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Schadensersatz von der WEG bei verzögerter Instandsetzung: muss ich klagen?

Wegen 18 Monaten Verzögerung bei der Reparatur eines Doppelparkers forderte ein Eigentümer Schadensersatz von seiner Wohnungseigentümergemeinschaft. Obwohl der Anspruch auf Mietausfall im Raum stand, scheiterte der Eigentümer vor Gericht am falschen juristischen Weg.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 30 C 1158/24 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Würzburg
  • Datum: 13. Februar 2025
  • Aktenzeichen: 30 C 1158/24 WEG
  • Verfahren: Klage gegen einen Eigentümerversammlungsbeschluss (Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage)
  • Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Schadensersatzrecht, Prozessrecht

  • Das Problem: Ein Eigentümer forderte von der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Schadenersatz für entgangene Miete und Mehrkosten, weil die Reparatur seines Stellplatzes stark verzögert wurde. Die Eigentümerversammlung lehnte die geforderte Zahlung per Mehrheitsbeschluss ab.
  • Die Rechtsfrage: Ist ein solcher ablehnender Beschluss gültig, oder muss das Gericht ihn aufheben und die Zahlung anordnen, oder muss der Eigentümer stattdessen direkt auf Leistung klagen?
  • Die Antwort: Die Klage wurde abgewiesen. Die Ablehnung war rechtmäßig, weil die Eigentümergemeinschaft hier einen Ermessensspielraum hatte und der Anspruch des Klägers nicht offensichtlich und unstrittig war. Für die Durchsetzung der Zahlung muss der Eigentümer den direkten Klageweg auf Leistung wählen.
  • Die Bedeutung: Wenn eine WEG einen finanziellen Anspruch eines Eigentümers ablehnt, können Eigentümer den Ablehnungsbeschluss nur anfechten, wenn die Ablehnung rechtsmissbräuchlich oder eindeutig falsch war. In der Regel müssen Eigentümer, die eine Zahlung von der Gemeinschaft fordern, direkt auf Zahlung klagen, anstatt das Gericht zu bitten, einen ablehnenden Beschluss zu ersetzen.

Der Fall vor Gericht


Warum landete ein Streit um knapp 1.500 Euro vor Gericht?

Ein Wohnungseigentümer verlangte knapp 1.500 Euro von seiner Gemeinschaft. Der Grund: Die Reparatur seines Tiefgaragenstellplatzes – ein Doppelparker – hatte sich massiv verzögert. Über 18 Monate war der Platz unbenutzbar.

Der Eigentümer klagt gegen die WEG auf Schadensersatz und Mietausfall wegen der verzögerten Instandsetzung seines Stellplatzes.
Amtsgericht: Beschlussersetzungsklage unzulässig – Kläger muss Forderung per Leistungsklage geltend machen. | Symbolbild: KI

Dem Eigentümer entstanden dadurch Kosten. Er forderte Ersatz für 16 Monate entgangener Mieteinnahmen, seinen Anteil an den gestiegenen Reparaturkosten und eine Mahnpauschale. Seine Forderung, sauber aufgeschlüsselt, legte er der Hausverwaltung vor. In der nächsten Eigentümerversammlung stand der Punkt auf der Tagesordnung. Das Ergebnis der Abstimmung war eindeutig: 3 Ja-Stimmen, 23 Nein-Stimmen, eine Enthaltung. Die Gemeinschaft lehnte die Zahlung ab. Der Eigentümer wollte das nicht akzeptieren und zog vor das Amtsgericht Würzburg.

Welchen juristischen Weg wählte der Eigentümer – und warum war er falsch?

Der Mann erhob eine sogenannte Beschlussanfechtungsklage. Sein Ziel war zweigeteilt. Erstens sollte das Gericht den ablehnenden Beschluss für ungültig erklären. Zweitens sollte das Gericht die Gemeinschaft ersetzen und selbst beschließen, dass ihm die geforderten 1.486,45 Euro gezahlt werden müssen. Dieser zweite Teil ist als Beschlussersetzungsklage bekannt. Der Kläger wollte das Gericht zwingen, eine Entscheidung für die Gemeinschaft zu treffen.

