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Schönheitsreparaturen – Abwälzung der Pflicht zur Durchführung von den Mieter

AG Schöneberg – Az.: 6 C 480/13 – Urteil vom 12.03.2014

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 9.307,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06. November 2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zur Geschäftsnummer: 18 H 2/12.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist durch Erbfolge Vermieterin und macht Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen geltend. Die Beklagten sind die Erben der verstorbenen Mieterin M. K., geborene E.. Die Erblasserin mietete gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann eine 2-Zimmerwohnung im Haus M. Straße, … B., 2. Obergeschoss Mitte. In § 3 Nr. 4 des Mietvertrages heißt es: „Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen“ und in § 16 Nr. 4: „Schönheitsreparaturen gehen zu Lasten des Mieters“. Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages vom 01. Dezember 1954 wird auf Bl. 12-15 d.A. verwiesen.

Die Beklagten kündigten das Mietverhältnis zum 30. September 2012. Ende August 2012 meinten sie gegenüber der Klägerin, Schönheitsreparaturen seien von ihnen nicht auszuführen, diese seien während der Mietzeit regelmäßig durchgeführt worden.

Am 20. September 2012 gaben die Beklagten die Schlüssel zurück. Die Klägerin unterzeichnete ein handschriftliches Schreiben: „Erhalten 3 x Hausschlüssel, 3 x Wohnungsschlüssel, 2 x Kellerschlüssel, Zählerstand: 46939,6 Elektr. 13837, Gas“.

Schönheitsreparaturen - Abwälzung der Pflicht zur Durchführung von den Mieter
Symbolfoto:Von l i g h t p o e t /Shutterstock.com

Bei Rückgabe der Wohnung war die Decke in der Küche vergraut, hatte Farbstreifen von einem Gardinenbrett und 12 Dübellöcher. Mieterseits verlegte Stromkabel verliefen auf der Decke. Die Wände in der Küche waren teils tapeziert, an anderen Stellen mit Farbe überstrichen, wobei Gegenstände ausgespart wurden. Nicht alle Wandfliesen in der Küche waren vor der Rückgabe der Wohnung entfernt und dort wo sie entfernt waren, war entweder das Klebematerial auf der Wand verblieben oder der Putz abgerissen. Insbesondere an der rechten Küchenwand waren großflächige Putzschäden. Linke und rechte Küchenwand wiesen insgesamt 64 Dübellöcher auf. Heizkörper und Fensterrahmen in der Küche waren vergraut mit Lackabplatzungen. Die Heizungsrohre waren in insgesamt drei unterschiedlichen Farben gestrichen, die Holzscheuerleisten in zwei Farben. Auch die Küchen- und Balkontüren hatten einen alten stark vergilbten Lack mit Abplatzungen. Auf die Küchentürzarge aus Holz war ein Lichtschalter montiert und das Holzfensterbrett war teilweise mit Keramikfliesen beklebt. Auf dem Küchenfußboden lagen zwei Bodenbeläge übereinander, von denen der obere in einer Ecke eine Aussparung von 56 x 80 cm aufwies. Die unter den Belägen befindlichen Dielen waren verschmutzt und dick mit Klebematerial bedeckt.

In der Speisekammer befanden sich vier Regalbretter mit gedübelten Haken. Der grüne Wandanstrich war an der rechten Wand verschmutzt und um die Leuchte nicht vorhanden. Die Scheuerleisten wiesen einen Anstrich mit grüner Wandfarbe auf. Fensterrahmen und –brett waren vergilbt mit eingeschraubten Haken. Der Anstrich der Speisekammertür war außen vergilbt und innen vergraut, der PVC-Belag in der Kammer fest mit dem Fußboden verklebt und nicht entfernt.

Die Tapete im Flur war uneinheitlich. An der rechten Wand war um einen Schrank herum tapeziert, dahinter zeigten sich vier unterschiedliche Tapetenmuster, die übrige Tapete an dieser Wand war grün gestrichen. Die anderen Flurwände wiesen mehrere Lagen Raufasertapete mit grüner Wandfarbe auf, die erhebliche Gebrauchsspuren und Verschmutzungen zeigte. Die tapezierte Decke war grün überstrichen, der Lampenauslass übertapeziert. Ein Kabel verlief von dort bis zur Wohnungseingangstür, wo es lose hing. Der Lack der Kettenverriegelung war vergilbt und abgeplatzt. Die Heizungsrohre waren grün gestrichen und vergraut, das Gassteigerohr war mit Mustertapete beklebt. Die Wohnungseingangstür war innen vergilbt und hatte Abplatzungen am Türfutter und an den Zargen, die teilweise mit alter Tapete beklebt waren. Die Verglasung war mit drei Holzplatten abgedeckt. Die Dielen und Türschwellen waren abgetreten und wiesen Klebestreifen von einem Bodenbelag auf, die ein quadratisches Muster hinterließen. Die Scheuerleisten im Flur waren teils braun, teils oliv gestrichen, teilweise überklebt. Die Hängebodentür war vergilbt, das Fenster zum Hängeboden gesprungen und mit Tapete überklebt.

