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Schadensersatz des Vermieters aufgrund des Rückgabezustands Mietwohnung

AG Hamburg – Az.: 49 C 150/22 – Urteil vom 26.10.2022

1. Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger sowie Frau C. 5.091,84 € (fünftausendeinundneunzig 84/100 EURO) nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 29.09.2022 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage ebenso wie die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 87 % und der Beklagte 13 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Zusammenfassung

Das AG Hamburg hat in einem Fall entschieden, dass ein Vermieter keinen Schadensersatz für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen verlangen kann, da der Mieter nicht dazu verpflichtet war, die Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses zu streichen. Eine wirksame Abwälzung von laufenden Schönheitsreparaturen auf den Beklagten wurde mietvertraglich nicht wirksam vereinbart. Es bestand keine allgemeine Vermutung dahingehend, dass die wortwörtliche Übernahme der Formulierung der genannten Regelung AGB-rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Beschluss:

Der Streitwert wird festgesetzt auf 24.196,90 € mit Ausnahme der anwaltlichen Terminsgebühren, die sich nach einem Streitwert von 21.563,74 € bemessen.

Tatbestand

Mit der Klage begehrt der Kläger Schadensersatz aus einem beendeten Mietverhältnis im Hinblick auf den Rückgabezustand der vom Beklagten angemieteten Wohnung, der Beklagte seinerseits beantragt widerklagend die Erstattung der von ihm bei Mietbeginn geleisteten Mietkaution.

Der Kläger war Vermieter, der Beklagte Mieter der im […] in […] Hamburg dort im 1. Obergeschoss links gelegenen 4-1/2-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von etwa 143 m². Der Mietvertragsabschluss folgte zum 01.01.2013. Nach § 17 des Mietvertrages war der Beklagte verpflichtet, während der Mietzeit die laufenden Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung auszuführen. Diese wurden definiert dahingehend, dass dazu gehört das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Pflegen und Reinigen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und der Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung. Die Arbeiten sind handwerksgerecht auszuführen, wobei in § 30 des Mietvertrages klargestellt wird, dass handwerksgerecht im Sinne von fachmännisch ausgeführt zu verstehen ist, was auch eine Eigenarbeit oder beauftragte Hilfskräfte nicht ausschließt. In § 30 des Mietvertrages war unter „Sonstige Vereinbarungen“ im Übrigen geregelt, dass es in der Küche Ober- und Unterschränke und eine Spüle gibt. Die vorhandenen Elektrogeräte, wie z. B. Herd mit Backofen und Cerankochfeld, Kühlschrank, Wrasenabzug, Mikrowelle, Geschirrspülmaschine werden nicht mit vermietet, dem Mieter aber zu Nutzung überlassen. Reparaturen und/oder Erneuerungen der Elektrogeräte fallen nicht in die Verantwortung des Vermieters. Eventuell anfallende Kosten haben die Mieter zu tragen. Laut § 12 des Mietvertrages belief sich die Kaution des Beklagten sowie der weiteren Mieterin auf 5.970,00 €, wobei nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 23.06.2022 ein Anspruch über 5.790,00 € insoweit bestand.

Ergänzend wird hinsichtlich des Mietvertrages Bezug genommen auf die Anlage K 1 (Bl. 18 ff d. A.).

In den letzten 9 Monaten des Mietverhältnisses, welches am 30.04.2021 endete, zahlten der Kläger sowie die weitere Mieterin Frau F. statt 2.287,49 € lediglich 2.270,00 €. Insoweit bestand ein Mietrückstand bei Mietende in Höhe von 157,41 €.

Im Übrigen monierte der Kläger bei der Rückgabe den Zustand von Türen und Zargen in Bad und Schlafzimmer, eine defekte sowie zerbrochene Scheibe in der Badezimmertür sowie im Fenster zum hinteren Lichtschacht, einen Defekt der Duschabtrennung, eine Verkalkung des Marmorwaschtisches, Klebereste auf den Fliesen, eine Beschädigung an der Arbeitsplatte in der Küche, ein zerbrochenes Metallfettgitter bei der Dunstabzugshaube, das Fehlen von Rosten und Gemüseschale im Kühlschrank, ein verdreckter Backofen bei dem Backblech sowie Backrost ersetzt werden mussten, starke Schäden im Parkett in den vorderen beiden Zimmern sowie das Fehlen der Durchführung von Schönheitsreparaturen. Insbesondere waren die Wände ungeachtet vieler Bohrlöcher und Dübel nicht frisch gestrichen.

