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Umlagefähigkeit der Kosten des Wärmecontractings

LG Berlin – Az.: 67 S 231/11 – Urteil vom 02.04.2012

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. März 2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 12 C 177/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des sich nach Verrechnung mit dem Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Saldos aus der Abrechnung der Heiz- und Kaltwasser- sowie Warmwasserkosten für das Jahr 2006 in Höhe von 1.147,21 €. Der Anspruch ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen der Beklagten und der vormaligen Eigentümerin geschlossenen Mietvertrag. Danach ist die Beklagte verpflichtet, die sich ergebenden Betriebs- und Heizkosten zu entrichten. In dieses Mietverhältnis ist  die Klägerin auf Vermieterseite gemäß § 566 Abs. 1 BGB durch den Erwerb des Grundstücks im Jahre 2006 eingetreten.

Die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 ist formell wirksam. Die Abrechnung entspricht den Anforderungen des § 259 BGB und ist daher geeignet, eine fällige Forderung zu begründen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Fälligkeit einer Betriebskostennachzahlung den Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung voraus (BGHZ 113, 188, 194; Urteil vom 14. Februar 2007 – VIII ZR 1/06, NJW 2007, 1059, Tz. 8). Formell ordnungsgemäß ist eine Betriebskostenabrechnung, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen (Urteil vom 28. Mai 2008 – 261/07 – Grundeigentum 2008, 255; Urteil vom 9. April 2008 – VIII ZR 84/07, unter II 1 a, Grundeigentum 2008, 795-796; Urteil vom 14. Februar 2007, – VIII ZR 1/06 – Grundeigentum 2007, 438).

Die Betriebskostenabrechnung ist auch materiell ordnungsgemäß erstellt. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Beträge für die Warmwasser-, Kaltwasser- und Heizkosten vermag die Kammer diese Abrechnungsposten nicht zu beanstanden.

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten entfällt die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung nicht deshalb, weil die Wärmelieferung im Rahmen eines so genannten Wärmecontractings zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden sei. Der Mietvertrag zwischen der Beklagten und der vormaligen Vermieterin datiert vom 30. Oktober 2003. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde das Haus, in welchem sich die streitgegenständliche Wohnung befindet, im Rahmen von Wärmecontracting mit Heizwärme versorgt. Insofern hat unstreitig eine Umstellung der Beheizungsart während der laufenden Mietzeit nicht stattgefunden. Der Mietvertrag enthält in § 4 Ziffer 4 c und Ziffer 5 b auch einen ausdrücklichen Hinweis, dass von der Mieterin die Kosten der eigenständigen gewerblichen Lieferung von Wärme und Warmwasser zu tragen sind. Danach musste der Beklagten selbst im vorliegenden Falle, in welchem im Mietvertrag mehrere Varianten der Wärme- und Warmwasserlieferung alternativ gegenüber gestellt wurden, bekannt sein, dass die Wärme- und Warmwasserlieferung auch im Rahmen von Wärmecontracting erfolgen könnte. Sie hätte vor Abschluss des Mietvertrages bei der Vermieterseite nachfragen können und müssen, ob ein Wärmecontracting besteht oder nicht, sofern sie Bedenken gegen die zu erwartende Höhe der Kosten gehabt hätte, und sie hätte im Falle des Wärmecontractings, sofern sie damit nicht einverstanden gewesen wäre, den Mietvertrag gar nicht abschließen müssen. Eine Aufklärungs- oder Informationspflicht der Vermieterseite bestand zur Überzeugung der Kammer nicht, das Vorliegen einer überraschenden Klausel, welche gegen die Bestimmungen des AGBG verstoßen könnte, ist – insbesondere angesichts des ausdrücklichen Hinweises in § 4 des Mietvertrages – nicht ersichtlich.

b) Die von der Beklagten beanstandeten Flächenabweichungen in den Abrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006 wurden von der Klägerin plausibel und nachvollziehbar erläutert. Sie basieren auf einem nachträglichen Ausbau der Dachgeschossflächen und der Einbeziehung der Gewerberäume.

c) Sofern sich die Beklagte darauf beruft, dass die in ihrer Wohnung installierten Heizkostenverteiler defekt gewesen seien, obliegt ihr für die Tatsache der Fehlerhaftigkeit dieser Geräte im streitgegenständlichen Zeitraum die Darlegungs- und Beweislast. Ein Beweis der Fehlerhaftigkeit der Geräte ist der Beklagten aber nicht gelungen. Die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme hat eine Fehlfunktion der Heizkostenverteiler gerade nicht ergeben. Fehler der Beweiswürdigung durch das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung sind nicht ersichtlich. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht die vom Gericht des ersten Rechtzuges festgestellten Tatsachen seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im Berufungsverfahren ist daher nur zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts in sich widersprüchlich ist, den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider läuft oder wesentliche Teile des Beweisergebnisses unberücksichtigt lässt. Auch muss aus den Entscheidungsgründen erkennbar sein, dass eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (Schumann/Kramer: Die Berufung in Zivilsachen, 7. Auflage 2007, Rn. 441). Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze sind durchgreifende Fehler nicht ersichtlich, die das vom Amtsgericht festgestellte Ergebnis der Beweisaufnahme in Frage stellen.

d) Sofern die Beklagte sich darauf beruft, dass die Forderung der Klägerin nicht fällig sei, vermag ihr Einwand nicht zu überzeugen. Die Erklärung, man werde den Anspruch bezüglich des Saldos aus der Heizkostenabrechnung derzeit nicht weiterfolgen, bezog sich, wie das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, allein auf die Abrechnung für das Jahr 2005, nicht auf die des Jahres 2006.

e) Substantiierte Einwendungen gegen die Geltendmachung der Kaltwasserkosten für das Jahr 2006 sind vor Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB von Seiten der Beklagten nicht erhoben worden, so dass sie insoweit gemäß § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB mit der Geltendmachung derselben nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen ist. Konkrete Einwendungen erfolgten erst im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19. August 2010.

