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Sozial adäquate Wohnungsnutzung zur Ruhe- bzw. Nachtzeit – Duschen oder Toilettengang

Nächtliche Ruhestörung wurde einer Hamburgerin zum Verhängnis: Was als alltägliches Duschen begann, endete nun mit einer Räumungsklage. Die Frage, wie viel Lärm zumutbar ist, spaltete ein Mehrfamilienhaus und führte zu einem ungewöhnlichen Urteil.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Hamburg
  • Datum: 11.02.2025
  • Aktenzeichen: 21 C 344/24
  • Verfahrensart: Räumungsklage infolge verhaltensbedingter Kündigung
  • Rechtsbereiche: Mietrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Wohnungsbaugenossenschaft (Klägerin): Fordert die Herausgabe und Räumung der Wohnung, da sie den bestehenden Dauernutzungsvertrag aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens beenden will.
    • Bewohnerin der Wohnung: 79-jährige Mieterin, die seit dem 07.01.2020 unter Betreuung steht und im Rahmen des Dauernutzungsvertrags seit 2005 die Wohnung bewohnt.
    • Erwachsener Sohn der Bewohnerin: Lebt ebenfalls in der Wohnung und ist als Mitbewohner in den Räumungsstreit involviert.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die Wohnungsbaugenossenschaft begehrt die Räumung und Herausgabe der von der älteren Bewohnerin und ihrem Sohn bewohnten Wohnung, nachdem diese aufgrund verhaltensbedingter Gründe gekündigt wurde. Zwischen den Parteien besteht seit 2005 ein Dauernutzungsvertrag über die Wohnung.
    • Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Durchsetzung des Räumungsanspruchs und die Verpflichtung zur Herausgabe der Wohnung infolge der verhaltensbedingten Kündigung.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Beklagten wurden Gesamtschuldnerisch verurteilt, der Wohnungsbaugenossenschaft die Wohnung einschließlich der Nebengelassen (Kellerraum und Gerätebox) herauszugeben. Es wurde eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2025 gesetzt, und die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits. Zudem ist das Urteil vorläufig vollstreckbar; es besteht die Möglichkeit, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen abzuwenden.
    • Folgen: Die Entscheidung verpflichtet die betroffenen Parteien, die Wohnung bis zum festgelegten Termin zu räumen und die Prozesskosten zu tragen. Die Vorläufige Vollstreckbarkeit ermöglicht eine rasche Umsetzung des Räumungsanspruchs, wobei die Möglichkeit besteht, die Vollstreckung durch Vornahme entsprechender Sicherheitsleistungen zu verhindern.

Der Fall vor Gericht


Räumungsklage wegen Ruhestörung: Hamburger Gericht fällt Urteil zur Wohnungsnutzung zur Nachtzeit

Mittelalte Frau duscht im modernen Badezimmer nachts; Dampf und Licht schaffen intime Atmosphäre.
Räumungsklage wegen Ruhestörung in Mietwohnung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Amtsgericht Hamburg hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 21 C 344/24) entschieden, dass anhaltende, erhebliche Ruhestörungen durch Mieter eine Räumungsklage rechtfertigen können, selbst wenn es sich um alltägliche Verrichtungen wie Duschen oder Toilettengänge handelt. Das Gericht gab damit der Klage einer Wohnungsbaugenossenschaft statt und verurteilte eine 79-jährige Mieterin und ihren Sohn zur Räumung ihrer Wohnung in Hamburg.

Kern des Streits: Lärmbelästigung zur Ruhezeit im Mehrfamilienhaus

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die von der Mieterseite verursachten Geräusche in den Ruhezeiten – insbesondere nachts – ein vertragswidriges Verhalten darstellen, das eine Kündigung des Mietvertrages und somit eine Räumung der Wohnung rechtfertigt. Die klagende Wohnungsbaugenossenschaft argumentierte, dass sich andere Mieter des Hauses wiederholt über Lärmbelästigungen durch die Beklagten beschwert hätten.

Chronologie der Eskalation: Von Beschwerden zu Abmahnungen und schließlich zur Räumungsklage

Die Situation eskalierte über einen längeren Zeitraum. Bereits seit 2022 gab es Beschwerden über das Wohnverhalten der Mieter, insbesondere in den Nachtstunden. Die Wohnungsbaugenossenschaft reagierte zunächst mit Hinweisschreiben und Aufforderungen zur Einhaltung der Ruhezeiten. Als diese Maßnahmen keine Wirkung zeigten und die Lärmbelästigungen anhielten, folgten im Zeitraum von April bis August 2023 mehrere Abmahnungen. Diese Abmahnungen dokumentierten detailliert die Art und den Umfang der Lärmstörungen.