Hinsichtlich des Rückgabezustandes wird insoweit Bezug genommen auf die Fotodokumentation des Klägers Anlagen K 2 bis K 10 (Bl. 30 bis 43 d. A.) sowie die Dokumentation des Beklagten (Bl. 92 bis 108 d. A.).

Der Kläger setzte dem Beklagten sowie Frau F. über einen Herrn S. mit Mail vom 04.05.2021 eine Frist bis 14.05.2021 zur Durchführung fälliger Schönheitsreparaturen. Dabei wurde auf § 17 des Mietvertrages hingewiesen und festgestellt, dass laufende Schönheitsreparaturen offensichtlich nie durchgeführt worden seien. Es gäbe keinerlei Maler- und Lackarbeiten oder sonstige Instandhaltungsarbeiten seit dem Einzug im Jahre 2008 bzw. der Übergabe am 19.12.2008. Auch sei die Wohnung in einem sehr verdreckten Zustand gewesen, wobei sich die Fristsetzung nur auf die Schönheitsreparaturen bezog.

Es wird ergänzend Bezug genommen auf die Anlage K 11 (Bl. 44 d. A.).

Mit Schreiben vom 21.06.2021 und Berechnung vom 16.06.2021 rechnete der Kläger die Nebenkosten für den Zeitraum 01.04.2020 bis 31.03.2021 ab. In der Abrechnung sind die Kostenpositionen „Beleuchtung/Kabel“ sowie „Warmwasser- und Rauchwarnmelderwartung“ zusammengefasst. Darüber hinaus ist die Kostenposition „Wasser“ und „Siel“ zusammengefasst worden. Die Abrechnung wurde dem Beklagen anlässlich eines Gerichtstermins Anfang August 2021 übergeben.

Mit Schreiben vom 30.09.2021 machte der Kläger für Malerarbeiten 5.004,42 €, für Klempnerarbeiten 3.334,20 €, für Arbeiten in der Küche 2.004,09 €, für Arbeiten am Parkett, das Schleifen und versiegeln desselben 2.437,57 € sowie für Schönheitsreparaturen 9.168,16 € geltend. Darüber hinaus wurde auf einen offenen Betrag in Höhe von 586,06 € verwiesen, der als Nebenkostennachforderung deklariert war, allerdings auch den Mietrückstand für die letzten 9 Monate des Mietverhältnisses enthielt.

Hinsichtlich der dem Aufforderungsschreiben zu Grunde liegenden Rechnungen wird ergänzend Bezug genommen auf die Rechnungen Bl. 48 bis 65 d. A..

Von den insoweit geltend gemachten Schäden ist ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 154,70 € für die defekten Scheiben vom Beklagten zugestanden und insoweit die Aufrechnung mit der Mietkaution erklärt worden. Entsprechendes gilt für einen Betrag in Höhe von 50,00 € für vermeintlich fehlende Roste aus dem Kühlschrank.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm der Beklagte Schadensersatz in Höhe von 15.978,44 € einschließlich der offenen Betriebskostennachforderung sowie der restlichen Mietzinsforderung schulde. Nach Auffassung des Klägers liege eine wirksame Abwälzung von Schönheitsreparaturen im Mietvertrag vor. Zudem sei der Beklagte jedenfalls nach 8 Jahren zur Renovierung verpflichtet gewesen.

Der Kläger stellt den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, 15.978,44 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.10.2021 an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und beantragt widerklagend nach Teilrücknahme der Widerklage hinsichtlich der Rückforderung der Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 2.633,16 € noch hinsichtlich der Kaution, den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an den Beklagten und Widerkläger 5.085,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 29.09.2022 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass es sich um normale Abnutzungserscheinungen handele und die Wohnung im Übrigen im einen nicht zu beanstandenden Zustand zurückgegeben worden sei. Im Übrigen entspreche der Zustand des Kühlschrankes dem Zustand bei Anmietung.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, da die Klageforderungen entweder nicht bestehen oder aber durch Primär- bzw. konkludent erklärte Hilfsaufrechnung des Beklagten erloschen sind.

