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Unangekündigte Bauarbeiten rechtfertigen fristlose Gewerbemeitvertragskündigung

OLG Köln – Az.: 22 U 151/20 – Beschluss vom 25.04.2022

Es wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 27.08.2020 und 02.02.2021 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 02.02.2021 erachtet der Senat lediglich als Anschlussberufung für zulässig; sie würde mit einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO über die Berufung der Beklagten ihre Wirkung verlieren.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem von der Klägerin außerordentlich gekündigten Gewerbemietverhältnis.

Mit Mietvertrag vom 17./27.12.2013 (Anlage K 1 – Nachträge Anlage K 2) mietete die Klägerin im Untergeschoss des Einkaufszentrums … (nunmehr … von der Immobilienfonds Wohn- und Geschäftshaus … GbR eine Ladenfläche zum Betrieb eines Bäckereifachgeschäfts. Der Mietvertrag hatte eine feste Laufzeit bis zum 30.6.2025. Nach § 14 Mietvertrag war die Klägerin verpflichtet, Ausbesserungen und bauliche Veränderungen zu dulden, die der Erhaltung, Modernisierung oder besseren Ausnutzung des Einkaufszentrums dienten. § 14 Ziff. 1 Abs. 2 des Mietvertrages sah dabei folgende Regelung vor:

„Der Beginn derartiger Arbeiten ist dem Mieter, sofern es sich nicht um Arbeiten zur Abwehr bestehender oder drohender Gefahren handelt, mindestens zwei Wochen vorher schriftlich anzukündigen.“

Unangekündigte Bauarbeiten rechtfertigen fristlose Gewerbemeitvertragskündigung
(Symbolfoto: Shark9208888/Shutterstock.com)

n den Jahren 2014 und 2015 schlossen die Klägerin und die Immobilienfonds Wohn- und Geschäftshaus … insgesamt vier Nachträge zu dem Mietvertrag vom 17./27.12.2013 (Anl. K2 ff., Bl. 47 ff. Anl.heft), mit denen unter anderem jeweils gemäß Ziffer 1 die Übergabe der Mietsache an die Klägerin auf einen späteren Zeitpunkt bestimmt wurde. Nach Ziffer 2 der Nachträge war der Klägerin bekannt,

„dass die in dem Einkaufszentrum geplanten Umstrukturierungs-/Erweiterungsmaßnahmen mit Verschmutzungen und Geräuschbelästigungen sowie einer Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs des Mieters verbunden sein können. Der Mieter kann hieraus keine Minderungs- oder Zurückbehaltungsrechte, Schadensersatzansprüche oder sonstige Ansprüche – gleich welcher Art – gegen die Vermieterin herleiten.“

Hintergrund war, dass, worüber die Klägerin bereits im Zuge des Abschluss des Mietvertrages unterrichtet war, „Revitalisierungsmaßnahmen“ in Form von Bauarbeiten geplant waren, um Neuvermietungen zu erreichen. Diese Arbeiten wurden in den Jahren 2015 und 2016 durchgeführt. Mit Schreiben von 02.05.2016 teilte die damalige Verwalterin des Einkaufszentrums der Klägerin mit, dass die „Revitalisierungsmaßnahmen“ bis zum 31.05.2016 vollständig abgeschlossen sein würden.

In der Folgezeit erwarb die Beklagte das Grundstückseigentum am D… und trat in diesem Zuge im Jahr 2017 in den Mietvertrag ein. Mit der Verwaltung des Einkaufszentrums beauftragte sie die … E… GmbH. Das Ladenlokal der Klägerin selbst wurde von einer ihrer Franchisenehmerinnen betrieben.

Ab dem Jahr 2017 verhandelten die Parteien über eine neue Mietfläche, da die Beklagte für Bauarbeiten die Fläche der Klägerin in Anspruch nehmen wollte. Eine Einigung kam nicht zustande. Mit E-Mail vom 12.09.2018 teilte die Beklagte schließlich mit, dass sie auf die Mietfläche der Klägerin nicht mehr zugreifen wolle, sodass die Mieteinheit von dieser weiter genutzt werden könne (Anl. K13, Bl. 100 Anl.heft).

