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Rückzahlung der Nebenkostenvorschüsse bei Wohnungseigentümerwechsel

LG Berlin, Az: 65 S 184/15, Urteil vom 02.10.2015

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Köpenick vom 31. März 2015 – 14 C 179/14 – geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Mai 2014 zu zahlen.

2. Die Kosten beider Rechtszüge haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Rückzahlung der Nebenkostenvorschüsse bei WohnungseigentümerwechselVon der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Berufung:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 517, 519 ZPO eingereicht und auch begründet, § 520 ZPO.

2. Begründetheit der Berufung:

Die Berufung hat mit dem Hauptantrag Erfolg.

Die Kläger haben Anspruch auf Rückzahlung der Nebenkostenvorschüsse für das Jahr 2011 in Höhe von 1.200,- €.

Das Amtsgericht hat mit der angegriffenen Entscheidung den Hauptantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Mietverhältnis nicht beendet sei und deshalb auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Rückzahlung der Vorschüsse nicht verlangt werden könne.

Auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung war dies zutreffend. Der Bundesgerichtshof hat bereits im Urteil vom 29.3.2006 (-VIII ZR 191/05 – zitiert nach juris) entschieden, dass der Mieter im Falle einer nicht fristgerechten Abrechnung des Vermieters über die Vorauszahlungen eines Abrechnungszeitraumes in einem bestehenden Mietverhältnis über Wohnraum nicht die vollständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen kann. In der Begründung wird ausgeführt, dass der Mieter durch das ihm bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung zustehende Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorschüsse hinreichend bis zur Höhe der bereits geleisteten und nicht abgerechneten Vorauszahlungen geschützt ist.

Vorliegend ist – wie nunmehr erstmals in der Berufung vorgetragen ist – insofern eine Veränderung zu dem Sach- und Streitstand des erstinstanzlichen Urteils eingetreten als die Kläger mitteilen, dass ein Eigentümerwechsel nach Urteilsverkündung stattgefunden habe.

Die mieterseitige Behauptung des Eigentumswechsels ist unbestritten geblieben, so dass diese unstreitige Behauptung zugrunde zu legen ist.

Grundsätzlich ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9.3.2005 – VIII ZR 57/04 – zitiert nach juris) dem Mieter in ergänzender Auslegung des Mietvertrages nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Anspruch auf die volle Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen zuzubilligen.

Vorliegend ist das Mietverhältnis der Kläger bezogen auf die streitgegenständliche Wohnung zwar nicht beendet, sondern wird mit dem Erwerber fortgesetzt.

Bezogen auf die Beklagten, die mit der Vollendung des Rechtserwerbs der Erwerber aus dem Mietverhältnis ausgeschieden sind, ist eine Situation eingetreten, die in Bezug auf das Rechtsverhältnis der hiesigen Parteien einer Beendigung des Mietverhältnisses gleichsteht (vgl. LG Berlin Beschluss vom 2.10.2007 – 65 S 205/07-; Urteil LG Magdeburg vom 21.12.2010 – 10 O 1171/10 – Rn. 34-39; Urteil AG Tempelhof-Kreuzberg vom 27.2.2015 – 4 C 549/ 13- sämtlich zitiert nach juris). Dies deshalb, weil die vom Bundesgerichtshof aufgeführten Erwägungen auch im Falle eines Vermieterwechsels ebenso gelten, wie im Falle der Vertragsbeendigung. Dem Mieter steht im Falle des Vermieterwechsels nicht mehr die Möglichkeit zur Verfügung über die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts Druck auf seinen Vermieter auszuüben, um diesen zur Vornahme der Abrechnung anzuhalten. Denn mit dem Vermieterwechsel tritt im Mietverhältnis eine zeitliche Zäsur insofern ein, als der Erwerber für die Abrechnung der Vorauszahlungen des Abrechnungszeitraumes zuständig ist, innerhalb dessen er in das Mietverhältnis eingetreten ist, während der bisherige Vermieter für die zum Zeitpunkt des Eintritts des Erwerbers in das Vertragsverhältnis bereits abgelaufenen Zeiträume zuständig bleibt.