Die Decke im Bad wies eine gelbe Latexfarbe auf, die in der linksseitigen Raumecke aufgerissen war. Eine Vorhangschiene und eine Leuchte über dem Waschbecken waren noch vorhanden. Von der Decke ragten kräftig gebogene Haken etwa 4 cm in den Raum hinein. Die mit gelber Farbe gestrichene Raufasertapete an den Wänden löste sich an mehreren Stellen, an anderen Stellen war sie eingerissen. Es gab im Bad insgesamt 59 Dübellöcher. Die freistehende Badewanne war mit Spanplatten umkleidet und mit einer Abschlussleiste zur Wand hin versehen. Ihre Email wies zwei beschädigte Stellen auf. Um das Handwaschbecken und einen angepassten Unterschrank hatte die Erblasserin gefliest, hinter dem Unterschrank war die ursprüngliche Wandverkleidung verblieben. Die Scheuerleisten waren in kräftig grün und braun gestrichen. Der Fußboden war um die Möblierung herum gefliest. Heizkörper und Fensterrahmen wiesen eine vergraute Lackierung auf, die teilweise großflächig abgeplatzt war. Die Heizungsrohre im Bad waren mit Wandfarbe überstrichen, vergraut und verschmutzt. Das Fensterbrett war mit kleinen Fliesen beklebt. Die Tür war vergilbt und hatte flurseitig eine Aufkleber. Badseitig waren in der Tür zwei Schrauben, der Türriegel war überlackiert und die Türzarge vollständig übertapeziert. Rechts neben dem Handwaschbecken war eine Ablage montiert und zum Waschbecken hin verfugt.

Die Decke des Balkonzimmers war leicht gelb getönt, in allen Ecken vergraut und hatte über dem Fenster einen hellbraunen Streifen mit Dübellöchern. Die rechte Wand wies eine Tapete mit kleinblumigem Muster auf, die Stöße und Schatten von Möbeln waren deutlich sichtbar, die Ixel eingeschwärzt. Eine Zugangstür zum Balkon war mit Tapete vollständig überzogen. Der Heizkörper war vergilbt mit Abplatzungen. Die Heizungsrohre waren braun gestrichen und beschädigt. Der Fensteranstrich war vergilbt. Das Fensterfutter wies ausgedehnte Abplatzungen auf. Das Fensterglas unten rechts im äußeren Fensterflügel hatte einen Sprung. Die Balkontür hatte großflächig Lackdefekte und innen eine eingeschraubte Gardinenleiste. Die Zimmertür des Balkonzimmers war vergilbt, ihr Riegelknauf überlackiert und um die Dekorverglasung unsauber lackiert. Lacknasen waren auf dem Glas der Tür und das Glas zeigte unten Sprünge. Der rotbraune Anstrich der Dielen war abgetreten und mit Kleberesten bedeckt. Die Scheuerleisten waren dunkelbraun gestrichen.

