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Rauchbelästigung aus Nachbarwohnung – Mietminderung

AG Lübeck, Az.: 27 C 1549/13, Urteil vom 15.10.2013

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 145,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auf jeweils 36,45 € seit dem 05.11.2012, 05.12.2012, 05.01.2013 und 07.03.2013 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 46,41 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 38 % und der Beklagte zu 62%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 237 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt mit seiner Klage restliche Mietzahlung von dem Beklagten.

Die Parteien waren durch das zwischenzeitlich gekündigte Mietverhältnis über die Wohnung … str. … in Lübeck. 3. OG. verbunden. Nach dem Mietvertrag vom 16.07.2005 betrug die Grundmiete 790 €. Die Bruttomiete belief sich zuletzt auf 851 €. Die Wohnung bestand aus einem Zimmer mit einer als Schlafbereich genutzten Galerie und einem offenen Küchenbereich sowie Bad und Vorraum. Unter der streitgegenständliche Wohnung befindet sich eine Wohnung, die der Kläger als Ferienwohnung auch an Raucher vermietet.

Mit Schreiben vom 24.10.2012 kündigte der Beklagte durch den Mieterverein dem Kläger gegenüber eine Minderung der monatlichen Miete um 79 € ab November 2012 wegen angeblich bestehender Geruchsbelästigung an. Dementsprechend zahlte der Beklagte in den Monaten November und Dezember 2012 sowie Januar und März 2013 eine um 79 € verminderte Miete.

Rauchbelästigung aus Nachbarwohnung - Mietminderung
Foto: Eldar Nurkovic/Bigstock

Der Kläger hält einen Mangel für nicht gegeben. Rauchen in Mieträumen sei als vertragsgemäßer Mietgebrauch zulässig und – auch von dem Nachbarn – hinzunehmen. Zumindest sei die Erheblichkeitsschwelle hier nicht überschritten.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 237 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 79 € seit dem 05.11.2012, aus weiteren 79 € seit dem 05.12.2012, aus weiteren 79 € seit dem 05.01.2013 und aus weiteren 79 € seit dem 07.03.2013 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 42,84 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, durch die Geschossdecke oder die Lüftungsschächte dringe aus der darunterliegenden Ferienwohnung Rauchgeruch in seine Wohnung ein, der zu einer erheblichen Minderung des Mietgebrauchs führe. Insbesondere hätten sich in der Zeit vom 27.09.2012 bis 02.10.2012 starke Raucher in der Wohnung befunden, die bereits morgens mit dem Rauchen angefangen hätten. In der Zeit vom 13. bis 14.10 2012 sei die Wohnung an vier starke Raucherinnen vermietet gewesen, die den ganzen Tag über geraucht hätten. Ebenso sei die Wohnung von Mitte November bis zum 14.12.2012 von Rauchern bewohnt gewesen. Die Lebensgefährtin des Beklagten sei am 03.12.2012 in der Nacht von dem starken Rauchgeruch aufgewacht. Nachdem es im Januar keine Rauchbelästigung gegeben habe, sei im Februar die Wohnung an einem langen Wochenende an Raucher vermietet gewesen, diese Vorkommnisse hielt der Beklagte unstreitig in einem Protokoll fest, dessen Inhalt er in der Klagerwiderung wiedergegeben hat. Es wird insoweit wegen der Einzelheiten auf die Klagerwiderung (Bl. 24 – 25 d.A.) Bezug genommen. Die Beeinträchtigung sei deshalb so stark, weil es sich bei der Wohnung um einen offenen Raum handele, in dem sich der Geruch verteile, so dass keine Rückzugmöglichkeit bestehe. Der Beklagte ist der Auffassung, er müsse diese erhebliche Beeinträchtigung nicht hinnehmen.

Das Gericht hat den Beklagten persönlich gemäß § 141 ZPO angehört und die Wohnung in Augenschein genommen. Des Weiteren hat es gemäß Beweisbeschluss vom 30.07.2013 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B.-J. und des Zeugen G. Wegen des Ergebnisses dieser Maßnahmen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24.09.2013 (Bl. 48 – 50 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagte einen Anspruch auf restliche Mietzahlung in Höhe von 145,80 €.

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB. Unstreitig bestand zwischen den Parteien ein wirksamer Mietvertrag mit einer vereinbarten monatlichen Bruttomiete von zuletzt 851 €. Auf Grund der vorliegenden Mängel war die Miete jedoch gemäß § 536 Abs. 1 BGB um 5 %, mithin 42,55 € monatlich, gemindert. Der Beklagte hat den Mangel auch in seinem Schreiben vom 24.10.2012 angezeigt (§ 536 c BGB).

Ein Mangel, der zur Minderung berechtigt, liegt gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB dann vor, wenn die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch, hier also zum Wohngebrauch, aufgehoben oder herabgesetzt ist. Dies ist der Fall.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass in die von dem Beklagten gemietete Wohnung durch die Decke und / oder die Lüftungsschächte in denjenigen Zeiten starker Rauchgeruch eindringt, in denen die darunter liegende Ferienwohnung an Raucher vermietet ist. Das hat der Beklagte persönlich in seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO eindringlich und plausibel geschildert. Diese Schilderung wurde von der Zeugin B.-J. und dem Zeugen G. bestätigt. Beide Zeugen waren nach ihrem persönlichen Eindruck auf das Gericht glaubwürdig und ihre Aussagen glaubhaft. Sie haben ihre Eindrücke in detailreicher Weise und unbefangen geschildert. Insbesondere der Zeuge G. hat kein erkennbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Als Ergebnis steht daher fest, dass Rauchgeruch von unten her in die Wohnung des Beklagten eindringt und zwar beginnend im Bad und in dem straßenseitig gelegenen linken Bereich des Wohnzimmers. Dort hat insbesondere der Zeuge G. den Rauchgeruch unmittelbar selbst einige Male erlebt. Die Schilderung der Zeugin B.-J. belegt, dass der Rauchgeruch letztlich in der ganzen Wohnung sehr deutlich wahrzunehmen ist. So hat sie bekundet, dass man das Gefühl habe, man sitze in einer Raucherbar, und dass auch die frisch gewaschene Kleidung nach Rauch rieche.

