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Schönheitsreparaturen vom Standard abweichende Verpflichtung

LG Berlin – Az.: 65 S 292/20 – Urteil vom 06.07.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagten 822,93 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a, 540 Abs. 2, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist teilweise begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

1. Zutreffend hat das Amtsgericht einen weitergehenden Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 2 BGB iVm § 4 Ziff. 6 des Mietvertrages vom 13. Februar 2006 verneint.

Eine schuldhafte Verletzung vertraglicher (Neben-)Pflichten liegt nicht vor.

Der Pflichtenkreis der Beklagten und ein etwaiges Verschulden der Beklagten wird hier – bezüglich der im Streit stehenden Türrahmen und Tür(en) – durch die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorformulierte Mietvertragsklausel zur Übertragung der Ausführung der Schönheitsreparaturen bestimmt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat (unter anderem) diesen Teil der sie nach dem Gesetz treffenden Instandhaltungspflicht, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, auf die Beklagten als Mieterinnen übertragen.

Die formularvertragliche Regelung formuliert als Verpflichtung des Mieters (unter anderem) „das Streichen der Innentüren.“

Die vom Amtsgericht festgestellte Unklarheit des Wortlautes der mietvertraglichen Formularklausel und die von ihm zugrunde gelegten möglichen Auslegungsergebnisse sind nicht zu beanstanden. Das von der Klägerin gewünschte Ergebnis einer Verpflichtung der Beklagten, die nach dem Vortrag der Klägerin unter Hinweis auf das Übergabeprotokoll bei Übergabe der Wohnung im Jahre 2006 an sie abgeschliffenen Türrahmen und Türen zu ölen, lässt sich schon mit dem Wortlaut der Klausel nicht in Übereinstimmung bringen. Sie selbst differenziert zwischen Ölen und Streichen; ein Ölen sieht die Klausel nicht vor.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 3.12.2014 – VIII ZR 224/13; Urt. v. 18. Juli 2012 – VIII ZR 337/11; v. 9. April 2014 – VIII ZR 404/12; jew. mwN).

Dies zugrunde gelegt, haben die Beklagten zu Recht geltend gemacht, dass Altbautüren üblicherweise mit einem weißen Farbanstrich versehen werden und sie die übernommene Schönheitsreparaturverpflichtung mangels abweichender Vorgaben dahin verstehen durften, dass die Rahmen und Türen – wie allgemein üblich – weiß zu streichen sind. Eine vom üblichen Standard abweichende Verpflichtung der Beklagten hätte die Rechtsvorgängerin der Klägerin klar zum Ausdruck bringen müssen, § 305c BGB; die Klägerin muss gemäß § 566 BGB die mietvertragliche Klausel für und gegen sich wirken lassen.

Soweit die Klägerin in ihrer Stellungnahme zum Hinweis der Kammer geltend macht, dass allgemeine Schönheitsreparaturklauseln notwendigerweise abstrakt formuliert sind, so rechtfertigt das vor dem Hintergrund der Maßstäbe in den §§ 305ff. BGB keine abweichende rechtliche Beurteilung. Wenn die Verwenderin vom Üblichen (und dem Gesetz) abweichende Verpflichtungen des Mieters als Verbraucher, § 13 BGB, (vor-)formulieren möchte, muss sie dafür Sorge tragen, dass diese sich aus dem (Formular-)Vertrag klar ergeben. Aus § 305c BGB ergibt sich eindeutig, dass jede Unklarheit zu Lasten des Verwenders der Klausel geht.

Schönheitsreparaturen vom Standard abweichende Verpflichtung
(Symbolfoto: Robert Kneschke /Shutterstock.com)

Ebenfalls ohne Erfolg macht sie geltend, dass ein Farbanstrich auf einer geölten Tür nicht fachgerecht ausgeführt werden könne. Dass der von den Beklagten aufgebrachte Farbanstrich nicht fachgerecht sei, hat sie erstinstanzlich nicht behauptet. Soweit sie meint, dass die Beklagten hätten erkennen müssen, dass das Aufbringen eines Farbanstrichs auf einer geölten Tür nicht fachgerecht ist, lässt sie bereits im Ansatz unberücksichtigt, dass sie selbst (nur) die Übergabe in „abgeschliffenem“ Zustand vorgetragen hat, was in Übereinstimmung zum Vortrag der Beklagten steht, die eine Übergabe abgebeizter Türrahmen und Tür(en) vorgetragen haben.