Im Frontzimmer war die Zimmerdecke vergraut und hatte über dem Fenster ein Streifen vom Gardinenbrett. Die Deckenabschlussleisten waren apricot gestrichen, wirkten grau-meliert und an beiden Wänden fehlten jeweils 25 cm der Leiste. Zwei Zimmerwände hatten weiß gestrichene Raufasertapete, deren Stoßfugen sichtbar und teilweise aufgeplatzt waren und sich von der Wand abhoben. Auf dem vergrauten Anstrich zeigten sich Schatten von Möbeln und Bildern. Die Fensterwand sowie die rechte Wand waren mit einer beige-braunen Drucktapete tapeziert, die weiß überstrichen war. Der rechtsseitige Wandanstrich erfolgte um einen Wandschrank herum mit der Folge, dass auf einer Fläche von 3,40 m x 2,30 m die beige-braune Tapete sichtbar war. Zwei Metallbinder hingen an der Wand. Bei der Fensterwand wurde der Bereich des Heizkörpers beim Streichen ausgespart. Fensterrahmen und –futter sind vergilbt, das Fensterbrett hat Lackabplatzungen. Der Heizkörper ist vergraut mit Lackabrieben und –abplatzungen. Die Heizungsrohre waren mit Wandfarbe in apricot gestrichen, verschmutzt und vergraut mit Abplatzungen. Der Türanstrich wies Lackschäden auf. Innen war die Türzarge bis zur Hälfte tapeziert und überstrichen. Die Verriegelung war überlackiert, die Dekorverglasung beidseitig übertapeziert. Die Dielen des Frontzimmers waren ungleichmäßig abgetreten mit Resten von Klebematerial und Auslegeware.

Auf dem Balkon war ein eingelassener Wind- und Sichtschutz verblieben.

Einen Monat nach Rückgabe forderte die Klägerin die Beklagten auf, nach Räumen detailliert im Einzelnen aufgelistete Schönheitsreparaturen bis zum 15. November 2012 auszuführen, eingebrachte Einbauten zu entfernen sowie Beschädigungen zu beseitigen. Wegen der Einzelheiten des Aufforderungsschreibens wird auf Bl. 18-28 d.A. verwiesen. Die Beklagten lehnten das Ausführen von Arbeiten ab und boten der Klägerin eine Zahlung von 1.500,00 € an.

Eingehend beim Amtsgericht Schöneberg am 10. Dezember 2012 beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens unter der Geschäftsnummer: 18 H 2/12. Anfang Februar 2013 besichtigte der Sachverständige G. N. die Wohnung und erstattete am 19. März 2013 sein Gutachten, in dem er den Zustand der Wohnung, die erforderlichen Arbeiten und deren Kosten benannte. Auf Antrag der Klägerin forderte das Gericht den Sachverständigen auf, ein Ergänzungsgutachten zu erstatten. Das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 06. August 2013 ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. August 2013 zugestellt worden.

Im Oktober 2013 forderte die Klägerin die Beklagten unter Fristsetzung vergeblich zur Zahlung des sich aus den beiden Gutachten ergebenden Kostenaufwands von 16.108,60 € sowie der Sachverständigenkosten bis zum 05.11.2013 auf.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die vom Sachverständigen N. ermittelten Kosten, wobei sie sich wegen von ihr durchzuführender Elektroarbeiten den hälftigen Betrag, der für die Herrichtung der Wandflächen erforderlich ist, in Höhe von 2.097,22 € anrechnen lässt.

Die Klägerin meint, die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf die Mieter sei wirksam.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 9.447,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06. November 2013 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Klägerin habe die Wohnung vorbehaltlos abgenommen, denn sie habe die Wohnung als mängelfrei und ohne weitere Ansprüche übernommen. Im Übergabeprotokoll seien keine Mängel vermerkt. Die Wohnung weise lediglich Gebrauchsspuren auf, die einem normalen Nutzungsverhalten nach mehr als 60 Jahren entsprächen. Die teilweise fehlende und alte Dekoration ergebe sich aus dem Entfernen von Einbaumöbeln und Schränken. Auch Beschädigungen an Elektroschaltern und –dosen seine nach so langer Mietzeit normal. Der Zustand der Fußböden in der Wohnung sei seit Mietbeginn nicht unverändert. Die festgestellte Abnutzung entspreche einem vertragsgemäßen Gebrauch. Die Erblasserin sei zum Anbringen von Dübeln in der Speisekammer berechtigt und nicht verpflichtet gewesen, die Löcher wieder zu verschmieren. Ein Anspruch auf eine neue Dekoration im Flur und Bad bestehe nicht. Beide Räumen seien im Jahr 2009 fachmännisch renoviert worden. Einbauten, die einem vertragsgemäßen Zustand nicht entsprächen, bestreiten sie. Die Erblasserin habe keinen Wind-Sichtschutz auf dem Balkon angebracht, der zu entfernen sei. Nach der Schüsselrückgabe habe die Klägerin Handwerker in die Wohnung gelassen. Bei Anfertigung des Sachverständigengutachtens vom 19.03.2012 habe sich die Wohnung nicht mehr in dem Zustand wie bei Rückgabe befunden.

