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Rauchmelder in Mietwohnung – Zutrittsrecht zum Austausch

AG Hamburg-Blankenese –  Az.: 531 C 310/19 – Urteil vom 29.01.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, maximal 2 Mitarbeitern eines von der Klägerin beauftragten Unternehmens, die sich auf Wunsch der Beklagten ausweisen müssen, nach mindestens 4 Werktage vorher erfolgter Ankündigung werktags in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 13:00 Uhr oder zwischen 15:00 Uhr und 18:00 Uhr einmalig den Zutritt zu ihrer Mietwohnung A… Hamburg zu gewähren und in dem/den Schlafzimmer/n, Kinderzimmer/n sowie im Flur der Wohnung den Austausch der vorhandenen Rauchwarnmelder durch funkfähige Rauchwarnmelder zu dulden. Im Übrigen wird der geringfügig weitergehende Klagantrag abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung von 1000.- Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien verbindet ein Wohnraummietvertrag über die im Tenor genannte Wohnung.

Rauchmelder in Mietwohnung – Zutrittsrecht zum Austausch
Symbolfoto: Von gopixa/Shutterstock.com

Die Klägerin hat in der Wohnung bisher Rauchwarnmelder in allen Schlafräumen, Kinderzimmern und Fluren, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, installiert.

Die Klägerin beabsichtigt, die bereits installierten Rauchwarnmelder durch funkfähige Rauchwarnmelder zu ersetzen.

Die Beklagte wurde mit dem als Anlage K 1 vorgelegten Schreiben vom 11.02.2019 aufgefordert, am 07.03.2019 zwischen 17:00 Uhr und 20:00 Uhr Zutritt zu ihrer Mietwohnung zu gewähren und den Einbau der funkfähigen Rauchwarnmelder zu ermöglichen.

Dem Mitarbeiter der beauftragten Firma T wurde kein Zutritt gewährt.

Die Klägerin trägt u.a. vor: Von den Funkrauchwarnmelder gehe keine gefährliche Strahlung aus. Die von einem Fernsehgerät oder gar einem Handy ausgesandte Strahlung sei um ein Vielfaches höher.

Der Wartungsaufwand bei Funkrauchwarnmelder sei niedriger.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Mitarbeitern einer von der Klägerin beauftragten Firma nach vorheriger Ankündigung werktags in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 13:00 Uhr sowie 15:00 Uhr und 18:00 Uhr den Zutritt zu ihrer Mietwohnung A…, Hamburg zu gewähren und in dem/den Schlafzimmer/n, Kinderzimmer/n sowie im Flur der Wohnung den Austausch der vorhandenen Rauchwarnmelder durch funkfähige Rauchwarnmelder zu dulden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt unter anderem vor: Die bisher installierten, nicht funkfähigen Rauchwarnmelder hätten noch eine Restlebensdauer von vier Jahren.

Die Beklagte wehrt sich gegen „funk“-gesteuerte Warnmelder aus gesundheitlichen Gründen. Sie reagiere höchst allergisch auf Funkstrahlen.

Außerdem meinte die Klägerin, dass auch § 45 der Hamburgischen Bauordnung in Abs. 6 keine Verpflichtung in Wohnräumen Funkrauchwarnmelder zu installieren, enthalte.

Zumindest sei denkbar, dass sogenannter Elektro-Smog gesundheitsgefährdend sein könne.

Die Beklagte hätte häufiger juckende Bläschen auf der Haut, wenn sie in der Nähe von Funkgeräten sich aufhalte.

Die Klägerin erwidert hierauf: Letztlich sei die Behauptung der Beklagten, sie reagiere empfindlich auf Elektro-Smog unsubstantiiert.

Ergänzend verweist die Klägerin auf den Beschluss des LG Köln vom 26.10.2015, 10 S 88/15 und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2015, 1 BvR 2921/15.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

1.

Die Beklagte ist als Mieterin zur Duldung der Neuinstallation von funkfähigen Rauchwarnmeldern verpflichtet.

Insoweit handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 555b BGB durch die der Gebrauchswert der Mietsache (objektiv) nachhaltig erhöht wird und durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse (objektiv) dauerhaft verbessert werden.

Es handelt sich insoweit auch um eine Modernisierungsmaßnahme, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden ist und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen kann (§ 555c Abs. 4 BGB).

Nach § 45 Abs. 6 der Hamburgischen Bauordnung vom 14.12.2005 ist lediglich festgelegt, dass Rauchwarnmelder, keine Rauchmelder und auch keine Brandmelder, so eingebaut und betrieben werden müssen, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird.

 

Es liegt allein in der Dispositionsbefugnis des Vermieters, ob er sich für funkfähige Rauchwarnmelder entscheidet oder ob er Modelle ohne dieses Qualifikationsmerkmal weiter nutzt bzw. spätestens nach zehn Jahren neu einbaut.

