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Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache durch einen Untermieter

AG Berlin-Mitte – Az.: 25 C 107/19 – Urteil vom 03.09.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 18.822,08 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um rückständige Miete oder Nutzungsersatz sowie Schadensersatzansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis.

Der Kläger vermietete ab Januar 2015 an die Beklagte, eine juristische Person, die in der H…straße 69 in 10179 Berlin gelegene, möblierte 4-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von 85 qm zur Überlassung an Frau N, welche die Wohnung ab diesem Zeitpunkt mit ihrem Sohn bewohnte.

Als Miete war zunächst ein Betrag in Höhe von 1.230,00 € einschließlich einer Vorauszahlung für Nebenkosten und einer Internetflatrate von 30,00 € vereinbart. Der Mietvertrag, auf den für Einzelheiten verwiesen wird (Anlage K1, Bl. 13 ff. d.A.), enthielt die folgende Befristungsklausel:

㤠2 Mietzeit

1. Das Mietverhältnis beginnt am 04.01.2015. Das Mietverhältnis endet am 01.07.2015, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Parteien sind sich einig, dass das Mietverhältnis nur zum vorübergehenden Gebrauch im Sinne von § 549 Abs. 2 Ziff. 1 BGB begründet wird. Dessen ungeachtet wird der Wohnraum nach Ablauf wieder vom Vermieter oder seinen Familienangehörigen genutzt (vgl. § 575 BGB).(…)“

Die Parteien schlossen mehrfach mit Ablauf der Befristung für jeweils ein Jahr Vereinbarungen (vgl. hierzu Anlage B6, Bl.118 d. A.; Anlage K1, Bl. 17 d. A.) über eine Verlängerung des Mietverhältnisses unter Erhöhung des Mietzinses, zuletzt für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis 30.06.2018 zu einer Gesamtmiete von 1.330,00 €, welche sich aus einer Nettokaltmiete von 1.050,00 €, der Vorauszahlung für Betriebskosten vom 110,00 € sowie einer Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser von 90,00 € und einer Vorauszahlung für Strom von 50,00 € zusammensetzen sollte.

Im Januar und Juli 2018 leistete die Beklagte keine Mietzahlungen, im März 2018 zahlte die Beklagte 1.300,00 € statt wie in den Vor- und Folgemonaten 1.330,00 €.

Im Zeitraum vor dem 30.06.2018, verhandelten die Parteien über eine neuerliche Verlängerungsvereinbarung unter Erhöhung der Bruttomiete auf insgesamt 1.680,00 €, ohne dass eine erneute Vereinbarung zustande kam.

Im Oktober 2018 befand sich die Bewohnerin N in Israel. Am 20.10.2018 öffnete der Kläger mit einem Zweitschlüssel die Wohnung und tauschte die Schlösser der Wohnungstür aus. Unter dem 01.11.2018 (Anlage K9, Bl. 98 ff. d.A.) kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Die Beklagte leistete ab November 2018 keine Mietzahlungen mehr.

Der Kläger begehrt nunmehr Miete beziehungsweise Nutzungsentschädigung sowie Schadensersatz in Höhe von insgesamt 18.822,08 € wie folgt:

Miete/Nutzungsentschädigung:

Januar 2018 1.330,00 €

März 2018 30,00 €

Juli 2018 1.330,00 €

November 2018 1.330,00 €

Gesamt: 4.020,00 € Schadensersatz (vgl. f. Einzelheiten S. 10, 11 der Klageschrift, Bl. 11 f. d.A.):

Gesamt: 14.802,08 €

Die Beklagte leistete auf eine vorgerichtliche Zahlungsaufforderung des Klägers hin keine Zahlung. Sie erklärte mit Schreiben vom 17.12.2018 (Anlage B2, Bl. 83 d. A.) die Verrechnung