Ein Anspruch des Klägers in Höhe von 9.168,16 € wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, entsprechend den Kosten der angefallenen Malerarbeiten besteht nicht, da der Beklagte nicht verpflichtet gewesen ist, die Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses zu streichen. Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand bei Mietbeginn zu überlassen und diesen vertragsgemäßen Gebrauch während des Mietverhältnisses zu erhalten. Dementsprechend schreibt § 538 BGB vor, dass die Folgen der vertragsgemäßen Nutzung zu Lasten des Vermieters gehen und insoweit ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter nicht besteht.

Eine wirksame Abwälzung von laufenden Schönheitsreparaturen ist vorliegend auf den Beklagten mietvertraglich nicht erfolgt. Einer entsprechenden wirksamen Abwälzung steht zum einen entgegen, dass aus der Klausel nicht hinreichend deutlich wird, dass die Fenster nur von innen zu streichen sind, ferner steht der wirksamen Abwälzung unabhängig davon ebenfalls entgegen, dass der Mieter mietvertraglich auch zum Streichen der Versorgungsleitungen verpflichtet wird.

Nach § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV umfassen die Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen. Gemeint sind damit Renovierungen innerhalb der Wohnung. Insoweit dem Mieter entsprechend dem Wortlaut von § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV formularvertraglich aufgelegt wird, für das „Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen“ Sorge zu tragen, wird nicht hinreichend deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich die Formulierung „von innen“ hinter dem Wort Außentüren auch auf die Fenster beziehen würde. Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Verwenders. Es besteht keine allgemeine Vermutung dahingehend, dass die wortwörtliche Übernahme der Formulierung der genannten Regelung AGB-rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. AG Hamburg, Urteil v. 29.04.2022 zum Az.: 48 C 451/19 bei juris). Jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305 c Abs. 2 BGB) in der Klausel enthaltenes Streichen der Fenster von außen überschreitet den Bereich der wirksam abwälzbaren Schönheitsreparaturen (vgl. zur Unwirksamkeit bei Außenarbeiten AG u. LG Hannover WuM 2014, 19 im Anschluss an BGH WuM 2009, 286 und BGH WuM 2011, 137). Bei dem Streichen der Fenster von außen geht es nicht mehr um die Beseitigung einer typischerweise vom Mieter verursachten Abnutzung des dekorativen Erscheinungsbildes innerhalb der gemieteten Wohnung (vgl. BGH WuM 2010, 231; BGH GE 2011, 263). Eine sprachliche Reduktion auf das zulässige Maß als unzulässige Geltungsart der Reduktion ist nicht möglich (vgl. BGH GE 2011, 263). Daher geht die Rechtsprechung von der Unwirksamkeit entsprechender Klauseln aus (vgl. AG Hamburg, Urteil v. 15.05.2020 zum Az.: 49 C 493/19 bei juris; AG Hamburg, Urteil v. 29.04.2022 zum Az.: 48 C 481/19 bei juris; AG Hamburg GE 2020, 1326; LG Hamburg, Beschluss v. 30.11.2020 zum Az.: 316 T 44/20 bei juris).

Ferner ergibt sich die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Klausel aus der Überschreitung des zulässigen Umfanges auf den Mieter übertragbarer Schönheitsreparaturen. Die gegenständliche Beschränkung des Begriffes der Schönheitsreparaturen auf die in § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV aufgeführten Arbeiten ergibt sogleich den Maßstab der Klauselkontrolle und markiert auf diese Weise die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Klausel über dessen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt werden dürfen. Auch nur geringfügige Überschreitungen des Rahmens des § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV verstoßen gegen das Übermaßgebot und führen zur Unwirksamkeit der mietvertraglichen Abwälzung. Versorgungsleitungen sind dort nicht genannt worden. Daher geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Übertragung des Streichens der Versorgungsleitungen wie auch alle anderen über den Wortlaut der Regelung hinausgehenden Abwälzungen zur Unwirksamkeit der Klausel führt (vgl. BGH NZM 2010, 157 = NJW 2010, 674= WuM 2010, 85; BGH GE 2011, 263; BGH WuM 2010, 231; AG Hamburg, Urteil v. 03.09.2021 zum Az.: 46 C 500/19, n.v.).

