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Stromversorgungsvertrag – Haftung zweier Mieter für Stromverbrauch

AG Lübeck – Az.: 25 C 3856/10 – Urteil vom 21.06.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Entgeltforderung der Klägerin für die Versorgung der Beklagten mit Strom in der Zeit vom 01.04.06 bis 17.09.08.

Die Klägerin versorgte die Verbrauchsstelle Breite Straße … in Lübeck mit Strom.

Die Beklagte zu 1 nutzte die Räumlichkeiten im III. Obergeschoss der Immobilie Breite Straße …in Lübeck – dieses jedenfalls bis zum 17.09.2008. Die Beklagte zu 2 nutzte die Räumlichkeiten im II. Obergeschoss.

Die Beklagten meldeten sich jeweils als Kunden bei der Klägerin für die Stromversorgung der von ihnen genutzten Räumlichkeiten bei der Klägerin an. In den Anmeldungen wurden von beiden Beklagten jeweils ihnen von der Vermieterin mitgeteilte Zählernummern angegeben. Die Beklagte zu 2 meldete sich dabei am 16.1.2006 an und erhielt eine Bestätigung der Klägerin unter bestimmter Vertragsnummer, die eine andere war als die, unter der die Beklagte zu 1 eine Bestätigung ihrer Anmeldung unbekannten Datums erhielt.

In der Zeit zwischen dem 25.01.2006 und dem 30.07.2010 erhielt die Beklagte zu 2) mehrere Schreiben der … GmbH, in denen jeweils andere Vertragskontonummern und Zählernummern enthalten waren, unter anderem am 15.02.2006 eine Abrechnung zur Vertragskontonummer der Vertragsbestätigung mit Zählernummer 375878, am 27.07.2006 mit anderer Vertragsnummer und am 3.8.2006 mit Vertragsnummer wie am 27.07.2006 und Zählernummer 375517, letzteres als Jahresrechnung und am 16.02.2007 eine solche zu Zählernummer 375878 ebenfalls für die Zeit ab 8.2.2006 und nochmals anderer Vertragskontonummer. Am 3.4.2008 erfolgte eine 2. Jahresrechnung wiederum mit Zählernummer 375517 und unter anderem am 19.02.2009 eine Jahresabrechnung für eben diese Zählernummer für das Jahr ab 8.2.2008. Später erfolgten dann wieder Abrechnungen mit anderer Zählernummer. Es wird auf die Angaben in der Klageerwiderung der Beklagten zu 2 vom 28.02.2011 Bezug genommen.

Auch gegenüber der Beklagten zu 1 wurde Strom abgerechnet.

Beide Beklagte zahlten Abschläge und Rechnungsbeträge.

Später stornierte die Klägerin zu unbekanntem Zeitpunkt die den Beklagten erteilten Einzel-Rechnungen und erstattete den Beklagten jeweils die sich ergebenden Gutschriftbeträge (Abschläge plus Nachzahlungsbeträge) und zwar auch solche Zahlungen, die auf Rechnungen unter Angabe von Zählernummer 375517 geleistet worden waren.

Die Klägerin rechnete sodann gegenüber der Grundstückseigentümerin für den streitgegenständlichen Zeitraum ab (Rechnung über die Gesamtverbräuche). Diese zahlte nicht und verwies darauf, nach den Mietverträgen sei vereinbart, dass jeweils die Mieter, so auch die Beklagten, eigene Verträge mit der Klägerin schließen. Im Anschluss rechnete die Klägerin wiederum gegenüber den Beklagten ab, nunmehr jedoch nicht mit getrennten Rechnungen, sondern mit Rechnung vom 30.07.2010 rechnete die Klägerin den Stromverbrauch für den Stromzähler Nr. 375517  im Zeitraum vom 01.04.06 bis zum 17.09.2008 gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner ab. Dabei errechnete sie einen Gesamtbetrag in Höhe von 3.793,58 €, der sich auf beide Etagen des Hauses Breite Straße … beziehen soll, die die Beklagten nutzten. Ob dieses tatsächlich so ist, ist streitig. Bezüglich des genauen Inhalts der der Beklagten zu 1 erteilten Rechnung wird auf die Anlage K2 der Klage vom 03.12.2010 (Bl.7 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagten lehnten jede Zahlung ab und verlangten Einzelabrechnungen ihrer jeweiligen Verbräuche. Die Klägerin verfolgt im Klagewege den ihrer Ansicht nach gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gegebenen Anspruch in berechneter Höhe (Gesamtverbrauch) weiter.

