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Stellplatz Mietwohnung – mitvermietet

AG Ibbenbüren – Az.: 30 C 330/20 – Urteil vom 27.05.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin den Besitz an dem, zu dem Gebäudekomplex T-Straße … in B, zugehörigen Parkplatz mit der Bezeichnung „Wohnung Nr. 5“, unverzüglich wiedereinzuräumen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt es nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin aus Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 330,00 Euro bzw. im Übrigen in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 330,00 Euro bzw. im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird aus bis zu 1.500,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Wiedereinräumung des Besitzes an einem Stellplatz im Rahmen eines Mietverhältnisses. Die Beklagte verlangt mit der Widerklage die Zahlung eines Kostenvorschusses für Renovierungskosten der streitgegenständlichen Mietwohnung.

Die Parteien verbindet ein Mietverhältnis. Dieses bestand zunächst zwischen Herrn M und der Klägerin als Mieter sowie Herrn S als Vermieter. Herr M ist in der Zwischenzeit verstorben. In dem Mietvertrag vom 25.09.1998 ist die Anmietung der „Wohnung Nr. 5“ in der streitgegenständlichen Immobilie vereinbart. Zudem ist auch der Kellerraum Nr. 5 mitvermietet worden. Im Übrigen ist im Mietvertrag vereinbart: „Die nachstehend aufgeführten Einrichtungen dürfen mitbenutzt werden: Waschanlage, Fahrzeugabstellplatz, Kinderspielplatz.“ Unter § 3 Nr. 4 ist im Mietvertrag weiter vereinbart: „Die Schönheitsreparaturen trägt der Mieter. Hat der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen, so hat er spätestens bei Ende des Mietverhältnisses alle bis dahin – je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung – erforderlichen Arbeiten auszuführen. Der Verpflichtete hat die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung regelmäßig und fachgerecht vornehmen zu lassen. Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere: Anstrich und Lackieren der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände.“ Im Übrigen wird auf den Mietvertrag Bezug genommen (Anlage K1, Anlage B1).

Auf dem Parkplatzgelände des Mietobjekts sind die einzelnen Stellplätze mit Nummern markiert. Die Klägerin und ihr Ehemann, Herr M, nutzen immer den streitgegenständlichen Stellplatz. Der Parkplatz wurde seither auch regelmäßig von der Tochter der Klägerin im Rahmen von Besuchen verwendet.

Zwischenzeitlich erwarb die Beklagte das Mietobjekt.

Mit Schreiben vom 14.10.2019 informierte die Beklagte die Klägerin, dass ab dem 01.12.2019 für die Stellplatznutzung eine monatliche Miete von 25,00 Euro zu zahlen sei. Sollte eine Miete nicht entrichtet werden, werde der Stellplatz anderweitig vermietet. Im Übrigen wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.

Eine solche Zahlung verweigerte die Klägerin.

Stellplatz Mietwohnung - mitvermietet
(Symbolfoto: Von Nuamfolio/Shutterstock.com)

Nach Beobachtungen der Klägerin wird der streitgegenständliche Stellplatz seit dem 01.11.2019 von Mitarbeitern einer benachbarten Zahnarztpraxis genutzt.

Mit Schreiben vom 29.11.2019 wurde die Beklagte aufgefordert die Parkplatzsituation wiederherzustellen. Insbesondere wurde einer etwaigen Teilkündigung entgegengetreten (vgl. Anlage K4). Nachdem dies per E-Mail von der Beklagten abgelehnt wurde, wurde die Beklagte nochmals mit Schreiben vom 07.02.2020 aufgefordert innerhalb von 14 Tagen den bisherigen Zustand wiederherzustellen.

Eine Schönheitsreparatur wurde von der Klägerin während der gesamten Mietzeit nicht vorgenommen.

Die Klägerin behauptet, ihr und ihrem Mann seien bei der Anmietung der Wohnung der Stellplatz zugewiesen worden. Insbesondere zahle sie für diesen auch Miete. Ferner sei die Nutzung über 21 Jahre ohne jedwede Einwände erfolgt. Das Schild „Wohnung Nr. 5“ habe zudem seit dem Beginn des Mietverhältnisses dort gestanden. Die Wohnung der Klägerin sei zudem beim Einzug nicht renoviert gewesen.

Sie ist der Ansicht, die Schönheitsreparaturklausel in dem Mietvertrag sei unwirksam.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzugeben, der Klägerin den Besitz an dem, zu dem Gebäudekomplex T-Straße … in B, zugehörigen Parkplatz mit der Bezeichnung „Wohnung Nr. 5“, unverzüglich wiedereinzuräumen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt ferner widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro als Kostenvorschuss für Renovierungskosten zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das Schild „Wohnung Nr. 5“ sei erst im Rahmen umfangreicher Umbaumaßnahmen aufgestellt worden, welche 2016/2017 vorgenommen worden seien. Zudem sei die Klägerin eine starke Raucherin, was dazu geführt habe, dass die Wände und Türen in der streitgegenständlichen Wohnung stark verschmutzt seien.

