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Schadensersatzpflicht bei Rückgabe einer stark verschmutzten Wohnung

AG Gießen – Az.: 48 C 73/14 – Urteil vom 21.08.2014

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Tatbestand

Durch schriftlichen Mietvertrag vom 10.06.2011 mietete der Beklagte von der Klägerin ab dem 1.8.2011 eine neu renovierte Drei-Zimmer-Wohnung in dem Anwesen …straße … in L. .

§ 12 Abs. 4 a und b des Mietvertrages lautet:

a) Der Mieter ist verpflichtet, auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen (das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen) in den Mieträumen, wenn erforderlich, im Allgemeinen in nachstehenden Reihenfolge fachgerecht auszuführen. In gleicher Weise hat der Mieter auch die Renovierung der Fußleisten durchzuführen.

Schadensersatzpflicht bei Rückgabe einer stark verschmutzten Wohnung
Symbolfoto: Von Zakhar Mar /Shutterstock.com

Naturlasiertes Holzwerk darf nicht mit Farbe behandelt werden.

Die Zeitfolge beträgt:

bei Küchen, Bädern, Duschen alle 3 Jahre

in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre

und in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre

Diese Fristen werden berechnet vom Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses bzw. soweit Schönheitsreparaturen nach diesem Zeitpunkt von dem Mieter fachgerecht durchgeführt worden sind, von diesem Zeitpunkt an.

Der Mieter hat ferner von der Vermieterin gestellte Textilböden bei Bedarf, in der Regel alle 3 Jahre, fachgerecht reinigen zu lassen.

b) Der Mieter ist auch bei Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet, Schönheitsreparaturen durchzuführen, wenn die Fristen nach § 12 Ziffer 4a seit der Übergabe der Mietsache bzw. seit den letzten durchgeführten Schönheitsreparaturen verstrichen sind und nach dem Abnutzungszustand der Wohnung hierfür ein Bedürfnis besteht.

Wegen des Inhalts des Mietvertrages nebst Anlagen wird auf Blatt 69 bis 80 der Akte verwiesen.

Nachdem das Mietverhältnis gekündigt worden war, gab der Beklagte die Wohnung am 07.02.2013 zurück. Es wurde ein Rückgabeprotokoll erstellt, das von beiden Parteien unterzeichnet wurde. Unter der Ziffer 6 wurde eingetragen, dass die Decken in der ganzen Wohnung gestrichen werden müssen und dass die Wände ausgebessert werden müssen. Außerdem wurde vermerkt, dass die gesamte Wohnung komplett gereinigt werden müsse. Bei einigen Räumen hieß es: „Türblatt beschädigt“. Bei drei Räumen und für Küche und Diele wurde vermerkt, dass das Laminat beschädigt sei.

In Ziffer 7 des Rückgabeprotokolls heißt es unter anderem:

„Die Vermieterin wird aufgrund der zu erfolgenden Schönheitsreparaturen für die Arbeiten der Gewerke, Malerarbeiten, Fußbodenarbeiten, gemäß Mietvertrag § 11 Zustand das Angebot einer anerkannten Firma einholen und dem Mieter belasten. Eine Belastung erfolgt nach schriftlicher Anmeldung der Kosten beim Mieter durch Verbuchung mit einem evtl. Kautionsbetrages bzw. durch Abbuchungen vom Konto Nr. …[Anm. des Gerichts: zur Bankverbindung wurde nichts eingetragen]

Der Mieter erteilt hierzu seine Genehmigung.“

Wegen des Inhalts des Rückgabeprotokolls im Einzelnen wird auf Blatt 87 bis 91 der Akte Bezug genommen.

Wegen der bei der Rückgabe der Wohnung gefertigten Fotos wird auf Blatt 92 bis 101 der Akte verwiesen.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin folgende Positionen geltend:

1.  Kosten für den Austausch des Laminatfußbodens (57,98 qm)   gemäß den Angebot der Firma „… vom 12.02.2013 netto (Blatt 30 der Akte) 2.293,11 €

2.  Kosten für den Neuanstrich der Decken und Wandflächen gemäß der Rechnung der Firma „…“ vom 15.05.2013 (Blatt 31 der Akte) 1.444,40 €

3.  Kosten für den Austausch von 4 Türen sowie für die Erneuerung einer Silikonfuge an einer Fensterscheibe und für das Einstellen und Ölen eines Fensters gemäß Rechnung der Firma „…“ vom 15.05.2013 (Blatt 32 der Akte) 711,98 €

4.  Kosten für die Reinigung der Wohnung gemäß der Rechnung der Firma „…“ vom 22.05.2013 (Blatt 33 der Akte)   321,44 €

Summe: 4.770,93 €

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.770,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.779,93 € seit dem 08.08.2013 zu zahlen.

Der Beklagte ist zum Termin am 04.08. nicht erschienen, so dass die Klägerin Erlass eines Versäumnisurteils beantragt hat.

