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Schönheitsreparatur bei Wohnraummiete – Intransparenz einer Quotenabgeltungsklausel

LG Frankfurt – Az.: 2-11 S 265/10 – Urteil vom 12.04.2011

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 18.8.2010, Aktenzeichen 33 C 1644/10 – 28, abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 770,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.4.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 770,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Von der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Absatz 2, 313 a ZPO).

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Den Klägern steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung ihres restlichen Kautionsguthabens in Höhe von 770,00 € zu, da die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung mit anteiligen Kosten für Schönheitsreparaturen in Höhe von 770,00 € unzulässig ist.

Die Klausel in Nr. 11 Ziff. 4) der AVB, die der Beklagten einen Anspruch auf anteiligen Ersatz der Kosten für bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht fällige Schönheitsreparaturen gewährt, benachteiligt die Kläger unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil die Bestimmung nicht hinreichend klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).

Nach der Entscheidung des BGH vom 26.9.2007 (BGH Urteil v. 26.9.2006 – VIII ZR 143/06, NZM 2007, 879), der die Kammer folgt, ist eine derartige Quotenabgeltungsklausel nicht zu beanstanden, wenn sie eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustands der Wohnung in der Weise ermöglicht, dass für die Berechnung der Quote das Verhältnis zischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde. Versteht man in die Klausel dahin, dass die bisherige Wohndauer ins Verhältnis zu setzen ist zu der Zeit, nach der bei Fortdauer des Mietverhältnisses, also bei einer weiteren Nutzung der Wohnung durch den bisherigen Mieter, voraussichtlich eine Renovierung erforderlich sein würde, sind die Interessen dieses Mieters gewahrt.

Eine solche Klausel verstößt jedoch gegen das Transparenzgebot und ist deshalb wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn ihr Wortlaut für den Mieter nicht eindeutig erkennen lässt, wie die Abgeltungsquote konkret zu berechnen ist (vgl. BGH a.a.O. Rn. 28).

Da die Anwendbarkeit der Quotenabgeltungsklausel voraussetzt, dass die Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind, kann es nur auf den Zeitraum ankommen, nach dem eine Renovierung in Zukunft voraussichtlich erforderlich sein wird. Dieser kann in der Weise bestimmt werden, dass das Wohnverhalten des bisherigen Mieters hypothetisch fortgeschrieben und festgestellt wird, wann bei einer Fortdauer des Mietverhältnisses Renovierungsbedarf zu erwarten wäre (vgl. BGH a.a.O. Rn. 29).

Ein Verständnis der vorliegenden Klausel in diesem Sinne ist möglich, weil es für die Fälligkeit der Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen nach Nr. 6 Ziff. 2) und 3) AVB auf die Abnutzung der Wohnung durch den bisherigen Mieter ankommt.

Der Wortlaut der Klausel lässt aber auch eine Auslegung dahin zu, dass zur Bestimmung des Fristenzeitraums nach Nr. 6 Ziff. 2) und 3) AVB zu der tatsächlichen Wohndauer des Mieters derjenige Zeitraum addiert wird, der sich ergibt, wenn man von der Regelfrist für die Renovierung die der Abnutzung durch den Mieter entsprechende fiktive Mietdauer abzieht. Der bisherige Mieter würde durch diese Berechnungsweise jedoch unangemessen benachteiligt, weil trotz scheinbarer Flexibilisierung für die Restlaufzeit des Renovierungsintervalls doch wieder an eine „starre“ Frist angeknüpft wird (vgl. BGH a.a.O. Rn. 30).

Da die Formulierung der vorliegenden Klausel eine solche Berechnung der Abgeltungsquote jedenfalls nicht ausschließt, gibt sie dem Vermieter zumindest die Möglichkeit, den Mieter auf eine unangemessen hohe Quote in Anspruch zu nehmen, ohne dass der Mieter dem unter Hinweis auf den Wortlaut der Klausel entgegen treten könnte. Das soll durch das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich normierte Transparenzgebot verhindert werden. Es schließt das Bestimmtheitsgebot ein, nach dem die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden müssen, dass einerseits für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Andererseits soll der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt (vgl. BGH a.a.O. Rn. 31).

Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Klausel nicht, da die Klausel nicht eindeutig vorgibt, wie sich der nach Nr. 11 Ziff. 4) AVB zu zahlende Anteil errechnet.

Damit schuldet die Beklagte, der keine aufrechenbare Gegenforderung gemäß Nr. 11 Ziff. 4) AVB zusteht, die vollständige Rückzahlung der Kaution.

Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG.

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