Skip to content
Menü

Streit um ausstehende Miete

AG Waiblingen, Az.: 7 C 106/16, Urteil vom 10.11.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 13.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um ausstehende Miete.

Der Kläger ist seit dem 12.03.2015 Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Ö. (im Folgenden: Schuldner). Der Schuldner vermietete mit Vertrag vom 29.07.2010 ab 01.08.2010 die im ersten Obergeschoss des Anwesens B-Straße, …, gelegene 4-Zimmer-Wohnung. Im Rubrum des Vertrags sind sowohl M. E. als auch die Beklagte als Mieter aufgeführt. Der Vertrag ist auf Mieterseite allein von M. E. unterzeichnet. Die monatliche Miete betrug 1.500,- €. Eine Nebenkostenvorauszahlung wurde zunächst nicht vereinbart. Die Wohnung wurde in der Folgezeit von der Beklagten, ihrem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind bewohnt.

Bis März 2012 wurde die Miete in Höhe von 1.500,- € monatlich von einem Konto der Beklagten durch Dauerauftrag auf ein Konto des Schuldners bei der Kreissparkasse W. überwiesen. Am 30.03.2012, am 30.04.2012 und am 30.05.2012 erhielt der Schuldner wieder jeweils vom Konto der Beklagten auf sein zuvor genanntes Konto Zahlungen in Höhe von 1,729,- € unter der Betreffzeile “Anteil Kreditrate“. Die Miete für den Zeitraum Juli bis Dezember 2012 wurde nicht bezahlt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei Partei des Mietvertrags geworden und schulde daher neben ihrem Ehemann die Miete nicht nur für Juli bis Dezember 2012, sondern darüber hinaus auch für die Monate April bis Juni 2012.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.500,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für jeweils 1.500,- € ab dem jeweiligen Dritten der Monate April bis Dezember 2012 zu zahlen. Auf Hinweis des Gerichts hat er den Zinsanspruch teilweise zurückgenommen.

Er beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.500,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für jeweils 1.500,-€ ab 05.04.2012, 07.05.2012, 06.06.2012, 05.07.2012, 06.08.2012, 06.09.2012, 05.10.2012, 06.11.2012 und 06.12.2012 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, sie sei schon nicht Partei des Mietvertrags geworden. Von diesem habe sie erst im nachhinein erfahren. Die Überweisungen auf das Konto des Schuldners habe M. E. von ihrem Konto aus veranlasst, für das er Vollmacht gehabt habe. Sie habe die Auszüge nicht einsehen dürfen.

Die Miete für die Monate April bis Juni 2012 sei im Übrigen gezahlt worden. Die Überweisungen vom 30.03., 30.04. und 30.05.2012 seien auf die Miete geleistet worden und umfassten neben der Miete eine Nebenkostenvorauszahlung von 229,- €. Die Zahlung sei auf Anweisung des Schuldners direkt auf dessen Darlehenskonto erfolgt.

Zudem sei am 27.06.2012, weil der Schuldner seinen Verpflichtungen gegenüber der den Kauf des Grundstücks finanzierenden Bank nicht mehr habe nachkommen können, zwischen M. E. und dem Schuldner privatschriftlich vereinbart worden, dass der Schuldner ab Juli 2012 keine Miete mehr beanspruchen könne und im Gegenzug M. E. die Darlehensverbindlichkeiten übernehme und das Grundstück sowie das weitere Grundstück Bahnhofstr. … zum Preis von 280.000,- € kaufen dürfe.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter und auf die Sitzungsprotokolle vom 14.06.2016 (Bl. 177 ff.) und vom 06.10.2016 (Bl. 216) verwiesen.

Das Gericht hat über das Vorliegen eines Scheingeschäfts und die privatschriftliche Vereinbarung vom 27.06.2012 Beweis durch Vernehmung der Zeugen Ö (Bl. 180), K. (Bl.219), G. (BL 220) und A. Ö. (Bl. 218) erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Kläger ist für den von ihm behaupteten Vertragsschluss zwischen dem Schuldner und der Beklagten beweisfällig geblieben:

Für eine entsprechende Willenserklärung der Beklagten liefert der Mietvertrag vom 29.07.2010 (Bl. 10 ff.) keinen unmittelbaren Beweis gemäß § 416 ZPO. Denn der Mietvertrag wurde nicht von der Beklagten, sondern auf Mieterseite nur von ihrem Ehemann M. E. unterschrieben.

Der Mietvertrag vom 29.07.2010 wirkt nicht deshalb nach § 164 BGB für und gegen die Beklagte, weil M. E. den Vertrag namens der Beklagten unterzeichnet hat. Zwar kann dem Rubrum des Vertrags, das auf beide Eheleute lautet, entnommen werde, dass M. E. bei Vertragsschluss auch namens der Beklagten aufgetreten ist, d.h. auch im fremden Namen handelte. Allerdings spricht für eine solche Vollmacht hier kein Anscheinsbeweis.