Die Klägerin behauptet, dass über den der Abrechnung vom 30.07.2010 zu Grunde gelegten Stromzähler mit der Nr. 375517 im Zeitraum April 2006 bis zum 17.09.2008 sowohl die Räumlichkeiten der Beklagten zu 1 als auch der Beklagten zu 2 mit Strom versorgt wurden.

Sie bestreitet, dass andere Räumlichkeiten sowie der Allgemeinstrom durch diesen Zähler erfasst gewesen seien. Die Beklagten seien insoweit darlegungs- und beweispflichtig, denn sie hätten als Nutzer der Immobilie die Möglichkeit gehabt, hierzu eigene Feststellungen zu treffen.

Die Klägerin trägt vor, in den Mietverträgen hätten die Beklagten mit der Eigentümerin vertraglich vereinbart, dass die Stromversorgung über den jeweiligen Versorger abzurechnen sei. Es habe sich herausgestellt, dass zu einer Zeit, als die streitgegenständlichen Räume beider Etagen von der Hansestadt Lübeck genutzt worden seien, die Elektroinstallationen so geändert worden seien, dass die Stromversorgung der Räume beider Etagen, also die von beiden Beklagten genutzten Räume, zusammengelegt worden seien. So sei der gemeinsame Zähler für den Verbrauch der beiden Beklagten zustande gekommen. Dieses sei der von ihr jetzt zu Grunde gelegte Zähler Nr. 375517.  Die anderen Zähler, insbesondere die von den Beklagten bei Anmeldung angegebenen, seien nicht den Räumen der Beklagten zuzuordnen, weshalb die Gutschriften erteilt worden seien, nachdem dieses festgestellt worden sei.

Die Veränderungen in der Stromversorgungsanlage seien nicht von der Klägerin zu vertreten und somit auch nicht die Abrechnungen über teils den falschen Zähler. Die Veränderungen seien von der Vermieterin der Beklagten zu vertreten.  Da die Klägerin keine Möglichkeit habe, die Verbräuche der einzelnen Etagen gesondert zu erfassen und abzurechnen, die Beklagten bzw. ihre Vermieterin jedoch diese Möglichkeit gehabt habe, die Verbräuche der einzelnen Etagen durch Unterzähler sicherzustellen, haften nach Ansicht der Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner für den Gesamtverbrauch. Die Klägerin ist von dieser Argumentation abgesehen des Weiteren der Ansicht, dass die Beklagten mit der Klägerin nicht einen Vertrag über die Versorgung bestimmter in der Anmeldung genannter Räume bzw. Etagen geschlossen hätten, sondern einen Vertrag über den bei der Anmeldung jeweils angegebenen Stromzähler. Letztere Einzelverträge seien aber unwirksam sei, da die angemeldeten Stromzähler nicht zu den angemieteten Räumlichkeiten passen würden. Deshalb sei dann ein Vertrag zwischen der Klägerin einerseits und beiden Beklagten andererseits über den zu den Räumlichkeiten (beide Etagen) passenden Stromzähler mit o.g. Nummer. Dieses sei konkludent durch Stromentnahme geschehen. Beide Beklagten haften daher nach Ansicht der Klägerin aus diesem konkludenten Vertrag für den Gesamtverbrauch in beiden Etagen als Gesamtschuldner und dieses sei der in der Rechnung vom 30.07.2010 abgerechnete Verbrauch.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.793,58 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, sie seien nur zahlungspflichtig für ihre jeweiligen Einzelverbräuche in den von ihnen genutzten Räumlichkeiten und nicht für einen Gesamtverbrauch beider Etagen als Gesamtschuldner, denn nach eigenem Vortrag der Klägerin sei eine Anmeldung beider Beklagter jeweils für die von ihnen genutzte jeweilige Etage getrennt erfolgt. Eine Anspruchsgrundlage für eine Zahlung eines Gesamtbetrages durch beide Beklagte als Gesamtschuldner oder für die Zahlung von Pauschalbeträgen ohne Abrechnung der jeweiligen Verbräuche sei nicht ersichtlich, zumal es auch nach Vortrag der Klägerin nicht um bewusste und gewollte Falschangaben gehe. Zudem habe die Klägerin im Hinblick auf die teils verschiedenen, teils unterbliebenen Abrechnungen offenbar selbst Kenntnis gehabt von der Zählerproblematik und habe frühzeitig für Klarheit sorgen können, habe jedoch unstreitig Hinweise an die Beklagten unterlassen.

