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Schimmelpilzbildung in Mietwohnung und Beweislast bei bauseitigem Mangel

LG Dortmund -Az.: 1 S 73/11 – Urteil vom 25.09.2012

Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird das Urteil des Amtsgerichts Dortmund 11.02.2011 zum Aktenzeichen 417 C 969/10 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, durch Entfernen der Tapeten und des Putzes und Neuanbringen des Putzes und neuer Tapeten die Auswirkung der Schimmelpilzbildung im Schlafzimmer in der an die Klägerin vermieteten Wohnung im Hause B…2 in … E, Erdgeschoss links, zu beseitigen, und zwar im Fensterbereich von der Tür aus gesehen, an der gegenüberliegenden Wand im linken unteren Bereich, an der Fensterlaibung, an der Fensterwand rechts und links neben der Heizung, an der von der Tür aus gesehen linken Wand im Bereich zum Fenster hin, sowie hinter der an den Wänden stehenden Schränken.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, aufgrund des vorhandenen Schimmelbefalls im Schlafzimmer für die Dauer des Schimmelbefalls den Mietzins in Höhe von 80,00 € monatlich ab dem 01.01.2010 zu mindern.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Klägerin begehrt die Beseitigung von Schimmelschäden durch die Beklagte in der von der Klägerin im Haus der Beklagten angemieteten Erdgeschosswohnung im Schlafzimmer und in der Küche sowie eine monatliche Mietminderung in Höhe von 80,00 € seit dem 01.01.2010.

Die Klägerin behauptet, es lägen bauseitige Mängel vor, die dazu führten, dass der Schimmel sich in Küche und Schlafzimmer habe bilden können.

Das Schlafzimmer habe bauseitige Mängel im Bereich der Fenster und Fensterlaibungen aufgewiesen sowie im Bereich der Dämmung. Außerdem lasse es sich nicht hinreichend heizen. Im Übrigen habe sie zweimal täglich über eine Dauer von 5 bis 45 Minuten gelüftet.

Die Küche weise ebenfalls Schimmel auf, weil der darunter liegende Keller feucht sei.

Die Klage war ursprünglich auf den Punkt „Schimmel im Schlafzimmer“ beschränkt. Das Amtsgericht hat hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt, was der Sachverständige am 15.09.2010 erstellt hat auf der Grundlage eines Ortstermins vom 25.08.2010. Eine weitere Stellungnahme des Sachverständigen datiert vom 08.11.2010.

Mit Schriftsatz vom 17.02.2011 hat die Klägerin die Klage erweitert auf den Punkt „Schimmelbefall in der Küche“.

Die Beklagte hat sich erstinstanzlich darauf zurückgezogen, dass der Schimmelbefall durch unrichtiges Heizungs- und Lüftungsverhalten durch die Klägerin bedingt sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Dabei hat das Amtsgericht sich auf das Gutachten des Sachverständigen gestützt. Insoweit hat das Amtsgericht ausgeführt, dass das Sachverständigengutachten ergeben habe, dass die Schimmelbildung auf einem nutzerbedingten falschen Lüftungsverhalten beruhe. Die Klageerweiterung hat das Amtsgericht, nachdem die Beklagte der Klageänderung widersprochen hatte, als unzulässige Klageänderung gemäß § 263 ZPO angesehen und die Klageerweiterung als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet die Klägerin sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Sie stützt sich darauf, dass das Urteil falsch sei, weil das Gutachten nicht verwertbar sei. Der Sachverständige habe die im Ortstermin genannten Werte nicht zugrunde legen dürfen.

Darüber hinaus sei das Sachverständigengutachten nicht zutreffend, weil der Sachverständige die Heizleistung konkret nicht ermittelt habe. Darüber hinaus habe der Sachverständige ausgeführt, er könne nicht beurteilen, ob das Schlafzimmer ausreichend beheizbar sei wegen mangelhafter Fenster und Undichtigkeiten an den Fensteranschlüssen.

Weiter sei das Urteil falsch, weil ein mangelhaftes Lüftungsverhalten nicht vorliege. Insoweit hätte das Amtsgericht dem Beweisantritt nachgehen müssen, dass die Klägerin ausreichend lüfte.

Die Zurückweisung der Klageerweiterung als nicht sachdienlich sei rechtsfehlerhaft gewesen.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 11.02.2011 zum Aktenzeichen 417 C 969/10 zu ändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, durch geeignete Maßnahmen die Ursache und die Auswirkungen folgender Mängel in der an die Klägerin vermieteten Wohnung im Hause B … in … E, Erdgeschoss links, Größe ca. 56 m², zu beseitigen:

die Schimmelpilzbildung im Schlafzimmer, und zwar

– im Fensterbereich, von der Tür aus gesehen an der gegenüberliegenden Wand im linken unteren Bereich;

– an der Fensterlaibung;

– an dieser Wand rechts und links neben der Heizung;

– an der von der Tür aus gesehen linken Wand im Bereich zum Fenster hin;