Genau hier lag der entscheidende Fehler. Das Amtsgericht erklärte diesen Teil der Klage für unzulässig. Es fehlte das sogenannte Rechtsschutzbedürfnis. Im Klartext bedeutet das: Ein Kläger muss immer den einfachsten und direktesten Weg wählen, um sein Ziel zu erreichen. Für eine reine Geldforderung – wie hier den Schadensersatz – ist dieser Weg die Leistungsklage. Bei einer Leistungsklage verklagt man die Gemeinschaft direkt auf Zahlung des Geldes. Eine Beschlussersetzung ist nur ein Umweg. Sie ist nur dann zulässig, wenn es keinen direkteren Weg gibt, etwa bei Entscheidungen, die zwingend einen Beschluss der Gemeinschaft erfordern. Eine Geldforderung kann man aber auch ohne Beschluss einklagen.

Darf eine Gemeinschaft einen Schadensersatzanspruch einfach ablehnen?

Die Gemeinschaft fasste einen sogenannten Negativbeschluss. Sie beschloss nicht aktiv etwas, sondern lehnte den Antrag des Eigentümers ab. Das Gericht stellte klar: Ein solcher Beschluss hat nur deklaratorischen Charakter. Die Gemeinschaft sagt damit nur: „Wir erkennen diese Forderung nicht freiwillig an.“ Sie schafft damit kein neues Recht oder hebt einen bestehenden Anspruch auf. Ob der Anspruch tatsächlich besteht, muss ein Gericht in einem separaten Verfahren – eben einer Leistungsklage – klären.

Eine Eigentümergemeinschaft hat bei ihren Entscheidungen einen Ermessensspielraum. Ihre Beschlüsse müssen den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 18 Abs. 2 WEG) entsprechen. Die Gerichte überprüfen diese Entscheidungen nicht darauf, ob sie selbst eine bessere Lösung gefunden hätten. Ein Gericht greift nur ein, wenn die Entscheidung der Gemeinschaft willkürlich oder rechtsmissbräuchlich ist. Das ist der Fall, wenn das Ermessen „auf Null reduziert“ ist.

Wann ist das Ermessen einer Gemeinschaft „auf Null reduziert“?

Eine Reduktion des Ermessens auf Null liegt vor, wenn der Anspruch des Eigentümers „offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel“ besteht. Würde die Gemeinschaft in einem solchen glasklaren Fall die Zahlung verweigern, würde sie sehenden Auges ein unnötiges Gerichtsverfahren mit absehbarem Kostenrisiko provozieren. Das wäre keine ordnungsgemäße Verwaltung mehr.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht die Sache anders. Die Forderung des Eigentümers war alles andere als glasklar. Es standen komplexe Fragen im Raum: Hatte die Verwaltung die Reparatur schuldhaft verzögert? Traf den Eigentümer eine Mitschuld, weil er selbst Angebote hätte einholen können? War die Höhe des Mietausfalls korrekt berechnet? Konnte man eine Mahnpauschale nach § 288 Abs. 5 BGB verlangen?

Diese Fragen konnten die Laien in der Eigentümerversammlung nicht rechtssicher beantworten. Die Hausverwaltung hatte in den Unterlagen zur Versammlung eine Stellungnahme abgegeben. Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung der 23 Eigentümer, die Forderung abzulehnen und den Kläger auf den Klageweg zu verweisen, vertretbar. Es war keine willkürliche oder treuwidrige Handlung. Der Beschluss entsprach ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Anfechtungsklage scheiterte. Das Gericht wies die gesamte Klage ab.

Die Urteilslogik

Die Durchsetzung reiner Geldforderungen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft folgt strengen prozessualen Regeln und duldet keine unnötigen Umwege.