Auch nach der vom Klägervertreter zitierten Rechtsprechung (Bl. 230) besteht nicht ohne Weiteres eine tatsächliche Vermutung der Vollmacht eines Ehegatten zum Abschluss eines Mietvertrags für den anderen Ehegatten. Insoweit müssen weitere Umstände hinzutreten. Ein Anschein kann etwa für eine Vollmacht sprechen, wenn bei Vertragsverhandlungen nicht nur deutlich wird, dass beide Ehegatten Mieter werden sollen, sondern insbesondere auch die Ehefrau an den Vertragsverhandlungen beteiligt worden ist (OLG Schleswig, ZMR 1993, 69 m.w.N.) oder die Vermieterin trotz fehlender Unterschrift des zweiten Ehegatten Vertragsurkunde, Mahnungen und Kündigungen auch an diesen übersandte und sich erst später auf das Fehlen der Vertretungsmacht beruft (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.05.1989, 3 W 239/89, WuM 1989, 362). Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass der nur im Rubrum genannte, aber nicht unterschreibende Ehegatte ebenfalls Vertragspartei des Mietverhältnisses wird (vgl. LG Marburg, Urteil v. 27.09.2000, 5 S 36/00; LG Mannheim, NJW-RR 1994, 274).

Im Streitfall liegen zwar Umstände vor, die in ihrer Gesamtheit einen Vertragsschluss für und gegen die Beklagte nahe legen. Den für einen Anscheinsbeweis erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit können diese Umstände aber nicht liefern:

Aus der Nennung der Beklagten im Rubrum des Vertrags kann lediglich geschlossen werden, dass mindestens eine der unterzeichnenden Parteien, d.h. entweder der Schuldner oder M. E,, zu einem unbekannten Zeitpunkt die Absicht hatte, beide Eheleute als Mieter in den Vertrag einzubeziehen, und das Rubrum entsprechend vorbereitete.

Für den Abschluss eines Mietvertrags in Vollmacht der Beklagten zwischen der Beklagten und dem Schuldner spricht nicht entscheidend, dass Miete zeitweise vom Konto der Beklagten überwiesen wurde. Denn es steht schon nicht fest, dass die Überweisungen von der Beklagten persönlich veranlasst wurden. Zwar hat die Beklagte durch ihren Bevollmächtigten zunächst mit Schriftsatz vom 03.11.2016 Vorbringen lassen, sie habe durch Dauerauftrag von ihrem Konto an den Schuldner die Überweisung von 1.500,-€ veranlasst (Bl. 28). Die Beklagte hat in den Verhandlungsterminen vom 14.06.2016 (Bl. 178) und 06.10.2016 (Bl. 218) aber dann persönlich vorgetragen, dass ihr Ehemann Kontovollmacht gehabt und die Bankgeschäfte auch mit ihrem Konto getätigt habe.

Selbst wenn – etwa aufgrund des widersprüchlichen Beklagtenvorbringens – feststünde, dass die Beklagte die Überweisungen und die Einrichtung des Dauerauftrags selbst veranlasst hätte, hätte der Schuldner aus den Überweisungen noch nicht schließen dürfen, dass die Beklagte auch Mieterin werden wolle. Denn auch Dritte sind erfüllungsberechtigt, ohne dass der Vermieter die Leistung ablehnen kann (LG Mannheim, NJW-RR 1994, 274). Da Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt bestreiten, liegt in der Zahlung vom Konto eines Ehegatten in der Regel auch nicht die Erklärung, er sehe sich persönlich verpflichtet, diese Zahlung zu erbringen.

Die Tatsache, dass die Beklagte zusammen mit ihrem Ehemann M. E. die fraglichen Räume bewohnte, hat keinen Indizwert, weil auch ein Ehemann, der alleiniger Mieter ist, seine Ehefrau in die Wohnung aufnehmen kann (vgl. LG Mannheim, NJW-RR 1994, 274).

Die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht des M. E. zur Vertretung der Beklagten liegen nicht vor. Die Tatsache, dass die Beklagte dem M. E. Kontovollmacht erteilt hat, genügt hierfür nicht. Dass M. E. regelmäßig für die Beklagte rechtsgeschäftlich aufgetreten sei und die Beklagte dies hätte wissen müssen, wurde nicht behauptet.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen haben die Überweisungen vom Konto der Beklagten und das gemeinsame Wohnen der Eheleute E. auch nicht den Erklärungsgehalt, dass die Beklagte den Vertragsschluss des M. E. für und gegen sie nachträglich genehmigt habe (§ 177 BGB) oder nachträglich durch schlüssiges Verhalten selbst einen Mietvertrag habe abschließen wollen.

In Ermangelung einer Hauptforderung war auch der Zinsanspruch abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!