Detaillierte Lärmprotokolle als Beweismittel vor Gericht

Die Abmahnungen basierten auf Lärmprotokollen von anderen Mietern, die detailliert Datum, Uhrzeit und Art der Störungen dokumentierten. Diese Protokolle listeten eine Vielzahl von störenden Verhaltensweisen auf, die sich regelmäßig in den Abend- und Nachtstunden ereigneten. Dazu gehörten unter anderem:

  • Betätigung von Haushaltsgeräten: Waschmaschine laufen lassen, Staubsaugen
  • Sanitäre Einrichtungen: Baden, Duschen, Toilettengänge
  • Lärmintensive Aktivitäten: Möbelrücken, Fenster- und Türenschlagen
  • Streitigkeiten und verbale Auseinandersetzungen: Lautes Streiten, Pöbeln
  • Sonstige Geräusche: Klopfgeräusche, lautes Unterhalten

Gericht sieht erhebliche und wiederholte Ruhestörungen als erwiesen an

Das Amtsgericht Hamburg befand die Vorwürfe der Klägerin als begründet. Es wertete die vorgelegten Lärmprotokolle und die erfolglosen Abmahnungen als ausreichenden Beweis für anhaltende und erhebliche Ruhestörungen durch die Beklagten. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagten trotz mehrfacher Aufforderungen und Abmahnungen ihr störendes Verhalten nicht eingestellt hatten.

Sozialadäquate Wohnungsnutzung überschritten: Keine Rechtfertigung für Nachtlärm

Das Gericht betonte, dass eine sozialadäquate Wohnungsnutzung auch die Einhaltung der Ruhezeiten umfasst. Zwar gehöre das Duschen und der Toilettengang zum normalen Wohngebrauch, jedoch müsse dies im Rahmen des Zumutbaren für die Mitbewohner erfolgen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht die Grenze der sozialadäquaten Nutzung überschritten, da die Lärmbelästigungen wiederholt und über einen langen Zeitraum auftraten und das Zusammenleben in der Hausgemeinschaft erheblich beeinträchtigten.

Räumungsurteil trotz fortgeschrittenen Alters der Hauptbeklagten

Bemerkenswert ist, dass das Gericht die Räumungsklage auch angesichts des hohen Alters der Hauptbeklagten (79 Jahre) und ihrer Betreuungssituation nicht abwies. Die Beklagte stand seit 2020 unter Betreuung. Das Gericht räumte jedoch ein, dass die Hartnäckigkeit der Ruhestörungen und die erfolglosen Abmahnungen die Räumung rechtfertigten. Es bewilligte den Beklagten jedoch eine Räumungsfrist bis zum 31. Mai 2025, um ihnen Zeit für die Wohnungssuche zu geben.

Finanzielle Konsequenzen: Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits

Neben der Räumung der Wohnung wurden die Beklagten auch zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Zudem ist das Urteil vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Klägerin die Räumung auch vor Ablauf der Räumungsfrist durchsetzen könnte, sofern sie entsprechende Sicherheiten leistet. Die Beklagten haben jedoch die Möglichkeit, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Der Streitwert wurde auf 8.609,40 € festgesetzt.

Bedeutung des Urteils für Betroffene: Konsequenzen von Ruhestörungen und Pflicht zur Rücksichtnahme

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung von Ruhezeiten in Mietverhältnissen und die Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber Mitbewohnern. Es zeigt, dass anhaltende Ruhestörungen, auch wenn sie durch alltägliche Verrichtungen verursacht werden, ernsthafte Konsequenzen bis hin zur Räumung der Wohnung haben können.

Für Mieter bedeutet dies, dass sie sich bewusst sein müssen, dass ihr Wohnverhalten Auswirkungen auf ihre Nachbarn hat und dass übermäßiger Lärm, insbesondere zu Ruhezeiten, nicht toleriert wird. Es ist ratsam, bei Beschwerden von Nachbarn oder Vermietern umgehend zu reagieren und das eigene Verhalten zu ändern, um eine Eskalation und letztendlich eine Räumungsklage zu vermeiden.

