AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 10 C 137/15, Urteil vom 13.01.2016
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im Vorderhaus des Hausgrundstücks W Straße 3 in Berlin im 5. Obergeschoss rechts, gelegene Wohnung Nr. 15, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, 2 Bädern, Abstellkammer, Balkon nebst dazugehörigem Kellerraum sowie den links gelegenen Raum Nr. 16 nebst dazugehörigem Kellerraum zu räumen und besenrein geräumt an die Kläger herauszugeben.
2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger für den Monat September 2015 eine Nutzungsentschädigung von 1.000,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. September 2015 sowie für die Monate Oktober 2015 bis Januar 2016 in Höhe von 5.400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Oktober 2015, 5. November 2015, 4. Dezember 2015 und 7. Januar 2016 sowie ab Februar 2016 jeweils bis zum 3. Werktags eines jeden Monats im Voraus jeweils 1.350,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen 4. Werktag eines jeden Monats zu zahlen.
3. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen die Beklagten als Gesamtschuldner, und zwar die Beklagten zu 1) und 2) zu ¾ und die Beklagten zu 3) und 4) zu ¼. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) sowie der Beklagten zu 3) und 4) tragen die Beklagten jeweils selbst als Gesamtschuldner.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich des Tenors zu 2. nur gegen Sicherheits-leistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Tenors zu 1. durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 6.000,00 EUR abzuwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer in der W Straße 3 in Berlin, Vorderhaus, 5. Obergeschoss rechts gelegenen 4-Zimmer-Wohnung, Teileigentumseinheit (15) sowie des im gleichen Stockwerk links gelegenen Raum (Teileigentumseinheit 16).
Die Beklagten zu 1) und 2) bewohnten seit dem 1. Februar 2008 beide Räumlichkeiten. Die Beklagte zu 1) ist zwischenzeitlich aus der Wohnung ausgezogen. Zwischenzeitlich sind in die Wohnung die Beklagten zu 3) und 4) nebst ihren minderjährigen Kindern eingezogen. Die Beklagten zu 1) und 2) leisteten in der Vergangenheit monatliche Zahlungen von 1.300,00 € und ab Januar 2010 monatlich 1.350,00 € an den vormaligen Eigentümer den Zeugen R.
Die Kläger sind seit dem 23. April 2014 als Eigentümer der streitgegenständlichen Teileigentums-einheiten 15 und 16 im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 4. März 2015 teilte der Zeuge R den Beklagten zu 1) und 2) mit, dass der Nutzungsübergang ab dem 1. März 2015 vereinbart sei und die monatliche Miete an die Kläger zu leisten sei. Ferner teilten die Kläger ihre Kontoverbindung mit und mahnten mit Schreiben vom 27. März 2015 die ausgebliebene Mietzahlung für den Monat März an. Mit Schreiben vom 18. Mai 2015 kündigten die Kläger das Mietverhältnis fristlos. Wegen des Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K7 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 4. Juni 2015 kündigten die Kläger erneut das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Kläger beriefen sich in der Klageschrift zur Begründung der Kündigung zudem auf den bestehenden Eigenbedarf. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 4. Juni 2015, Anlage K8 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, die im Vorderhaus des Hausgrundstücks W Straße 3, Berlin im 5. OG rechts gelegene Wohnung Nr. 15, bestehend aus vier Zimmern, Küche, zwei Bädern, Abstellkammer, Balkon nebst dazu gehörendem Kellerraum sowie den links gelegenen Raum Nr. 16 nebst dazu gehörendem Kellerraum zu räumen und besenrein und geräumt an die Kläger herauszugeben.
Hilfsweise die Beklagten zu verurteilen, die im Hauptantrag zu 1. näher bezeichneten Wohnungen zum 31.12.2015 zu räumen und besenrein und geräumt an die Kläger herauszugeben, die Beklagten zu verurteilen, die im Hauptantrag zu 1. näher bezeichneten Wohnungen zum 29.02.2016 zu räumen und besenrein und geräumt an die Kläger herauszugeben, ferner die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger Nutzungsentschädigung für den Monat September in Höhe von 1.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2015 zu zahlen sowie jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im voraus jeweils 1.350,00 € Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen Folgetag bis zur Räumung und Herausgabe der im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Räumlichkeiten zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten 3) und 4) erkennen den Räumungsanspruch unter Protest gegen die Kosten an.
Die Beklagte 1) trägt vor, sie sei mit dem gegenständlichen Rechtsstreit nicht verbunden, denn sie sei seit ca. 2 bis 3 Monaten aus der gegenständlichen Wohnung vollständig ausgezogen. Eine Kündigung sei nicht veranlasst gewesen, da sie keinen Mietvertrag mit dem vorherigen Eigentümer geschlossen habe.