Zudem bestreiten die Beklagten, dass die von ihnen genutzten Räumlichkeiten über den Stromzähler Nr. 375517 mit Strom versorgt wurden oder jedenfalls, dass ausschließlich diese Räumlichkeiten darüber versorgt wurden. Sie tragen vor, dass auch Neben- und Kellerräume, der Hausallgemeinstrom (Außenbeleuchtung u.ä.), möglicherweise auch noch die erste Etage und dort „…“ und Pizzaladen über den Zähler versorgt wurden, der den Verbrauch der oberen Etagen erfasst habe, wobei streitig ist, ob dieses der genannte Zähler ist. Die Klägerin sei darlegungs- und beweispflichtig dafür, welche Zähler denn die anderen Verbräuche erfassen und für welche Räume im Einzelnen der von ihr angegebene Zähler Nr. 375517 den Verbrauch erfasse.

Die Beklagten berufen sich schließlich beide auch auf Verjährung, soweit der Verbrauch für 2006 abgerechnet worden ist. Es könnte auch nicht beliebig lange mit der Erstellung von Rechnungen gewartet und  die Verjährung hinausgeschoben werden. Jedenfalls müsse in drei Jahren abgerechnet werden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 20.05.2011 Bezug genommen.

Die Klage ist den Beklagten am 3.1.2011 (Beklagte zu 2) und 7.1.2011 (Beklagte zu 1) zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 04.02.2011 hat die Beklagte zu 1 der Vermieterin,  Frau …, den Streit verkündet und sie aufgefordert, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten. Der Schriftsatz ist ihr am 22.02.11 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 14.03.2011 hat die Klägerin der Frau … ebenfalls den Streit verkündet und sie aufgefordert, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten. Der Schriftsatz ist ihr am 22.03.11 zugestellt worden. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Aspekt einen Anspruch in Höhe von 3.793,58 €. Ein solcher ergibt sich weder aus § 433 II BGB noch anderen Anspruchsgrundlagen, etwa § 280 I BGB. Grundsätzlich kommen Ansprüche aus Stromlieferung in Betracht, jedoch nur gegen beide Beklagte als jeweilige Einzelschuldner. Solche Ansprüche sind nicht fällig.

Zwar ist die Klägerin aktivlegitimiert, ihre Umfirmierung ist gerichtsbekannt und im Handelsregister einsehbar. Nach entsprechendem Hinweis der Klägerin hat die Beklagte zu 2 auch die Aktivlegitimation der Klägerin nicht mehr bestritten.

Auch sind die Beklagten nach dem unstreitigen Sachverhalt Vertragspartner der Klägerin für eine Stromlieferung in den jeweils von ihnen genutzten Räumlichkeiten geworden.

Es kam damit ein Anspruch insbesondere aus § 433 II BGB in Betracht.

Stromversorgungsvertrag - Haftung zweier Mieter für Stromverbrauch
Symbolfoto: Von Sunshine Studio/Shutterstock.com

Einem solchen Anspruch stünde nicht entgegen, dass bereits zuvor abgerechnet worden war, denn bei fehlerhafter Abrechnung bleibt die Forderung unberührt und es können Nachforderungen erhoben und Neuberechnungen erteilt werden (vgl. hierzu z.B. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, OLGR Koblenz 2004, 237 ff  mit weiteren Nachweisen. Dieses gilt bei Fehlern, die nicht das Versorgungsunternehmen verursacht hat, unabhängig von der Frist des § 18 II StromGVV bzw. zuvor § 21 AVBEltV (vgl. z.B: OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 490 ff). Sonst kann nachberechnet werden in den in den Normen genannten Fristen und ggf. auch für länger zurückliegende Zeiträume, wenn wie hier mit den Kunden über Berechnungsfehler kommuniziert wurde, Beträge unter Hinweis auf anstehende Neuberechnung erstattet wurden uä (vgl. hierzu z.B. KG, NJW-RR 1988, 1524 f, dortige Ausführungen zu § 242 BGB). Hiervon gehen auch beide Beklagte aus, die bei ordnungsgemäßer Berechnung ihrer Verbräuche trotz der vorherigen Abrechnungen und Gutschriften die Preise entrichten wollen.

