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Tod eines Mieters –  Haftung des Erben

LG Berlin – Az.: 66 S 7/21 – Urteil vom 05.10.2021

Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss der Kammer gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO beabsichtigt.

Gründe:

1) Die Formalien hat die Kammer nach Maßgabe des § 522 Abs. 1 ZPO geprüft. Das Rechtsmittel ist zulässig.

2) Die Berufung hat aber keine Aussicht auf Erfolg.

Das Amtsgericht hat die entscheidungserheblichen Fragen nach dem Bestehen eines Anspruchs auf Kautionsrückzahlung (sowie den spiegelbildlichen Gegenansprüchen, derer sich die Berufungsklägerin berühmt) zutreffend gestellt und beantwortet. Die Verurteilung der Berufungsklägerin zur Rückzahlung der Mietsicherheit ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht zu beanstanden.

Siehe auch: Mieter verstorben – Keine Erben vorhaben; Wer zahlt die Kosten?

a) Der Umstand, dass der von den Klägern beerbte Mieter in der Wohnung zwischen dem 18. Oktober und dem 24. Oktober 2018 verstorben ist, führt weder unmittelbar noch mittelbar zu Ersatzansprüchen der Berufungsklägerin.

Die Idee, dass der Tod eines Wohnraummieters in der angemieteten Wohnung eine von dem Mieter verübte Pflichtverletzung darstellen und somit Grundlage von Sekundäransprüchen sein könnte, erscheint der Kammer vollständig fernliegend. Zwar verfehlt nach Einschätzung der Kammer auch die Formulierung des Amtsgerichts den Kern der Sache, wenn es im angefochtenen Urteil heißt, das „Versterben stellt keine Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs dar“. Nach Ansicht der Kammer ist der Tod eines Wohnraummieters ein außerhalb der vertraglichen Pflichtenlage eintretendes Ereignis, dessen Folgen und Auswirkungen zwar einen tatsächlichen Bezug zu dem Mietverhältnis haben, das selbst aber einer Bewertung nach vertraglichen Haftungsmaßstäben (insbesondere nach Kategorien des Vertretenmüssens) entzogen ist.

b) Die Kammer versteht allerdings die Berufungsbegründung dahingehend, dass auch darin kein haftungsbegründender Vorwurf gegen den vormaligen Mieter dahingehend formulieren werden soll, dass dieser in den Räumen verstorben ist. Stattdessen will die Berufungsklägerin offenbar darauf abstellen, dass die von den Klägern nach dem Tod des Mieters veranlassten Maßnahmen nicht alle feststellbaren Folgen in der Wohnung auf Dauer beseitigt hätten.

Dem steht aber das von beiden Seiten am 14.1.2019 unterzeichnete Abnahmeprotokoll entgegen. Mit diesem ist das weitere Verwendungsrisiko für die von ihr übernommene Wohnung auf die Berufungsklägerin übergegangen.

Im Grundsatz verweisen die Kläger im Übrigen bereits mit Recht darauf, dass die besondere Belastung der Räume durch die Folgen eines nicht sogleich entdeckten Todesfalls schon in Ermangelung einer geeigneten Rechtsgrundlage (s.o.) weder von den Erben des Verstorbenen zu vertreten noch von ihnen zu beseitigen ist. Wenn die Kläger im vorliegenden Fall gleichwohl (u.a.) neues Laminat in die Räume eingebracht haben, und wenn in beiderseitiger Anwesenheit unter Erwähnung dieser Leistung der Erben die Wohnung „…in einem ordnungsgemäßen Zustand…“ zurückgenommen wird, fällt die Sachgefahr für die Räumlichkeiten und auf der Grundlage der abgehaltenen Überprüfung durch beiderseitigen Augenschein ohne weitere Einschränkungen an den Eigentümer und Vermieter zurück.

c) Schließlich ist dem Amtsgericht auch in der Entscheidung über das Nichtbestehen einer Vereinbarung zum Einbehalt der Mietsicherheit durch die Berufungsklägerin zu folgen. Für das Bestehen einer solchen Vereinbarung trifft die Berufungsklägerin selbst die Beweislast; wenn das Amtsgericht nach Maßgabe von § 286 I 1 ZPO erforderliche Gewissheit für die Richtigkeit der Behauptungen der Berufungsklägerin nicht gewinnen konnte, so greift die Berufung dies ohne Erfolg an.

