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Überwachung der Mülltrennung im Mietshaus per Videokamera

Sicher ist sicher!AG München

Az.: 422 C 17314/13

Urteil vom 05.11.2013

In dem Rechtsstreit wegen Unterlassung und Vornahme einer Handlung erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin ### am 05.11.2013 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2013 folgendes Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, seine an die Kläger gerichteten Schreiben oder Schreiben, deren Inhalt sich auf die Kläger beziehen, an die Haustüren oder die Wohnungstür der Kläger im Souterrain des Anwesens ### anzuschlagen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die im Eingangsbereich des Anwesens ### zur Kontrolle der Mülltrennung angebrachte Videokamera zu entfernen und es in Zukunft zu unterlassen, Videokameras zur Kontrolle der Mülltrennung zu installieren.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 328,26 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 06.08.2013 zu bezahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Klage im Übrigen erledigt ist.

5. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen gemäß Ziffer 1 und 2 ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angedroht.

6. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

7. Das Urteil ist hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.750 Euro vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist im Übrigen gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche der Kläger auf Unterlassung des Anbringens von Schriftstücken an der Wohnungstür der Kläger sowie an Türen im übrigen Anwesen ### sowie auf Beseitigung einer zur Überwachung der Mülltrennung installierten Kamera und Unterlassung der Wiederanbringung.

Mit Mietvertrag vom 28.10.2008 mieteten die Kläger vom Beklagten eine Wohnung im Souterrain des Anwesens ### zum 15.11.2008.

Die Kläger haben keinen Briefkasten. Briefe, die an die Adresse der Kläger adressiert werden, werden an das Postfach der Kläger weitergeleitet.

Der Beklagte heftete Schreiben an die Kläger offen an die Wohnungseingangstür, Mit Schreiben vom 04.01.2013 ihres Anwalts forderten die Kläger den Beklagten auf, die Schreiben nicht mehr für andere Personen lesbar an die Wohnungstür zu heften. Ferner teilten die Kläger dem Beklagten mit, er könne Schreiben über dem Postwege an die Kläger versenden.

Mit Schreiben vom 21.01.2013 teilte der Beklagte mit> die Zustellung auf diese Weise sei geboten, da die Kläger ihren Briefkasten abmontiert hätten und die Zustellung von Gerichtspost erschwert worden sei.

Am 27.02.2013 heftete der Kläger ein Schreiben an die Klägerin zu 1 an die Wohnungseingangstür der Kläger. Am 29.03.2013 heftete der Beklagte ein weiteres Schreiben an die Kläger an deren Wohnungseingangstür.

Mit Schreiben vom 08.04.2013 ihres Anwalts forderten die Kläger den Beklagten erneut auf, es zu unterlassen, Schreiben an die Wohnungseingangstür anzuheften. Am 04.05.2013 und am 09.05.2013 heftete der Beklagte weitere Schreiben an die Wohnungseingangstür der Kläger sowie an die Haustür des Anwesens ###. Das Schreiben vom 09.05.2013 heftete der Beklagte ferner an sämtliche Haustüren des Anwesens im Souterrain, Erdgeschoss und ersten Stock. Die Schreiben waren an alle Bewohner des Hauses gerichtet. In den Schreiben nahm der Beklagte Bezug darauf, dass Baumaßnahmen im Haus von den Klägern verursacht worden seien. Im Sehreiben vom 09.05.2013 äußerte der Beklagte folgendes: “ (…) Während sich alle Bewohner im Haus kooperativ verhalten, trifft dies auf die Mietpartei von Frau/Herrn ### im Souterrain nicht zu. Diese Mietpartei hat sich der Aufforderung, eine Nachschau zu ermöglichen, bislang verweigert, was die Fehlersuche substantiell beeinträchtigt (und unnötige Kosten verursacht hat). Von Belang ist insofern, dass Frau ### ihrem Vermieter bereits mit einer ungerechtfertigten querulatorischen Strafanzeige entgegengetreten ist. Allerdings muss dieser mit größtmöglichem Verständnis begegnet werden, sofern sie sich dem Vernehmen nach einer längerfristigen Chemotherapie unterzieht.“

Dieses Schreiben heftete der Beklagte auch Außen an den Briefkasten des Anwesens.