  • Direkter Weg vor Umweg: Wer von der Wohnungseigentümergemeinschaft die Zahlung einer Geldforderung begehrt, muss zwingend den direkten Weg der Leistungsklage beschreiten. Eine Beschlussersetzungsklage ist unzulässig, sobald ein direkterer Rechtsweg das Ziel effektiver erreicht.
  • Wirkung des Negativbeschlusses: Lehnt die Gemeinschaft per Beschluss einen Anspruch auf Schadensersatz ab, bekräftigt sie lediglich ihre Ablehnung einer freiwilligen Zahlung, ohne den zugrundeliegenden Rechtsanspruch materiell aufzuheben.
  • Grenzen des Ermessens: Die gerichtliche Überprüfung eines ablehnenden WEG-Beschlusses greift nur dann ein, wenn der Zahlungsanspruch so offenkundig und unzweifelhaft besteht, dass die Gemeinschaft keine vertretbare Alternative zur Annahme hat.

Nur wenn Eigentümer den formal korrekten Rechtsweg wählen und die Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung aufzeigen, können sie Ansprüche gegen die Gemeinschaft erfolgreich durchsetzen.


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Wurde Ihr Anspruch auf Schadensersatz durch einen Negativbeschluss der WEG abgelehnt? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche rechtliche Ersteinschätzung Ihres Anspruchs.


Experten Kommentar

Wenn es um Geld geht, wollen viele Eigentümer die WEG dazu zwingen, einer Zahlung zuzustimmen – genau das ist der große Denkfehler, den dieses Urteil klarstellt. Bei einer reinen Schadensersatzforderung ist die Beschlussersetzung der falsche, unzulässige Umweg, denn man kann die Gemeinschaft nicht dazu verpflichten, einen Scheck auszustellen. Wer eine konkrete Summe von der WEG fordert, muss diese sofort direkt mit der Leistungsklage geltend machen und spart sich so ein unnötiges Gerichtsverfahren. Die Ablehnung des Zahlungsanspruchs durch die Eigentümer ist im Übrigen kein Verstoß gegen die Verwaltung, solange der Anspruch nicht absolut glasklar und unbestreitbar ist.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Darf meine WEG einen Schadensersatzanspruch einfach ablehnen?

Ja, Ihre Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) darf eine Schadensersatzforderung ablehnen. Diese Weigerung erfolgt meist durch einen sogenannten Negativbeschluss. Dieser Beschluss zwingt Sie zwar zur Klage, er hebt Ihren Anspruch jedoch nicht auf. Eine Ablehnung ist zulässig, solange die Forderung nicht offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel besteht. Sie müssen die Ablehnung nicht als endgültige Entscheidung hinnehmen.

Der ablehnende Beschluss hat lediglich deklaratorischen Charakter. Er ist nur eine Feststellung, dass die Gemeinschaft den Anspruch nicht freiwillig anerkennt. Er schafft damit kein neues Recht oder beseitigt einen bestehenden Anspruch. Die WEG besitzt bei der Beurteilung solcher Forderungen einen Ermessensspielraum. Dieses Ermessen muss den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 18 Abs. 2 WEG entsprechen.

Besteht die Sachlage unklar oder sind komplexe Fragen strittig, handeln die Eigentümer nicht willkürlich, wenn sie die Zahlung verweigern. Solche strittigen Punkte können das Verschulden der Verwaltung, Kausalitätsfragen oder die genaue Berechnung der Schadenshöhe betreffen. Da Laien diese juristischen Fragen oft nicht rechtssicher klären können, ist es vertretbar, den Kläger auf den Klageweg zu verweisen. Dieser Negativbeschluss ist dann juristisch haltbar und Sie sollten die teure Anfechtungsklage vermeiden.

Fordern Sie die Hausverwaltung schriftlich und unter Fristsetzung auf, die genauen sachlichen oder juristischen Gründe für die Ablehnung Ihres Schadensersatzanspruchs zu nennen.


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Muss ich den ablehnenden Beschluss der WEG anfechten, um Schadensersatz zu fordern?