Die Beklagten vertreten die Ansicht, die Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf die Mieterin im Mietvertrag sei unwirksam, weil die Klauseln den Anfangszustand der Wohnung außer Acht ließen und intransparent seien. Sie erheben die Einrede der Verjährung und vertreten die Ansicht, für den Verjährungsbeginn sei das erste, vom Sachverständigen N. im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten entscheidend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlage ergänzend Bezug genommen.

Die Akten des Amtsgerichts Schöneberg zur Geschäftsnummer: 18 H 2/12 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Das Gutachten des Sachverständigen N. vom 19. März 2013 ist der Klägerin am 12. April 2013 und den Beklagten am 17. April 2013 mit einer Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen, die auf Antrag verlängert wurde, zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2013 bat die Klägerin, dem Sachverständigen ergänzende Fragen vorzulegen. Mit Verfügung vom 28. Juni 2013 hat das Gericht den Sachverständigen N. gebeten, im Wege eines Ergänzungsgutachtens die Fragen zu beantworten. Am 06. August 2013 hat der Sachverständige sein Ergänzungsgutachten erstattet, dass der Klägerin am 30. August 2013 zugestellt worden ist.

Die Klage ist einschließlich des Gerichtskostenvorschusses am 22. November 2013 bei Gericht eingegangen und ist den Beklagten am 10. Dezember 2013 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist mit Ausnahme eines geringfügigen Teils begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 9.307,23 € aus §§ 535, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB.

1.

Die Beklagten haben die Wohnung in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand zurückgegeben. Als Erben der Mieterin sind sie in das zwischen der Klägerin und der Erblasserin bestehende Mietverhältnis auf Mieterseite eingetreten, § 1942 BGB, und verpflichtet, die sich aus §§ 3 Nr. 4, 16 Nr. 4 des Mietvertrages ergebende Übernahme der Schönheitsreparaturen auf die Erblasserin zu übernehmen.

Die Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf die Mieterseite in § 3 Nr. 4 und § 16 Nr. 4 des Mietvertrages ist entgegen der Ansicht der Beklagten wirksam. Die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen kann auf den Mieter überbürdet werden. Dabei ist es grundsätzlich ausreichend, wenn durch eine vorformulierte Klausel im Mietvertrag pauschal und ohne Regelung von Einzelheiten festgelegt wird, dass die Schönheitsreparaturen vom Mieter zu tragen sind oder zu seinen Lasten gehen. Eine derartige Gestaltung einer Schönheitsreparaturenklausel ist grundsätzlich wirksam und verstößt nicht gegen §§ 307 ff. BGB, insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot.

Eine allgemein gehaltene Klausel wie hier, ist dahin zu verstehen, dass die in § 28 Abs. 4 Satz 5 II. BV angegebenen Arbeiten als Schönheitsreparaturen anzusehen sind, nämlich das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen (BGHZ 92, 363-373).

Auch im Falle der Vermietung einer bei Vertragsbeginn nicht renovierten Wohnung ist die formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter selbst nach Maßgabe eines Fristenplans wirksam, wenn die Renovierungsfristen erst mit dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen; dies gilt selbst dann, wenn die Wohnung bei Vertragsbeginn renovierungsbedürftig war und der Anspruch des Mieters auf eine Anfangsrenovierung durch den Vermieter vertraglich ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2004 – VIII ZR 378/03 –, juris). Den vorliegenden Klauseln ist nicht zu entnehmen, dass die Renovierungspflicht sich auf einen vorvertraglichen Abnutzungszeitraum erstreckt, denn die Schönheitsreparaturen sind während der Dauer des Mietverhältnisses auszuführen. Wurde wie vorliegend ein Fristenplan nicht vereinbart, wird der Anspruch des Vermieters auf Durchführung von Schönheitsreparaturen fällig, sobald aus der Sicht eines objektiven Beobachters ein Renovierungsbedarf besteht (BeckOK, Stand 01.08.2012, § 546, Rn. 17a). Wenn in einem Formularvertrag keine bestimmten Frist in Bezug genommen wurde, lassen sich die regelmäßigen Renovierungsfristen gleichwohl im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 242, 157, 133 BGB als Anhaltspunkte heranziehen (HansOLG Hamburg, RE v. 13.9.1991 – 4 U 201/90, WuM 1991, 523 ff. – Rn. 35 bei juris; LG Hamburg, Urt. v. 24.2.1995 – 311 S 39/94, WuM 1995, 264 – juris Rn. 18, 24). Denn es entspricht allgemeiner Erfahrung, dass in bestimmten zeitlichen Abständen Renovierungsarbeiten in Mieträumlichkeiten erforderlich werden. Wenn sich Lücken in allgemeinen Geschäftsbedingungen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung schließen lassen, greift die Unwirksamkeitsfolge des § 306 BGB nicht ein (vgl. MünchKomm-BGB/Basedow, 4. Aufl. 2003, § 306 Rn. 22 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, § 306 Rn. 7 m.w.Nachw.). Vielmehr ist bei nicht genannten Fristen auf den konkreten Renovierungsbedarf abzustellen und es kann dem Verwender nicht zum Nachteil gereichen, wenn er in einer Formularklausel bestimmte Fristen gar nicht nennt, sondern ausschließlich auf den konkreten Bedarf abstellt (AG Hamburg, Urteil vom 11. September 2006 – 644 C 248/04 –, juris).