Mit weiterem Schreiben ihres Anwalts vom 10.05.2013 teilten die Kläger dem Beklagten nochmals mit, dass Schreiben an ihre Postfachadresse geschickt werden könnten.

Der Beklagte brachte eine auf die Mülltonnen gerichtete Videokamera unter dem Dach einer Holzhütte vor dem Eingang des Anwesens ### an. Mit Schreiben vom 24.10.2012 und 04.01.2013 ihres Anwalts forderten die Kläger den Beklagten zur Beseitigung der Kamera auf.

Der Beklagte installierte zwei weitere Kameras. Eine Kamera brachte der Beklagte zwischen den beiden Garagen oberhalb der Garagentore an. Die weitere Kamera brachte der Beklagte im Gartenbereich an.

Diese Kamera war auf den Hauseingang und die Mülltonnen ausgerichtet. Durch Drehung konnte die Kamera auf das Schlafzimmerfenster der Kläger ausgerichtet werden.

Der Beklagte entfernte nach Zustellung des Schriftsatzes vom 17.09.2013 die Kameras im Gartenbereich und zwischen den Garagen.

Die Kläger sind der Ansicht, dass Anheften von Schreiben, welche das Vertragsverhältnis zwischen den Klägern und den Beklagten betreffen, sowie von Schreiben an die Hausbewohner, in denen auf die Kläger Bezug genommen werde, stelle eine nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts dar. Gleiches gelte für das Anbringen der Kamera. da es dem Beklagten so möglich sei, ein Bewegungsprofil der Kläger zu erstellen. Die Kläger sind der Meinung, es handele sich um eine verdeckte Videoüberwachung.

Mit Schriftsatz vom 17.09.2013 haben die Kläger hinsichtlich des Antrages zu il zunächst beantragt:

a.) Der Beklagte wird verurteilt, die im Eingangsbereich des Anwesens ### zwischen den beiden Garagen, oberhalb der Garagentore rechts neben der Lampe, angebrachte Videokamera zu entfernen und es zu unterlassen, Videokameras zur Überwachung des Eingangsbereiches zu installieren.

b.) Der Beklagte wird verurteilt, die im Gartenbereich des Anwesens ### auf die Mülltonnen und den Zugangsbereich des Anwesens ### ausgerichtete und in ca. 2,50 m Höhe angebrachte Videokamera zu entfernen und es zu unterlassen, Videokameras zur Überwachung des Eingangsbereichs sowie des Mülltonnenbereichs sowie der Parkplätze zu installieren.

Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung am 05.11.2013 die Klage insoweit für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigterklärung widersprochen.

Die Kläger beantragen zuletzt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, seine an die Kläger gerichteten Schreiben oder Schreiben, deren Inhalt sich auf die Kläger beziehen, an die Haustüren oder die Wohnungstür der Kläger im Souterrain des Anwesens ### anzuschlagen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, die im Eingangsbereich des Anwesens ### zur Kontrolle der Mülltrennung angebrachte Videokamera zu entfernen Und es in Zukunft zu unterlassen, Videokameras zur Kontrolle der Mülltrennung zu installieren.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 328,26 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Klagezustellung zu bezahlen.

IV. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung hinsichtlich der unter Ziffer I. und 11. beantragten Gebote ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten gegen ihn festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt zuletzt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt vor, die Beklagten haben die Schreiben angeheftet gelassen, um ein Gerichtsverfahren durchführen zu können. Der Beklagte behauptet, ein Anheften an die Türe sei erforderlich, da aufgrund der Vielzahl der Gerichtsverfahren zwischen den Klägern und dem Beklagten jeder Akt der Kommunikation nachweisbar sein müsse. Zudem könne eine Zustellung durch persönliche Übergabe nicht verlangt werden, da die Kläger die Tür oft nicht öffnen würden oder die Gelegenheit nutzen würden, um den Beklagten zu beschimpfen.

Der Beklagte macht geltend, da es sich um einen überschaubaren Mieterkreis im Hause handele, sei es nicht auszuschließen, dass allgemeine Hinweise sich im Einzelfall auf eine konkrete Person beziehen würden.

Der Beklagte trägt vor, die Kläger haben ihr Einverständnis dazu erteilt, dass der Beklagte Schreiben an ihre Tür heftet. Zumindest läge ein konkludentes Einverständnis vor, da die Kläger dies über einen längeren Zeitraum hinweg geduldet hätten.

