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Schriftformerfordernis bei Unterzeichnung von Mietverträgen per E-Mail-Sendungen

LG Marburg – Az.: 5 S 98/18 – Beschluss vom 25.03.2019

Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, ihre Berufung durch Beschluss gemäß § 522 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nicht vorliegen und die Entscheidung eine mündliche Verhandlung nicht erfordert.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Räumung einer 5-Zimmer-Wohung in Sch..

Die Beklagten sind Mieter aufgrund des mit dem Vater und Rechtsvorgänger der Kläger geschlossenen Mietvertrages (Bl. 4 ff. d. A.). Das verwendete Formular enthält in § 2 folgende Regelung:

„Das Mietverhältnis beginnt am 01.08.2011, es läuft auf unbestimmte Zeit.

Die Vertragspartner streben ein längerfristiges Mietverhältnis an. Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Vermieters (Kündigung wegen Eigenbedarf, als Einliegerwohnung, Teilkündigung und Verwertungskündigung § 573, 573 a, 573 b) ist daher ausgeschlossen…“

Der Vater der Kläger, kündigte wegen Eigenbedarfs des Klägers zu 1. anwaltlich mit Schreiben vom 27.10.2017. (Bl. 12 d. A.)

Mit notariellem Vertrag vom 11.01.2018 schenkte er das Haus den Klägern, die am 22.01.2018 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurden.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die mietvertragliche Klausel zum Ausschluss der Eigenbedarfskündigung sei unwirksam, der Formularmietvertrag sei von den Beklagten gestellt worden. Die Beklagten hätten auf diese Vereinbarung gedrängt, der Vater habe sonst ein anderes Mietvertragsformular verwendet.

Eigenbedarf bestehe, weil der Sohn D. einen eigenen Hausstand gründen und perspektivisch mit seiner Lebensgefährtin I. zusammen leben wolle, er sei 26 Jahre alt und bewohne derzeit im Elternhaus einen Raum im Untergeschoss mit nur 25 m2.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Wohnung im Hause in Marburg, bestehend aus 5 Zimmern, 1 Küche, Fluren und Treppe, 1 Bad/WC, 1 Abstellraum, Garten mit Gartenhaus und 2 PKW-Stellplätzen unter dem Carport zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Eigenbedarfskündigung sei unzulässig. Unter Berufung auf den mit Schriftsatz vom 25.07.2018 (Bl. 55ff. d. A.) vorgelegten Email-Verkehr haben sie behauptet, der Vater der Kläger habe die Vertragsurkunde selbst ausgewählt und gestellt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird gemäß § 522 ZPO auf Bl. 97-101 der Akten verwiesen.

Gegen dieses am 02.10.2018 zugestellte Urteil haben die Kläger am 24.10.2018 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.01.2019 am 21.12.2018 begründet.

Mit Schreiben vom 25.09.2018 kündigten die Kläger eine energetische Modernisierung an (Bl. 163ff. d. A.). Mit Schreiben vom 17.10.2018 erklärten die Kläger einen „Widerruf der Nutzung des Gartenhauses“ durch die Beklagten (Bl. 162 d. A.). Mit Schreiben vom 23.10.2018 mahnten die Kläger die Beklagten wegen einer angeblich unerlaubten Nutzung des Gartenhauses ab (Bl. 161 d. A.).

Schriftformerfordernis bei Unterzeichnung von Mietverträgen per E-Mail-Sendungen
(Symbolfoto: sergey causelove/Shutterstock.com)

Mit der Berufungsbegründung haben die Kläger eine weitere Kündigung erklärt, die sie auf den Eigenbedarf des Klägers zu 1. stützen (Bl. 145 d. A.). Ferner erklärten die Kläger eine Abmahnung sowie eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Diese Kündigung stützen Sie auf Schreiben des Beklagtenvertreters vom 12.10.2018 und 25.10.2018 (Bl. 156ff., 159ff. d. A.), bei denen es sich um Reaktionen auf vorangegangene Schreiben der Kläger handelte. Die Kläger stützen ihr Räumungsbegehren hilfsweise auf die nachgeschobenen Kündigungen.

Die Kläger vertreten die Auffassung, der Kündigungsausschluss sei wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformgebot unwirksam. Es sei keine Vertragsurkunde mit den Unterschriften beider Vertragsparteien hergestellt worden.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 28.09.2018 zum Az. 9 C 350/18 (82) aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Wohnung im Hause in Marburg, bestehend aus 5 Zimmern, 1 Küche, Fluren und Treppe, 1 Bad/WC, 1 Abstellraum, Garten mit Gartenhaus und 2 PKW-Stellplätzen unter dem Carport zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten halten eine Berufung auf den etwaigen Schriftformverstoß für treuwidrig.

