AG Berlin-Mitte – Az.: 20 C 71/12 – Urteil vom 15.10.2012
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 445,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. April 2012 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 11 % und die Beklagte 89 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im übrigen unbegründet.
In Höhe von 445,90 € ist die Beklagte gemäß § 535 BGB i.V.m. dem Mietvertrag der Parteien sowie den streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen zur Nachzahlung verpflichtet, denn entgegen der von der Beklagtenseite vertretenen Auffassung sind die sogenannten kalten Betriebskosten formell wirksam abgerechnet worden. Die Fälligkeit einer Nachzahlung setzt den Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung voraus (vgl. BGHZ 113, 188 (194)). Formell ordnungsgemäß ist eine Betriebskostenabrechnung, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht. Gefordert ist dafür im Regelfall, dass eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung des Verteilerschlüssels, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen angegeben ist (vgl. BGHNJW-RR 2003, 442) Für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Abrechnung kommt es darauf an, ob der juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulte Mieter sie gedanklich und rechnerisch nachvollziehen kann (vgl. BGH GE 2011, 949). Für eine formell wirksame Abrechnung sind die Gesamtkosten auch dann anzugeben, wenn einzelne Kostenteile nicht umlagefähig sind. Es genügt nicht, nur die insoweit schon bereinigten Kosten mitzuteilen. Dem Mieter muss ersichtlich sein, ob und in welcher Höhe nicht umlagefähige Kosten vorab abgesetzt worden sind, denn auch dies hat Einfluss auf die dem Mieter angelasteten Kosten (vgl. BGH GE 2007, 438). Entgegen der von der Beklagtenseite vertretenen Auffassung fehlt es daran hier nicht, denn in den streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen ist deren „Bereinigung“ um 15,45 % Gewerbeanteil gegenüber dem Wohnflächenanteil ausdrücklich angegeben und damit sind die Gesamtkosten, die 100 % ausmachen, bestimmt. Ob diese auf 100 % berechenbaren Gesamtkosten inhaltlich richtig sind, betrifft die formelle Wirksamkeit der Nebenkostenabrechnungen nicht, sondern deren inhaltliche Richtigkeit, die nach Belegeinsicht gerügt werden kann.
Dem gegenüber greifen die Einwände der Beklagtenseite zur Umlagefähigkeit der Kostenpositionen Dachrinnenreinigung, Lüfterwartung und RWA-Anlage durch, denn dabei handelt es sich um „sonstige Betriebskosten“, deren Umlage zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden ist, so dass sie nicht auf die Beklagte umgelegt werden können. Weder die Dachrinnenreinigung, die Lüfterwartung noch die der RWA-Anlage werden in Ziffer 1 – 16 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages ausdrücklich benannt, so dass es sich um „sonstige Betriebskosten“ im Sinne der Ziffer 17 der Anlage 3 zum streitgegenständlichen Mietvertrag handelt Sonstige Betriebskosten werden in vorformulierten Mietvertragsklauseln – wie hier – nur dann wirksam auf den Mieter abgewälzt, wenn sie im einzelnen hinreichend klar bezeichnet sind (vgl. BGH GE 2004, 810). Für den Bereich der Wartungskosten bedeutet dies, dass es nicht genügen kann, unter der Überschrift „sonstige Betriebskosten“ etwa „Kosten der Wartung technischer Anlagen“ anzuführen, denn einer solchen Formulierung kann der Mieter ohne genaue Kenntnis der im Mietobjekt vorhandenen Anlage nicht entnehmen, welche Kosten annähernd auf ihn zukommen. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dann eine Bezeichnung der Art der Anlagen erfolgt. Eine solche Bezeichnung erfolgt hier in Ziffer 17 ausschließlich für Warmwassergeräte, Kachelöfen und Allesbrenner und damit nicht für die hier streitgegenständliche Dachrinnenreinigung sowie Wartung der Lüfter und der RWA-Anlage.
Die Kosten der Dachreinigung sind auch nicht Kosten der Entwässerung im Sinne der Ziffer 3 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages noch Kosten der Hausreinigung im Sinne der Ziffer 9 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages. Auch wenn die Dachrinne mit der Entwässerung des Grundstücks im Zusammenhang steht, ist sie in der Ziffer 2 nicht benannt. Ebenso verhält es sich für die Ziffer 9 und bei der Regenrinne handelt es sich auch nicht um einen „von den Bewohnern gemeinsam genutzten Gebäudeteils“ der anschließenden Auflistung.
