LG Lübeck – Az.: 7 T 178/21 – Beschluss vom 04.05.2021
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 30.03.2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts Ahrensburg vom 22.03.2021 insoweit abgeändert, als eine Sicherheitsleistung von EUR 627,- für die Miete bzw. Sicherheitsleistung für den Monat Januar 2021 angeordnet worden ist. Auch insoweit wird der Antrag des Klägers vom 15.02.2021 zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde, die sich ausweislich des Schriftsatzes des Beklagten vom 31.03.2021 lediglich auf die Anfechtung der Anordnung der Sicherung der Miete bzw. Nutzungsentschädigung für Januar 2021 beschränkt, ist begründet.
1.)
Die Voraussetzungen für eine Sicherungsanordnung hinsichtlich der Miete bzw. Nutzungsentschädigung für Januar 2021 nach § 283a Abs. 1 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Nach der Regelung ordnet das Prozessgericht auf Antrag des Klägers unter den weiteren Voraussetzungen von Nr. 1 und Nr. 2 an, dass der Beklagte wegen der Geldforderungen, die nach Rechtshängigkeit der Klage fällig geworden sind, Sicherheit zu leisten hat, wenn eine Räumungsklage mit einer Zahlungsklage aus demselben Rechtsverhältnis verbunden wird. Es dürfen danach durch eine Anordnung nach § 283 a Abs. 1 S. 1 ZPO nur Geldforderungen gesichert werden, die selbst Streitgegenstand der Zahlungsklage sind und die nach Eintritt der Rechtshängigkeit bis zum Erlass der Sicherungsanordnung fällig geworden sind.
Hierbei kommt es nicht isoliert auf die Rechtshängigkeit der Räumungs- oder der Zahlungsklage an, sondern auf den Zeitpunkt, ab dem beide Klagen „verbunden“, mithin gemeinsam rechtshängig sind. Denn die Formulierung „Rechtshängigkeit der Klage“ in § 283a Abs. 1 S. 1 ZPO nimmt Bezug auf die vorherige Formulierung im Gesetzestext „eine Räumungsklage mit der Zahlungsklage … verbunden“. Die Rechtshängigkeit muss sich also auf die verbundenen, mithin beide Klagen, die in dieser Verbundenheit zu einer Klage werden, beziehen. Wird eine der Klagen erst später erhoben, können nur diejenigen Geldforderungen gesichert werden, die nach Rechtshängigkeit der zuletzt erhobenen Klage fällig geworden sind (so etwa: Streyl in: Schmidt-Futterer, 14. Aufl. (2019), § 283a ZPO, Rn. 14; Greger in: Zöller, 33. Aufl. (2020), 283a ZPO, Rn. 3; Prütting in: MüKo, 6. Aufl. (2020), § 283a ZPO, Rn. 4; OLG Celle NJW 2013, 3316; LG Saarbrücken BeckRS 2015, 16957; a.A.: Foerste in: Musielak/Voit, 18. Aufl. (2021), § 283a ZPO, Rn. 4; vgl. auch Bacher in: BeckOK ZPO, 40. Edition (Stand: 01.03.2021), § 283a ZPO, Rn. 16: Rechtshängigkeit der Räumungsklage allein entscheidend). Auch wenn letztere Ansicht einen höheren Vermieterschutz bedeuten würde, besteht für einen besonderen Vermieterschutz kein Bedürfnis. Denn der Vermieter hat es selbst in der Hand, sogleich mit der Räumungsklage auch Klage auf zukünftig fällig werdende Zahlungen zu erheben.
Daran gemessen, gilt folgendes: Die Rechtshängigkeit der ursprünglich allein als Räumungsklage erhobenen Klage vom 28.10.2020 ist am 14.11.2020 eingetreten. Der Zahlungsklageantrag hinsichtlich der Miete bzw. Nutzungsentschädigung für Januar 2021 vom 17.01.2021 (EUR 627,-) ist am 19.01.2021 rechtshängig geworden. Als zu sichernde Forderungen kann die Miete bzw. Nutzungsentschädigung für Januar 2021 nicht mehr in Betracht kommen, weil sie vor Rechtshängigkeit der Klageerweiterung am 19.01.2021 bereits fällig gewesen ist, nämlich am 3. Werktag des laufenden Monats Januar 2021 (vgl. zur Fälligkeit einer Nutzungsentschädigung BGH NJW 1974, 556).
2.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
3.)
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO analog). Nach der Regelung in § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO findet gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, die Revision nicht statt. Hierzu ist anerkannt, dass die Regelung in § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO auch dann – entsprechend – anzuwenden ist, wenn im Arrest- bzw. einstweiligen Verfügungsverfahren nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden worden ist (vgl. nur BGH NJW 2003, 1531). Denn der provisorische Charakter des Eilverfahrens ändert sich nicht dadurch, dass das Gericht nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entscheidet. Allein die äußere Form der Entscheidung – Urteil oder Beschluss – kann nicht den Ausschlag geben, ob die Möglichkeit einer Überprüfung durch den BGH eröffnet ist.
Entsprechendes gilt auch für das Verfahren über die Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO zu gelten (a.A. Bacher in: BeckOK ZPO, 40. Edition (01.03.2021), § 283a ZPO, Rn. 58; vgl. auch zur Rechtsbeschwerde im Berufungsverfahren Prütting in: MüKo, 6. Aufl. (2020), § 283a ZPO, Rn. 15; Foerste in: Musielak/Voit, 18. Aufl. (2021), § 283a ZPO, Rn. 13; Streyl in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. (2019), § 283a ZPO, Rn. 66). Denn die Sicherungsanordnung ist der Sache nach eine Sicherungsverfügung (§§ 935 ff. ZPO) (vgl. Streyl in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. (2019), § 283a ZPO, Rn. 6; Prütting in: MüKo, 6. Aufl. (2020), § 283a ZPO, Rn. 1). Hierfür sprechen der vorläufige Charakter und der Regelungszusammenhang mit § 940 a Abs. 3 ZPO (Streyl in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. (2019), § 283a ZPO, Rn. 6). Zwar sind die Anforderungen einer hohen Aussicht auf Erfolg in § 283a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO gegenüber einem Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren insoweit deutlich erhöht. Jedoch wird wie bei der Entscheidung über den Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung eine Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits angestellt (Bacher in: BeckOK ZPO, 40. Edition (01.03.2021), § 283a ZPO, Rn. 19).