Die Beklagte ist der Ansicht, eine Mitvermietung des Stellplatzes habe gerade nicht stattgefunden. Es bestehe lediglich ein Mitbenutzungsrecht. Insbesondere liege keine konkludente Gestattung vor, da weder die Beklagte noch ihr Rechtsvorgänger Kenntnis von der konkreten Nutzung der Stellplätze gehabt habe. Der Beklagten stehe zudem ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für Schönheitsreparaturen in Höhe von 1.000,00 Euro zu.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 27.05.2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Parkplatzes mit der Bezeichnung „Wohnung Nr. 5“ auf dem Gebäudekomplex T-Straße … in B aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis.

Es kann dahinstehen, ob die Beschilderung „Wohnung Nr. 5“ bereits zum Mietbeginn an dem streitgegenständlichen Stellplatz angebracht war.

Sofern dies der Fall war, wäre durch die Bezeichnung „Wohnung Nr. 5“ auf dem Stellplatz nach dem objektiven Empfängerhorizont auch der streitgegenständliche Stellplatz mitangemietet. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der angemietete Kellerraum auch mit einem Schild „Wohnung Nr. 5“ versehen ist, welcher unstreitig mitangemietet wurde. Zudem ist bei der Auslegung der Umstände in diesem Fall zu beachten, dass kein vorgefertigtes Feld in dem verwendeten Mustermietvertrag für Stellplätze existiert. Aus diesem Grund wäre dann ersichtlich darauf verzichtet worden, den Stellplatz dort ausdrücklich mitaufzuführen, anders als dies etwa bei dem Kellerraum geschehen ist, für welchen ein solches vorgefertigtes Feld existierte. Aus den Gesamtumständen ergäbe sich in diesem Fall ein Bild, wonach alle Bestandteile, welche namentlich durch den Vermieter der „Wohnung Nr. 5“ zugewiesen wurden, mitvermietet werden sollten – also auch der Stellplatz mit der Bezeichnung „Wohnung Nr. 5″. Insbesondere führt der Umstand, dass im Mietvertrag an Fahrzeugabstellplätzen nur ein Mitbenutzungsrecht eingeräumt worden wäre, zu keiner anderen Beurteilung dieser Konstellation, denn aus dem aufgestellten Schild an dem Stellplatz ergäbe sich für den objektiven Beobachter ein Bild, wonach der streitgegenständliche Stellplatz fest mit der Mietwohnung verbunden werden und mitangemietet werden sollte. Folglich würde es sich in dieser Konstellation bei der Bezeichnung im Mietvertrag, welche von mitbenutzt“ spricht, lediglich um eine Falschbezeichnung handeln. Hier gilt dann aber der Grundsatz „Falsa demonstratia non nocet“. Die Rechte und Pflichten aus diesem Mietvertrag wären sodann auch in dieser Gestalt auf die Beklagte, als diese das Grundstück erwarb, gemäß § 566 BGB übergegangen.