Für Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften stärkt das Urteil die Handlungsfähigkeit bei Ruhestörungen. Es bestätigt, dass sie nicht tatenlos zusehen müssen, wenn Mieter durch Lärm das Zusammenleben in der Hausgemeinschaft stören. Das Urteil zeigt, dass konsequente Abmahnungen und die Dokumentation der Ruhestörungen durch Lärmprotokolle im Falle einer Räumungsklage vor Gericht Erfolg haben können. Es ist jedoch wichtig, stets verhältnismäßig vorzugehen und die Umstände des Einzelfalls, wie beispielsweise das Alter oder die gesundheitliche Situation der Mieter, zu berücksichtigen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass wiederholte nächtliche Ruhestörungen (wie Lärm durch Waschen, Duschen und Streiten nach 22 Uhr) trotz mehrfacher Abmahnungen zur rechtmäßigen Kündigung eines Mietverhältnisses führen können, selbst bei älteren Mietern mit Betreuung. Das Gericht gewährte zwar eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2025, bestätigte jedoch grundsätzlich das Recht des Vermieters, bei fortgesetzten Störungen des Hausfriedens das Mietverhältnis zu beenden. Bei nächtlichen Aktivitäten müssen Mieter besondere Rücksicht auf Nachbarn nehmen, um eine Kündigung zu vermeiden.

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Ruhestörung im Mietverhältnis: Rechtliche Klarheit schaffen

Konflikte in Mietverhältnissen können schnell eskalieren, wenn wiederholt gegen die einzuhaltenden Ruhezeiten verstoßen wird. Besonders in Fällen, in denen das alltägliche Wohnverhalten zu anhaltenden Beeinträchtigungen der Mitbewohner führt, ergeben sich komplexe rechtliche Fragestellungen. Es gilt, die Situation sorgfältig zu analysieren und die Interessen aller Parteien angemessen zu berücksichtigen.

Wir unterstützen Sie dabei, eine präzise Bewertung Ihrer rechtlichen Lage vorzunehmen. Unsere kompetente Beratung hilft Ihnen, Ihre Rechte zu wahren und angemessen auf bestehende Konflikte zu reagieren. Vertrauen Sie auf unsere Erfahrung, um Ihre Situation zielgerichtet zu klären und weitere Eskalationen zu vermeiden.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

 

Wann ist eine Ruhestörung so erheblich, dass sie eine Kündigung rechtfertigt?

Eine Ruhestörung rechtfertigt eine Kündigung, wenn sie nachhaltig den Hausfrieden stört und für andere Hausbewohner nicht mehr zumutbar ist. Nicht jede Lärmbelästigung berechtigt sofort zur Kündigung, sondern es kommt auf verschiedene Faktoren an.

Rechtliche Grundlagen

Die Möglichkeit zur Kündigung wegen Ruhestörung ergibt sich aus den §§ 543 und 569 BGB. Besonders relevant ist § 569 Abs. 2 BGB, der die außerordentliche Kündigung bei nachhaltiger Störung des Hausfriedens regelt. Dabei müssen Mieter grundsätzlich Rücksicht auf ihre Mitbewohner nehmen, wie es auch § 241 Abs. 2 BGB vorsieht.

Kriterien für die Erheblichkeit einer Ruhestörung

Die Erheblichkeit einer Ruhestörung wird anhand mehrerer Faktoren beurteilt:

  • Häufigkeit und Wiederholung: Einmalige Vorfälle reichen in der Regel nicht aus. Die Störungen müssen wiederholt auftreten.
  • Intensität und Dauer: Die Lautstärke und zeitliche Ausdehnung spielen eine entscheidende Rolle. Besonders nächtlicher Lärm wiegt schwerer.
  • Art der Geräusche: Ob es sich um laute Musik, Geschrei, Türenschlagen, Möbelrücken oder andere Lärmquellen handelt.
  • Zeitpunkt: Störungen während der Nachtruhe werden strenger bewertet als tagsüber.
  • Sozialadäquanz: Bestimmte Geräusche, wie normaler Kinderlärm, sind in gewissem Umfang hinzunehmen.

Wenn Sie in Ihrer Wohnung regelmäßig durch übermäßigen Lärm gestört werden, der deutlich über die normale Zimmerlautstärke hinausgeht, könnte dies eine erhebliche Ruhestörung darstellen.

