetzung des Räumungsanspruchs ausnahmsweise entgegensteht, der Einzelfallprüfung des Tatrichters vorbehalten. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor.

Die Beklagten haben sich – wie auch die Beklagten in dem vorzitierten, dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalt – unmittelbar nach Erhalt der ersten Kündigung um eine Rückführung der Mietrückstände bemüht und erreicht, dass die Rückstände innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums und lange vor Zustellung der Räumungsklage vom Jobcenter beglichen wurden. In der Vergangenheit war es zu keinen Zahlungsrückständen gekommen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es in der Zukunft noch einmal zu Zahlungsrückständen seitens der Beklagten kommen wird. Letztlich haben die Beklagten in der Vergangenheit auch keine sonstigen mietvertraglichen Pflichten verletzt bzw. es liegen hier auch keine Anhaltspunkte für künftige (Fehl-)Verhaltensweisen der Beklagten vor, die das Vertrauen des Klägers „in eine gedeihliche Fortsetzung des Mietverhältnisses in Frage stellen könnten“. Dass die Entstehung der streitgegenständlichen Mietrückstände von „gewissen Nachlässigkeiten der Beklagten beeinflusst gewesen sein könnte“, führt auch hier zu keiner anderen Beurteilung. Im Einzelnen:

Zu den Zahlungsverzögerungen zwischen Januar und Juli 2015:

 

– Der streitgegenständliche Mietvertrag datiert vom 1.8.2013. Bis einschließlich Ende 2014 waren keine Rückstände eingetreten.

– Mit Schreiben vom 27.11.2014 war sodann über die Betriebskosten für die 2013 abgerechnet worden, und zwar mit dem Ergebnis einer Nachzahlung in Höhe von 564,89 EUR und einer Betriebskostenvorauszahlungsanpassung beginnend ab 1.1.2015 um 50,00 EUR. Die neue Miete betrug seitdem insgesamt 435,00 EUR. Im Januar 2015 hatten die Beklagten allerdings zunächst nur die alte Miete in Höhe von 385,00 EUR bezahlt, sodass ursprünglich noch eine offene Restforderung in Höhe von 50,00 EUR für diesen Monat bestand. Allerdings ist die noch offene Differenz – mit der Betriebskostennachzahlung – bereits am 13.1.2015 bei der Hausverwaltung des Klägers eingegangen ist. Fehlerhaft hat die Hausverwaltung – was zuletzt auch unstrittig war – diese 50,00 EUR anderweitig, nämlich auf einen Pachtvertrag verrechnet. Die Zahlungen erfolgten – zuletzt unstrittig – durch das Jobcenter, dem gegenüber die Beklagten einen Grundsicherungsanspruch hatten. Danach waren die Forderungen aus dem Mietvertrag für Januar 2015 vollständig ausgeglichen. Dieser Forderungsteil war in der Kündigung zu Unrecht zu Lasten der Beklagten mit aufgeführt.

– Andererseits ergibt sich aus den vorstehenden Darlegungen auch, dass im Januar 2015 keine rechtzeitige Zahlung der vollständigen Miete erfolgt ist. Sowohl Grundmiete als auch die Betriebskostenvorauszahlung war nämlich zum dritten Werktag eines jeden Monats geschuldet. Dies war im Januar 2015 der 6. Januar. Der Bescheid über die Übernahme der Zahlung datiert erst vom 8. Januar 2015 und die Restzahlung ist erst am 13.1.2015 erfolgt. Damit befanden sich die Beklagten hinsichtlich der Zahlung eines Teils der geschuldeten Gesamtmiete, nämlich in Höhe von 50,00 EUR, sechs Tage lang in Rückstand. Ihr Einwand, sich unverzüglich nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung hierüber mit dem Jobcenter ins Benehmen gesetzt zu haben und die Übernahme beantragt zu haben, ist unsubstanziiert. Hierzu haben die Beklagten auch im Termin nichts Konkretes unter Beweisantritt vortragen.