Der Beklagte behauptet, die Kläger haben durch Verstoß gegen die Hausordnung bei der Mülltrennung Anlass zur Anbringung der Kamera gegeben. Der Beklagte trägt vor, bei der verbliebenen Kamera handele es sich um einen „Dummy“.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis.

Hinsichtlich des übrigen Parteivorbringens wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 05.11.2013 verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

Die Klageänderung durch die einseitige Erledigterklärung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Bei einer einseitigen Erledigterklärung ist der Klageantrag nach den §§ 133, 157 BGB analog in eine Feststellungsklage dahingehend, dass der ursprüngliche Antrag zulässig und begründet war und durch ein erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist, auszulegen.

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere besteht hinsichtlich des Antrages auf Feststellung der Erledigung ein Feststellungsinteresse nach § 256 l ZPO. Die Klagepartei hat regelmäßig ein rechtliches Interesse daran, festgestellt zu bekommen, dass ihre ursprüngliche Klage zulässig und begründet war und durch ein erledigendes Ereignis nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist.

Für die Klage auf Unterlassung und Beseitigung besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klage sinnlos ist weil die Kläger auf einem einfacherem Wege ihr Rechtsschutzziel erreichen könnten. Der Beklagte ist vorprozessualen Aufforderungen nicht nachgekommen, weshalb sich die Kläger hier dazu veranlasst sehen durften, den Rechtsweg zu beschreiten.

Die Klage ist begründet.

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des Anbringens von an sie gerichteten Schreiben oder Schreiben, in welchem auf die Kläger Bezug genommen wird, an ihrer Wohnungstür sowie an weiteren Türen des Anwesens ### gemäß § 1004 I 2 BGB analog iVm § 823 1 BGB iVm Art. 2 I, 1 I GG (sog. quasinegatorischer Unterlassungsanspruch). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht genießt als absoulutes Recht den Schutz des § 823 BGB und kann im Wege der Unterlassungsklage nach § 1004 12 BGB analog geltend gemacht werden.

Das Anheften der für andere Personen lesbaren Schreiben stellt eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger dar. Vom Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 21, 1 I GG ist das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personalen und sozialen Identität, auch in der Darstellung des Einzelnen nach Außen, umfasst (vgl. Palandt, Spreu, 71. Auflage, § 823, Rn. 86). Dadurch, dass der Beklagte für andere lesbar Schreiben an die Türen geheftet hat, in denen er auf die Kläger Bezug nimmt, hat er die Darstellung der Beklagten nach Außen beeinträchtigt. Die Kläger haben ein schützenswertes Interesse daran, dass Einzelheiten ihrer vertraglichen Beziehung zum Beklagten Dritten nicht zugänglich gemacht werden. Ferner haben die Kläger ein schützenswertes Interesse daran, durch die Schreiben an die anderen Hausbewohner nicht verächtlich gemacht zu werden. Die Schreiben vom 04.05. und 09.05.2013 zielten erkennbar darauf ab, die Kläger in ihrem Ansehen bei der Hausgemeinschaft herabzuwürdigen, da in den Schreiben darauf hingewiesen wurde, dass Unannehmlichkeiten für andere Mieter auf das Verhalten der Kläger zurückzuführen seien. Durch den Hinweis auf die Erkrankung der Klägerin wurde zudem ein Umstand aus der sog Intimssphäre der Klägerin verbreitet.

Eine Beeinträchtigung läge auch dann vor, wenn die Schreiben nur von wenigen Mitmietern zur Kenntnis genommen werden sollten, da es für eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausreichend ist, wenn die Äußerungen nur gegenüber einzelnen Personen erfolgen. Geschützt ist nämlich auch das Recht des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wem welche Informationen aus seinem Lebensbereich offenbart werden. Des Weiteren kann nicht ausgeschlossen werden, dass die für alle Personen, welche sich den Haustüren nähern, lesbaren Inhalte auch von anderen Personen, z.B. Besuchern, wahrgenommen werden.