Ansprüche sind auch nicht verjährt. Eine Verjährung kann sich dabei – wovon auch die Beklagten ausgehen – ohnehin nur für Ansprüche für 2006 ergeben (anteilig 996,64 € von insgesamt 3.793,58 €). Trotz gerichtlichen Hinweises wurden hierzu jedoch zum Einen keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, denn es ist nicht einmal klar, wann welche Beträge für welchen Zeitraum bereits abgerechnet wurden, wann also nach Ansicht der Beklagten Verjährungsbeginn gewesen sein soll. Zum Anderen werden Nachforderungsbeträge ebenso wie sonstige Rechnungsbeträge aber auch ohnehin erst dann fällig, wenn dem Kunden die Rechnung mit dem Nachzahlungsbetrag zugeht, vgl. z.B. KG NJW-RR 1988, 1524 mit Rechtsprechungsnachweis, unter anderem BGH NJW 1982, 930; vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 490 ff und OLG Düsseldorf RdE 2009, 227 ff. Dieses ergibt sich aus § 27 I AVBEltV (altes Recht) bzw. nunmehr § 17 Absatz 1 Satz 1 StromGVV. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt für den Nachzahlungsbetrag die Verjährungsfrist. Dieses wäre für die streitgegenständliche Rechnung erst in 2010 gewesen. Die Verjährung begann nicht bereits mit den ursprünglichen Rechnungen (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, RdE 2009, 227 ff mit BGH-Rechtsprechungsnachweis) und auch nicht zu einem Zeitpunkt, zu dem die Forderung der Klägerin hätte berechnet werden könne (OLG Düsseldorf am soeben angegebenen Ort).

Auch für eine Verwirkung ist nichts hinreichendes dargelegt – vielmehr hat man offenbar länger über die richtigen Beträge kommuniziert und die Klägerin hat nie den Eindruck erweckt, sie wolle es hinnehmen, dass jahrelang nun Strom bezogen worden ist und hierfür nach derzeitigem Stand keine Beträge von der Klägerin vereinnahmt wurden. Es fehlt jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment.

Zu Recht berufen sich die Beklagten jedoch darauf, dass derzeit kein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht. Beide mögen zwar getrennt voneinander bestimmte Beträge als Kaufpreiszahlungen für ihre jeweiligen Verbräuche schulden, jedoch sind hierüber keine Abrechnungen erteilt, so dass keine Zahlungsansprüche fällig sind. Die Nachberechnung der Klägerin vom 30.07.2010 begründetet keinen fälligen Zahlungsanspruch der Klägerin, da die Beklagten nicht Gesamtschuldner hinsichtlich eines Preises für den Gesamtverbrauch beider Etagen sind, so dass dahinstehen kann, ob der Zähler, der der genannten Abrechnung zu Grunde liegt, tatsächlich nur die Verbräuche beider Etagen erfasst hat.

Der Stromlieferungsvertrag ist ein Kaufvertrag in der Form eines Sukzessivlieferungsvertrages, Dieser Kaufvertrag wird durch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (StromGVV)  näher ausgestaltet. Das Versorgungsunternehmen trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen eines Versorgungsvertrages, den tatsächlichen Verbrauch und die Höhe des Entgelts.

Die Klägerin hat nicht dargelegt und bewiesen, dass ein Vertrag mit den Beklagten zustande gekommen ist, nach deren Inhalt sie den Gesamtverbrauch aus beiden Räumen gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner abrechnen kann.

Die Beklagten sind im Gegenteil selbst nach dem Klägervortrag gerade keine Gesamtschuldner, sondern Schuldner aus jeweils Einzelverträgen der Beklagten zu 1 mit der Klägerin und der Beklagten zu 2 mit der Klägerin. Eine Gesamtschuld kann nur durch vertragliche Vereinbarung oder Gesetz entstehen. Voraussetzung für die vertragliche Vereinbarung einer Gesamtschuld ist grundsätzlich das Einverständnis aller, d.h. des Gläubigers und aller Schuldner, dass die Forderungen zu einer Gesamtschuld verbunden sein sollen. Die Gesamtschuldabrede muss regelmäßig im Zeitpunkt der vertraglichen Entstehung der einzelnen Verpflichtungen getroffen werden. Sind mehrere vertragliche Verpflichtungen zunächst ohne Gesamtschuldabrede als unabhängige Verpflichtungen vereinbart worden, so können sie nachträglich aufgrund der Privatautonomie zu einer Gesamtschuld verbunden werden.