Schließlich würde einem etwaigen Anspruch im Falle einer wirksamen Klausel auch entgegenstehen, dass es an einer hinreichenden Fristsetzung fehlt. Zwar hat der Kläger in der Anlage K 11 eine Frist gesetzt, in der ist allerdings nicht spezifiziert aufgeführt worden, warum der Beklagte welche Arbeiten vornehmen soll. Der Mieter kann insoweit dem Schreiben nicht entnehmen, welche Arbeiten im Einzelnen von ihm verlangt werden und was an den von ihm bereits ggf. durchgeführten Arbeiten konkret beanstandet wird (vgl. LG Kiel, Urteil v. 09.06.2015, Az.: 1 S 274/04 bei juris).

Schließlich vermag auch das Vorhandensein von Dübeln und Bohrlöchern nicht eine Renovierungsverpflichtung zu begründen, da der Mieter schon nicht zum Entfernen der Dübel und Verschließen der Bohrlöcher verpflichtet ist, soweit sich dieses im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauches bewegt (vgl. LG Hamburg, WuM 2007, 194; AG Düsseldorf, WuM 2011, 624; AG Rheinbach NZM 2005, 822; zur Unwirksamkeit entsprechender Klauseln vgl. auch BGH NJW 1993, 1061). Inwieweit vorliegend etwa im Flur das verkehrsübliche Maß überschritten worden ist, lässt sich vorliegend nicht feststellen.

Soweit der Kläger die Beseitigung von Kleberesten auf den Fliesen sowie die Reinigung des Backofens oder auch des Marmorwaschtisches verlangt, fehlt es bereits an der erforderlichen Fristsetzung, da die Anlage K 11 eine solche nicht enthält.

Soweit der Kläger Schadensersatz für beschädigte Geräte in der Küche verlangt, steht der Mietvertrag einem entsprechenden Anspruch bereits entgegen. Nach § 30 des Mietvertrages ist der Mieter zur Nutzung berechtigt, ohne dass der Kläger zur Reparatur oder Erneuerung verpflichtet sein soll. Dies schließt mit dem Satz ab, dass eventuell anfallende Kosten vom Mieter zu tragen seien. Es ist aus Sicht des maßgeblichen Empfängerhorizontes wohl dahingehend zu verstehen, dass der Mieter zur Nutzung berechtigt ist, die Gegenstände ggf. auch kaputt gehen lassen oder entsorgen lassen kann und nur dafür verantwortlich ist, etwaige Anschaffungen kostenmäßig selbst zu tragen, soweit er diese für erforderlich hält. Zwar mag die Klausel unzulässig sein, da sie letztlich auf eine unzulässige Freizeichnung des Klägers von Instandsetzungsarbeiten hinausläuft (vgl. AG Hamburg-Altona ZMR 2020, 663), letztlich kann sich der Kläger als Klauselsteller jedoch nicht auf diese etwaige Unwirksamkeit berufen, sondern muss sich vielmehr an dem Eindruck festhalten lassen, den er beim Adressaten der Erklärung hervorruft. Im Übrigen ist vom Kläger nicht hinreichend dargelegt worden, dass die Dunstabzugshaube, der Kühlschrank oder auch der Backofen durch einen vertragswidrigen Gebrauch durch den Beklagten Schaden genommen haben.

Schließlich besteht auch kein Schadensersatzanspruch des Klägers hinsichtlich der Erneuerung der Arbeitsplatte in der Küche, da insoweit bereits ein Schaden der Höhe nach nicht feststellbar ist. Nach dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägers ist davon auszugehen, dass die Küche bereits im Jahre 2008 in der Wohnung vorhanden gewesen ist, so dass nach 13 Jahren eine Erneuerung jedenfalls nicht fernliegend gewesen wäre. Hierbei obliegt allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Abzug „neu für alt“ angefallen ist, dem Kläger als demjenigen, der den Schaden geltend macht. Dies ist der Sache nach auch zutreffend, da der Mieter seinerseits regelmäßig keinerlei Kenntnis davon hat, wann etwa eine Einbauküche in eine Wohnung eingebaut worden ist.

