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Sittenwidrige Mieterschädigung – Aufspaltung der Miete in SGB II-Leistungen und Zusatzentgelt

LG Kiel, Az.: 1 S 93/10, Beschluss vom 12.08.2010

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung vom 1. April 2010 nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Gründe

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Nach § 529 ZPO sind dabei die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Die Voraussetzungen des § 513 ZPO sind hier nicht erfüllt.

Die Berufung greift die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, dass eine Nichtigkeit des Vertrages weder aus § 134 BGB noch aus § 138 BGB folge, nicht mehr an. Sie ist offensichtlich auch zutreffend.

Sittenwidrige Mieterschädigung - Aufspaltung der Miete in SGB II-Leistungen und Zusatzentgelt
Foto: AndreyPopov/Bigstock

Entgegen der Auffassung des Beklagten liegen auch die Voraussetzungen des § 826 BGB nicht vor. Auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Amtsgerichts wird verwiesen.

Es fehlt schon an einer Schadenszufügung. Zwar kann ein Schaden auch darin liegen, dass der Geschädigte veranlasst wird, eine Verbindlichkeit einzugehen. Diese muss für ihn aber nachteilig sein, er muss mit einer ungewollten Verpflichtung belastet werden ( BGH NJW 2004, 2664, 2666 ). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Beklagte wollte diese Wohnung anmieten und zwar genau zu dem Preis, der sich unter Berücksichtigung der Zusatzvereinbarung ergibt. Dieser Mietzins war unstreitig auch ortsüblich und angemessen, der Beklagte hat für ihn hat also die adäquate Gegenleistung erhalten.

Eine Sittenwidrigkeit ist nicht erkennbar. Erforderlich ist eine Handlung, die nach Inhalt und Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Sie darf mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar sein ( OLG Hamm VersR 2006, 376). Die Verfolgung eigener Interessen ist grundsätzlich legitim. Nur bei einer besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens des Schädigers kommt, wenn die übrigen – hier nicht vorliegenden – Voraussetzungen des § 826 BGB zu bejahen sind, ein Schadensersatzanspruch in Betracht.

Eine Verwerflichkeit kann nicht in der Aufteilung in zwei Verträge gesehen werden. Es steht schon nicht fest, dass die Zusatzvereinbarung auf Initiative des Klägers bzw seiner Bevollmächtigten getroffen wurde. Diese Frage war in 1. Instanz streitig. Der Kläger ist beweispflichtig für die die Sittenwidrigkeit und den Schädigungsvorsatz begründenden Umstände ( Palandt/Sprau § 826 Rz. 18 ).

Selbst wenn die Vertragsgestaltung durch die Klägerseite veranlasst wurde, kann nicht von einem für den Beklagten nachteiligen Geschäft und einem verwerflichen Handeln des Klägers ausgegangen werden. Denn selbst unter Berücksichtigung des Mietzinses aus der Zusatzvereinbarung ergab sich noch immer eine angemessene Gegenleistung für die Nutzung der Wohnung. Der Kläger hat also keine Leistung verlangt, die im krassen Missverhältnis zur Gegenleistung stand. Zudem führte der Abschluss der Zusatzvereinbarung nicht etwa dazu, dass der Beklagte seinen Anspruch auf Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung verlor. Davon geht auch der Berufungsführer nicht mehr aus.

Es war nicht Sache des Vermieters, sich darum zu kümmern, wie der Beklagte den Mietzins aus der Zusatzvereinbarung aufbringen und ob er überhaupt in der Lage sein würde, den über die Leistung des Jobcenters hinausgehenden Betrag zu zahlen. Insofern ist unerheblich, ob der Kläger davon ausging, dass der Beklagte die xxx EUR aus der Sozialhilfe bestreiten musste.

Der Beklagte ist bewusst und in Kenntnis der Höhe der Leistungen des Jobcenters die Verbindlichkeit eingegangen. Er ist offensichtlich davon ausgegangen, dass er diese erfüllen konnte. Das gilt aber auch für den Kläger, denn sonst hätte er sich für einen anderen Mieter entschieden.

Er hat weder eine Notlage des Beklagten ausgenutzt noch durch einen zu Lasten des Beklagten gehenden „Trick“ versucht, sich unlautere Vorteile zu verschaffen und einen Mietzins zu erzielen, den er ohne diese Vertragsgestaltung nicht hätte realisieren können.

Der Berufungsführer erhält Gelegenheit, hierzu binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

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