Sofern das Schild auf dem Stellplatz erst später im Rahmen von Umbauarbeiten aufgestellt wurde, wäre der Stellplatz jedenfalls durch dieses Aufstellen der Schilder konkludent gemäß der §§ 145 ff. BGB an die Klägerin mitvermietet worden. Dies ergibt sich aufgrund einer Auslegung des Verhaltens der Beklagten und der Klägerin im Rahmen des objektiven Empfängerhorizonts gemäß der §§ 133, 157 BGB. In dem Aufstellen des Schildes „Wohnung Nr. 5“ wäre der streitgegenständliche Stellplatz der Wohnung der Klägerin zugeordnet und der Beklagten ein Angebot auf Ergänzung des Mietvertrags um die Anmietung dieses Stellplatzes zu den bisherigen Konditionen gemacht worden. Eine Zuordnung über Nummern ist dabei gerade typisch für die hier streitgegenständliche Immobilie, was sich etwa auch an der Nummerierung des Kellerraumes mit der Bezeichnung „Wohnung Nr. 5“ zeigt (s.o.). Zudem wurde fast zwei Jahre nicht von der Klägerin verlangt worden, eine zusätzliche Miete für den Stellplatz zu zahlen. Diese Umstände hätte die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont in dieser Konstellation nur so verstehen können, dass ihr ein Angebot über die Anmietung des Stellplatzes zu den bisherigen Mietkonditionen gemacht werde. Insbesondere würde die von der Beklagtenseite zitierte Rechtsprechung zu keiner anderen Beurteilung dieser Konstellation führen. Im Fall des LG Frankfurt (Urt. v. 08.05.2014, Az.: 2-11 S 86/14) lag eine Errichtung eines Kellerverschlags durch den Mieter selbst vor. Im Fall des LG Berlin (Urt. v. 27.07.1999, Az.: 65 S 350/98) wurde ein Namensschild durch den Mieter selbst an einem Keller angebracht. Und im Fall des AG Frankfurt (Urt. v. 21.07.2017, Az.: 33 C 767/17) wurde eine Freifläche von dem Mieter immer wieder als Parkplatz genutzt. Diese zitierten Entscheidungen wären auf diese Konstellation nicht übertragbar, weil vorliegend die Beklagte selbst das „Namensschild“ der Klägerin – um eine Parallele zu dem Urteil des LG Berlin zu ziehen – an dem streitgegenständlichen Stellplatz angebracht hätte. Es läge also gerade kein Handeln der Klägerin, sondern ein Handeln der Beklagten vor. Insbesondere wäre nach dem objektiven Empfängerhorizont gerade durch die konkrete Bezeichnung „Wohnung Nr. 5“ ein Bezug zu dem angemieteten Mietobjekt hergestellt worden. Für einen objektiven Beobachter wäre damit gerade auch eine Verbindung zu dem bisher bestehenden Mietverhältnis bezüglich der Wohnung Nr. 5 in der streitgegenständlichen Immobilie geschaffen worden. Sofern die Beklagte meint, die Stellplätze sollten gegebenenfalls auch an andere Personen vermietet werden, ergäbe sich dies in dieser Konstellation jedenfalls nicht aus dem objektiven Empfängerhorizont. Insbesondere hätte es dann nahe gelegen, dass dort dann ein Schild mit der Bezeichnung „Stellplatz Nr. 5“ oder ein Schild mit einer vergleichbaren Bezeichnung verwendet werde.

Dieses Angebot der Beklagten hätte die Klägerin auch in dieser Konstellation konkludent angenommen, indem sie den Parkplatz im Rahmen von Besuchen als Parkplatz für ihre Tochter nutzte. Insbesondere wäre gemäß § 151 BGB keine ausdrückliche Erklärung diesbezüglich gegenüber der Beklagten erforderlich. Ferner entspräche es der Verkehrssitte, dass solche Neuordnungen des Mietverhältnisses stillschweigend akzeptiert werden, wenn sie sich nicht negativ auf den Mieter auswirken, was hier der Fall wäre.

Aus dem bestehenden Mietverhältnis besteht damit – sowohl, wenn das Schild bereits zu Beginn des Mietverhältnisses dort stand, als auch, wenn das Schild erst später durch die Beklagte aufgestellt wurde – ein Recht auf Wiedereinräumung des Stellplatzes zugunsten der Klägerin.

Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Beklagten steht der geltend gemachte Kostenvorschuss für Renovierungskosten nicht zu.

Ein solches Recht steht ihr nicht aus der Schönheitsreparaturklausel zu. Die im Mietvertrag enthaltene Schönheitsreparaturklausel ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Denn die Verpflichtung die Decken zu „Weißen“ zwingt den Mieter – im Rahmen der kundenfeindlichsten Auslegung – während des Mietverhältnisses zu einer vorgegebenen Dekoration seiner Mietwohnung. Dadurch wird aber gerade die persönliche Lebensgestaltung des Mieters unzulässig eingeschränkt. Rechtsfolge ist, die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel insgesamt (vgl. BGH Urt. v. 21.09.2011, Az.: VIII ZR 47/11).

Der Beklagten steht auch aus § 242 BGB kein Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses zu. Soweit die beiden Urteile des BGH vom 08.07.2020 (Az.: VIII ZR 163/18; Az.: VIII ZR 270/18) von der Beklagten diesbezüglich angeführt werden, verfangen sie vorliegend nicht. In diesen Fällen wurde jeweils vom Mieter eine Schönheitsreparatur vom Vermieter trotz unwirksamer Schönheitsreparaturklausel verlangt. In diesen Konstellationen sah der BGH eine Beteiligung des Mieters im Einzelfall als billig und gerecht an. Vorliegend steht aber eine solche Forderung auf Renovierung durch die Klägerin nicht im Raum. Die Klägerin ist vielmehr mit der Wohnung, wie sie sich aktuell darstellt, zufrieden. Für eine Beteiligung der Klägerin an etwaigen Kosten ist daher kein Raum. Insbesondere würde eine solche Vorschusspflicht, wenn eine Renovierung von dem Mieter nicht gewünscht wird, die Schönheitsreparaturklausel faktisch durch „die Hintertür“ wieder einführen. Dies würde aber ersichtlich zu einer Aushöhlung bzw. Umgehung der AGB-Regelungen führen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert war auf bis zu 1.500,00 Euro festzusetzen.

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