Der Kläger ist der Auffassung, das Mietverhältnis sei bereits mit Ablauf der Befristung vom 30.06.2018 beendet worden. Er behauptet schriftsätzlich, das Betreten der Wohnung in Abwesenheit der Bewohnerin sei ausdrücklich mit der Beklagten abgesprochen gewesen. Er habe ab Mitte September erfolglos versucht, die Bewohnerin N telefonisch zu erreichen. Im Oktober sei der zur Wohnung gehörende Briefkasten übergequollen und es sei ein seltsamer Geruch aus der Wohnung getreten. Frau N habe die Wohnung verlassen und dabei die Wohnung in einem erhebliche beschädigten Zustand hinterlassen. Der Kläger habe die Wohnung reinigen und renovieren müssen und er habe beschädigtes Inventar ersetzen müssen.

Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 18.822,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei widerrechtlich und in strafrechtlich relevanter Weise in die Wohnung eingedrungen und enthalte der Beklagten deren berechtigten Besitz vor. Ab Oktober könne der Kläger deswegen keine Miete mehr verlangen. Hinsichtlich der Mietrückstände aus Januar bis Juli 2018 erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit bereicherungsrechtlichen Ansprüchen in Höhe von insgesamt 8.000 €. Die Nebenkostenvorauszahlungen ab 01.07.2015 bis 30.06.2018 seien rechtsgrundlos erfolgt, da keine wirksame Vereinbarung hierüber geschlossen wurde. Zudem sei bereits die Befristung im ersten Mietvertrag unwirksam, es handele sich in der Folge bei den weiteren Vereinbarungen um unwirksame Kettenmietverträge, sodass der ursprüngliche Mietvertrag fortgelte.

Für das weitere Vorbringen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P, M und H. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.03.2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung und Verschmutzung der gemieteten Wohnung und des Inventars, noch auf ausstehende Miete oder Nutzungsentschädigung zu.

Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, ein solcher kann sich weder aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietverhältnis gemäß §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 535 Abs. 1, 540 Abs. 2 BGB, noch aus Deliktsrecht gemäß §§ 823 Abs. 1, 831, 540 Abs. 2 BGB ergeben, weil der Kläger eine entsprechende Pflichtverletzung der Beklagten oder der Bewohnerin nicht verwertbar dargelegt und bewiesen hat.

Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen Beschädigung der Mietsache durch einen Untermieter, hier der Tapete, des Teppichs, der Innenraumtüren, der Fenstergriffe und der Badezimmerfliesen oder den mitvermieteten Gegenständen, wie hier des vom Kläger genannten Mobiliars, kann sich hier aus §§ 280 Abs. 1 3, 535 Abs. 1, 540 Abs. 2 BGB ergeben, sofern es sich bei den Schäden nicht um bloße Abnutzungserscheinungen infolge vertragsgemäßen Gebrauchs handelt (§ 538 BGB). Weiter kann die Verletzung einer vertraglichen Hauptleistungspflicht, hier die Pflicht nur Endreinigung, nach erfolgloser Fristsetzung zu einem Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 281, 540 Abs. 2 BGB führen.

Der Kläger hat auch umfangreiche Beschädigungen der Wohnung selbst, des Inventars sowie die erhebliche Verschmutzung der Wohnung dargelegt. Dem Vorbringen des Klägers wie auch dem hierzu ausdrücklich vorsorglich aus prozessökonomischen Gründen erhobenen Beweisen war indes aufgrund des erheblichen Bestreitens der Beklagten die prozessuale Berücksichtigung zu versagen. Das Vorbringen des Klägers und die angebotenen Beweise zu dem von ihm behaupteten Schadensersatzanspruch unterfallen insgesamt einem Verwertungsverbot, da sein Parteivortrag und seine Beweismittel auf Informationen beruhen, die er unter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung der Bewohnerin N auf grundrechtswidrige Weise erlangt hat (vgl. LG Berlin, Urteil vom 13. Februar 2020 – 67 S 369/18 –, juris).