Entgegen der von der Klägerseite vertretenen Auffassung ist die Umlage der Wartung der RWA-Anlage nicht durch den letzten Absatz der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden. Zum einen unterfällt die RWA-Anlage dieser Regelung ihrem Wortlaut nach nicht, denn die Klägerseite selbst stellt mit Schriftsatz vom 24 September 2012 dar, dass die RWA-Anlage seit Mietvertragsbeginn mit der Beklagten vorhanden gewesen ist, so das es sich nicht um „neue“ Betriebskosten im Sinne des letzten Absatzes der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages handelt. Beim Mietvertragsschluss der Parteien war diese technische Anlage also vorhanden und hätte die Klägerseite deren Wartungskosten auf die Beklagtenseite wirksam umlegen wollen, dann hätte es der Erwähnung der RWA-Anlage in Ziffer 17 der Anlage des streitgegenständlichen Mietvertrages bedurft. Dies ist nicht erfolgt, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob der letzte Absatz der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages dem Transparenzgebot genügte.
Somit ist eine wirksame und ausdrückliche Vereinbarung der Umlage der Dachrinnenreinigung, der Lüfterwartung und der Wartung der RWA-Anlage nicht gegeben. Auch für eine stillschweigende Vereinbarung dieser sonstigen Betriebskosten genügt der Kläger seiner Darlegungslast als Anspruchssteiler nicht. An das Vorliegen einer Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten sind strenge Anforderungen zu stellen, durch die Betriebskosten auf den Mieter abgewälzt werden. Dies gilt insbesondere, soweit es auf einen rechtsgeschäftlichen Änderungswillen der Vertragsparteien ankommt. Zwar hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. April 2004 – VIII ZR 126/03 – (in GE 2004, 810), eine solche stillschweigende vertragliche Umlagenvereinbarung nach 10-jähriger Übung angenommen. Daran fehlt es hier jedenfalls aber deshalb, weil unstreitig geblieben bzw. zugestanden ist, dass die Position Dachrinnenreinigung vor der streitgegenständlichen Abrechnungen lediglich zweimal, die Kostenposition RWA-Anlage einmal und die der „Lüfterwartung“ keinmal abgerechnet und von der Beklagtenseite widerspruchslos bezahlt worden ist. Zutreffend weist die Beklagtenseite zudem auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 279/06 – in GE 2008, 46f hin, nach der neben dem Zeitlauf für eine schlüssige Umlagenänderungsvereinbarung zusätzliche Anforderungen benannt worden sind, zu denen klägerseits jeglicher Vortrag fehlt.
Somit sind die diesen drei Kostenpositionen entsprechenden Anteile der Klageforderung nicht als umlagefähig ausdrücklich oder schlüssig vereinbart gewesen, so dass sie von der Klageforderung in Abzug zu bringen sind.
Das gleiche gilt für die Kostenposition Ungezieferbekämpfung. Zwar ist die Umlage dieser Kosten in Ziffer 9 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Mietvertrages ausdrücklich benannt, allerdings sind sie als Betriebskosten nur dann umlagefähig, wenn es sich um „laufend“ entstehende, präventive Kosten im Sinne des § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB handelt. Zwar ist dafür keine jährliche Bekämpfung erforderlich, allerdings ist ein regelmäßiger auch längerfristiger und mehrjähriger Turnus gefordert, wozu die Klägerseite trotz entsprechenden Bestreitens der Beklagtenseite nicht weiter vorträgt, was zu ihren Lasten zu gehen hat. Der einmalige Kostenanfall indiziert eine einmalige Mangelbeseitigung als Instandsetzungsmaßnahme, deren Kosten die Vermieterseite zu tragen hat (vgl. AG Hamburg WuM 2002, 265). In dieser Position umgelegten 8,87 € sind deshalb von der Klageforderung in Abzug zu bringen.
Im übrigen ist die Klage begründet, denn entgegen der von der Beklagtenseite vertretenen Auffassung ist die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 2010 nicht inhaltlich unrichtig, weil nicht die Ablesewerte aus der Abrechnung für das Abrechnungsjahr 2009 in Ansatz gebracht worden sind. Nachdem der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden hat (vgl. GE 2012, 401 und 823), dass im Rahmen des § 7 a Heizkostenverordnung nach tatsächlichem Verbrauch zum Stichtagsprinzip und nicht mehr im Abflussprinzip abgerechnet werden kann, ist die klägerseits vorgetragene Zurückrechnung der Ablesedaten nicht zu beanstanden. Zumal die Klägerseite dies bereits in der Abrechnung für das Abrechnungsjahr 2009 im einzelnen erläutert und berechnet hat, so dass für die Beklagte die Ausgangswerte für das Jahr 2010 nachvollziehbar geworden sind, ohne dass es der Wiederholung dieser Erläuterungen und Berechnungen in der Abrechnung für 2010 bedurfte.
Die Zinsen sind gemäß § 291 ZPO begründet.
Die Nebenentscheidungen folgen als §§ 92 Abs. 1, 713 ZPO.