Der Beklagte zu 2) ist der Auffassung, ein Räumungsanspruch sei nicht gegeben, da durch die Zahlung vom 3. September 2015 in Höhe von 5.850,00 € der gesamte geltend gemachte Rückstand nebst einer Zahlung für September ausgeglichen sei. Die hilfsweise ordentliche Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlungen sei ebenfalls unbegründet. Zwischen den Parteien sei ein richtiger Mietvertrag nie geschlossen worden. Vielmehr habe der Beklagte zu 2) mit dem vorherigen Eigentümer R Verhandlungen über einen Mietkauf aufgenommen bzw. weitergeführt. Auf ein Schreiben vom 26. Juni 2012 sei seitens des Eigentümers R keine Meldung mehr erfolgt. Dem Voreigentümer und den Klägern als Rechtsnachfolger seien sämtliche Unsicherheiten über das Mietverhältnis zuzurechnen. An die Kläger sei im August 2015 vom Beklagten zu 2) ein Betrag von 1.083,75 € überwiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Den Klägern steht gemäß § 546 BGB gegenüber den Beklagten zu 1) bis 4) ein Anspruch auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 BGB zu. Das Mietverhältnis ist durch die Kündigung der Kläger vom 18. Mai 2015 beendet worden. Zwischen den Beklagten zu 1) und 2) und dem Voreigentümer R ist ein schriftlicher Mietvertrag über die 4-Zimmer-Wohnung in der W Straße 3 im 5. Obergeschoss rechts sowie über den einzelnen Raum im 5. Obergeschoss links nicht geschlossen worden. Ursprünglich wollten die Beklagten respektive der Beklagte zu 2) Eigentum an den Räumlichkeiten erwerben. Die Beklagten zu 1) und 2) nutzten die Räumlichkeiten seit Februar 2008 und zahlten regelmäßig einen Betrag von 1.300,00 € bzw. 1.350,00 € seit Januar 2010 an den Voreigentümer. Ein formgültiger Kaufvertrag wurde zwischen den Parteien zu keiner Zeit geschlossen. Nach Veräußerungen der Teileigentumseinheiten an die Kläger sind diese gemäß § 566 BGB in die vertraglichen Verhältnisse eingetreten. Mangels formgültigen Kaufvertrags ist die Überlassung der Räumlichkeiten durch den Voreigentümer R an die Beklagten zu 1) und 2) als Mietverhältnis im Sinne von § 535 BGB zu werten. Dies hat auch bereits das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in dem Urteil vom 4. Juni 2012, Aktenzeichen:
13 C 470/11, klargestellt. Da auch in der Folgezeit die Bemühungen der Beklagten und des Voreigentümers einen Kaufvertrag formgültig zu fixieren, gescheitert sind, ist weiterhin von dem Bestehen eines mündlichen Mietvertrages sowie einer zu leistenden Miete von 1.350,00 € brutto/warm auszugehen. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 18. Juni 2015 waren die Beklagten zu 1) und 2) mit Zahlungen von insgesamt 2.850,00 € in Verzug. Die fristlose Kündigung war somit gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 3 BGB begründet. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 569 Abs. 3 Ziffer 2 BGB unwirksam geworden, denn der Beklagte zu 2) hat die bis einschließlich September 2015 die fälligen Mieten und die fälligen Nutzungsentschädigungen nicht vollständig geleistet. Bis Ende September hatte der Beklagte zu 2) folgende Zahlungen geleistet, am 30. April 2015 600,00 €, am 4. Mai 2015 600,00 €, am 29. Mai 2015 600,00 €, am 12. August 2015 200,00 € und am 3. September 2015 5.850,00 €, dies sind insgesamt 7.850,00 €. Eine weitere im August geleistete Zahlung in Höhe von 1.083,75 € von Frau I.D. haben die Kläger nach ihrem Vorbringen zurück überwiesen, da ihnen die Überweisende nicht bekannt gewesen sei und als Verwendungszweck lediglich Juni/Juli 2015 angegeben gewesen sei. Der Beklagte zu 2) konnte insoweit auch nur den Überweisungsauftrag vorlegen und keine entsprechende Abbuchung auf dem Konto bzw. die Gutschrift auf dem Konto der Kläger nachweisen. Das Verhalten der Kläger ist insoweit auch nicht als treuwidrig zu bezeichnen, denn erst durch den Schriftsatz vom 3. September 2015 ist den Klägern bekannt geworden, dass die Wohnung nicht nur von den Beklagten zu 1) und 2), sondern auch Frau I.D. und Frau J. D. dort wohnen. Die Kläger müssen sich auch die Leistung durch die Beklagte zu 3) nicht als Erfüllung im Sinne von § 362 BGB anrechnen lassen, denn es handelt sich bei dieser Leistung durch einen Dritten, um eine Leistung erfüllungshalber oder erfüllungsstatt im Sinne von § 364 BGB. Die Beklagten waren damit unabhängig von der mangelnden Zuordnung nicht verpflichtet, diese Leistung als Erfüllung der Beklagten zu 1) und 2) anzunehmen. Da bereits die fristlose Kündigung vom 18.05.2015 begründet ist, kam es auf den Sachvortrag bezüglich der übrigen Kündigungserklärungen vorliegend nicht an und eine weitere Erklärungsfrist war den Beklagten nicht zu gewähren.
Die Beklagten zu 1) und 2) sind gemäß § 546 a BGB zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet. Das Mietverhältnis besteht entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) auch mit dieser fort. Die Rückgabeverpflichtung gemäß § 546 BGB können Mieter nur als Gesamtschuldner erfüllen. Der Auszug der Beklagten zu 1) ändert daran nichts.
Da die Beklagten zu 3) und 4) den Räumungsanspruch anerkannt haben, waren diese gemäß § 307 ZPO entsprechend ihrem Anerkenntnis zu verurteilen.
Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Beklagten zu 3) und 4) sind gemäß § 92 ZPO anteilig zur Kostentragung verpflichtet. Das Anerkenntnis der Beklagten zu 3) und 4) ist nicht als sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO anzusehen. Die Beklagten zu 3) und 4) haben die Räume ohne vertragliche Vereinbarung mit den Klägern genutzt und auch bis zum heutigen Tage nicht geräumt. Es ist somit davon auszugehen, dass sie Veranlassung zur Klageerhebung gegeben haben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 7, 711, 709 ZPO.