Darüber hinaus behaupten die Beklagten hier auch gar nicht, dass eine Anfangsrenovierung von den Mietern durchgeführt werden musste. Aber selbst in diesem Fall waren die üblichen Fristen für Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses bereits mehrfach abgelaufen.

Gegen die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen spricht auch nicht § 12 Nr. 1 des Mietvertrages, wonach die Rückgabe der Wohnung in einem besenreinen Zustand zu erfolgen hat. Die Verpflichtung zur „besenreinen“ Rückgabe besagt nichts über die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen und den dekorativen Zustand der Wohnung, sondern beschränkt sich auf die Beseitigung grober Verschmutzungen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 – VIII ZR 124/05 –, juris) und besagt lediglich, dass die Wohnung bei Rückgabe ein gewisses Maß an Sauberkeit aufzuweisen hat. Ob hingegen Renovierungsarbeiten o.ä. geschuldet sind, ist nicht Gegenstand von § 12 des Mietvertrages, sondern speziell in § 3 und § 16 geregelt.

2.

Die Verpflichtung der Beklagten zur Ausführung der Schönheitsreparaturen war im Zeitpunkt der Beendigung des mehr als 57 Jahre andauernden Mietverhältnisses fällig, denn aus der Sicht eines objektiven Beobachters hat ein erheblicher Renovierungsbedarf bestanden. Der Dekorationszustand der Wohnung war bei Rückgabe der Wohnung in allen Räumen heruntergekommen und bedurfte dringend einer Überholung. Ferner sind die Beklagten ihrer Rückbauverpflichtung nicht nachgekommen. Gemäß § 546 Abs.1 BGB ist eine Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben. Dazu gehört auch, dass mietereigene Einbauten entfernt werden, sofern mit dem Vermieter nichts anderes vereinbart ist. Auch hieran haben die Beklagten sich nicht gehalten. Die mieterseits in Bad und Küche eingebrachten Fliesen sind nicht vollständig entfernt. Durch das teilweise Entfernen entstandene Putzschäden sind nicht beseitigt worden.

Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz ist nicht ausgeschlossen, denn die Klägerin hat den Zustand der Wohnung bei Rückgabe nicht als mängelfrei akzeptiert. Bei dem Schriftstück vom 20. September 2012 handelt es sich nicht um Abnahmeprotokoll, das die Ansprüche des Vermieters ausschließt. Bestätigt ein Vermieter in einem Abnahmeprotokoll, dass er die Mietsache im mangelfreien Zustand übernommen hat, ist darin ein negatives Schuldanerkenntnis mit der Wirkung zu sehen, dass weitergehende Ansprüche für den Vermieter nicht bestehen. Ein derartiges Anerkenntnis ist aber von der schlichten Bestätigung der Rückgabe der Mietsache abzugrenzen. Aus dem Schriftstück vom 20. September 2012 ergeben sich nur die Anzahl der zurückgegebenen Schlüssel sowie die Zählerstände, weitergehende Ausführungen zum Zustand der Wohnung sind hingegen nicht darin vorhanden und aus dem vorangegangenen Schriftverkehr der Parteien aus August 2012 ergibt sich, dass die Klägerin mit dem Zustand der Wohnung keinesfalls einverstanden war und die Behebung von Mängeln forderte. Die von den Beklagten geschilderten, möglicherweise stattgefundenen Gespräche führen zu keiner anderen Beurteilung. Unerheblich ist, dass die Klägerin den oberen Teil des Schriftstücks entfernt hat. Denn die Beklagten behaupten selbst nicht, dass die Klägerin darin vor Ort am 20. September 2012 den Zustand der Wohnung als einwand- und mängelfrei akzeptiert hat. Vielmehr ist der Zustand der Wohnung gerade nicht zum Gegenstand des Protokolls geworden, denn die Beklagten tragen selbst vor, die Klägerin habe in dem Termin am 20. September 2013 den oberen Teil des vorbereiteten Protokolls erst durchgestrichen und danach entfernt. Diese Handlungsweise zeigt deutlich, dass die Klägerin bei dem Termin mit dem Zustand der Wohnung von vornherein gerade nicht einverstanden war.