Nein, Sie müssen einen ablehnenden Beschluss Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht anfechten, um Ihre Schadensersatzforderung durchzusetzen. Die WEG-Ablehnung, auch Negativbeschluss genannt, ist keine rechtsgestaltende Entscheidung. Sie beseitigt oder ändert Ihren materiellen Anspruch nicht; dieser besteht unabhängig von der Abstimmung fort.

Der ablehnende Beschluss stellt lediglich die Weigerung der Gemeinschaft dar, Ihre Forderung freiwillig zu begleichen. Juristisch gesehen hat dieser Beschluss lediglich deklaratorischen Charakter. Wenn Sie den Beschluss anfechten, prüft das Gericht lediglich, ob die WEG ihren Ermessensspielraum bei der Ablehnung ordnungsgemäß ausgeübt hat. Es wird jedoch nicht geprüft, ob Ihre Schadensersatzforderung inhaltlich berechtigt ist. Nur wenn die Ablehnung offensichtlich willkürlich war, wäre eine Anfechtung überhaupt sinnvoll.

Die Anfechtung eines Negativbeschlusses ist der falsche juristische Weg, da sie unnötig Zeit kostet. Im Fall vor dem Amtsgericht Würzburg wählte der Eigentümer diesen Umweg, weil er das Gericht zwingen wollte, eine Entscheidung für die Gemeinschaft zu treffen. Das Gericht erklärte diesen Ansatz wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis für unzulässig. Für die Einforderung von reinen Geldbeträgen ist stets die direkte Leistungsklage gegen die WEG erforderlich.

Ignorieren Sie die Anfechtungsfrist für den ablehnenden Beschluss und beauftragen Sie sofort einen Anwalt, die Beweislage für die direkte Zahlungsklage zu sichern.


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Welche Klageart ist die richtige, um Geld von der WEG einzufordern?

Wenn Sie reine Geldforderungen, etwa Schadensersatz oder Mietausfall, von Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verlangen, nutzen Sie zwingend die Leistungsklage. Diese Klageart ist der einzig zulässige juristische Weg, um die WEG als Schuldnerin direkt zur Zahlung des geforderten Geldbetrags zu verurteilen. Die Leistungsklage vermeidet formale Fehler, welche die gesamte Klage unzulässig machen können.

Das entscheidende Kriterium ist das juristische Prinzip des Rechtsschutzbedürfnisses. Dieses erfordert, dass Kläger immer den direktesten und einfachsten Weg wählen müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Geldforderungen bedürfen keinen vorherigen formellen Beschluss der WEG. Daher stellt die Klage auf Beschlussersetzung, obwohl oft von Laien verwendet, einen unnötigen juristischen Umweg dar. Wer für eine reine Geldforderung diesen Umweg wählt, riskiert die Abweisung der Klage.

In einem bekannten Fall forderte ein Eigentümer knapp 1.500 Euro Schadenersatz wegen verzögerter Reparatur eines Doppelparkers. Er versuchte, das Gericht mittels einer Beschlussersetzungsklage dazu zu zwingen, stellvertretend für die Gemeinschaft die Zahlung zu beschließen. Das Amtsgericht Würzburg erklärte diese Klage jedoch als unzulässig. Es prüfte die inhaltliche Berechtigung der 1.486,45 Euro somit gar nicht mehr, da der falsche Weg gewählt wurde.

Erstellen Sie eine präzise Aufschlüsselung Ihrer Forderung und formulieren Sie diese in der Klageschrift als direkte Verurteilung zur Zahlung gegen die WEG.


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Wann gilt meine Klage gegen die WEG wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig?

Die Klage wird wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen, wenn Sie Ihr juristisches Ziel auf einem unnötigen Umweg verfolgen. Dieses formelle Erfordernis besagt, dass Kläger stets den einfachsten und direktesten Weg wählen müssen, um ihr Anliegen durchzusetzen. Bei reinen Geldforderungen oder Schadensersatzansprüchen bedeutet dies, dass die Leistungsklage zwingend zu nutzen ist.

