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Rücknahme Mieterhöhungsverlangen – Erledigung der Hauptsache

AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 9 C 62/17 – Urteil vom 08.08.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird jedoch nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Vermieter, der Beklagte ist Mieter einer Wohnung im Haus S-Straße, Vorderhaus, erstes OG rechts, Berlin.

Die Kläger haben mit Schreiben ihrer Hausverwaltung vom 28.10.2016 die Zustimmung des Beklagten zur Erhöhung der Nettokaltmiete von 605,00 € auf 675,31 € ab 01.01.2017 begehrt. Das Mieterhöhungsverlangen ist dem Beklagten noch im Oktober 2016 zugegangen. Die Mieterhöhung wurde mit Vergleichswerten des Berliner Mietspiegels 2015 begründet.

Der Beklagte hat dem Mieterhöhungsverlangen nicht zugestimmt.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.02.2017, dem Beklagten zugestellt am 17.03.2017, haben die Kläger die Zustimmungsklage erhoben und folgenden Antrag gestellt:

Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die von ihm gemietete Wohnung im Wohnhaus S-Straße Vorderhaus, erstes OG rechts, bestehend aus drei Zimmern, einer Kammer, einer Küche, einem Korridor, zwei Toiletten mit Bad, einem Kellerraum zur Benutzung als Wohnraum mit einer Gesamtwohnfläche von 107,56 m² von bisher 605,00 € auf monatlich 675,31 €, mithin 6,28 €/m² netto kalt, zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung, ab dem 01.01.2017 zuzustimmen.

Der Berliner Mietspiegel 2017 – Stichtag 01.01.2016 – ist am 19.05.2017 veröffentlicht worden (Abl. Berlin Nr. 20 vom 19.05.2107).

Nach Durchführung einer im Ergebnis erfolglosen Güteverhandlung am 09.05.2017 haben die Kläger mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.05.2017 die Rücknahme des Mieterhöhungsverlangens vom 28.10.2016 und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt.

Mit Schriftsatz vom 23.06.2017 wurde ein neues Mieterhöhungsverlangen erklärt; insoweit haben sich die Kläger vorbehalten, Klage auf die Zustimmung zur Zahlung einer Nettokaltmiete von 695,75 €/m² netto kalt auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu erheben.

Wegen der Einzelheiten der Schriftsätze wird auf die Akte verwiesen (Blatt 87-88, 99-101 der Akte).

Die Kläger sind der Ansicht, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, da über den ursprünglichen Klageantrag nicht mehr entschieden werden könne. Im Rahmen der Erledigung sei festzustellen, dass der Klageanspruch vor Eintritt der Erledigung – Rücknahme des Mieterhöhungsverlangens – zulässig und begründet gewesen sei. Es komme nicht darauf an, wer für die Erledigung subjektiv verantwortlich sein.

Die Kläger beantragen, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ist zulässig, da nach Rücknahme des Mieterhöhungsverlangens keine Entscheidung über den ursprünglichen Klageantrag mehr erfolgen kann, die Frage der Kostentragungslast jedoch noch offen ist.

II.

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet.

Eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache kann entgegen der Ansicht der Kläger nicht festgestellt werden.

Zwar ist zutreffend, dass die Klage zunächst zulässig und – zumindest nach Erscheinen des Berliner Mietspiegel 2017, der auf das nach dem Stichtag 01.09.2016 zugegangenen Mieterhöhungsverlangen Anwendung findet – auch begründet gewesen sein könnte.

Nachdem jedoch die Kläger das Mieterhöhungsverlangen mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.10.2016 zurückgenommen haben, kann eine Entscheidung insoweit nicht mehr erfolgen.

Entweder kann das Erhöhungsverlangen nach der Einreichung der Klage nur durch Klagerücknahme zurückgenommen werden (Palandt/Weidenkaff, BGB Kommentar, 76. Auflage, Rn. 15 zu § 558 a), so dass die Rücknahme als Klagerücknahme zu werten ist, oder, wovon hier ausgegangen wird, das Mieterhöhungsverlangen kann noch während des Zustimmungsprozesses zurückgenommen werden, dies führt jedoch zur Unzulässigkeit der Klage, da ein wirksames Mieterhöhungsverlangens eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung ist, (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht Kommentar, 12. Auflage, Rn. 19 zu § 558 a).

Ein erledigendes Ereignis, das zur Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache führen könnte, liegt jedoch nicht vor.

Der Anspruch wurde nicht erfüllt oder auf andere Weise seine Durchsetzung unmöglich. Auch nach Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels 2017 am 19.05.2017 war die Fortsetzung des Zustimmungsprozesses möglich, da der Prüfung sogar der Berliner Mietspiegel 2017 mit höheren ortsüblichen Vergleichsmieten zu Grunde gelegt werden konnte, weil das Zustimmungsverlangen erst nach dem Stichtag – 01.09.2016 – dem Beklagten zugegangen ist.

Die Entscheidung der Kläger, das Mieterhöhungsverlangen vom 28.10.2016 zurückzunehmen, stellt einen Rechtsverzicht der Kläger und bewusst herbeigeführten Rechtsverlust dar; der nicht zu der Annahme eines erledigenden Ereignisses führt (Zöller/Vollkommer, ZPO-Kommentar, 31. Auflage, Rn. 5 zu § 91 a, str.). Die ohne äußere Veranlassung von den Klägern erklärte Rücknahme des Mieterhöhungsverlangens und die daraus resultierende Erledigungserklärung kommen einer Klagerücknahme gleich, die ebenfalls zu einer Kostentragungslast der Kläger führen würde.

Unabhängig davon ist auch der Sachverhalt der von den Klägern herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs – Urteil vom13.05.1993, Gesch.Z. I ZR 113/91 – nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar. In dieser Entscheidung hat der Kläger in einer Wettbewerbssache lediglich sein Bedürfnis, die Bezeichnung „Radio Stuttgart“ zu schützen, verloren, weil er hiervon damals keinen Gebrauch mehr machte. Im vorliegenden Fall haben die Kläger jedoch nach wie vor ein Interesse, das Mieterhöhungsverlangen, wenn auch in einer dem Berliner Mietspiegel 2017 angepassten Form, durchzuführen und haben bereits ein neues Mieterhöhungsverlangen gestellt.

Würde die Frage der Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens sowohl im vorliegenden Rechtsstreit bezüglich der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache als auch im ggf. nachfolgenden neuen Zustimmungsprozess Berücksichtigung finden, würden die Beklagten bei Unterliegen für einen nahezu identischen Sachverhalt zweimal die Kosten des Rechtsstreits tragen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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