Das Eindringen Klägers in die Wohnung der Beklagten ist unstreitig und stellt eine verbotene Eigenmacht dar. Das Verhalten erfüllt zugleich den Tatbestand des Hausfriedensbruchs, § 123 Abs. 1 StGB, und verletzt aufgrund des Eindringens in die Intimsphäre der Bewohnerin und ihres Sohnes deren allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 1, 2 Abs. 1 GG und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG (vgl. AG Schöneberg, Urteil vom 14. August 2019 – 6 C 276/18 –, Rn. 39, juris).

Hieran ändert entgegen der grob rechtsirrigen Auffassung des Klägers die Tatsache nichts, dass er (angeblich) zum Zeitpunkt seines Betretens von einem beendeten Mietverhältnis ausging. Selbst eine wirksame Beendigung des Mietverhältnisses vor dem Zeitpunkt des Betretens ließe die Besitzverhältnisse an den Räumlichkeiten unbeeinflusst und ändert an der Rechtswidrigkeit des klägerischen Verhaltens nichts.

Von ihm darzulegende und ggf. zu beweisende tragfähige Rechtfertigungsgründe hat der Kläger weder schriftsätzlich noch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung gemäß § 141 ZPO dargelegt. Insbesondere kann nicht von einer entsprechenden Einwilligung der Beklagten oder der Bewohnerin N ausgegangen werden. Eine solche hat der Kläger zwar schriftsätzlich wiederholt ohne Beweisantritt behauptet. Die Beklagte hat eine solche jedoch bestritten. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vermochte der Kläger eine konkrete oder generelle Zutrittserlaubnis nicht vortragen. Zwar legte der Kläger dar, er sei in Einzelfällen gebeten worden, bei Abwesenheit der Mieterin N, als das Verhältnis noch freundschaftlich war, in der Wohnung nach dem Rechten zu sehen. Eine allgemeine Betretungserlaubnis unabhängig von einer konkreten Bitte durch die Beklagte oder die Bewohnerin hat es demnach aber auch in diesem Zeitraum nicht gegeben. Eine solche ist für den späteren Zeitraum, als das Verhältnis nicht mehr freundschaftlich war, erst recht nicht anzunehmen, sondern liegt fern. Auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts an den Kläger, woher er eine Berechtigung zum Betreten der Wohnung haben will, bezieht sich dieser selbst auch gar nicht mehr auf eine Erlaubnis der Beklagten oder der Bewohnerin, sondern rückt andere, rechtlich ebenfalls unmaßgebliche Umstände in den Vordergrund.

Ein rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB), wonach das Hausrecht der Bewohnerin und das Recht der Bewohnerin auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) hinter das Besichtungs-/Eigentumsrecht des Klägers zurückzutreten hätten, liegt nicht vor, ebenso wenig die Voraussetzungen eines Verteidigungsnotstandes nach § 228 BGB oder eines so genannten Angriffsnotstandes nach § 904 BGB. Alle drei Bestimmungen erfordern eine Notstandslage, bei der zumindest eine Gefahr droht. Eine Gefahr droht, wenn eine auf tatsächliche Umstände begründete Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Hierzu hat der Kläger lediglich vorgetragen, es habe gestunken, es habe den Verdacht der Nutzung der Wohnung durch Dritte gegeben und der Briefkasten sei übergequollen, was die Beklagte bestritten hat. Selbst diese Umstände als wahr unterstellt, lässt sich der Schluss auf eine konkrete Gefahrenlage oder auch auf eine Aufgabe der Wohnung durch die Bewohnerin nicht ziehen.

Damit fällt dem Kläger eine schwerwiegende vorprozessuale Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Bewohnerin und ihres Sohnes zur Last, welche er im Verlauf durch den Austausch der Schlösser und damit durch eine, vom geltenden Recht in keiner Weise gedeckten, sog. „kalte Räumung“ fortsetzte.

Die aus seinem rechtswidrigen Vorgehen erlangten Erkenntnisse und Beweismittel unterliegen einem Verwertungsverbot.