Das Gericht prüft die Zulässigkeit einer Klage immer zuerst, bevor es inhaltlich auf die Beweislage oder die Höhe des Schadens eingeht. Wenn Sie eine Beschlussersetzungsklage wählen, um Schadensersatz oder die Zahlung eines Geldbetrags einzufordern, gilt dies als juristisch falscher Weg. Die Beschlussersetzungsklage ist ausschließlich für Situationen vorgesehen, in denen die Eigentümergemeinschaft zwingend eine Entscheidung treffen muss, die nur durch einen Beschluss herbeigeführt werden kann. Reine Zahlungsansprüche erfordern diesen formalen Umweg nicht.

Ein Beispiel zeigt die Konsequenz: Wenn Sie als Eigentümer die Gemeinschaft auf 1.500 Euro verklagen, müssen Sie die WEG direkt zur Zahlung verurteilen lassen. Versuchen Sie stattdessen, über die Beschlussersetzungsklage das Gericht zu zwingen, die Zahlung durch einen fiktiven Beschluss zu ersetzen, fehlt Ihnen das Rechtsschutzbedürfnis. Das Gericht weist die Klage in einem solchen Fall als unzulässig ab, ohne die Beweise oder die Berechtigung der Forderung auch nur ansatzweise zu prüfen.

Prüfen Sie vor Einreichung der Klage genau, ob Ihr angestrebtes Ziel (zum Beispiel eine reine Zahlung) zwingend einen Beschluss der WEG erfordert; wenn dies nicht der Fall ist, wählen Sie die Leistungsklage.


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Wann ist das Ermessen der WEG bei Schadensersatzansprüchen „auf Null reduziert“?

Die Reduktion des Ermessens der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auf null ist ein extrem seltener Zustand. Er tritt nur dann ein, wenn der Anspruch eines Eigentümers auf Schadensersatz offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel besteht. Nur in diesem Fall muss die WEG zahlen und ist zur Anerkennung der Forderung verpflichtet. Eine Ablehnung in dieser Ausnahmesituation wäre willkürlich und würde gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

Die Regel: Solange die WEG handelt, besitzt sie einen Ermessensspielraum bei der Beurteilung von Forderungen. Das Ermessen entfällt nur, wenn eine Verweigerung der Zahlung sehenden Auges ein Gerichtsverfahren mit einem absehbaren, hohen Kostenrisiko provozieren würde. Lässt sich die WEG auf einen Prozess ein, obwohl der Sachverhalt glasklar zu ihren Ungunsten ist, entspräche dies keiner wirtschaftlichen Verwaltung mehr. Jede strittige Frage zur Schuld, zur Kausalität oder zur Schadensberechnung hebt diese strenge Reduktion jedoch sofort auf.

Liegen komplexe Sachverhalte vor, behält die WEG ihr Entscheidungsermessen. Das ist der Fall, wenn beispielsweise Fragen zur schuldhaften Verzögerung, einer möglichen Mitschuld des Eigentümers oder der korrekten Berechnung von Mietausfällen ungeklärt sind. Die Eigentümer sind nicht verpflichtet, komplizierte juristische Fragen vorab abschließend zu klären. Stellt die Gemeinschaft fest, dass die Sachlage unklar ist, ist der Verweis auf den Klageweg eine vertretbare und zulässige Entscheidung.

Planen Sie eine Leistungsklage direkt ein, sobald Sie feststellen, dass auch nur ein einziger vernünftiger Einwand der WEG gegen die Höhe oder die Ursache Ihrer Forderung möglich ist.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beschlussersetzungsklage

Eine Beschlussersetzungsklage ist der juristische Weg, mit dem ein Eigentümer das Gericht zwingt, einen notwendigen, aber von der Gemeinschaft verweigerten Beschluss stellvertretend zu fassen. Diese Klageart dient ausschließlich dazu, Lähmungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft aufzuheben, wenn die WEG eine Entscheidung treffen muss, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten.
Beispiel: Im vorliegenden Fall scheiterte die Beschlussersetzungsklage, weil die eingeforderte Zahlung von knapp 1.500 Euro keinen Beschluss der Eigentümergemeinschaft erforderte und daher der falsche Klageansatz gewählt wurde.