Im Übrigen ist bei einer geringfügigen Beschädigung der Außenseite einer Küchenarbeitsplatte der Austausch der Küchenarbeitsplatte erkennbar fernliegend. Hier hätte es ausgereicht, die seitliche Abschlussleiste der Küchenplatte zu erneuern. Welche Kosten hierbei angefallen wären, vermag das Gericht allerdings aus eigener Sachkunde nicht zu bewerten.

Schließlich sind geringfügige Beschädigungen einer Küche, wie etwa ein Riss in der Gemüseschale eines Kühlschrankes oder auch eine geringfügige Abplatzung an einer Eckkante nach einer längeren Mietdauer von hier zumindest 8 Jahren, möglicherweise auch 13 Jahren als vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt anzusehen. Letztlich kommt es hierauf nicht an, da es jedenfalls am Nachweis eines Schadens der Höhe nach fehlt, wenn eine möglicherweise schon 20 oder 30 Jahre alte Arbeitsplatte erneuert wird.

Ebenso wenig besteht ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der Beschädigung des Parketts in den vorderen Zimmern, da es sich ausweislich der zur Akte gereichten Fotos letztlich um normale Gebrauchsspuren handelt. Im Übrigen ist dem Kläger insoweit kein Schaden entstanden, da jedenfalls bei einer Nutzungsdauer von etwa 15 Jahren davon auszugehen ist, dass das Parkett ohnehin abgeschliffen und neu lackiert hätte werden müssen (vgl. LG Frankental, ZMR 2015, 552, Rn. 11 bei juris sowie die Kommentierung von Langenberg zu § 538 bei Schmidt-Futterer in der 13. Aufl.). Wann das Parkett zuletzt abgeschliffen worden ist, hat der Kläger im Übrigen in keiner Weise dargelegt. Soweit der Kläger über seine Bevollmächtigten auf die Entscheidung des Landgerichtes Potsdam in GE 2009, 655 verweist, vermag diese der hiesigen Rechtsauffassung nicht entgegenzustehen, da nicht feststellbar ist, dass das Abschleifen und Lackieren der Dielen bzw. des Parketts vorzeitig und insoweit vor der üblichen Zeit erfolgt ist.

Demgegenüber besteht ein Mietzinsanspruch des Klägers in Höhe von 157,41 € aus § 535 Abs. 2 BGB für die letzten 9 Monate bis Mietende. Hier ist statt der geschuldeten Miete in Höhe von 2.287,49 € lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 2.270,00 € gezahlt worden. Dieser ist nach der Rechtsprechung des BGH vorrangig auf Betriebskostenvorauszahlungen anzurechnen, so dass auch im Bezug auf die Mieten des Jahres 2020 insoweit eine Netto-Kalt-Miete geltend gemacht wird. Betriebskostenvorauszahlungen könnten hier nach Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr geltend gemacht werden, allerdings sind Zahlungen vorrangig auf Betriebskostenvorauszahlungen zu verrechnen, da es sich um die für den Vermieter lästigere Forderung handelt.

Ferner besteht ein Anspruch des Klägers nach der Betriebskostenabrechnung für die Zeit vom 01.04.2020 bis 31.03.2021 in Höhe von 336,05 €. Dies ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 556 BGB sowie dem Mietvertrag. Die streitgegenständliche Abrechnung ist zwar hinsichtlich der Positionen „Beleuchtung/Kabel“ sowie „Warmwasser- und Rauchwarnmelderwartung“ formell teilunwirksam und insoweit um 92,60 € zu kürzen, im Übrigen ist sie jedoch materiell wirksam, ohne dass innerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB bis zum Ablauf des 12. Monats nach Zugang der Abrechnung Einwendungen des Beklagten erhoben worden sind.

