AG Backnang – Az.: 5 C 650/19 – Urteil vom 10.03.2020
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 344,85 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als ehemaliger Vermieter von der Beklagten Bezahlung seiner Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 in Höhe von 344,85 €. Zwischen den Parteien ist aus dieser Abrechnung die Position Heizung/Wasser mit 1.164,45 € streitig.
Der Wasserverbrauch war durch Ablesen der Wasseruhren durch einen Wärmedienstleister im Februar 2019 in Anwesenheit der Beklagten festgestellt worden. Dabei war ein Wasserverbrauch von insgesamt 101,21 m3 abgelesen worden, wobei auf dem Zähler Nr. …, welcher den Verbrauch in Bad und Gäste-WC misst, 90,193 entfielen.
In den Jahren zuvor belief sich der Wasserverbrauch an dieser Messstelle auf max. 12,34 m3. Auch in der Zeit danach ergab sich ein entsprechender niedrigerer Verbrauch.
Der Ableser wies die Beklagte auf die erheblich gesteigerten Verbrauchswerte hin, daraufhin wurde zur Aufklärung die Hausverwaltung und der Vermieter eingeschaltet. Die Funktionsfähigkeit der Wasseruhr wurde durch die Beklagte mittels „auslitern“ getestet, demnach funktionierte die Wasseruhr zu diesem Zeitpunkt korrekt.
Der Kläger behauptet, die Messuhren hätten stets einwandfrei funktioniert und ein Leitungsmangel in der Wohnung läge nicht vor. Er schließt sich der Meinung des Messdienstes an, wonach der Mehrverbrauch wahrscheinlich durch eine Undichtigkeit einer Toilettenspülung oder einen tropfenden Wasserhahn verursacht worden sei. Eine minimal durchlaufende Spülung sei oft nicht oder nur sehr schwer und nach längerer Zeit zu erkennen. Die Beklagte habe das Gäste-WC weniger benutzt und daher weniger kontrolliert. Ihm sei nichts von einem Mangel gemeldet worden, daher habe er auch nicht reagieren können.
Im Ergebnis meint der Kläger, die Beklagte hätte den Mehrverbrauch verursacht, sie müsse es nachweisen, wenn dem nicht so sei.
Der Kläger beantragt: die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 344,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 24.08.2019 nebst 83,54 € außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz ab dem 20.09.2019 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
Die Beklagte ist der Meinung, sie habe den Wasserverbrauch nicht verursacht. Sie bewohne die Wohnung alleine, eine Veränderung in ihrem Nutzerverhalten habe nicht stattgefunden.
Es handele sich um einen Mangel in der Wohnung, von dem sie nichts gemerkt habe und den sie daher nicht habe anzeigen können. Sie habe die Toilettenspülung nicht unkontrolliert laufen lassen und nicht festgestellt, dass diese ständig laufe. Es sei nicht unstreitig, dass der Wasserzähler während der gesamten Zeit ordnungsgemäß funktioniert habe.
Die Beklagte ist der Meinung, der Kläger müsste beweisen, dass der Verbrauch ausschließlich von ihr verursacht wurde bzw. von ihr zu vertreten ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet und daher insgesamt abzuweisen.
Der Kläger hat aus § 3 des Mietvertrags grundsätzlich Anspruch auf Bezahlung der Betriebskosten durch die Beklagte. Danach hat die Beklagte die Betriebskosten einschließlich der Wasserkosten zu tragen.
Es lässt sich jedoch vorliegend nicht feststellen, dass die Kosten für den streitigen Wasserverbrauch unter diese von der Beklagten zu übernehmenden Betriebskosten fallen.
Betriebskosten sind (im Unterschied zu Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten) Kosten, die bei bestimmungsgemäßen Verbrauch des Gebäudes laufend entstehen. Nicht dazu gehören Kosten, die ihre Ursache in einem Mietmangel haben oder in einem Umstand, der nicht zur Risikosphäre des Mieters, sondern zu der des Vermieters gehört.
Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass ordnungsgemäß gemessene Verbrauchswerte maßgeblich sind für die umzulegenden Betriebskosten. Grundsätzlich genügt der Vermieter daher seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die Kosten nach dem so gemessenen Verbrauch ermittelt und umlegt.
Kann der Mieter jedoch Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, die es plausibel erscheinen lassen, dass der gemessene Verbrauch nicht auf seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache beruht, sondern auf einem Mietmangel oder einem nicht seiner Risikosphäre zugehörigen Umstand, muss der Vermieter diese Umstände ausräumen.