Die Verwertung unzulässig erlangter Beweismittel ist in der Zivilprozessordnung nicht ausdrücklich geregelt; diese kennt selbst für rechtswidrig erlangte Informationen oder Beweismittel kein – ausdrückliches – prozessuales Verwendungs- oder Verwertungsverbot. Auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention (nachfolgend EMRK) sind keine entsprechenden Regeln enthalten. Art. 6 EMRK garantiert nur allgemein das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl. S. 104; EGMR, NJW-RR 2018, 294, 298 mwN). Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot (BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – VI ZR 233/17 –, BGHZ 218, 348-377, Rn. 28). Die durch das rechtswidrige Vorgehen erlittene Verletzung würde indes perpetuiert und vertieft, wenn dem Sachvortrag des Klägers insoweit prozessuale Berücksichtigung zu Teil würde (vgl. LG Berlin, Urteil vom 13. Februar 2020 – 67 S 369/18 –, Rn. 35, juris m.w.N.).

Ob ein solcher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der verletzten Person, hier also der Bewohnerin N, durch die Verwertung des klägerischen Sachvortrags gerechtfertigt ist, richtet sich nach dem Ergebnis der Abwägung zwischen dem gegen die Verwertung streitenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht, hier in seiner Ausprägung als Recht auf Privat- und Intimsphäre sowie dem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, auf der einen und den für die Verwertung sprechenden rechtlich geschützten Interessen auf der anderen Seite (vgl. BGH, a.a.O.). Das Grundgesetz – insbesondere das u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip – misst dem Erfordernis einer wirksamen Rechtspflege eine besondere Bedeutung bei. Im Zivilprozess, in dem über Recht und Rechtspositionen der Parteien innerhalb eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses gestritten wird, sind die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung wichtige Belange des Gemeinwohls. Um die Wahrheit zu ermitteln, sind die Gerichte deshalb grundsätzlich gehalten, von den Parteien angebotene Beweismittel zu berücksichtigen, wenn und soweit eine Tatsachenbehauptung erheblich und beweisbedürftig ist. Dies gebieten auch der in § 286 ZPO niedergelegte Grundsatz der freien Beweiswürdigung sowie das grundrechtsähnliche Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 106, 28, 49). Aus ihnen folgt die grundsätzliche Verpflichtung der Gerichte, den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt und die von ihnen angebotenen Beweise zu berücksichtigen (BGH, a. a. O.). Demgegenüber wirkt die vom Kläger begangene Verletzung der Privat- und Intimsphäre sowie des Besitzrechts der Bewohnerin und ihres Sohnes besonders schwer: Das Wohnraummietverhältnis, sein Bestand wie auch seine Gestaltung, stehen unter besonderem Schutz des Gesetzgebers. Die Wohnung ist für jedermann Mittelpunkt seiner privaten Existenz und der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit und bildet Kernbereich der privaten Lebensgestaltung (vgl. BVerfG, Urt. v. 3.3.2004, Az.: BvR 2378/98, – juris). Der einzelne ist auf ihren Gebrauch zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Freiheitssicherung angewiesen (BVerfG, NJW 1993, 2035 [= WuM 1993, 377]). Rechtsverletzungen des Vermieters ist der Mieter besonders ausgeliefert, der Vermieter ist in besonderer Weise zur Rücksichtnahme verpflichtet. Der Kläger ist zudem selbst nur begrenzt schutzwürdig. Denn er selbst hat der Beklagten und der Bewohnerin den ihnen vom Gesetz vorgesehenen Schutz des Mietbesitzes versagt, indem er eine verbotene Eigenmacht und einen Hausfriedensbruch beging. Dies ist hier erschwerend zu berücksichtigen, da es dem Kläger ohne Weiteres möglich und zumutbar war, sich das Zutrittsrecht zur Wohnung etwa im Wege eines einstweiligen Verfügung legal zu verschaffen. Schließlich war ja auch eine konkrete Gefahrenlage, die auch das Zuwarten weniger Tage nicht erlaubte, auch aus Sicht des Klägers nicht gegeben. Weshalb er zudem nicht vor der Wohnungsöffnung umfangreiche Versuche unternahm, wenigstens die Beklagte selbst zu erreichen, diese hätte ja gegebenenfalls auch Auskunft geben können, über den Verbleib der Bewohnerin N, ist nicht nachvollziehbar.