Die Aufgliederung nach den jeweiligen Kostenpositionen in einer Betriebskostenabrechnung muss sich grundsätzlich an den Kostenarten, die dem Mieter im Mietvertrag auferlegt worden sind, orientieren, damit er verlässlich auf einfache Art erkennen kann, ob nur die vereinbarten Kosten der Abrechnung angesetzt werden. Vorliegend ist mietvertraglich eine Abwälzung nach der Betriebskostenverordnung vereinbart worden. Dies entspricht der Grundregel, dass im Zweifel eine Differenzierung der Kostenarten des in § 2 Betriebskostenverordnung enthaltenen Betriebskostenkataloges erforderlich ist, wobei die nach ihrem Entstehungsgrund gleichartigen Kosten summenmäßig zusammengefasst werden dürfen (vgl. AG Hamburg, Urteil v. 03.03.2022 zum Az.: 48 C 320/20 bei juris; AG Hamburg, Urteil v. 05.05.2021 zum Az.: 49 C 569/20, Rn. 31 bei juris; vgl. BGH WuM 2017, 205; AG Aachen WuM 2016, 288). Bei beiden genannten Kostenpositionen handelt es sich jedoch um Kosten, die in verschiedenen Ziffern der Betriebskostenverordnung geregelt und insoweit nicht einheitlich abgerechnet werden dürfen. Es ist auch nicht zulässig, alle sonstigen Betriebskosten einheitlich abzurechnen (vgl. BGH WuM 2021, 558). Für die Beurteilung der formellen Ordnungsgemäßheit der Abrechnung kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob der Mieter durch Einsichtnahme in die Belege hätte ermitteln können, welche Einzelpositionen sich hinter der Sammelposition tatsächlich verbergen. Eine ordnungsgemäße Abrechnung soll dem Mieter vielmehr eine Prüfung der formellen Abrechnungsfähigkeit gerade ohne Belegeinsicht ermöglichen (vgl. AG Hamburg, Urteil v. 03.03.2022 zum Az.: 48 C 320/20 bei juris).

Hinsichtlich der insoweit nicht unstreitig gestellten und dem Kläger zuzusprechenden Kostenpositionen aus der Betriebskostenabrechnung sowie aus ausstehenden Mietzins ist jedoch eine konkludente Hilfsaufrechnung des Beklagten entsprechend dem schriftsätzlichen Vortrag anzunehmen, da der Beklagtenvertreter in den Schriftsätzen aber auch im Termin zum Ausdruck gebracht hat, dass letztlich die Kaution geltend gemacht werden soll, soweit sie nicht für berechtigte Forderungen des Klägers in Anspruch genommen werden könnte. Dies entspricht dem zugestandenen unstreitigen Forderungen.

Insoweit hat das Gericht davon abgesehen, dem Kläger einen Teilbetrag zuzusprechen und zugleich die Kautionsrückzahlungsklage dem Beklagten um den identischen Betrag erhöht zuzusprechen und insoweit die Aufrechnung der Vollstreckung zu überlassen.

Nach Maßgabe der obigen Ausführungen besteht ein Kautionsrückzahlungsanspruch des Beklagten aus § 551 BGB in Höhe von 5.091,84 €. Dieser kann vom Beklagten und Widerkläger auch alleine geltend gemacht werden. Allerdings steht der Anspruch allen Mietern als Mitgläubiger zu, so dass insoweit der Anspruch des Beklagten zusammen mit der weiteren Mieterin besteht und entsprechend zu tenorieren gewesen ist (vgl. LG Flensburg ZMR 2009, 449; Staudinger-Emmerich, BGB, 2018, § 551 Rn. 30 a).

Der Zinsanspruch hinsichtlich der Widerklage folgt aus den §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf § 709 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus der Addition von Klage und Widerklage einschließlich der zurückgenommenen Widerklage, wobei sich die Teilrücknahme nach § 33 Abs. 1 RVG nur bei den anwaltlichen Terminsgebühren auswirkt, die entsprechend um 2.633,16 € zu reduzieren sind und sich insoweit nach einem Streitwert von 21.563,74 € berechnen.

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