aa) Für Urteile, in denen das Amtsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme unter Würdigung der erhobenen Beweise zu einem Ergebnis gelangt ist, sind auch in der Berufungsinstanz Besonderheiten zu beachten:

Der Erkenntnisprozess, von dessen Ergebnis das Berufungsgericht ausgehen muss, umfasst im Grundsatz auch die in erster Instanz erfolgte Anordnung, Erhebung und Bewertung der Beweise (vgl. Zöller, 31. Aufl.; Rz. 2 zu § 529 ZPO). Ein gegen die Beweiserhebung oder die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gerichtetes Rechtsmittel kann deshalb nur Erfolg haben, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass sich in einer (ggf. erneuten) Beweiserhebung die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen herausstellt. Hierfür genügt es nicht bereits, dass neben der im Urteil vertretenen Ansicht auch eine andere Beurteilung möglich wäre, oder dass sich auch andere Schlüsse und Annahmen begründen ließen, als das Amtsgericht sie in seiner Entscheidung zieht. Das Berufungsgericht darf sich nicht schrankenlos unter mehreren vertretbaren Beurteilungen für eine andere als diejenige entscheiden, die sich das Amtsgericht rechtsfehlerfrei gebildet hat. Die gemäß § 529 ZPO bestehende Bindung endet stattdessen erst, wo konkrete Hinweise auf unrichtige oder lückenhafte Feststellungen des Amtsgerichts vorliegen.

bb) Bei Anlegung dieser Maßstäbe bleibt das Rechtsmittel erfolglos. Das Vorbringen der Berufungsklägerin zeigt insoweit lediglich auf, dass und aus welchen eigenen subjektiven Einschätzungen sie das vom Amtsgericht gefundene Ergebnis für falsch hält. Selbst wenn aber die von ihr stattdessen für richtig gehaltenen Bewertungen und Annahmen ebenfalls vertretbar wären, zeigt das Vorbringen keine Fehler der Beweiswürdigung auf, die unvertretbar wären und daher eine erneute Erhebung der Beweise gebieten könnten. Die Kammer ist nach eigener Prüfung der Auffassung, dass sie jedenfalls auch die Auffassung des Amtsgerichts ohne Verstoß gegen Rechtsvorschriften vertretbar ist.

Das Amtsgericht hat die Angaben des Klägers zu 3) und der Beklagten aus dem Verhandlungstermin vom 3.11.2020 nach Maßgabe der protokollierten Inhalte zutreffend erfasst und überzeugend bewertet. Die dazu angestellten Erwägungen beinhalten weder einen Verstoß gegen Denkgesetze noch lassen sie zwingende zu einem anderen Ergebnis führende Aspekte unberücksichtigt. Die vom Amtsgericht sodann dargestellten verbliebenen Zweifel an der zu beweisenden Behauptung der Berufungsklägerin stellen keinen Verstoß gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 286 I 1 ZPO und gegen die Befugnisse des Tatrichters dar. Die Erwägungen des Gerichts halten sich stattdessen im Rahmen von konkret nachvollziehbaren Plausibilitätserwägungen, wie sie dem Tatrichter als konkrete Ausformung der von ihm dargelegten Lebenserfahrung zustehen.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Berufungsklägerin – die von ihr dargestellten Entwicklungen in der Wohnung während des Nachfolgemietverhältnisses unterstellt – mit durchaus erheblichen Belastungen konfrontiert war. Die von ihr zu tragenden Folgen der Ereignisse spiegeln auch nicht eine nach rechtlichen Vorschriften begründete unmittelbare eigene Verantwortung der Berufungsklägerin wider, da sie an dem Tod ihres vormaligen Mieters selbstverständlich ebenso wenig einen eigenen Anteil hatte, wie die Kläger. Die fehlende eigene Verantwortlichkeit der Berufungsklägerin für dasjenige Geschehen, dass spätere Probleme nach sich zog, rechtfertigt es aber nicht, die streitgegenständlichen Rechtsfolgen auf die Kläger zu verlagern, bei denen es nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ebenfalls an einer eigenen Verantwortlichkeit fehlt.

3) Gelegenheit zur Stellungnahme besteht binnen zwei Wochen. In dieser Frist müsste auch eine etwa aus Kostengründen beabsichtigte Rücknahme der Berufung bei Gericht eingegangen sein.

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