Eine Minderung ist nicht nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB ausgeschlossen, denn die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs ist erheblich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Rauchgeruch nicht etwa nur durch geöffnete Fenster eindringt, so dass der Beklagte dieser Beeinträchtigung durch einfaches Schließen der Fenster begegnen könnte. Eine Möglichkeit, sich gegen das Eindringen des Rauches durch die Decke und die Lüftungsschächte zu schützen, besteht gerade nicht. Auch ist es nicht möglich, die Beeinträchtigung durch Lüften der Wohnung des Beklagten zu vermeiden. Beim Lüften steigt die kalte Luft lediglich in den offenen Dachbereich der Wohnung. Zu einer Verbesserung des unten liegenden Wohnbereichs kommt es daher bei kurzzeitigem Lüften nicht. Dauerhaftes Lüften war dem Beklagten indes in den Wintermonaten nicht zumutbar, weil die Raumtemperatur dadurch zu stark herabgesetzt worden wäre. Durch die offene Gestaltung der Wohnung war es dem Beklagten auch nicht möglich, die Geruchsbeeinträchtigung lediglich auf einen Teil der Wohnung zu begrenzen. Gerade auch in den offenen Schlafbereich auf der Galerie konnte der Rauchgeruch eindringen. Der Rauchgeruch war – wie der Beklagte und die Zeugin bestätigt haben – nicht nur unangenehm, sondern führte bereits zu körperlichen Beeinträchtigungen, wie Augenjucken, tränenden Augen und Reizung der Schleimhäute. Sogar aus dem Schlaf war die Zeugin durch den starken Rauchgeruch erwacht.

Der Beklagte hat die Beeinträchtigung durch Rauchgeruch auch nicht als sozial adäquat hinzunehmen. Soweit der Kläger auf die Rechtsprechung verweist, nach der selbst starkes Rauchen sich noch im Rahmen des vertraglichen Mietgebrauchs hält (BGH NJW 2008, 1439), ändert dies nichts. In dieser Entscheidung ging es lediglich um die Frage, ob der Vermieter dem Mieter gegenüber Schadenersatzansprüche wegen übermäßigen Mietgebrauchs hat, wenn der Mieter durch starkes Rauchen die Mietsache beschädigt. Die Entscheidung betrifft daher nur das Verhältnis des rauchenden Mieters zum Vermieter, nicht aber das Verhältnis des Vermieters zu anderen Mietern im Haus. In diesem Verhältnis kommt es lediglich darauf an, ob der Vermieter den Mietgebrauch in vertragsgemäßer Weise gewähren kann. Kann er dies – auch unverschuldet – nicht, so hat er den Nachteil aus der Äquivalenzstörung zu tragen.

Die Höhe der Minderung ist mit 5 % bezogen auf die Bruttomiete (vgl. Schmidt-Futterer, 11. Aufl., § 536 Rn. 370) anzunehmen. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass die Beeinträchtigung nicht durchgehend bestand, sondern sich lediglich an bestimmten Tageszeiten (am Morgen oder Spätnachmittag) bemerkbar machte. Zudem war eine Beeinträchtigung auch nur gegeben, wenn in der Ferienwohnung Raucher wohnten. Das Gericht verkennt nicht, dass auch an den von dem Beklagten nicht ausdrücklich genannten Tagen Beeinträchtigungen vorhanden gewesen sein mögen, weil der Beklagte und die Zeugin Barfeld-Jansen bekundet haben, dass sie nur die besonders starken Beeinträchtigungen notiert hatten. In solchen Phasen mag – isoliert betrachtet – die Minderungsquote auch noch höher anzusetzen sein. Insgesamt aber erscheint eine durchgehende Minderung von 5 % angemessen.

Demgemäß war der Beklagte in den Monaten November, Dezember, Januar und März zur Minderung von nur 42,55 € berechtigt, so dass er monatlich 36,45 € zu wenig gezahlt hatte. Insgesamt muss der Beklagte daher noch 145,80 € (4 x 36,45 €) zahlen.

Da der zuzusprechende Betrag den insgesamt geltend gemachten Betrag nicht überschreitet, brauchte auch nicht entschieden zu werden, ob der Kläger möglicherweise statt der ziffernmäßig (vielleicht versehentlich) beantragten 237 €, tatsächlich 316 € begehrt, weil die Summe aus den viermal durchgeführten Minderungen von monatlich 79 € den in den Entscheidungsgründen genannten Betrag von 316 € ergibt.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Das Gericht ist an den Antrag gemäß § 308 ZPO gebunden, so dass für den Monat März keine früheren Zinsen zugesprochen werden konnten, obwohl der dritte Werktag im März 2013 bereits der 05.03.2013 war.

Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich ebenfalls aus § 286 BGB als verzugsbedingte Rechtsverfolgungskosten. Allerdings ist der Berechnung der Rechtsanwaltskosten nur der berechtigte Anspruch in Höhe von 145,80 € zugrunde zu legen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung war gemäß § 511 Nr. 4 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob Beeinträchtigungen durch Rauchgeruch, der aus baulichen Gründen aus einer Nachbarwohnung in die Mietwohnung eindringt, den Mieter zur Minderung berechtigen, ist nach der Recherche des Gerichts im hiesigen Bezirk bislang nicht entschieden.

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