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Streit zwischen Eigentümergemeinschaften keine WEG-Sache

LG Karlsruhe – Az.: 11 S 179/20 – Beschluss vom 18.05.2022

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2020, Aktenzeichen 14 C 2882/20 WEG, wird verworfen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.988,09 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2020 Bezug genommen, mit welchem der Klage in vollem Umfang stattgegeben worden war.

Mit der Klage wird ein Zahlungsanspruch aus der schuldrechtliche Vereinbarung vom 14.10.1993 geltend gemacht. Das ursprünglich einheitliche Grundstück war in drei separate Flurstücke aufgeteilt worden. Entsprechend einer dazu vereinbarten Flächenbaulast sind die real geteilten Grundstücke – wie auch die Klägerin meint – als (wirtschaftliche) Einheit zu behandeln, indem sie durch die gemeinsame Tiefgarage sowie durch gemeinsame Ver- und Entsorgungsleitungen untereinander wirtschaftlich verbunden sind, wozu auch zur rechtlichen Absicherung die Eintragung entsprechender Dienstbarkeiten noch vor Aufteilung der Grundstücke gem. § 8 WEG in Miteigentumsanteile Dienstbarkeiten vereinbart und zur Eintragung bewilligt wurden. Die durch die gemeinschaftliche Benutzung entstehenden Bewirtschaftungskosten sind zwischen den drei Wohnungseigentümergemeinschaften zu dritteln. Aus dieser schuldrechtlich geregelten Kostenverteilung der gemeinsamen Einrichtungen der drei Wohnungseigentümergemeinschaften geht die klagende WEG gegen den beklagten Eigentümer der Nachbar-WEG vor.

Im Berufungsverfahren wird durch den Beklagten beantragt,

Das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2020, AZ: 14 C 2882/20 WEG wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II.

Die Berufung ist nicht zulässig, da sie beim falschen Gericht eingelegt wurde, worauf mehrfach hingewiesen worden war.

1. Die Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe als Konzentrationsrechtsmittelgericht in Wohnungseigentumssachen gem. § 72 Abs. 2 GVG ist nicht gegeben. Zuständig ist vielmehr das Landgericht Mannheim als allgemeines Berufungsgericht für die Entscheidungen des Amtsgerichts Mannheim.

Der Streit mit Nachbar-WEG’s oder deren Miteigentümer um gemeinsame Einrichtungen bzw. diesbezügliche Verträge gehört nicht vor die WEG-Gerichte. Denn Streitigkeiten verschiedener Wohnungseigentümergemeinschaften untereinander werden nicht nach den Vorschriften des WEG behandelt und fallen deshalb nicht unter § 43 WEG. Es kommen vielmehr die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung, denn zwischen den Parteien des Rechtsstreits liegt kein wohnungseigentumsrechtliches Gemeinschaftsverhältnis vor, dieses gibt es nur innerhalb der jeweiligen WEG (s. Reichel-Scherer/Kallenborn in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 43 WEG (Stand: 08.12.2020), Rn. 5; vgl. auch zum Streit mit einer anderen Wohnungseigentümergemeinschaft um die Benutzung eines gemeinsamen Treppenhauses: OLG Hamm ZMR 2006, 879; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 43 Rn. 56).

WEG-/ grundstücksübergreifende Untergemeinschaften oder eine WEG-Zuständigkeit kraft Sachnähe oder gar nach Treu und Glauben gibt es – anders als die Beklagtenseite wohl meint – nicht.

Mit der im konkreten Fall stattgehabten Teilung erfolgte die rechtliche Verselbstständigung eines realen Grundstücksteils: Aus einem Grundstück wurden zwei oder mehrere Grundstücke gebildet. Die Teilung ist rechtliche Veränderung. Sie ist – anders als die Vereinigung bzw. die Bestandteilszuschreibung (vgl. § 890 BGB, §§ 5, 6 GBO) – weder im BGB noch in der GBO geregelt. Die Voraussetzungen für eine Grundstücksteilung werden lediglich in § 19 Abs. 1 BauGB angesprochen. Danach kann der Eigentümer sein Grundstück teilen, indem er dem Grundbuchamt gegenüber („oder sonst wie erkennbar“) erklärt, dass ein Grundstücksteil grundbuchmäßig abgeschrieben und als selbstständiges Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken oder mit Teilen anderer Grundstücke eingetragen werden soll (BeckOK GBO/Kral, 45. Ed. 1.3.2022, GBO § 7 Rn. 1).

Selbst wenn die Teilung (i.S.d. § 19 Abs. 1 BauGB) des ursprünglich einheitlichen Grundstücks und die Schaffung von Wohnungseigentum auf den drei neuen Grundstücken in ein und derselben Notarurkunde geregelt worden sein sollten und selbst wenn die jeweiligen Teilungserklärungen (i.S.d. § 8 WEG) gänzlich oder weitgehend identisch gestaltet sein sollten, ändert dies doch nichts daran, dass sich die Wohnungseigentümergemeinschaft territorial niemals über das eigene Grundstück hinaus erstrecken kann (allenfalls Rechte an benachbarten Grundstücken innehaben kann), sondern durch die Grundstücksgrenze im Wortsinne „definiert“ wird.

Es ist zwar nicht notwendig, dass das in Wohnungseigentum aufzuteilende Grundstück lediglich aus einem Flurstück besteht. Vielmehr besteht insbesondere nach vorheriger Vereinigung (§ 890 Abs. 1 BGB i.V.m. § 5 GBO) oder Zuschreibung (§ 890 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 GBO) von Grundstücken das aufzuteilende Grundstück aus mindestens zwei Flurstücken. In Fällen, in denen eine Vereinigung/Zuschreibung der Grundstücke rechtlich nicht möglich ist oder – wie sich hier an der Teilung zeigt – gerade nicht gewollt ist, kann die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum nur in der Weise erfolgen, das für jedes einzelne Grundstück eine gesonderte Teilungserklärung errichtet wird und mehrere Wohnungseigentümergemeinschaften gebildet werden (vgl. MüKoBGB/Krafka, 8. Aufl. 2021, WEG § 1 Rn. 21, 22).

2. Die beantragte Verweisung analog § 281 ZPO kommt nicht in Betracht (vgl. Hogenschurz, NJW 2015, 1990).

Bezeichnet ein Amtsgericht, wie im vorliegenden Fall, versehentlich eine der allgemeinen Rechtsmittelregelung unterfallende Sache als „Wohnungseigentumssache“ und legt der Berufungsführer dann fälschlich Berufung beim konzentrierten Berufungsgericht nach § 72 Abs. 2 GVG ein, so hilft dem Rechtsmittelführer der amtsgerichtliche Fehler beim erstangegangenen Berufungsgericht nicht weiter. Die Berufung beim konzentrierten Berufungsgericht bleibt unzulässig.

Vielmehr wird dem möglicherweise unverschuldeten Rechtsirrtum dadurch Rechnung getragen, dass die mit der Berufungseinlegung bei dem unzuständigen Berufungsgericht entstandene Fristversäumnis durch erneute Berufungseinlegung bei dem zuständigen Gericht verbunden mit einem Antrag gemäß § 233 ZPO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behoben werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2017 – V ZB 18/16, NJVV 2017, 3002 Rn. 11 ff.; Beschluss vom 28. September 2017 – V ZB 109/16, NJW 2018, 164 Rn. 11 ff.). Auch in der beklagtenseits zitierten Entscheidung des BGH (Beschluss vom 22. Oktober 2020 – V ZB 45/20 -) wurde die Verweisung analog § 281 ZPO abgelehnt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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