Selbst wenn die Nutzung des Gartenhauses ursprünglich nicht ausdrücklich vereinbart worden sei, so sei jedenfalls in der Hinnahme der Nutzung eine konkludente Vertragsänderung zu erblicken.

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

1. Soweit die Kläger ihren Berufungsantrag auf den erstinstanzlich vorgetragenen Lebenssachverhalt stützen, dürfte dies erfolglos bleiben.

Das Amtsgericht hat einen Räumungsanspruch auf der Grundlage der Kündigung vom 27.10.2017 zutreffend verneint. Der Kündigung steht der unter § 2 S. 3 des Mietvertrages vereinbarte Ausschluss des Rechtes zur Kündigung wegen Eigenbedarf entgegen.

Zutreffend und von der Berufung im Übrigen nicht angegriffen ist die Auffassung des Amtsgerichts, dass von einer Einbeziehung dieser vorformulierten Klausel durch den Rechtsvorgänger der Kläger auszugehen ist, was den Ausschluss einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB begründet.

Erfolglos bleibt der Berufungsangriff, soweit auf eine Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses wegen eines Verstoßes gegen §§ 550 Abs. 1.S. 1,126 BGB abgestellt wird.

Im Ausgangspunkt zutreffend gehen die Beklagten davon aus, dass ein Ausschluss des Kündigungsrechtes wegen Eigenbedarfes der Schriftform gemäß § 550 S. 1 BGB bedarf (vgl. BGH Urteil vom 04.04.2007 – VIII ZR 223/06, NJW 2007, 1742, 1743).

Diesem Formgebot entspricht die vertragliche Vereinbarung der Parteien, wie das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags entsprach die vertragliche Vereinbarung den Anforderungen von § 126 Abs. 2 S. 2 BGB. Danach genügt es, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede Partei die für die jeweils andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Der Zugang dieser Urkunden ist für das Schriftformerfordernis der §§ 550, 126 Abs. 2 S. 2 BGB ebenso ohne Belang wie die Frage, wo die Urkunden sich befinden (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.2004 – XII ZR 68/02, NJW 2004, 2962, 2963 ; BGH, Urteil vom 07.03.2018 – XII ZR 129/16, NJW 2018, 1540, 1542) oder ob sie im Zeitpunkt der gerichtlichen Prüfung der Formgemäßheit des Mietvertrags noch existieren (vgl. BGH, Urteil vom 07.5.2008 – XII ZR 69/06, NJW 2008, 2178, 2179; BGH, Urteil vom 07.03.2018 – XII ZR 129/16, NJW 2018, 1540, 1542).

der Kläger die Vertragsurkunde unterzeichnete und an die Beklagten übersandte (E-Mail vom 16.05.2011, Bl. 217 d. A.). Diese fertigten eine inhaltlich gleichlautende Urkunde durch Ausdruck der per E-Mail übersandten Mietvertrags-Urkunde und unterzeichneten diese, wie sich aus der von den Klägern vorgelegten Farbkopie (Bl. 148ff. d. A.) ergibt.

Eine Formnichtigkeit gemäß § 125 BGB ist nicht eingetreten, so dass es auf die von den Beklagten diskutierte Frage, ob die Berufung auf einen Formverstoß treuwidrig ist, nicht ankommt.

2. Soweit die Kläger ihr Räumungsbegehren auf weitere, mit der Berufungsbegründung vorgetragene Beendigungstatbestände stützen, steht dies einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. In der Sache handelt es sich um eine Erweiterung des Streitgegenstandes im Sinne von § 263 ZPO. Dieser erst im Berufungsrechtszug angefallene Streitgegenstand, der von § 522 ZPO nicht erfasst wird, bleibt bei der Prüfung der Erfolgsaussichten unberücksichtigt und erfordert eine eigene Entscheidung nicht, da er entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO wirkungslos bleibt (vgl. BGH Beschluss vom 06.11.2014 – IX ZR 204/13, NJW 2015, 250; BGH Urteil vom 24.10.2013, III ZR 403/12, NJW 2014, 151; Hessler, in Zöller ZPO 31. Aufl. 2016 § 522 Rz. 37 m. w. N.).

3. Zur Vermeidung einer Zurückweisung der Berufung durch einen Beschluss, dessen Begründung sich in der Bezugnahme auf diesen Hinweisbeschluss erschöpfen könnte, wird empfohlen, eine Rücknahme des Rechtsmittels zu erwägen. Eventuellem neuem Vortrag setzt die Zivilprozessordnung enge Grenzen. Eine Rücknahme der Berufung hätte eine erhebliche Reduzierung der Gerichtskosten zur Folge, da die Verfahrensgebühren für das Berufungsverfahren im Allgemeinen von vier auf zwei Gerichtsgebühren halbiert würden.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.04.2019.

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