Voraussetzungen für eine Kündigung

Bevor eine Kündigung wegen Ruhestörung ausgesprochen werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Abmahnung: Der Vermieter muss den störenden Mieter zunächst abmahnen und ihm die Möglichkeit zur Verhaltensänderung geben. Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist in der Regel unwirksam.
  2. Dokumentation: Der Vermieter steht in der Beweispflicht und muss die Ruhestörungen genau dokumentieren. Ein ausführliches Lärmprotokoll, das Zeitpunkt, Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit der Störungen festhält, kann als Beweis dienen.
  3. Unzumutbarkeit: Die Störungen müssen ein Maß erreichen, das für andere Hausbewohner nicht mehr zumutbar ist. Gerichte nehmen hier eine Interessenabwägung vor.
  4. Fortsetzung trotz Abmahnung: Der Mieter muss sein störendes Verhalten auch nach der Abmahnung fortsetzen.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Gerichte haben in verschiedenen Fällen Kündigungen wegen Ruhestörung für rechtmäßig erklärt:

  • In einem Fall in Münster wurde eine Familie mit sechs Kindern zur Räumung verurteilt, nachdem es wiederholt zu nächtlichen Lärmbelästigungen durch laute Musik, Geschrei und Möbelrücken kam und mehrere Abmahnungen sowie polizeiliche Interventionen keine Verhaltensänderung bewirkten.
  • In einem anderen Fall reichte ein detailliertes, über einen längeren Zeitraum erstelltes Lärmprotokoll als Beweis für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung aus.

Wenn Sie als Vermieter eine Kündigung wegen Ruhestörung in Betracht ziehen, sollten Sie die Störungen sorgfältig dokumentieren und zunächst das Gespräch mit dem Mieter suchen, bevor Sie eine Abmahnung aussprechen.

Folgen für den Mieter

Bei anhaltenden Ruhestörungen drohen dem störenden Mieter:

  • Abmahnung durch den Vermieter
  • Fristlose Kündigung bei fortgesetztem Verhalten
  • Räumungsklage, wenn der Mieter trotz Kündigung nicht auszieht
  • Mögliche Räumungsfrist durch das Gericht, um eine neue Wohnung zu finden

Für andere Mieter, die unter Ruhestörungen leiden, besteht die Möglichkeit einer Mietminderung, wenn der Vermieter nicht gegen die Störungen vorgeht.


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Welche Beweismittel sind bei einer Räumungsklage wegen Ruhestörung entscheidend?

Bei einer Räumungsklage wegen Ruhestörung sind Lärmprotokolle das wichtigste Beweismittel. Ein ordnungsgemäßes Lärmprotokoll dokumentiert die Störungen nach Datum, Uhrzeit, Dauer, Intensität und Art des Lärms. Für die Beweiskraft ist entscheidend, dass das Protokoll über einen längeren Zeitraum geführt wird und die Einträge zeitnah nach den Vorfällen erfolgen.

Anforderungen an ein wirksames Lärmprotokoll

Ein gerichtlich verwertbares Lärmprotokoll muss folgende Elemente enthalten:

  • Detaillierte Dokumentation jeder Lärmbelästigung mit präzisen Angaben zu Datum, Uhrzeit und Dauer
  • Beschreibung der Art des Lärms (z.B. laute Musik, Möbelrücken, Schreien)
  • Angabe der Intensität der Störung (falls möglich mit Messgerät)
  • Zeugenunterschriften, die die Richtigkeit der Einträge bestätigen

Wichtig ist: Ein Lärmprotokoll ohne Zeugen hat deutlich weniger Beweiskraft vor Gericht. Wenn Sie von Ruhestörungen betroffen sind, sollten Sie daher stets versuchen, andere Personen als Zeugen hinzuzuziehen.

Zeugenaussagen als entscheidendes Beweismittel

Neben dem Lärmprotokoll sind glaubwürdige Zeugenaussagen von großer Bedeutung. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Gerichte anhand der Aussagen von Zeugen die Richtigkeit eines Lärmprotokolls überprüfen und daraus auf die Zuverlässigkeit des gesamten Protokolls schließen können.

Bei der Bewertung von Zeugenaussagen achten Gerichte besonders auf:

  • Glaubwürdigkeit des Zeugen (keine erkennbaren Belastungstendenzen)
  • Nachvollziehbarkeit und Detailreichtum der Schilderungen
  • Konsistenz der Aussagen verschiedener Zeugen

Beachten Sie dabei: Aussagen von Familienangehörigen oder Lebenspartnern werden vor Gericht oft mit geringerem Gewicht bewertet als die unabhängiger Zeugen.