3.

Schönheitsreparaturen waren bei Rückgabe der Wohnung an die Klägerin fällig. Die Beklagten haben den von der Klägerin beschriebenen Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt der Rückgabe nicht im Einzelnen bestritten, sondern nur geltend gemacht, dass sie jedenfalls keine Schönheitsreparaturen schuldeten, so dass er als unstreitig anzusehen ist. Der unstreitig bei Rückgabe der Wohnung vorhandene Zustand der Räume, wird von dem Sachverständigen G. N. in seinem im selbständigen Beweisverfahren 18 H 2/12 erstatteten Gutachten vom 19. März 2013 auch in vollem Umfang bestätigt. Die Beklagten können sich gegen das Gutachten nicht pauschal mit der Begründung wenden, vor Besichtigung der Wohnung habe die Klägerin Handwerker in die Wohnung geschickt und der Zustand de Wohnung habe nicht mehr dem bei Rückgabe entsprochen. Die Beklagten waren zum dem Ortstermin des Sachverständigen am 05. Februar 2013 geladen und sind auch mit ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten dort erschienen. Die Beklagten hätten folglich ganz konkret vortragen können und müssen, welche Veränderungen die Klägerin zwischenzeitlich vorgenommen haben soll. Hieran fehlt es mit Ausnahme eines Lochs und von Putzschäden an einer Flurwand und den erneuerten Fallrohren im Bad. Dass jedoch diese Arbeiten zu höheren Kosten bei Durchführung der Schönheitsreparaturen führen, haben die Beklagten nicht dargelegt. Aber auch, wenn der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen in der Wohnung plant, durch die Schönheitsreparaturen hinfällig werden würden, steht dem Vermieter ein Ersatzanspruch in Geld zu (BGHZ 92, 363 ff.; LG Berlin GE 2006, 1038 f.).

Bei Rückgabe an die Klägerin hat sich die Wohnung in einem insgesamt vollkommen verwohnten und abgenutzten Zustand befunden. Wände und Decken wiesen kein einheitliches Farbbild auf, waren vergraut, verschmutzt und teilweise beschädigt. Im Frontzimmer fehlte an jeder Wand ein Teil der Abschlussleiste. Die Tapeten waren unfachmännisch in mehreren Lagen mit erkennbaren Stößen und um Möbel herum verklebt, teilweise mit verschiedenen Mustern an einer Wand versehen und/oder nur unvollständig überstrichen. Türen, Fenster und Heizkörper wiesen Abplatzungen im vergilbten, vergrauten Lack auf. Heizungsrohre waren teilweise mit hierfür ungeeigneter Wandfarbe, teilweise in einem Raum mehrfarbig gestrichen. Die Fliesen auf den Fensterbrettern in Küche und Bad waren nicht entfernt worden. Beschädigungen durch Dübellöcher, deren Anzahl in einigen Räumen soweit über das normale Maß hinausgeht, dass es sich um eine Beschädigung der Mietsache handelt, sind nicht beseitigt worden. Die Anzahl der Dübellöcher darf entgegen der Ansicht der Beklagten nicht proportional zur Dauer des Mietverhältnisses ansteigen. In einem Bad sind Dübellöcher beispielsweise nur notwendig, um eine Leuchte, einen Handtuchhalter, einen Toilettenpapierhalter, eine Ablage, ggf. einen Duschvorhang, Spiegelschrank oder Spiegel zu montieren. Aus welchen Gründen vorliegend 59 Dübellöcher erforderlich waren, ist weder erkennbar noch von den Beklagten vorgetragen. Offenbar sind stets neue Löcher gebohrt worden, ohne aber die alten zu verschließen. Die Fliesen im Bad um das Waschbecken herum sind nicht entfernt worden, und bestanden auch hier nur aus Stückwerk, denn sie waren unterhalb des Waschbeckens um den Unterschrank herum angebracht, ohne dort die Mustertapete oder das Paneel zu entfernen. Ebenso wenig haben die Beklagten Beschädigungen des Wandputzes nach Entfernen von mieterseits angebrachten Fliesen behoben oder die Klebereste nach dem Entfernen von Fußbodenbelägen entfernt. Vielmehr weisen die Dielenfußböden regelrechte Muster von Kleberesten auf. Die Küchenwände ähneln auf den Fotos, die der Sachverständige im Rahmen seiner Gutachtenerstattung gefertigt hat, den Wänden einer Baustelle und sind nach dem Abreißen der Fliesen sanierungsbedürftig, weil sie Putzschäden aufweisen, mehrfarbig gestrichen und nur teilweise in einem waagerechten Streifen mit veralteter Mustertapete tapeziert sind.