Das Vorbringen des Klägers unterfällt deshalb nach Abwägung aller Umstände nicht nur einem Beweis-, sondern auch einem bereits auf der Darlegungsebene verorteten Sachvortragsverwertungsverbot. Damit hätte das der Begründung der Schadensersatzansprüche dienende Prozessvorbringen dem Kläger bei der Urteilsfindung selbst dann keine Berücksichtigung gefunden, wenn sich die Beklagte zu dem Vorbringen des Klägers überhaupt nicht erklärt, sondern lediglich auf die Grundrechtswidrigkeit der Informationserlangung berufen hätten (vgl. LG Berlin, a.a.O.).

Damit fehlt es bereits an der Darlegung einer Pflichtverletzung der Beklagten oder der Bewohnerin, sodass Schadensersatzansprüche ausscheiden. Ob das Mietverhältnis überhaupt jemals wirksam beendet wurde, oder ob es nicht vielmehr fortbesteht und Ansprüche wegen Beschädigung der Mietsache durch die Bewohnerin wegen § 565 BGB nur der Beklagen gegen die Bewohnerin zustehen können (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 565 Rn. 39) oder ob eine Zurechnung nach § 540 Abs. 2 BGB erfolgt, kann offen bleiben. Hierauf kommt es nach den obigen Ausführungen nicht mehr an.

Ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte scheidet aus den oben genannten Gründen ebenfalls aus, eine verwertbare Darlegung einer unerlaubten Handlung ist nicht erfolgt. Eine unerlaubte Handlung der Beklagten selbst macht der Kläger zudem gar nicht geltend. Da die Bewohnerin N und ihr Sohn auch keine Verrichtungsgehilfen der Beklagten, kommt auch ein Anspruch nach § 831 BGB nicht in Betracht.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Mieten beziehungsweise Nutzungsentschädigungen in Höhe von insgesamt 4.020,00 € zu.

Für November 2018 kommt ein solcher Anspruch, geltend gemacht in Höhe von 1.330,00 €, schon deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger der Beklagten und der Bewohnerin ab Oktober die Nutzung der Wohnung nach dem Austausch des Wohnungsschlosses vorenthielt. Eine etwaig noch geschuldete Miete wäre hierdurch auf 0 gemindert, eine Nutzungsentschädigung wird mangels Nutzung ebenfalls nicht geschuldet. Sofern der Kläger darlegt, er habe im November Instandsetzungsarbeiten durchführen müssen und deswegen die Wohnung nicht vermieten können, macht er einen Schadensersatzanspruch geltend, welcher zunächst eine Pflichtverletzung der Beklagten oder eine der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung der Bewohnerin voraussetzt. Eine solche hat der Kläger, wie oben ausgeführt, nicht verwertbar dargelegt.

Dem Kläger stehen auch für die Monate Januar und Juli 2018 sowie März 2018 keine Ansprüche zu. Für März 2018 ergeben sich aus der Minderzahlung von 30,00 € schon keine Mietschulden, der Anspruch aus ausstehenden Mieten für Januar und Juli 2018 ist jedenfalls durch Aufrechnung erloschen, § 389 BGB.

Es gilt im Einzelnen:

Für März 2018 ergibt sich kein Mietrückstand. Die Beklagte schuldete für die Monate Januar, März und Juli 2018 aufgrund des Mietvertrages aus Januar 2015 jeweils eine Bruttomiete von (nur) 1.230,00 € statt 1.330,00 €.

Die Befristungsabrede in § 2 Abs. 1 des Mietvertrages ist unwirksam, mit der Folge, dass das Mietverhältnis aus Januar 2015, welches eine Bruttomiete von 1.230,00 € vorsah, als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt, § 575 Abs. 1 S. 2 BGB.

