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Räumungspflicht des Ehegatten des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses

AG Berlin-Mitte, Az.: 124 C 188/16, Urteil vom 07.04.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Mietwohnung unter der Adresse … Berlin, Vorderhaus, Parterre links, Wohnungs-Nr.: … mit einer Größe von ca. 108,05 qm, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, Bad sowie einem Kellerraum zu räumen und an sie herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.600,00 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2017 bewilligt.

Tatbestand

Räumungspflicht des Ehegatten des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses
Foto: websubstance/ Bigstock

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Räumung und die Herausgabe einer Mietwohnung.

Die Klägerin ist Vermieterin der Wohnung in der Straße …, Vorderhaus, Parterre links, Wohnungs-Nr.: … .

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, ihr Ehemann, war seit 01.08.2012 Mieter der streitgegenständlichen Wohnung.

Mit Schreiben vom 08.07.2013 kündigte die damalige Vermieterin dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten fristlos wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte. Mit Urteil vom 25.11.2014 verurteilte das Amtsgericht Mitte zu dem Aktenzeichen 12 C 487/13 den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landgericht Berlin mit Urteil vom 01.09.2015 zu dem Aktenzeichen 67 S 7/15 zurück. Der Bundesgerichtshof wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Beschluss vom 15.11.2016 zu dem Aktenzeichen VIII ZR 229/15 zurück.

Ende 2015 erfuhr die Klägerin, dass neben dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch die Beklagte in der streitgegenständlichen Wohnung wohnt.

Die Klägerin meint, die Beklagte habe kein Recht auf eine weitere Nutzung der Räumlichkeiten. Es bestehe zudem kein Interesse an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Mietwohnung unter der Adresse …, Vorderhaus, Parterre links, Wohnungs-Nr.: … mit einer Größe von ca. 108,05 qm, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, Bad sowie einem Kellerraum zu räumen und an sie herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30.03.2017 hat die Beklagte um Verschiebung des Termins zur Verkündung einer Entscheidung bis zu einer Antwort der Klägerseite auf den Schriftsatz sowie der Stellungnahme ihres Prozessbevollmächtigten hierauf gebeten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Sitzungsprotokoll vom 22.03.2017 sowie den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus § 546 Abs. 2 BGB.

Gemäß § 546 Abs. 2 BGB kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von einem Dritten zurückfordern, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen hat.

§ 546 Abs. 2 BGB ist vorliegend anwendbar, da es sich um ein Mietverhältnis handelt.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten war aufgrund wirksam zustande gekommenen Hauptmietvertrages vom 25.05.2012 Mieter der streitgegenständlichen Wohnung.

Dieser hat auch der Beklagten und damit einem Dritten den Gebrauch der Mietsache überlassen i.S.d. § 540 Abs. 1 BGB. Eine Gebrauchsüberlassung an Dritte i.S.d. § 540 BGB liegt vor, wenn der Hauptmieter dem Dritten den ganzen Mietbesitz oder einen Teil zum selbstständigen, z.B. auf gewisse Dauer angelegten Alleingebrauch sowie selbstständigen oder unselbstständigen Mitgebrauch einräumt (Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 540 Rn. 4). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat als Hauptmieter unstreitig der Beklagten den unselbständigen Mitgebrauch und damit Mitgewahrsam an der Mietsache eingeräumt, da er die Wohnung gemeinschaftlich mit der Beklagten bewohnt. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass der Mietvertrag allein zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten abgeschlossen worden ist. Denn aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 BGB) folgt die Pflicht der Ehegatten, sich gegenseitig die Benutzung der ehelichen Wohnung zu gestatten. Regelmäßig sind daher beide Ehegatten gleichberechtigte Mitbesitzer der ehelichen Wohnung (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2004, IXa ZB 29/04, juris Rn. 7).

Das Hauptmietverhältnis wurde auch rechtlich wirksam beendet. Unstreitig hat die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgänger gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 08.07.2013 die fristlose Kündigung des Hauptmietverhältnisses ausgesprochen. Der Räumungsklage gegen den Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde stattgegeben, die Berufung wurde zurückgewiesen und die Nichtzulassungsbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Da der Räumungstitel, den die Klägerin gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten erwirkt hat, nicht gegenüber der Beklagten wirkt, ist die Räumungsklage gegenüber der Beklagten, auch wenn sie Ehegattin des Wohnungsmieters und Mitbewohnerin ist, gerechtfertigt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.06.2004, IXa ZB 29/04 juris Rn. 7 ff.; AG Hamburg, Urteil vom 10.02.2009, 48 C 456/08, juris Rn. 26).

Es ist auch weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Kündigung unwirksam wäre. Auch wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine Räumungsfrist nicht gewährt.

Ferner wurde das Hauptmietverhältnis nicht stillschweigend verlängert. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Klägerin fortgesetzt Einigungsvorschläge unterbreitet. Die Klägerin hat jedoch deutlich gemacht, dass sie an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht interessiert ist und einer Vollstreckung des Räumungstitels lediglich die Gebrauchsüberlassung der Wohnung an die Beklagte entgegensteht.

Dem Antrag der Beklagten gemäß nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30.03.2017, den Termin zur Verkündung einer Entscheidung zu verschieben, bis eine Antwort der Klägerseite auf den Schriftsatz der Beklagten vom 30.03.2017 vorliege sowie eine weitere Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die entsprechende Stellungnahme der Klägerseite, war nicht zu entsprechen. Die mündliche Verhandlung war auch nicht gemäß § 156 ZPO wieder zu eröffnen. Insbesondere hat die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 08.03.2017 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie kein Interesse an einer Einigung mit der Beklagten und ihrem Prozessbevollmächtigten über einen Fortbestand des Mietverhältnisses hat.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

III.

Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien war der Beklagten gemäß § 721 Abs. 1 ZPO eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2017 zu bewilligen. Eine derartige Frist ist erforderlich, aber auch ausreichend, um der Beklagten ausreichend Zeit zu geben, sich eine Ersatzunterkunft zu suchen.

 

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