Soweit die Beklagten geltend machen, bei dem Fußbodenbelag in der Küche handele es sich um denjenigen bei Anmietung, haben sie hierfür keinen Beweis angetreten. Eingebrachte oder vom Vormieter übernommene Fußbodenbelägen sind aber grundsätzlich bei Beendigung des Mietverhältnisses zu entfernen und Schönheitsreparaturen umfassen grundsätzlich auch das Streichen von Dielenfußböden. Letzteres ist nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu keinem Zeitpunkt des Mietverhältnisses erfolgt, denn sie machen geltend, die Fußböden befänden sich seit Mietbeginn in unverändertem Zustand. Das Dielen nach mehr als 50 Jahren eines neuen Anstrichs bedürfen, ist selbstverständlich, denn die Farbe tritt sich mit den Jahren ab. Selbstverständlich sind auch Klebereste oder Rückstände von eingebrachten Fußbodenbelägen sauber zu entfernen. Den Beklagten ist auch nicht zu folgen, wenn sie meinen, es entspräche einem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, wenn Tapeten und Wandanstriche um vorhandene Möbel herum erneuert wird und das auf diese Weise entstehende Flickwerk vom Vermieter hinzunehmen ist. Die Anzahl der Dübellöcher in der Küche geht wie im Bad weit über das normale Maß hinaus, selbst wenn eine Einbauküche mit Oberschränken eingebaut gewesen sein sollte. Auch hier spricht deren hohe Anzahl dafür, dass regelmäßig neue Dübellöcher dazu gekommen, während alte nicht verschlossen worden sind. Für ihre Behauptung, der Windschutz am Balkon sei seit Mietbeginn vorhanden, haben die Beklagten keinen Beweis angetreten.

Der Klägerin steht wegen der nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen und der Beschädigungen der Mietsache ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 9.307,23 € zu. Von dem vom Sachverständigen N. ermittelten Kosten hat die Klägerin einen Betrag von 2.097,22 € für die aufgrund von Elektroarbeiten anfallenden Arbeiten an den Wänden abgezogen. Ferner ist ein Betrag von 140,00 € netto für den Austausch der Badewanne in Abzug zu bringen, denn die Badewanne hatte angesichts der Mietdauer keinen Wert mehr oder war aufgrund ihres Alters ohnehin erneuerungsbedürftig. Es verbleibt mithin ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 9.307,23 €.

4.

Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Zwar unterliegt der Schadensersatzanspruch der Klägerin der 6-monatigen Verjährungsfrist des § 548 BGB und die Rückgabe der Wohnung erfolgte am 20. September 2012. Der Lauf der Verjährungsfrist ist jedoch durch den am 10. Dezember 2012 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gehemmt worden, § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB. Gemäß § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung 6 Monate nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens. Dies war hier erst mit Zustellung des Ergänzungsgutachtens am 30. August 2013 und Ablauf der den Parteien gesetzten Frist zur Stellungnahme der Fall. Entgegen der Ansicht der Beklagten enthält das Ergänzungsgutachten nicht nur Wiederholungen, sondern eine Berichtigung der Kostenaufstellung und Neuberechnung. Da die Klage am 22. November 2013 bei Gericht eingegangen ist, ist der Anspruch nicht verjährt.

5.

Zinsen sind aus §§ 286, 288 BGB in Verbindung mit dem Schreiben der Klägerin vom 22. Oktober 2013.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wobei auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von den Beklagten zu tragen sind. Die Zuvielforderung von 140,00 € ist geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.

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