Abmahnungen als formelle Voraussetzung

Für eine erfolgreiche Räumungsklage sind vorherige Abmahnungen unerlässlich. Sie dienen als Nachweis, dass der Vermieter den Mieter auf sein störendes Verhalten hingewiesen und Gelegenheit zur Besserung gegeben hat. Eine wirksame Abmahnung sollte:

  • Schriftlich erfolgen (mündliche Abmahnungen sind schwer nachweisbar)
  • Den konkreten Grund der Abmahnung präzise benennen
  • Einen Bezug zum Mietvertrag oder zur Hausordnung herstellen
  • Die rechtlichen Konsequenzen bei Fortsetzung des störenden Verhaltens aufzeigen

Wichtig ist, dass die Abmahnung zeitnah nach dem letzten dokumentierten Vorfall erfolgt. Werden Ruhestörungen über längere Zeit toleriert, kann sich der Mieter darauf berufen, dass sein Verhalten in der Vergangenheit kein Problem darstellte.

Verteidigungsmöglichkeiten für Mieter

Als Mieter haben Sie verschiedene Möglichkeiten, sich gegen Vorwürfe der Ruhestörung zu verteidigen:

  • Bestreiten der Vorwürfe und Hinweis auf die Hellhörigkeit des Gebäudes
  • Argument des sozialadäquaten Lärms, besonders bei Kinderlärm oder anderen unvermeidbaren Geräuschen
  • Eigene Dokumentation zum Nachweis, dass die behaupteten Störungen nicht stattgefunden haben
  • Gegenzeugen, die bestätigen können, dass zum angegebenen Zeitpunkt keine übermäßigen Geräusche verursacht wurden

Der Bundesgerichtshof hat allerdings klargestellt, dass Vermieter bei der Kündigung wegen Lärmbelästigung nicht im Detail die Ursache des Lärms benennen müssen. Ein ausführliches Lärmprotokoll mit Angaben zu Zeitpunkt, Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit der Störungen reicht als Beweis aus.


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Was sind die Folgen einer Räumungsklage und welche Kosten können entstehen?

Eine Räumungsklage hat weitreichende Konsequenzen und kann erhebliche Kosten verursachen. Wenn Sie als Mieter wegen Ruhestörungen verklagt werden, droht Ihnen der Verlust Ihrer Wohnung.

Rechtliche Folgen einer Räumungsklage

Bei wiederholten nächtlichen Lärmbelästigungen durch Feiern und Streitereien kann der Vermieter nach erfolglosen Abmahnungen eine fristlose Kündigung aussprechen. Wenn Sie als Mieter nicht freiwillig ausziehen, kann der Vermieter eine Räumungsklage einreichen. Im Erfolgsfall ergeht ein Räumungsurteil, das Sie zum Auszug verpflichtet.

Selbst wenn Sie die Wohnung verlieren, haben Sie die Möglichkeit, eine Räumungsfrist zu beantragen. Diese soll Obdachlosigkeit verhindern und Ihnen Zeit geben, eine neue Wohnung zu finden. Bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs wird in der Regel eine Räumungsfrist von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils gewährt.

Wichtig: Der Vermieter darf die Wohnung nicht eigenmächtig räumen oder die Schlösser austauschen lassen.

Finanzielle Belastungen durch eine Räumungsklage

Die Kosten einer Räumungsklage können erheblich sein und setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen:

Gerichtskosten: Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert, der sich aus der 12-fachen monatlichen Nettokaltmiete (Jahreskaltmiete) ergibt. Der Vermieter muss als Kläger einen dreifachen Gerichtsgebührenvorschuss bezahlen.

Anwaltskosten: Obwohl keine Anwaltspflicht besteht, ist anwaltlicher Rat aufgrund der Komplexität des Verfahrens oft sinnvoll. Die Anwaltskosten richten sich ebenfalls nach dem Streitwert. Bei einer Kaltmiete von 400 Euro liegen die Anwaltskosten im Bereich von 1.200 bis 2.000 Euro.

Gesamtkosten: Bei einer monatlichen Kaltmiete von 900 Euro (Streitwert 10.800 Euro) können die Gesamtkosten für eine Räumungsklage zwischen 1.500 und 2.000 Euro liegen. Eine detaillierte Kostenübersicht finden Sie in folgender Tabelle:

Bei einer Nettokaltmiete von 800 Euro betragen die Gerichtskosten etwa 798 Euro und die Anwaltskosten circa 1.850,45 Euro.