Die Klägerin schloss auch nach eigenem Vortrag jeweils mit den Beklagten zu 1 und zu 2 als Einzelvertragspartner einen Stromlieferungsvertrag. Die Beklagten meldeten sich unabhängig voneinander bei der Klägerin an und zwar für den Verbrauch in der jeweils genutzten Etage und erhielten unabhängig voneinander Vertragsbestätigungen der Klägerin mit verschiedenen Vertragsnummern. Eine Gesamtschuldabrede zwischen der Klägerin und den beiden Beklagten wurde demnach unstreitig weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen. Beide Beklagte nannten verschiedene Zählernummern, weil ihnen diese unstreitig vermieterseits so mitgeteilt worden waren. Es kann hieraus keine Gesamtschuldabrede zwischen allen drei Parteien hergeleitet werden. Es war nach den Verträgen separat über den jeweiligen Verbrauch abzurechnen. Es sind zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 bzw. der Klägerin und der Beklagten zu 2 unabhängige Forderungen entstanden, deren Höhe derzeit nicht bekannt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die beiden verschiedenen Zählernummern die richtigen waren oder nicht. Die Beklagten haben jedenfalls mit ihren getrennten Anmeldungen zum Ausdruck gebracht, dass sie jeweils getrennte Verträge über eine Versorgung der jeweils von ihnen genutzten Räume abschließen wollten. Beide Verträge waren getrennt abzurechnen.

Für eine nachträgliche Gesamtschuldabrede fehlt es am durch die Klägerin darzulegenden und zu beweisenden Einverständnis der beiden Beklagten. Im Gegenteil haben auch nach Klägervortrag die beiden Beklagten jeweils darauf gedrungen, Einzelabrechnungen ihres jeweiligen Verbrauchs zu erhalten.

Es sind auch nicht etwa die Einzelverträge mit den Beklagten im Hinblick auf die Zählerproblematik unwirksam geworden und Verträge durch Entnahme konkludent zustande gekommen. Die Beklagten haben sich angemeldet und haben Vertragsbestätigungen erhalten. Sie entnahmen mithin Strom in ihren jeweiligen Gewerberäumen in getrennten Etagen im Hinblick auf die geschlossenen Verträge und auch die Klägerin lieferte an beide Beklagte jeweils in Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten. Dass es Schwierigkeiten bei der Preisabrechnung gibt, führt unter keinem rechtlichen Aspekt nun nachträglich zu einer Unwirksamkeit der geschlossenen Verträge (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 490 ff). Es gibt für solche Schwierigkeiten sogar ausdrückliche Regelungen in der StromGVV (§ 18) bzw. zuvor der AVBEltV (§ 21), die für die Abrechnung in dem Vertragsverhältnis herangezogen werden können.

Schon gar nicht führen die Schwierigkeiten der Abrechnung auf irgendeiner rechtlichen Grundlage dazu, dass dann ein Vertrag mit beiden Beklagten als Gesamtschuldner zustande kommt und die Einzelverträge ersetzt. Willenserklärungen für einen solchen Vertrag sind nicht ersichtlich und hierzu werden von der Klägerin auch keine Tatsachen vorgetragen. Es kann auch aus keinem Verhalten der Parteien auf entsprechende konkludente Erklärungen geschlossen werden.

Nach alledem fehlen Darlegungen und Beweisantritte hinsichtlich des tatsächlichen Verbrauchs der Beklagten zu 1 und 2.

Dieser vertraglichen Pflicht der Klägerin zur getrennten Abrechnung steht dabei nicht entgegen, dass ihr eine genaue Abrechnung aufgrund der Tatsache, dass eventuell tatsächlich der Stromverbrauch beider Beklagten über denselben Stromzähler läuft, nicht möglich ist. Dieses ergibt sich sogar ausdrücklich aus der StromGVV bzw. zuvor der AVBEltV, die jeweils hierzu Regelungen enthalten. Kann der exakte Verbrauch nicht ermittelt werden ist gemäß § 18 StromGVV bzw. nach altem Recht § 21 AVBEltV unter bestimmten Voraussetzungen eine Schätzung möglich, teils auch in entsprechender Anwendung der Norm. Dieses gilt insbesondere bei einem Fehler bei der Messung, etwa weil Zähler defekt waren u.ä.

Vgl. hierzu z.B. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, OLGR Koblenz 2004, 237 ff mit umfangreichen Nachweisen und ausführlichen Darlegungen dazu, wie ggf. zu schätzen ist.

Abrechnungen auf Schätzgrundlage hat die Klägerin trotz richterlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO vom 24.02.2011 und nochmals im Verhandlungstermin nicht erteilt.