Das Befristungsinteresse ist in vollem Umfang spätestens bei Vertragsschluss schriftlich mitzuteilen (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 575 Rn. 19). Mangels anderweitigen Vortrags innerhalb der gesetzten Frist wurde der Beklagten das Befristungsinteresse in der vorausgesetzten Form unabhängig von der Dauer des jeweiligen Zeitmietvertrags ausschließlich in den jeweiligen Vertragsurkunden mitgeteilt.

Dort heißt es: „Die Parteien sind sich einig, dass das Mietverhältnis nur zum vorübergehenden Gebrauch im Sinne von § 549 Abs. 2 Ziff. 1 BGB begründet wird. Dessen ungeachtet wird der Wohnraum nach Ablauf wieder vom Vermieter oder seinen Familienangehörigen genutzt (§ 575 BGB)“ (Anlage K1, Mietvertrag 04.01.2015-01.07.2015, § 2, Bl. 13 d.A.). An den Inhalt der Mitteilung des Befristungsinteresses müssen strenge Anforderungen gestellt werden, weil anderenfalls der mit dem Gesetz verfolgte Zweck nicht erreicht werden kann: Der Mieter soll bereits bei Vertragsschluss über seine Rechte und Pflichten informiert werden. Das Befristungsinteresse muss so genau umschrieben werden, dass es von anderen Interessen unterschieden werden kann. Schlagworte („wegen Eigenbedarfs‟) oder allgemein gehaltene Formulierungen wie „Das Mietverhältnis ist ein Zeitmietvertrag i.S.v. § 575 BGB‟ genügen deshalb in keinem Fall (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 575 Rn. 23). Danach enthält bereits der erste Mietvertrag keine wirksame Befristung enthalten, denn für den Mieter ist nicht erkennbar, ob die „Familienangehörigen“, die alternativ zu dem Vermieter die Wohnung nach Ablauf der Mietdauer nutzen wollen, zu dem privilegierten Personenkreis (§ 575 BGB) gehören (vgl. zu der Formulierung „seine Familienangehörigen“ AG Potsdam WuM 2004, 491).

Der Mietvertrag behielt damit auch mit Ablauf der dort geregelten Befristung seine Gültigkeit, die in der Folgezeit jeweils mit Befristungsklausel geschlossenen Verträge sind gegenstandslos (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 575 Rn. 75).

Der Anspruch des Klägers auf Mietzahlungen für Januar und Juli 2018 in Höhe von jeweils 1.230,00 € ist jedenfalls durch Aufrechnung erloschen, § 389 BGB. Der Beklagten stand ein aufrechenbarer Gegenanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu.

Die durch die Beklagten auf die Folgemietverträge vom 01.07.2016 (Anlage B6, Bl. 118 d. A.) und vom 01.07.2017 (Anlage K2, Bl. 17 d. A.) geleisteten, einen Betrag von 1.230,00 € übersteigenden Zahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund, da die entsprechenden Vereinbarungen, wie ausgeführt, wirkungslos sind.

Ab dem 01.07.2016 bis zum 30.10.2018 leistete die Beklagte monatlich 1.330,00 €, statt wie geschuldet 1.230,00 €, ausgenommen der Monate Januar und Juli 2018, in denen keine Zahlungen erfolgen und dem Monat März 2018, in dem eine Zahlung nur in Höhe von 1.300,00 € erfolgte.

Damit ergibt sich ein überbezahlter Betrag von 2.570,00 € (1.200,00 € vom 01.07.2016 30.06.2017; 1.070 € für 01.07.17 – 30.06.18 und 300,00 € für 01.07.18 – 20.10.18), welcher den geschuldeten Betrag von 2.460,00 € bereits übersteigt.

Auf einen etwaigen Kautionsrückzahlungsanspruch kommt es damit schon nicht mehr an.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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