Kostenverteilung: Grundsätzlich trägt die unterliegende Partei alle Kosten des Verfahrens. Wenn Sie den Prozess verlieren, müssen Sie sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten beider Parteien tragen. Allerdings muss der Vermieter zunächst in Vorleistung treten.

Möglichkeiten der Unterstützung

In finanziellen Notlagen können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe beantragen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass das Jobcenter oder Sozialamt Mietschulden übernimmt, um Wohnungslosigkeit zu verhindern. Dies gilt auch, wenn bereits eine Räumungsklage eingereicht wurde. Die Mietschulden müssen dann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage ausgeglichen werden.

Zeitlicher Ablauf

Eine Räumungsklage kann ein langwieriges Verfahren sein. Zwischen der Einreichung der Klage und der tatsächlichen Zwangsräumung liegen üblicherweise drei Monate, sofern keine Verzögerungen auftreten. Häufig dauert das gesamte Verfahren jedoch drei bis sechs Monate. In komplexen Fällen kann sich der Prozess sogar bis zu zwei Jahre hinziehen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Räumungsklage

Eine Räumungsklage ist ein gerichtliches Verfahren, mit dem ein Vermieter die Herausgabe einer Wohnung durch den Mieter erzwingen kann. Sie setzt in der Regel eine wirksame Kündigung des Mietverhältnisses voraus und wird beim zuständigen Amtsgericht eingereicht. Grundlage für die Räumungsklage ist § 546 BGB, der den Mieter zur Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet. Bei Erfolg ergeht ein Räumungsurteil, das den Mieter zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet.

Beispiel: Im vorliegenden Fall klagte eine Wohnungsbaugenossenschaft auf Räumung, nachdem sie das Mietverhältnis wegen wiederholter nächtlicher Ruhestörungen verhaltensbedingt gekündigt hatte.


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Verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Form der außerordentlichen Kündigung, die aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Mieters ausgesprochen wird. Sie ist in § 543 BGB geregelt und setzt einen wichtigen Grund voraus, der das Fortsetzen des Mietverhältnisses unzumutbar macht. Bei weniger schwerwiegenden, aber wiederholten Verstößen ist gemäß § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung möglich. In der Regel muss der Mieter vorher abgemahnt werden, damit er sein Verhalten ändern kann.

Beispiel: Die Klägerin kündigte den Mietvertrag, weil die Beklagte und ihr Sohn trotz mehrfacher Abmahnungen weiterhin den Hausfrieden durch nächtliche Ruhestörungen störten.


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Dauernutzungsvertrag

Ein Dauernutzungsvertrag ist eine besondere Vertragsform zwischen einer Wohnungsbaugenossenschaft und ihren Mitgliedern. Er unterscheidet sich rechtlich vom klassischen Mietvertrag, wird jedoch mietrechtlich weitgehend gleichbehandelt (§§ 549 ff. BGB). Das Besondere ist, dass der Nutzer gleichzeitig Genossenschaftsmitglied ist und Anteile an der Genossenschaft hält. Die Kündigung eines Dauernutzungsvertrags folgt im Wesentlichen den gleichen Regeln wie bei normalen Mietverhältnissen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall bestand seit 2005 ein Dauernutzungsvertrag zwischen der Wohnungsbaugenossenschaft und der 79-jährigen Beklagten, der aufgrund der wiederholten Ruhestörungen gekündigt wurde.


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Gesamtschuldnerisch

Gesamtschuldnerisch bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für eine Verpflichtung haften und der Gläubiger von jedem Schuldner die gesamte Leistung verlangen kann. Diese Haftungsform ist in §§ 421 ff. BGB geregelt. Sobald ein Schuldner die Leistung vollständig erbringt, werden alle anderen Schuldner von ihrer Verpflichtung befreit. Der leistende Schuldner kann jedoch intern von den anderen Schuldnern einen angemessenen Ausgleich verlangen.

Beispiel: Das Gericht verurteilte die 79-jährige Mieterin und ihren Sohn „gesamtschuldnerisch“, was bedeutet, dass beide gemeinsam für die Räumung verantwortlich sind und die Vermieterin von jedem der beiden die vollständige Herausgabe der Wohnung verlangen kann.