Von Seiten der Beklagten werden auch keine wissenschaftlichen Untersuchungen benannt, nach denen Elektro-Smog durch Funkrauchwarnmelder jemals überhaupt oder gar zu ernsten körperlichen Beeinträchtigungen bei Mietern oder sonstigen Nutzern geführt hätten.

Die Klägerin als Vermieterin kann auch die Wartung selbst übernehmen und muss diese nicht den Mietern – wie laut Beklagten bisher geschehen – überlassen.

Die Klägerin hat lediglich die DIN 14676 und die DIN EN 14604 zu beachten. Die neuere DIN 14676:2012-09 sieht auch nicht mehr eine Sichtprüfung der Geräte vor, sondern will technologischen Innovationen (Funkrauchwarnmelder) den Weg frei machen, die die Kontrollen automatisch durchführen. Ergänzend wird verwiesen auf Riecke, Partner im Gespräch, Band 99 (2015), Seite 139 ff. zu mietrechtlichen Aspekten beim Einbau von Rauchwarnmelder; vgl. auch Cramer, ZMR 2016, 505.

Zu den Neuerungen hinsichtlich der DIN14676 wird verwiesen auf Serwe, ZMR, 2019, 6 ff.

Danach müssen Rauchwarnmelder der Bauweise C folgende funktionsrelevante Eigenschaften selbstständig und wiederkehrend mindestens alle 15 Monate prüfen.

  • Kontrolle der Energieversorgung
  • Kontrolle der Rauchsensorik auf Funktion
  • Überwachung der vorgesehenen Betriebsdauer
  • Kontrolle auf Demontage
  • Kontrolle, ob eine funktionsrelevante Beschädigung des Rauchwarnmelders vorliegt.

Bereits dies zeigt, dass der Funkrauchwarnmelder dem alt bekannten Rauchwarnmelder mit Hand-Wartung weit überlegen ist.

Die DIN SPEC 91388 wurde extra geschaffen, um „die technischen Anforderungen an ferninspizierbare Rauchwarnmelder – Anforderungen an eine technische Einrichtung zur Ferninspektion in Bezug auf den Nachweis der Betriebsbereitschaft eines Rauchwarnmelders nach DIN EN 14604“ klar zu umreißen.

Es liegt auch (s.o.) klar in der Dispositionsbefugnis des Vermieters zu entscheiden, ob eine Teil- oder Vollausstattung mit Rauchwarnmeldern in der Mietwohnung erfolgt und ob es sich dabei um Rauchwarnmelder handeln soll, die funkfähig sind oder nicht.

Der Vermieter hat insbesondere auch die Interessen der übrigen Mitmieter zu berücksichtigen, die entweder nicht selber die Wartung derartiger Geräte alter Prägung vornehmen wollen oder nicht extra an einem Tag im Jahr zuhause weilen wollen, um einem Mitarbeiter des Wartungsunternehmens den Zutritt zur Wohnung zu ermöglichen.

Darüber hinaus haben Funkwarnmelder den Vorteil, dass sie 365 Tage im Jahr auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft werden können. Bei nicht funkfähigen Rauchwarnmeldern erfolgt die Prüfung lediglich alle 12 bis 15 Monate. Dann ist nicht ausgeschlossen, dass nach einer Renovierung der Rauchwarnmelder verstaubt und funktionsunfähig ist oder gar vom Malerunternehmen demontiert und nicht wieder angebracht wurde.

Zur zeitlich begrenzten Modernisierungswirkung bei der notwendigen Neuinstallation von Rauchwarnmeldern wird verwiesen auf Riecke, ZMR 2019, 106 ff.

Die Neuausstattung der Wohnung mit technisch besseren Rauchwarnmeldern durch den Vermieter stellt auch nach Ablauf von zehn Jahren eine Modernisierung dar. Anderes gilt nur dann, wenn Rauchwarnmelder lediglich durch gleichwertige Modelle ersetzt werden.

Eine Ausstattung mit Funkrauchmeldern führt zur Wohnwerterhöhung, schon allein deshalb, weil die jährlichen Funktions- und Sichtprüfungen überflüssig werden.

Die Ausführungen in der MOPO vom 28.10.2019, Titelseite > Erste Mieter wehren sich … Spionage-Alarm um die neuen Rauchmelder … Immer mehr Hamburger Wohnungen werden damit ausgestattet. Was viele nicht wissen: Die Geräte verraten mehr über Sie, als Ihnen lieb ist < und auf Seite 10, haben zwar Mieter aufgeschreckt, sind aber nicht von Fachwissen getrübt.

2.

Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit des tenorierten Grundrechtseingriffs (vgl. zum Besichtigungsrecht Severin/Junker in Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, Formularbuch Miet- und WEG-Recht, 3. Aufl., Teil 1 Rn. 347) war dieser personell und zeitlich zu begrenzen.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs.2, 708 Nr.11, 711 ZPO.

4.

Die Berufung war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vorsorglich (falls die Beschwer nicht über 600,- Euro liegen sollte) zuzulassen.

 

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