Insofern steht dem Mieter in dieser Situation die Möglichkeit durch den Einbehalt der laufenden Vorauszahlungen schneller den Betrag des in Betracht kommenden Erstattungsanspruchs aus der versäumten Abrechnung zu erlangen als durch gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs auf Rückzahlung der Vorschüsse (so BGH Urteil vom 29.3.2006 -VIII ZR 191/05 – dort Rn. 13 a.E. zitiert nach juris), eben nicht mehr zur Verfügung, da der ausgeschiedene Vermieter keinen Anspruch auf weitere Entrichtung von Vorauszahlungen auf Nebenkosten (mehr) hat.

Entgegen der Beanstandung der Beklagten steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Anspruch auch im konkreten Fall nicht entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann einem Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskostenvorschüssen nur zugebilligt werden, wenn er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte, den Abrechnungsanspruch durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Vorauszahlungen geltend zu machen (BGH Urteil vom 26.9.2012 – VIII ZR 315/11- zitiert nach juris).

Die Kläger haben vorliegend die Möglichkeit, den Abrechnungsanspruch durch die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts wegen der für 2011 geleisteten Vorschüsse gegenüber den Beklagten vor dem Eigentumswechsel 2015 geltend zu machen, gehabt. Sie haben diese mit dem hilfsweise erhobenen Feststellungsantrag – festzustellen, dass sie berechtigt seien, die laufenden Vorschüsse bis zur Höhe von 1.200 ,- € zurück zu behalten – in der zulässigen Form auch geltend gemacht.

Soweit das Amtsgericht das Feststellungsinteresse in der angegriffenen Entscheidung mit der Begründung verneint, dass die Rechtslage insoweit unzweifelhaft sei, trägt dies nicht.

Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO besteht, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

Dabei besteht ein Feststellungsinteresse nur, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernsthaft bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Zöller/Greger, 30. Aufl. 2014, zu § 256 Rn 7).

Dabei reicht das außerprozessuale Bestreiten aus.

Unbestritten haben die Kläger mit Schriftsatz vom 17.8.2015 vorgetragen, dass die vermieterseitige Hausverwaltung am 11.4.2014 als die Kläger Belegeinsicht nehmen wollten, mitgeteilt hat, dass aufgrund einer mangelhaften Übergabe der Unterlagen durch die Vorverwaltung keine Unterlagen vorgelegt werden können, so dass letztlich schon vor Klageerhebung feststand, dass eine Abrechnung nicht mehr würde erstellt werden können.

Die Beklagten haben nach der mieterseitigen Erhebung der Feststellungsklage diese als unzulässig angesehen, weil die Mieter auf Abrechnung hätten klagen können, was aber angesichts der vorstehenden Umstände gerade nicht erfolgversprechend gewesen wäre.

In dieser Situation ist hier die erforderliche Unsicherheit aus dem Grunde anzunehmen, weil die Kläger durch den schlichten Einbehalt der Vorauszahlungen – im Hinblick auf die Höhe der vereinbarten Miete – eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB riskiert hätten. Es erscheint wenig interessengerecht, den vorsichtigen Mieter, der um das Mietverhältnis nicht unnötig zu belasten, zunächst die Feststellung dieses Rechts verfolgt, bevor er sich dem Risiko der Kündbarkeit der Mietverhältnisses aussetzt, „zu bestrafen”, indem ihm das Feststellungsinteresse abgesprochen wird.

Mithin hätte – da vermieterseitig der Feststellungsantrag nicht etwa im Hinblick auf eine unzweifelhafte Rechtslage anerkannt, sondern dessen Zulässigkeit bestritten wurde – im ersten Rechtszug dem Feststellungsantrag stattgegeben werden müssen. Insofern liegt die Voraussetzung der Entscheidung des BGH vom 26.9.2012 vor. Aufgrund des zu Unrecht abgewiesenen Feststellungsantrages hatten die Kläger nicht die Möglichkeit vor dem Eigentumswechsel den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts geltend zu machen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

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