– Auch die Miete für Mai 2015 in Höhe von 435,00 EUR hätte zum dritten Werktag gezahlt werden müssen. Dies war der 6.5.2015. Tatsächlich wurden (7 Tage vorfristig) am 29.4.2015 nur 142,00 EUR durch das Amt bezahlt. Die Differenz in Höhe von 293,00 EUR blieb zunächst offen und wurde erst am 12.5.2015 durch die Beklagten direkt bezahlt. In der vorgenannten Höhe befanden sich daher die Beklagten mit der Mietzahlung 5 Tage lang in Zahlungsrückstand. Die Beklagten haben vorgetragen, dieser Zahlungsverzug hänge mit dem ALG II Bezug und der Neuberechnung im April 2015 zusammen, wegen der Arbeitsaufnahme des Beklagten im Vormonat. Der Kläger bestreitet dies zwar mit Nichtwissen, allerdings hält das Gericht dafür, dass der entsprechende Vortrag der Beklagten durch die 2 Teilzahlungen sowie auch durch die Anlage B 5 ausreichend belegt ist. Anhaltspunkte dafür, dass jedenfalls die Beklagte zu 1. leistungsfähig gewesen sein könnte, sind nicht gegeben. Im Gegenteil: Ausweislich sämtlicher zur Akte gereichter Bescheide bildeten die Beklagten mit ihren Kindern eine Bedarfsgemeinschaft und waren danach entweder gemeinsam oder gar nicht leistungsfähig.

– Am 11.5.2015 hat der Beklagte zu 2. unstrittig die Miete des Vaters der Beklagten zu 1. in Höhe von 345,00 EUR bezahlt, war in dieser Höhe zu diesem Zeitpunkt also auf jeden Fall leistungsfähig. Die Parteien streiten in diesem Zusammenhang darum, ob es sich um ein kurzfristiges Darlehn bis zum Eingang des Arbeitsentgelts des Vaters der Beklagten nach dem 15. des Monats gehandelt hat, welches zwischenzeitlich zurückgezahlt wurde, oder nicht. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, denn die vorgenannte Differenz in Höhe von 293,00 EUR hätte zumindest am 11.5.2015 bezahlt werden können, wenn nicht die Miete für den Vater der Beklagten zu 1. bezahlt worden wäre. Es ist von Seiten der Beklagten auch nichts Konkretes dazu vorgetragen worden, dass sie nicht bereits am maßgeblichen 6.5.2015 die Mietdifferenz hätten aus eigenen Mitteln bezahlen können. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Unterlagen und diesbezüglichen Erklärungen des Beklagten zu 2. war dessen Lohn jedenfalls schon am 7.5.2015 eingegangen; eine frühere, wenn auch nicht fristgerechte Zahlung wäre also tatsächlich möglich gewesen. Durch die zur Akte gereichten Unterlagen ist im Übrigen ausreichend belegt, dass die Beklagten als Bedarfsgemeinschaft ALG II bezogen haben, wobei das Einkommen des Beklagten zu 2. anzurechnen war. Die Miete für Mai 2015 war zuletzt auch vollständig bezahlt. Was die Beklagten darüber hinaus mit ihrem Geld anfangen, geht den Kläger nichts an. Das Gericht sieht insbesondere keine mietvertragliche Pflicht der Beklagten, in ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Situation anstelle innerfamiliärer Schenkungen/Darlehn Rücklagen für evtl. spätere Mietzahlungen zu bilden.

– Auf die Miete für Juni 2015 waren zunächst (vom Amt) am 28.5.2015 142,00 EUR bezahlt worden, mithin sechs Tage vorfristig. Die weiteren 293,00 EUR wurden – zuletzt wiederum unstrittig – erst am 11.6.2015 bezahlt, und zwar erneut direkt von den Beklagten. Nachdem der dritte Werktag im Juni 2015 der 3.6. war, befanden sich die Beklagten daher in Höhe von 293,00 EUR acht Tage lang in Rückstand. Es ist von Seiten der Beklagten auch betreffend dieses Monats nichts Konkretes dazu vorgetragen worden, dass sie nicht bereits am maßgeblichen 3.6.2015 die Mietdifferenz hätten bezahlen können. Der Lohneingang des Beklagten zu 2. war in diesem Monat ausweislich der in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Umsatzanzeige allerdings erst am 10.6.2015 zu verzeichnen. Inwieweit sich die erst im Laufe des Monats Juni 2015 aufgetretene Erkrankung des Beklagten zu 2. auf diesen Rückstand ausgewirkt haben könnte, erschließt sich dem Gericht im Übrigen nicht.