Solche Umstände sind jedenfalls dann anzunehmen, wenn der gemessene Verbrauch im Vergleich zu dem Verbrauch in der vorherigen Zeit und in der späteren Zeit signifikant gestiegen ist, sich hierfür keine Erklärung finden lässt, die dem Mieter zurechenbar ist und sich diese Steigerung durch einen Mietmangel erklären lässt, der grundsätzlich in die Risikosphäre des Vermieters fällt (vergl. zum Ganzen LG Rostock, 1 S 198/16).
Solche Umstände sind hier unstreitig gegeben, da der gemessene Verbrauch im Vergleich zu den Jahren davor und auch dem Zeitraum danach exorbitant, nämlich um das Siebenfache angestiegen ist. Der Kläger hat im Ergebnis nicht dargelegt und bewiesen, dass dieser Mehrverbrauch der Beklagten anzulasten ist. Die Anhörung der Beklagten, einer alleinstehenden Dame, hat kein geändertes Nutzerverhalten im fraglichen Zeitraum ergeben. Die Beklagte hat darüberhinaus angegeben, dass sie täglich das Schwimmbad besucht und daher auch die Badewanne und die Dusche selten benutze. Es ist somit naheliegend, dass ein Wasserverlust in einem Mangel der WC-Spülung begründet war. Davon geht der Kläger selbst aus, denn er hat angegeben, dass der erhöhte Verbrauch sehr wahrscheinlich durch eine minimal durchlaufende WC-Spülung verursacht worden sei, was kaum zu bemerken sei, vor allem wenn die Gästetoilette, wie angegeben, nicht so häufig benützt würde. Eine leckende WC-Spülung ist aber der Risikosphäre des Vermieters zuzuordnen, der für den ordnungsgemäßen Zustand der Mietsache verantwortlich ist und daher für deren Instandsetzung und Instandhaltung sorgen muss.
Es ist auch nicht dargelegt, dass die Beklagte eine Undichtigkeit der Spülung früher hätte bemerken und dem Vermieter melden müssen, mit der Folge, dass sie bei Unterlassen der Anzeige sich gegenüber dem Vermieter schadensersatzpflichtig gemacht hätte.
Eine solche Anzeigepflicht des Mieters setzt grundsätzlich die Erkennbarkeit eines Mietmangels voraus. Ein offensichtlicher Mangel lag hier aber unstreitig nicht vor. Der Kläger selbst schließt sich vielmehr der Auffassung des Messdienstes an, dass eine leckende WC-Spülung nur schwer oder nach längerer Zeit erkennbar ist.
Die Beklagte hat, nachdem ihr anlässlich der Ablesung der extreme Mehrverbrauch vom Ableser mitgeteilt worden war, den Kläger umgehend informiert. Sie hat glaubhaft angegeben, sie hätte davor keine Unregelmäßigkeiten bemerkt. Dass sie den mutmaßlichen Mangel früher hätte bemerken müssen, hat der Kläger nicht vorgetragen. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass sie den Vermieter umgehend informiert hätte, wenn sie ein Leck früher bemerkt hätte.
Insgesamt hat der Kläger somit nicht darlegen und beweisen können, dass der Mehrverbrauch der Beklagten anzulasten ist. Damit ist der Wasserverbrauch nicht als betriebskostenrelevanter Verbrauch feststellbar, vielmehr ist die Verursachung durch eine leckende, somit mangelhafte Toilette wahrscheinlich.
In einem derartigen Fall sind die umlagefähigen Betriebskosten wegen eines dem Mieter zurechenbaren Mindestverbrauchs vom Gericht zu schätzen (so auch AG Hannover, 514 C 7283/08). Legt man einer solchen Schätzung den höchsten in den Jahren zuvor gemessenen Verbrauch am Zähler Nr. … mit 12,34 m3 zu Grunde, ergeben sich insgesamt verbrauchte Einheiten von 23,36 m3 und somit Wasserkosten in Höhe von 127,96 € (statt 554,43 €). Unter Zugrundelegung der im übrigen unveränderten Parameter der Heizkostenabrechnung ergeben sich Heiz- und Wasserkosten in Höhe von 737,98 € (statt 1.164,45 €). Die Gesamtkosten belaufen sich damit auf 1.358,38 €, so dass sich unter Anrechnung der Vorauszahlungen der Beklagten in Höhe von 1.440,00 € ein Guthaben ihrerseits in Höhe von 81,62 € ergibt.
Eine Nachzahlungspflicht für die Beklagte besteht daher nicht, so dass die Klage vollumfänglich abzuweisen war, da auch keine Verpflichtung zur Tragung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.