2. Die Widerklage der Beklagten ist unbegründet.

Wie das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, ist die Klägerin hinsichtlich des Anspruchs der Beklagten auf Auszahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 ergebenden Guthabens nicht passiv legitimiert. Der Anspruch der Beklagten ist nicht gegenüber der Klägerin als Erwerberin des Grundstücks, sondern gegenüber der vormaligen Eigentümerin geltend zu machen. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 14. September 2000 – III ZR 211/99, 3. Dezember 2003 – VIII ZR 168/03 und 29. September 2004 – XII ZR 148/02 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Die Klägerin ist erst nach Ende des Abrechnungszeitraums, nämlich am 7. November 2006 Eigentümerin des Grundstücks geworden.

In seinem Urteil vom 3. Dezember 2003 – VIII ZR 168/03 – führt der Bundesgerichtshof unter anderem aus:

2. Zwar ist der Anspruch des Mieters auf Auszahlung des Betriebskostenguthabens für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 erst mit Erteilung der Betriebskostenabrechnung vom 16. Oktober 2000 fällig geworden (vgl. BGHZ 113, 188, 194; Senatsurteil vom 27. November 2002 – VIII ZR 108/02, NJW-RR 2003, 442 unter III 1). Wie der Bundesgerichtshof für den vergleichbaren Fall eines Eigentumswechsels nach dem Vermögensgesetz jedoch entschieden hat, ist der frühere Eigentümer gegenüber dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum (Bestandskraft des Rückgabebescheids) abgelaufenen Abrechnungsperiode zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt. Diese Lösung sorgt für Rechtsklarheit und vermeidet insbesondere das ungereimte Ergebnis, daß eine vor dem Eigentumswechsel fällig gewordene Abrechnungspflicht beim bisherigen Vermieter verbleibt, während Nachzahlungen und Erstattungen, deren Vorbereitung und Berechnung die Abrechnung dient, dem Erwerber zustehen, bzw. von diesem zu erbringen sind ( BGH, Urteil vom 14. September 2000 aaO).

Der erkennende Senat hält diese Betrachtungsweise auch im vorliegenden Fall für sachgerecht. Das strikte Festhalten am sog. Fälligkeitsprinzip würde einmal die Abrechnung der Nebenkosten im Regelfall erschweren, da sich der Erwerber die nötigen Unterlagen vom Veräußerer unter Umständen erst beschaffen muß; im übrigen können sich für den Erwerber erhebliche Hindernisse ergeben, wenn er mit dem Mieter über die Nebenkosten für bereits vor seinem Eigentumserwerb abgeschlossene Rechnungsperioden abrechnen soll. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß der Erwerber in der nun abzurechnenden Periode die Vorauszahlungen nicht erhalten hat. Er müßte sich dann an den Veräußerer wenden und eventuelle Ansprüche möglicherweise gerichtlich durchsetzen. Auch stünde im Fall geschuldeter Nachzahlungen ein hierauf gerichteter Anspruch dem Erwerber selbst nicht zu, nachdem der Veräußerer die Aufwendungen für die abgelaufene Abrechnungsperiode getragen und er deshalb Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1101; Staudinger/Emmerich, [2003], § 566 BGB, Rdnr. 55; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 566 Rdnr. 59; Blank/Börstinghaus, Miete, § 571 BGB Rdnr. 26; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 1411; a.A. OLG Naumburg, NJW-RR 1999, 160; Schenkel, NZM 1999, 5 ff.). Soweit den Mietern danach Nachteile entstehen können, weil es ihnen verwehrt ist, mit ihnen zustehenden Rückzahlungsforderungen gegenüber Mietzinsforderungen des Erwerbers aufzurechnen, ist dies die Folge des Erwerbs ihres Vertragsgegners und von ihnen hinzunehmen.

Anderes ergibt sich auch nicht aus den anlässlich der Veräußerung zwischen der Klägerin und der vormaligen Eigentümerin geschlossenen Vereinbarungen. Die Formulierung im Schreiben der Hausverwaltung vom 16. September 2005 gibt lediglich den in § 566 BGB gesetzlich normierten Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber wieder, stellt darüber hinaus aber keine Verpflichtung der Klägerin gegenüber der Beklagten dar. Regelungen über das Außenverhältnis der Parteien des Grundstückskaufvertrages gegenüber den Mietern sind nicht ersichtlich. Auch die Frage, welche Hausverwaltung mit der Erstellung der Abrechnungen beauftragt wurde, ist für die Frage der Passivlegitimation gänzlich unerheblich.

Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Beklagten ist ebenfalls nicht ersichtlich, da eine irgendwie geartete Bereicherung der Klägerin – bis auf eine Behauptung der Beklagten ins Blaue hinein – nicht vorgetragen wurde.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

6. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

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