Eine Rechtfertigung für die Beeinträchtigung liegt nicht vor. Der Eingriff in die Intimsspähre der Klägerin durch Verlautbarung ihres Gesundheitszustandes kann ohne deren Einwilligung nicht gerechtfertigt werden, da die Intimssphäre grundsätzlich absoluten Persönlichkeitsschutz genießt. Aber auch im Übrigen kann sich der Beklagte nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Soweit der Beklagte vorträgt, die Zustellung von Schriftstücken sei erschwert, da die Kläger ihren Briefkasten abmontiert hätten, so rechtfertigt dies nicht das Anbringen offener Schreiben an Wohnungs- und Hauseingangstüren. Dem Beklagten stehen neben der persönlichen Übergabe auch weitere Möglichkeiten der Übermittlung zur Verfügung. Neben der Übermittlung auf postalischem Wege besteht auch die Möglichkeit der Übermittlung durch einen Boten. Soweit der Beklagte vorträgt, der nachweisbare Zugang müsse sichergestellt werden, so ist nicht ersichtlich, wie dies gerade durch das Anbringen offener Schreiben erfolgen soll. Denn anders als bei einem Einwurf von Schriftstücken in einen Briefkasten, weicher regelmäßig verschließbar ist, kann bei dem Anbringen von Schriftstücken an der Außenseite der Wohnungstür nicht ausgeschlossen werden, dass die Schreiben von dritten Personen vor Kenntnisnahmemöglichkeit durch die Kläger entfernt werden. Denn durch das Anheften an der Außenseite der Wohnungstür sind die Schreiben noch nicht in den uneingeschränkten Machtbereich der Kläger gelangt Ferner ist nicht ersichtlich, warum durch diese Form der Zustellung das Anbringen der Schreiben in offener Form erforderlich sein soll, da die Schreiben zumindest in einem verschlossenen Umschlag an die Tür geheftet werden könnten.

Eine Einwilligung der Kläger in den Eingriff besteht nicht. Soweit der Beklagte angibt, die Kläger hätten konkludent ihre Einwilligung erteilt, da sie das Anbringen von Schreiben an der Tür über eine längere Zeit hinweg geduldet hätten, so kann dem nicht gefolgt werden. An die Annahme einer konkludenten Einwilligung sind strenge Anforderungen zu steilen um nicht den Grundsatz, dass Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung darstellt, zu umgehen. Dem Verhalten muss unter Berücksichtigung der Verkehrssitte ein Erklärungswert beigemessen werden können. Alleine aus der bloßen Duldung folgt nicht das Einverständnis mit einer Rechtsverletzung. Ferner wäre zumindest in der Klageerhebung ein Widerruf der Einwilligung zu sehen.

Es besteht auch eine Wiederholungsgefahr. Erforderlich für die Annahme der Wiederholungsgefahr ist die ernstliche, auf Tatsachen gründende Besorgnis, dass in Zukunft gegen die bestehende Unterlassungspflicht verstoßen wird, wobei bereits der erfolgte Eingriff die Wiederholungsgefahr indiziert (vgl. Palandt, Spreu, 71. Auflage, Einf v § 823, Rn. 20). Der Beklagte hat hier keine sichere Gewähr dafür geboten, dass derartige Beeinträchtigungen in Zukunft unterbleiben, weshalb diese Vermutung nicht wiederlegt wurde.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Beseitigung der Kamera zur Überwachung der Mülltonnen sowie auf Unterlassung der Wiederanbringung nach § 1004 1 2 BGB analog iVm § 823 1 BGB iVm Art. 2 I, 1 1 GG.

Das Anbringen der Kamera zur Überwachung der Mülltonnen stellt eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt das Recht des Einzelnen, welche persönlichen Daten anderen Personen zur Kenntnis gebracht werden. Darunter gehört auch das Recht darüber zu bestimmen, ob eine dritte Person Kenntnis davon erhält, wann und wo man sich aufgehalten hat. Daraus folgt für den Mieter nicht nur die Freiheit, die eigene Wohnung bzw. das Haus zu verlassen oder zu betreten, ohne dass der Vermieter dies jederzeit überwachen und Anwesenheit oder Abwesenheit des Mieters feststellen kann sondern auch das Recht, ungestört und unüberwacht Besuch zu empfangen. Dem Vermieter steht grundsätzlich kein Recht zu, dauerhaft überprüfen zu können, welche Personen wann oder wie oft bei dem Mieter zu Besuch sind.