 

Auch eine Gesamtschuld durch Gesetz liegt nicht vor. Insbesondere liegt keine Gesamtschuld aufgrund Schadensersatzrechts vor. Derartige Ansprüche auf Schadensersatz sind nicht ersichtlich.

Es ist Sache der Klägerin, dass der Verbrauch eines Kunden, der sich angemeldet hat, zutreffend gemessen wird. Regelmäßig haben Kunden keine Kenntnis von den Messeinrichtungen. Diese werden in der Regel vom Netzbetreiber im Auftrag des Stromversorgungsunternehmens installiert, bleiben gerichtsbekannt regelmäßig sogar im Eigentum des Netzbetreibers. Es wird hierzu auf § 8 I StromGVV i.V.m. § 21b EnWG verwiesen. Hiernach ist der Messstellenbetrieb sowie die Messung der gelieferten Energie Aufgabe des Betreibers von Energieversorgungsnetzen. Damit handelt es sich jedenfalls nicht um einen Aufgabenbereich des Kunden – selbst wenn die Klägerin seit 2005 nicht mehr die Betreiberin ist sondern ein anderes, rechtlich getrenntes Unternehmen. In der Regel handelt es sich um Zähler im Eigentum des Betreibers des Energieversorgungsnetzes.

Selbst wenn ein Kunde angibt, der Vermieter habe für die Räume, für die der Kunde sich anmeldet, den Zähler mit Nr. „X“ genannt, so ist es Sache der Klägerin – ggf. unter Inanspruchnahme des Netzbetreibers – zu prüfen, ob diese Angaben stimmen und der Verbrauch des Kunden von dort ordnungsgemäß erfasst werden kann. Davon abgesehen spricht die Klägerin sogar, auch wenn sie seit 2005 nur Stromgrundversorgerin und nicht Betreiberin des Stromversorgungsnetzes ist, selbst in den Schriftsätzen von „ihren Zählern“. Sie kann sich hinsichtlich ihrer Verantwortung dafür, dass die Verbräuche ihrer Einzelvertragspartner ordnungsgemäß gemessen werden, nicht durch Verweis auf einen Netzbetreiber entziehen

Der Kunde ist hinsichtlich des Messgeräts lediglich zur Unterlassung von Manipulationen verpflichtet. Alles andere ist nicht seine Sache, vgl. hierzu z.B. OLG München, 11.10.2005, AZ 5 U 5762/04, vgl. auch früher § 12 und § 18 AVBEltV. Dass die Beklagten Messgeräte manipuliert haben uä behauptet selbst die Klägerin nicht.

Es wäre für einen Schadensersatzanspruch ein Verschulden der Beklagten erforderlich. Hier haben die Beklagten aber unstreitig lediglich die ihnen von der Vermieterin genannten Zählernummern weitergegeben in gutem Glauben daran, dass diese zutreffend sind. Unstreitig hatten sie dabei keine Absicht, die Klägerin zu täuschen und hatten auch keinen Anlass, an den Angaben zu Zweifeln, haben keine Messeinrichtungen verändert o.ä., so dass auch deshalb Ansprüche ausscheiden.  Ein etwaiges Verschulden der Vermieterin oder der Hausverwaltung oder sonstiger Dritter wäre den Beklagten nicht zuzurechnen.

Grund zu frühzeitigen Zweifeln hatte vielmehr eher die Klägerin, Diese hat nach unstreitigem Sachverhalt sogar schon in 2006 jedenfalls gegenüber der Beklagten zu 2 nicht unter Angabe derjenigen Zählernummer abgerechnet, die die Beklagte zu 2 angegeben hatte, sondern schon mit der Zählernummer, die die Klägerin jetzt der streitgegenständlichen Abrechnung zu Grunde legt. Sie Beklagte zu 2 hatte nach unstreitigem Sachverhalt darauf sogar schon Zahlungen geleistet, die ihr dann rückerstattet worden waren. Warum gleichwohl die Klägerin nicht frühzeitig überprüfte, welcher Zähler welchen Verbrauch im Objekt abrechnet und ggf. Hinweise an die Beklagten über das „Zählerproblem“ im Hause Breite Straße 66, erschließt sich nicht. Keinesfalls kann die Klägerin gegenüber den Beklagten angesichts dieser Umstände Schadensersatz geltend machen

Ansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten aus getrennten Stromlieferungsverträgen mögen demnach bestehen, sind jedoch jedenfalls nicht fällig mangels getrennter Abrechnung der jeweiligen Verbräuche. Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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