– hinter den an den Wänden stehenden Schränken,

2. festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, aufgrund der vorhandenen Mängel und für die Dauer der vorhandenen Mängel den Mietzins seit dem 01.01.2010 in einer Höhe von 80,00 € monatlich zu mindern,

3. die Beklagte zu verurteilen, durch geeignete Maßnahmen die Ursache und die Auswirkungen folgender Mängel an der der Klägerin vermieteten Wohnung im Hause B …, … E, Erdgeschoss links, Größe ca. 56 m², zu beseitigen:

– die Schimmelpilzbildung in der Küche an der Außenwand zum Garten hin, insbesondere die Schimmelpilzbildung unter der Tapete und den Zustand, dass die Tapete sich aufgrund der Schimmelpilzbildung unter ihr löst.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die Protokolle erster und zweiter Instanz, die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien, das Gutachten des Sachverständigen sowie die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen im Termin vom 25.09.2012.

II.

Die Berufung hat im Hinblick auf die mit der Berufung geltend gemachten Anträge zu den Ziffern 1. und 2. im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie bezüglich des Berufungsantrags zu 3. unbegründet.

1. Die Klage ist im Hinblick auf die Berufungsanträge zu 1. und 2. im ausgeurteilten Umfang begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Beseitigung der Auswirkungen der Schimmelpilzbildung im Schlafzimmer der Klägerin gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sowie einen Anspruch auf Minderung der Miete gemäß § 536 BGB.

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob allein aufgrund der Grundlage des Gutachtens eine Abweisung der Klage schon deshalb erfolgen durfte, weil der Sachverständige ohne Überprüfung der Heizleistung festgestellt hat, dass eine ausreichende Raumtemperatur von 20 Grad Celsius erreicht werde, nach der auszuschließen sei, dass die notwendige Oberflächentemperatur von 12,6 Grad Celsius erreicht werde. Hierzu hat der Sachverständige – ergänzend angehört – im Termin der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass er eine Berechnung der Heizleistung nicht vorgenommen habe. Ferner hat er ausgeführt, dass jedenfalls dann, wenn eine Oberflächentemperatur von 12,6 Grad Celsius nicht erreicht werde, grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Möglichkeit der Schimmelpilzbildung bestehe.

b) Denn aufgrund der weiteren Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten, die er im Termin bei der mündlichen Anhörung bestätigt hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Schimmelpilzbefall im Schlafzimmer in der Wohnung der Klägerin bauseitig bedingt ist.

Insoweit hat der Sachverständige dargelegt, dass vor der durchgeführten Sanierung, die erst im Juli oder August des Jahres 2010 abgeschlossen war, bauseitig bedingte Mängel vorgelegen haben.

Der Sachverständige hat hierzu in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass auch bei einer ordnungsgemäßen Nutzung der Wohnung im vormaligen (unrenovierten) Bauzustand, einer Lufttemperatur von 20 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 % bei einer Außenlufttemperatur von – 5 Grad Celsius Wasserkondensat auf den Oberflächen aufgrund von Wärmebrücken auftreten konnte und aufgrund der Wärmebrücken ein Schimmelpilzbefall an diesen Stellen möglich war.

Weiter hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, dass der vorhandene Wärmeschutz an der Außenwandecke 2, an der linken Leibung der Fensteröffnung, gegebenenfalls auch an der Wand 3 im Schlafzimmer, nicht den heutigen Anforderungen aus der DIN 4108 Teil 2 in Bezug auf die erforderliche Oberflächentemperatur von mindestens 12,6 Grad Celsius entsprochen hat.

Dies hat der Sachverständige bei seiner ergänzenden Befragung, die im Hinblick auf die Besonderheiten der Berufung nur in Teilbereichen protokolliert worden ist, so bestätigt.

Insbesondere hat der Sachverständige bestätigt, dass die vorhandene Schimmelbildung aufgrund der bauseitig vorhandenen Mängel jedenfalls nicht auszuschließen sei.

c) Insoweit obliegt es aber der beklagten Vermieterin, zu beweisen, dass bauseitig bedingte Feuchtigkeitserscheinungen nicht vorliegen (vgl. Sternel, MietR, 4. Aufl. 2009, Anmerkung Fn 4 zu VIII Rn 377, sowie Rn 168 zu VIII unter Bezugnahme auf BGH NZM 2005, 17).

Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass die Mietsache frei von Baumängeln ist.

Der Mangel ist bereits allein das Auftreten von Schimmel. Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Normen, die bei Errichtung des Gebäudes gegolten haben, erfüllt worden sind (vgl. Sternel, MietR, aaO, VIII Rn. 57 m.w.N.).

Auf der Grundlage der vorstehend zitierten Feststellungen des Sachverständigen ist auch bei ordnungsgemäßer Nutzung danach ein Schimmelbefall jedenfalls möglich und nicht auszuschließen, weil Kondensat entstehen musste. Damit war die Wohnung nicht so beschaffen, dass durch zumutbare Maßnahmen Feuchtigkeitserscheinungen, insbesondere Schimmelbefall, vermieden werden konnte (vgl. Sternel, MietR, VIII Rn. 60 m.w.N.).

d) Die Klägerin hat die bauseitig nicht auszuschließenden Mängel nicht – was nach dem Gutachten des Sachverständigen ggfs. möglich gewesen wäre – durch besonderes und dem alten Bauzustand angepasstes Lüften aufzufangen.