– Auf den 17.6.2015 datiert sodann als Anlage B 5 eingereichte Bewilligungsbescheid. Zahlungsempfänger war ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vollständig eingesehenen Bescheides der Beklagte. Aus dem Bescheid ist im Übrigen auch deutlich geworden, dass die Beklagten – gleichbleibende wirtschaftliche Verhältnisse vorausgesetzt – keine erheblichen Mietzahlungen durch das Jobcenter zu erwarten hatten. Die Beklagten haben im Juli 2015 die Miete dann selbst vollständig bezahlt, wenn auch mit einer Verzögerung von sechs Tagen erst am 9.7.2015. Diese Verzögerung resultierte ausweislich der in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Umsatzanzeige daraus, dass der Zahlungseingang des Arbeitslohnes des Beklagten zu 2. erst am 8.7.2015 erfolgte, wobei zuvor kein für die Mietzahlung ausreichendes Guthaben vorhanden war. Die Beklagten haben dann die Überweisung der Miete am selben Tage veranlasst; sie ging bereits am Folgetag bei dem Kläger ein.

– Auch im Juli 2015 hat im Übrigen der Beklagte zu 2. die Miete des Vaters der Beklagten zu 1. gezahlt. Auch insoweit ist nach Dafürhalten des Gerichts den Beklagten nicht vorzuwerfen, sie hätten ihren Zahlungsrückstand dadurch selbst herbei geführt, da ungeachtet dieses Vorganges (egal ob Darlehn oder Schenkung, zurückgezahlt oder nicht) die Beklagten gleichwohl die Julimiete vollständig bezahlt hatten. Fraglich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob wegen eines zu diesem Zeitpunkt erkennbaren drohenden finanziellen Engpasses die Zahlungsübernahme zu Gunsten des Vaters der Beklagten zu 1. pflichtwidrig war. Das Gericht verneint diese Frage, denn ausweislich der Anlage B 7 hatten die Beklagten bereits am 6.7.2015 beim Amt einen Folgeantrag gestellt. Die nächste Miete war auch erst im August fällig. Die Erkrankung des Kindes und die daraus evtl. resultierenden Fahrtkosten konnten die Beklagten zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht absehen.

Soweit wie vorstehend dargelegt in den Monaten Januar, Mai, Juni und Juli 2015 die Miete ganz oder teilweise zu spät gezahlt wurde, handelte es sich um relativ geringfügige Pflichtverletzungen. Sie waren dem Kläger bzw. dessen Hausverwaltung nicht einmal Anlass genug, die Beklagten zu mahnen bzw. abzumahnen. Bei Ausspruch der Kündigung waren diese vormals bestehenden Rückstände auch bereits ausgeglichen.

Zu den Zahlungsrückständen in den Monaten August und September 2015:

– Unstrittig wurden dann die Mieten für August und September 2015 durch die Beklagten zunächst nicht bezahlt. Ihr Einwand, die Miete habe wieder durch das Landratsamt bezahlt werden sollen, ist bis zuletzt unsubstanziiert. Ein Folgeantrag war zwar rechtzeitig gestellt worden, einen entsprechenden Bescheid haben die Beklagten aber damals noch nicht erhalten. Die Beklagten konnten daher nicht ohne Weiteres voraussetzen, das Amt werde die Miete übernehmen, sondern mussten sich selber kümmern.