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Räumungsfrist

Die Räumungsfrist ist ein vom Gericht festgelegter Zeitraum, der dem Mieter nach einem Räumungsurteil zusätzlich gewährt wird, um die Wohnung zu räumen. Sie basiert auf § 721 ZPO und berücksichtigt die persönlichen Umstände des Mieters, wie Alter, Gesundheitszustand oder die Verfügbarkeit von Ersatzwohnraum. Die Frist dient dem sozialen Schutz des Mieters und soll eine unzumutbare Härte verhindern. Sie kann auf Antrag verlängert werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall setzte das Gericht eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2025, um den Beklagten ausreichend Zeit zu geben, eine neue Wohnung zu finden.


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Vorläufige Vollstreckbarkeit

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bezeichnet die Möglichkeit, ein Urteil bereits vor seiner Rechtskraft zu vollstrecken. Sie ist in §§ 708 ff. ZPO geregelt und soll dem obsiegenden Kläger ermöglichen, seine Ansprüche zeitnah durchzusetzen. Bei Räumungsurteilen bedeutet dies, dass der Vermieter die Wohnung räumen lassen kann, selbst wenn der Mieter Rechtsmittel eingelegt hat. Der Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung (meist Geldhinterlegung) abwenden.

Beispiel: Das Gericht erklärte das Räumungsurteil für vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Wohnungsbaugenossenschaft die Räumung erzwingen kann, sobald die Räumungsfrist abgelaufen ist, auch wenn gegen das Urteil noch Berufung eingelegt wurde.


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Nebengelass

Nebengelass bezeichnet Räumlichkeiten, die zur Mietwohnung gehören, aber außerhalb der eigentlichen Wohnung liegen. Dazu zählen typischerweise Keller, Dachböden, Garagen oder ähnliche Räume. Diese Nebenräume sind Bestandteil des Mietvertrags und müssen bei Beendigung des Mietverhältnisses ebenfalls geräumt und zurückgegeben werden (§ 546 BGB). Die Pflicht zur Herausgabe umfasst somit nicht nur die Wohnung selbst, sondern auch alle mitgemieteten Nebenräume.

Beispiel: Im vorliegenden Fall wurden die Beklagten verurteilt, neben der Wohnung auch die Nebengelasse, konkret den Kellerraum und die Gerätebox, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die fristlose Kündigung eines Mietvertrags aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin, die Wohnungsbaugenossenschaft, hat hier eine fristlose Kündigung ausgesprochen, weil sie das Verhalten der Beklagten als so störend ansieht, dass sie die Fortsetzung des Mietvertrages nicht länger hinnehmen muss.
  • § 569 Abs. 2 BGB (Störung des Hausfriedens): Dieser Paragraph präzisiert, dass eine fristlose Kündigung insbesondere dann gerechtfertigt sein kann, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört. Dies umfasst Verhaltensweisen, die das Zusammenleben im Haus unzumutbar machen, wie beispielsweise wiederholte und erhebliche Lärmbelästigungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat hier die wiederholten Lärmbelästigungen durch die Beklagten, wie sie in den Abmahnungen aufgeführt sind (Staubsaugen, laute Musik, etc. zu Nachtzeiten), als eine solche Störung des Hausfriedens gewertet, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
  • § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB (Pflichten des Mieters): Dieser Paragraph bestimmt, dass der Mieter verpflichtet ist, die Mietsache (Wohnung) vertragsgemäß zu gebrauchen. Zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört es auch, die Rechte anderer Hausbewohner zu respektieren und vermeidbare Störungen zu unterlassen, insbesondere die Ruhezeiten einzuhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagten haben durch ihr lärmendes Verhalten wiederholt gegen ihre Pflicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung verstoßen, was die Klägerin als Vermieterin zum Handeln veranlasst hat.
  • § 721 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) (Räumungsfrist): Dieses Gesetz erlaubt dem Gericht, dem Mieter eine Räumungsfrist zu gewähren, wenn er zur Räumung der Wohnung verurteilt wird. Die Räumungsfrist soll dem Mieter ermöglichen, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug zu organisieren, um eine plötzliche Obdachlosigkeit zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2025 eingeräumt. Dies bedeutet, dass sie nicht sofort ausziehen müssen, sondern noch Zeit haben, um sich um eine neue Bleibe zu kümmern, bevor die Räumung vollstreckt wird.

Das vorliegende Urteil


AG Hamburg – Az.: 21 C 344/24 – Urteil vom 11.02.2025 –


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