Es kann nur das Lüftungsverhalten erwartet werden, was normalerweise erwartet werden kann, wenn keine bauseitig bedingten Mängel vorgelegen hätten. Einer Beweisaufnahme dazu, ob die Klägerin das bei ordnungsgemäßem Bauzustand notwendige und immer als Mieterpflicht zu erwartende Lüftungsverhalten gezeigt hat bedurfte es daher nicht. Der Sachverständige hat – wie zuvor dargelegt – ausgeführt, dass auch bei ordnungsgemäßer Nutzung, also bei pflichtgemäßem Lüftungsverhalten und ausreichender Heizleistung, aufgrund der Wärmebrücken ein Schimmelbefall gleichwohl auftreten und nicht ausgeschlossen werden könne.

e) Dies gibt der Klägerin den titulierten Beseitigungsanspruch (vgl. Sternel, MietR, VII Rn. 45) sowie den titulierten Minderungsanspruch von 80 € monatlich.

aa) Soweit die Kammer konkrete Maßnahmen tituliert hat, beruhen diese auf den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen im Termin.

(1) Dieser hat ausgeführt, dass die Tapeten, die von Schimmelbefall erfasst sind, insgesamt entfernt werden müssen und auch der darunterliegende Putz, um eine erneute Schimmelbildung zu verhindern.

(2) Weitere Maßnahmen zur Ursachenbekämpfung waren auf Grundlage des Sachverständigengutachtens jedenfalls nicht zu titulieren, weil die vom Sachverständigen nicht ausgeschlossene Möglichkeit von Wärmebrücken auf der Annahme beruhte, dass zum Zeitpunkt des Auftretens des Schimmelbefalls die Modernisierungsarbeiten noch nicht durchgeführt worden waren, zwischenzeitlich diese Maßnahmen zum Zeitpunkt seines Ortstermins aber durchgeführt worden waren und eine Verbesserung des Wärmeschutzes durch Nachrüsten der alten Konstruktion zwischenzeitlich erreicht worden ist.

Vor diesem Hintergrund war nicht mehr auszuurteilen, dass von der Beklagten eine geeignete Ursachenbekämpfung vorzunehmen ist. Die Verurteilung war darauf zu beschränken, dass die Auswirkungen des seinerzeit aufgetretenen Schimmelbefalls durch nicht auszuschließende bauseitig bedingte Mängel zu beseitigen waren.

Im Hinblick auf die Auswirkungen, die es zu beseitigen gilt, hat der Sachverständige auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausgeführt, dass zur Beseitigung des vorhandenen Schimmels ein Besprühen mit einem Schimmelentferner nicht ausreicht und stattdessen die schimmelbefallenen Tapeten sowie der darunterliegende Putz entfernt und der Putz anschließend neu aufgebracht werden müsse.

bb) Soweit das Gericht einen Minderungsanspruch von 80,00 € monatlich für angemessen erachtet hat, beruht das auf dem Umstand, dass das Schlafzimmer aufgrund des Schimmelbefalls nicht oder nur eingeschränkt nutzbar ist. Im Hinblick darauf, dass es sich nur um eine kleine Wohnung von 56 m² Größe handelt und die Klägerin – was sie in der Berufungsverhandlung der Beklagtenseite unwidersprochen vorgetragen hat – nunmehr gezwungen sei, im Wohnzimmer zu nächtigen, hat die Kammer eine Minderung von insgesamt 1/3 der geschuldeten Miete gem. § 287 ZPO für angemessen erachtet. Angesichts des geschuldeten Mietzinses von 470,00 DM, was umgerechnet einer Miete von ca. 240,00 € entspricht, ergibt dies einen Betrag von 80,00 € monatlich, um den die Klägerin die von ihr geschuldete Miete mindern kann.

2. Soweit die Klägerin mit der Berufung die Auffassung vertritt, dass das Urteil des Amtsgerichts im Hinblick auf die nicht zugelassene Klageerweiterung unzutreffend sei und rechtsfehlerhaft als unzulässig zurückgewiesen habe, vermag die Kammer einen Rechtsfehler des Amtsgerichts nicht festzustellen.

Die Zurückweisung war, gemessen an den Ausführungen der Kommentierungen bei Zöller zu § 263 Rn. 15, 16 a möglich.

Das Amtsgericht hat insoweit keine sachfremden Erwägungen zugrundegelegt. Insoweit ist die Ermessensentscheidung des Amtsgerichts, eine Klageerweiterung als sachdienlich zuzulassen, nur eingeschränkt überprüfbar. Im Hinblick auf diese eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit und des Fehlens sachfremder Erwägungen im Rahmen der Ausübung der Ermessensentscheidung durch das Amtsgericht, lässt das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler erkennen, so dass die Berufung in diesem Punkt zurückzuweisen war.

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