Ferner liegt eine Beeinträchtigung auch darin, dass durch die Kamera für den Vermieter aufgrund des Gesichtsausdrucks des gefilmten Mieters erkennbar werden kann, in welcher Verfassung oder in welchem Gemütszustand der Mieter sich gerade befindet. An diesen Feststellungen besteht jedoch für den Vermieter kein berechtigtes Interesse.

Durch die Anbringung der Kamera wird es dem Beklagten ermöglicht, festzustellen, wann und wie oft die Kläger ihre Wohnung verlassen und wann und wie oft sie ihren Müll rausbringen. Hierdurch kann ein Bewegungsprofil der Kläger erstellt werden.

Eine Rechtfertigung für den Eingriff liegt nicht vor, Die beabsichtigte Überwachung der Einhaltung der Mülltrennung stellt keinen ausreichenden Grund dar, welcher den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht rechtfertigen könnte.

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen erforderlich und eine drohende Rechtsverletzung nicht anderweitig zu verhindern ist. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung ist nicht schon dann anzunehmen, wenn es bei der Mülltrennung durch Mieter zu Verstößen gegen die Hausordnung oder die Gemeindesatzung kommt. Zumal der Beklagte auch nicht konkret vorgetragen hat, wann und wie oft es zu deartigen Verstößen kam, so dass die Gewichtigkeit der Verstöße nicht bemessen werden kann. Dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist hier der Vorrang einzuräumen.

Offen bleiben kann hier, ob es sich bei der Kamera tatsächlich um eine Attrappe gehandelt hat, da eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch dann anzunehmen ist, wenn der Vermieter lediglich eine Attrappe anbringt, da schon der Eindruck der Überwachung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt (vgl. Schmidt-Futterer, Eisenschmid, 11. Auflage § 535, Rn. 588). Denn für den Mieter ist regelmäßig nicht erkennbar, ob es sich um eine Attrappe oder eine echte Kamera handelt. Dass die Kläger hier Kenntnis davon hatten, dass es sich um eine Attrappe handelt, wurde vom Beklagten nicht substantiiert dargelegt und nicht unter Beweis gestellt.

Es besteht ferner eine Wiederholungsgefahr, da diese durch die Verletzungshandlung sowie den Umstand, dass der Beklagte auch weitere Kameras angebracht hatte, indiziert ist. Diese Vermutung wurde vom Beklagten auch nicht widerlegt.

Die Kläger können daher von dem Beklagten die Beseitigung der Beeinträchtigung sowie die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen durch Installation einer Kamera verlangen nach § 1004 1 BGB analog.

Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages begründet. Die Klage war ursprünglich zulässig und begründet. Wie bereits ausgeführt, stellt das Anbringen der Kameras eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts dar, weshalb die Kläger nach § 1004 I 1 BGB analog iVm § 823 1 BGB iVm Art. 2 1, 1 1 GG Beseitigung und Unterlassung verlangen konnten. Durch die Entfernung der Kameras nach Kenntnisnahme des Beklagten von der Klageerweiterung nach deren Zustellung ist der Anlass zur Klageerhebung weggefallen, weshalb insoweit Erledigung eingetreten ist.

Die Kläger haben auch einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren nach den §§ 280 1, 241 II BGB. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts stellt gleichzeitig eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten nach § 241 II BGB dar. Zur Abwehr dieser Beeinträchtigung durften sich die Kläger auch der Hilfe eines Anwaltes bedienen. Dass hier die Einschaltung eines Anwaltes nicht erforderlich war (§ 249 1 BGB), ergibt sich aus dem tatsächlichen Vorbringen nicht.

Der Ansatz eines Gegenstandswertes von 5.000 Euro ist wegen § 23 III 2 RVG nicht zu beanstanden.

Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus den §§ 291, 288 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Die Androhung von Ordnungsmitteln folgt aus § 890 11 ZPO.

Der Streitwert richtet sich nach § 48 II GKG iVm § 3 ZPO und richtet sich nach dem zu schätzenden Interesse der Kläger an der Beseitigung und Unterlassung der Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrecht als immateriellem Rechtsgut und war jeweils mit 2.500 Euro zu bemessen.

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