– Den gestaffelten Zahlungseingängen bei den Beklagten (lt. Anlage B 8 insgesamt 1.873,32 EUR zwischen dem 29.7.2015 und dem 17.8.2015) standen Barabhebungen der Beklagten in Höhe von 1.640,00 EUR zwischen dem 4.8. und 17.8.2015 gegenüber. Dass diese Barabhebungen zum Bestreiten des laufenden Lebensunterhaltes der Familie aufgewendet wurden, ist generell nachvollziehbar. Dass mit der Erkrankung jedenfalls des Kindes und dem hieraus resultierenden Klinikaufenthalt wegen notwendiger Besuchsfahrten erhöhten Fahrtkosten verbunden waren, versteht sich ebenfalls von selbst. Allerdings haben die Beklagten nichts Konkretes dazu vorgetragen, wofür die Barabhebungen genau benutzt wurden und warum diese nicht – unter Zurückstellung anderer Ausgaben – für die offene Mietzahlung hätten aufgewendet werden können. Dies betrifft insbesondere auch die Zuzahlung wegen des Krankenhausaufenthaltes der Beklagten zu 1.

– Soweit es den Monat September betrifft, haben die Beklagten ebenfalls gestaffelte Zahlungseingänge in der Anlage B 8 belegt. Diese summieren sich auf insgesamt 1.698,09 EUR im Zeitraum zwischen dem 28.8. und 29.9.2015. Dem stehen Barabhebungen in Höhe von insgesamt 1.050,00 EUR im Zeitraum vom 1.9. bis zum 14.9.2015 gegenüber, hinsichtlich deren Verwendung sich die Beklagten nicht konkret erklärt haben. Auf die vorstehenden Ausführungen zum August wird insoweit verwiesen.

– Am 9.9.2015 hat die Hausverwaltung des Klägers die Beklagten dann erstmals an offenstehende Zahlungen erinnert. Hieraus resultiert dann ein Antwortschreiben der Familienhelferin vom 25.9.2015 und ein weiteres Ratenzahlungsangebot der Beklagten vom 29.9.2015. Daraus ergibt sich auch die zeitliche Einordnung im Hinblick auf das diesbezügliche Beweisangebot der Beklagten, dass ein Ratenzahlungsangebot abgelehnt wurde. Diesbezügliches Bestreiten des Klägers ist daher unbeachtlich. Es ist zwischen den Parteien auch unstrittig, dass keine Ratenzahlung vereinbart wurde. In der Folgezeit haben sich die Beklagten dann mangels Zustandekommens einer Ratenzahlungsvereinbarung selbst um eine Begleichung der Rückstände gekümmert. Die laufenden Folgemieten wurden jeweils vollständig bezahlt. Insgesamt war am 16.11.2015 der komplette Rückstand durch das Landratsamt übernommen worden. Erst am 19.1.2016 wurde die Räumungsklage erhoben, die den Beklagten am 28.1.2016 auch zugestellt wurde.

Dass – ungeachtet etwaiger zusätzlicher finanzieller Belastungen – der Alltag einer Familie mit drei kleinen Kindern bei Erkrankung zunächst des Vaters, dann eines der Kinder und zuletzt auch noch der Mutter erheblich gestört und belastet wird, kann die bearbeitende Richterin im Übrigen durchaus nachvollziehen. Selbst wenn die Beklagten daher finanziell grundsätzlich in der Lage gewesen sein könnten, die Mieten in den Monaten August und September jedenfalls teilweise zu bezahlen, ist das Gericht der Auffassung, dass diese besonderen Umstände unter Berücksichtigung der durchaus noch zeitnahen vollständigen Tilgung der Mietrückstände das vorherige Fehlverhalten der Beklagten in einem milderen Licht erscheinen lassen.

Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist die Geltendmachung des Räumungsanspruches im vorliegenden Falle daher treuwidrig. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die fristgemäße Kündigung berufen.

Nach alldem war die Klage – auch mangels sonstiger zu Gunsten des Klägers eingreifender Anspruchsgrundlagen – abzuweisen.

II.

Der Kläger hat als Unterliegender die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 3 ZPO, 41 Abs. 1 und 2 GKG. Maßgeblich für den Räumungsantrag ist der Jahresbetrag der Kaltmiete. Dies sind 2.820,00 EUR.

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