Die Beklagten mussten ohne abweichende Anweisungen der Vermieterin nicht erkennen, dass auf abgebeizten Türen/Rahmen kein Farbanstrich aufgebracht werden darf bzw. dies nicht fachgerecht ist.

Die formularvertragliche Vorgabe „fachgerecht“ bezieht sich – auch dem Wortlaut der Klausel nach – auf die Qualität der Ausführung der Schönheitsreparaturen. Geschuldet ist eine Ausführung in mittlerer Art und Güte, § 243 BGB; die Hinzuziehung eines Fachhandwerkerbetriebs – sei es zur Ausführung oder zur vorherigen Begutachtung – ist gerade nicht geschuldet. Eine Klausel, die dies verlangte, wäre unwirksam (BGH, Urt. v. 09.06.2010 – VIII ZR 294/09).

Soweit die Klägerin meint, es sei irrelevant, ob der Mieter weiß, dass er mit der Art der gutgläubig vorgenommenen Ausführung der Schönheitsreparaturen tatsächlich eine Beschädigung der Mietsache vornimmt, so trifft das schon deshalb nicht zu, weil die Klägerin hier einen Schadenersatzanspruch geltend macht, der ein Verschulden voraussetzt, §§ 280 Abs. 1 Satz 2, 276 BGB.

Den Beklagten ist vor dem Hintergrund der Formulierung ihrer Verpflichtung zur dekorativen Instandhaltung der Mietsache im Übrigen nicht einmal Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Sie haben nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, § 276 Abs. 2 BGB, als sie vor dem Hintergrund der von der Rechtsvorgängerin formulierten Verpflichtung, die Innentüren zu streichen, davon ausgingen, dass diese mit einem Farbanstrich zu versehen sind bzw. versehen werden können. Sofern die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Beklagten verpflichten wollte, die bei Übergabe abgebeizten bzw. abgeschliffenen Tür-/Rahmen zu ölen, lag es an ihr, eben diese nicht mittlerer Art und Güte und in den betroffenen Verkehrskreisen übliche Qualität zu konkretisieren, was nicht geschehen ist.

Will der Vermieter/Verwender eine Abweichung vom Üblichen, so ist er gehalten, dies dem Mieter zumindest mitzuteilen. Ohne einen solchen Hinweis darf der Mieter von der allgemein üblichen ästhetischen Erwartungshaltung potenzieller Mieterkreise ausgehen. Akzeptiert werden – wie auch vermieterseits regelmäßig zu Recht geltend gemacht wird – helle, zurückhaltende Anstriche; abgebeizte, geölte Zimmertüren und Zargen werden nicht erwartet.

2. Aus den Feststellungen unter 1. folgt, dass das Amtsgericht die Klägerin auf die Widerklage zu Recht zur Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von 822,93 Euro verurteilt hat und die diesbezügliche Beanstandung der Klägerin nicht greift.

3. Zu Recht wendet die Klägerin sich gegen ihre Verurteilung zur Freistellung der Beklagten von den Rechtsverfolgungskosten für die außergerichtliche Verteidigung gegen den von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzanspruch.

Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1, 2, 257 BGB liegen nicht vor.

Unter den hier gegebenen Umständen ergibt sich nicht, dass die Rechtsverfolgungskosten aus Sicht der Beklagten zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urt. v. 10.01.2006 – VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065; MüKoBGB/Oetker, 7. Aufl., 2016, BGB 249 Rn. 180, mwN).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; der von den Beklagten verfolgte Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten wirkt sich auf den Streitwert, folglich auch auf die Kosten nicht aus. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

5. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

 

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