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Deklaratorischer Charakter

Juristen sprechen vom deklaratorischen Charakter, wenn ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft kein neues Recht schafft oder bestehende Ansprüche beseitigt, sondern lediglich eine Tatsache feststellt. Solche Feststellungsbeschlüsse haben im Gegensatz zu rechtsgestaltenden Beschlüssen keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung auf materielle Ansprüche. Das Gesetz stellt so sicher, dass die WEG nicht durch einfache Abstimmung bestehende Schulden loswird.
Beispiel: Der Negativbeschluss der WEG zur Ablehnung der Schadensersatzforderung hatte lediglich deklaratorischen Charakter und bewirkte daher nicht, dass der materielle Anspruch des Eigentümers entfiel.

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Ermessen auf Null reduziert

Die Formulierung „Ermessen auf Null reduziert“ beschreibt den seltenen Ausnahmefall, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Wahlfreiheit mehr besitzt und die Erfüllung eines Anspruchs zwingend geboten ist. Wenn ein Anspruch eines Eigentümers offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel besteht, muss die Gemeinschaft zahlen. Ziel dieser strengen Regel ist es, eine willkürliche oder treuwidrige Verweigerung von Zahlungen zu verhindern, die nur unnötige Gerichtskosten verursachen würde.
Beispiel: Da im Fall der verzögerten Reparatur eines Doppelparkers noch komplexe Fragen zu Mitschuld und Schadenshöhe offenstanden, war das Ermessen der WEG nicht auf Null reduziert, weshalb die Ablehnung der Forderung zulässig war.

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Leistungsklage

Die Leistungsklage ist der direkte und zwingend notwendige juristische Weg, um die Gegenseite – hier die Wohnungseigentümergemeinschaft – unmittelbar zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verurteilen. Diese Klageart wird immer dann genutzt, wenn der Kläger eine klare Erfüllung (Leistung) verlangt, wie etwa die Zahlung von Schadensersatz oder Mietausfall. Sie ist der einfachste Weg und erfüllt damit das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses.
Beispiel: Hätte der Eigentümer zur Einforderung der 1.486,45 Euro direkt eine Leistungsklage erhoben, hätte das Amtsgericht Würzburg die inhaltliche Berechtigung seiner Forderung geprüft und nicht nur die formale Zulässigkeit des Klageverfahrens.

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Negativbeschluss

Ein Negativbeschluss liegt vor, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft einen ihr vorliegenden Antrag ablehnt oder entscheidet, dass eine gewünschte Maßnahme nicht durchgeführt werden soll. Diese Form des Beschlusses stellt die Weigerung der Gemeinschaft dar, eine bestimmte Forderung freiwillig anzuerkennen. Ein solcher ablehnender Beschluss löst jedoch keine materiellen Ansprüche auf, sondern zwingt den Kläger lediglich zum Klageweg.
Beispiel: Die Eigentümergemeinschaft fasste einen Negativbeschluss, als 23 Mitglieder gegen die Zahlung der Schadensersatzforderung stimmten und den Kläger damit auf den gerichtlichen Weg verwiesen.

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Rechtsschutzbedürfnis

Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine formelle Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Klage und verlangt, dass der Kläger den einfachsten und direktesten Weg zur Durchsetzung seines Anspruchs wählt. Dieses Prinzip verhindert, dass Gerichte mit unnötig komplizierten oder indirekten Klagearten belastet werden. Wer sein Ziel auf einem juristischen Umweg verfolgt, dem fehlt dieses Bedürfnis, und die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Beispiel: Dem Eigentümer im Würzburger Fall fehlte das Rechtsschutzbedürfnis, weil er für die Geltendmachung der reinen Geldforderung den komplizierten Umweg über eine Beschlussersetzungsklage statt der direkten Leistungsklage gewählt hatte.

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Das vorliegende Urteil


AG Würzburg – Az.: 30 C 1158/24 WEG – Urteil vom 13.02.2025


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