Wegen des Vorbringens der Klägerin im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Höhe von 100 € begründet, Im Übrigen war sie durch unechtes Versäumnisurteil abzuweisen.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Einbringen eines neuen Laminatbodens. Der Boden wies im Wohnzimmer neun Einkerbungen auf, in der Küche drei Einkerbungen, in der Diele drei Einkerbungen und im Schlafzimmer und im Kinderzimmer je eine Einkerbung. Ausweislich der vorgelegten Fotos, die Bestandteil des Vortrags der Klägerin sind, ist ein Teil der Schäden auf vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen. Ein Laminatboden ist sehr empfindlich; wenn einmal etwas herunterfällt, führt dies dazu, dass Einkerbungen entstehen. Genauso wie sich kleinere Flecken auf einem Teppichboden nicht vermeiden lassen, weist auch ein Laminatboden nach einer gewissen Zeit kleinere Beschädigungen auf. Richtig ist auch, dass hier ein paar etwas stärkere Einkerbungen vorhanden sind, bei denen man nicht mehr von Abnutzung durch vertragsgemäßen Gebrauch sprechen kann. Das Gericht ist aber der Auffassung, dass diese Schäden ohne Probleme repariert werden können; es gibt sogar spezielle Laminatpflegesets. Es mag sein, dass es hinterher kleinere Farbunterschiede gibt, dies ist aber hinzunehmen. Das Gericht schätzt, dass hier nicht mehr als eine Arbeitsstunde anfällt, so dass der Schaden mit Materialkosten und den Kosten für die Anfahrt ohne Mehrwertsteuer nach § 287 ZPO auf 100 € zu beziffern ist.

Ein Anspruch auf Zahlung der Kosten gemäß der Rechnung der Firma „…“ in Höhe von 1.444,40 € besteht ebenfalls nicht. Für das Reinigen von Schaltern und Steckdosen kann schon deswegen nichts verlangt werden, weil Schalter und Steckdosen im Übergabeprotokoll nicht erwähnt werden. Im Übrigen war der Beklagte nicht verpflichtet, Renovierungsarbeiten durchzuführen. § 12 Abs. 4 des Mietvertrages, wonach der Mieter verpflichtet ist, Schönheitsreparaturen durchzuführen, verstößt gegen § 307 BGB. Dies hat das Gericht schon in einem früheren Rechtsstreit der Klägerin entschieden; insoweit wird auf die Gründen des Urteils vom 10.5.2012 verwiesen (abgedruckt in WuM 12, 438). Abgesehen davon, dass starre Fristen vereinbart sind (die Worte „im Allgemeinen“ beziehen sich nur auf die Reihenfolge und nicht auf einen Zeitraum), sind die Fristen von drei und fünf Jahren zu kurz (vgl. BGH WM 07, 684 = ZMR 08, 30 – damals wurde die Fristen noch als zulässig angesehen; etwa für die Zeit ab Januar 2008 gilt etwas anderes). Wenn die Ziffer 7 des Übergabeprotokolls so zu verstehen ist, dass der Beklagte danach die Kosten, die in einem Angebot einer anerkannten Firma ausgewiesen sind, bezahlen sollte, ist diese Klausel ebenfalls unwirksam. Zunächst bleibt dem Mieter nicht die Möglichkeit, die Höhe des Angebots zu bestreiten, zum anderen ist es auch eine unangemessene Benachteiligung, wenn einem Mieter nach eineinhalb Jahren eine Komplettrenovierung der ganzen Wohnung auferlegt werden soll. Die Beklagte ist gewerbliche Vermieterin; von ihr verwendete Klauseln sind also schon dann als AGB anzusehen, wenn sie nur ein einziges Mal verwendet werden (§ 310 Abs. 3 S. 2 BGB). Dass die Ziffer 7 vorformuliert war, ergibt sich schon daraus, dass diese Klausel vorgedruckt ist.

Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die Kosten für den Austausch der Türen zu bezahlen. Aufgrund der vorgelegten Fotos sind lediglich an einigen Stellen Lackabplatzungen vorhanden, die durch einen Neuanstrich ohne weiteres beseitigt werden können. An einer Stelle ist zwar eine kleine Beschädigung ersichtlich. Diese ist aber nicht so groß, dass die Stelle nicht gespachtelt werden könnte. Warum der Beklagte die in der Rechnung enthaltenen Kosten für das Einstellen eines Fensters und für die Erneuerung einer Silikonfuge bezahlen soll, ist nicht ersichtlich.

Schließlich ist der Beklagte auch nicht verpflichtet, die Kosten für eine Gebäudereinigung zu zahlen. Nach dem Mietvertrag hatte der Beklagte die Wohnung sauber herauszugeben. Die Klägerin hat aber nicht vorgetragen, wo und in welchem Umfang Schmutz vorhanden gewesen sein soll. Es ist auch nicht ersichtlich, wie viele Arbeitsstunden zu welchem Stundensatz berechnet werden sollen. Dazu kommt auch noch, dass die Reinigung erst nach Durchführung der Renovierungsarbeiten in Auftrag gegeben wurde. Entscheidend ist aber, dass dem Beklagten keine Frist zur Durchführung der Reinigungsarbeiten gesetzt wurde; dies wäre nach § 280 BGB erforderlich gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 3, 11 und 711 ZPO.

 

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