Am 08.05.2019 kam es – erstmalig – zu nicht konkret angekündigten Bauarbeiten unmittelbar vor dem Ladenlokal der Klägerin, bei denen u.a. Bauzäune aufgestellt wurden. Infolge der Arbeiten verstaubte ein erheblicher Teil der Waren der Franchisenehmerin der Klägerin und musste entsorgt werden. Am 22.07.2019 wurden wiederum vor dem Ladenlokal der Klägerin unangekündigt Bauarbeiten durchgeführt, u.a. Stemmarbeiten, bei denen trotz einer vor dem Ladenlokal angebrachten Plane das Ladenlokal sowie darin befindliche Waren erneut durch Baustaub verschmutzt wurden. Hierauf forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 22.07.2019 über die Verwalterin auf, die Bauarbeiten einzustellen und mahnte sie wegen Verletzung von § 14 Mietvertrag ab, weil die Arbeiten nicht vertragsgemäß im Voraus angekündigt worden waren.

Am 29.07.2019 wurden erneut ohne konkrete Vorankündigung Bauarbeiten vor dem Ladenlokal der Klägerin ausgeführt. Hierauf kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos mit Schreiben vom 31.07.2019.

Am 07.08.2019 übermittelte die Verwalterin der Beklagten der Klägerin die sogenannte Mieterinformation 10/2019, in der unter Ziffer 4 auf weitere Bauarbeiten für die Zeit vom 13.08. bis zum 16.08.2019 hingewiesen wurde (Anl. B2, Bl. 84 ff, Anl.heft). Mit Schreiben vom 20.08.2019 (Anl. K16, Bl. 107 Anl.heft) kündigte die Klägerin wegen am 16. und 17.08.2019 seitens der Beklagten durchgeführter Bauarbeiten erneut außerordentlich. Eine weitere außerordentliche Kündigung erklärte sie mit Schreiben vom 29.08.2019 (Anl. K17, Bl. 109 Anl.heft) wegen erneut nicht konkret angekündigter Bauarbeiten vom 28.08.2019, die zu Beschädigungen an Fliesen im Mietobjekt der Klägerin geführt hatten. Letztmals kündigte sie mit Schreiben vom 23.04.2020 das Mietverhältnis außerordentlich wegen am 20.04.2020 stattgefundener Arbeiten.

Die Klägerin ist der Auffassung, die fristlosen Kündigungen seien gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen der Verletzung der Ankündigungspflicht von Bauarbeiten durch die Beklagte begründet gewesen. Durch die Arbeiten und die hiermit einhergehenden Beeinträchtigungen wegen des Baulärms und Baustaubs sei ihr der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache (teilweise) entzogen worden. Soweit die Beklagte behaupte, mit Schreiben vom 14.06.2018 auf bevorstehende Bauarbeiten hingewiesen zu haben, sei ihr dieses nicht zugegangen. Ungeachtet dessen sei die Bauablaufplanung im September 2018 ohnehin erneut überarbeitet worden. Soweit die Beklagte behaupte, die Mieter regelmäßig über den Stand von Baumaßnahmen informiert zu haben, seien ihr, der Klägerin, jedenfalls die Mieterinformationen 06/2019 (v. 16.05.2019) und 09/2019 (v. 28.06.2019) nicht zugegangen.

Sie vertritt die Auffassung, die Beklagte schulde ihr Ersatz des entgangenen Gewinns für den Zeitraum der Restlaufzeit des Vertrags, insgesamt fünfeinhalb Jahre. Der entgangene Gewinn betrage … €, nämlich durchschnittlich … € p.a. Gewinn für die Dauer von 5 ½ Jahren unter Berücksichtigung einer Abzinsung von 1,16 % wegen der Vorfälligkeit der Erstattung. Ihren Vortrag zur Gewinnermittlung hat die Klägerin unter Vorlage der Anlage K 18 erläutert, ferner beziffert die Klägerin erstattungsfähige nutzlose Aufwendungen in Höhe von … € mit Schriftsatz vom 23.07.2020.

In erster Instanz hat die Klägerin zuletzt – anstelle des zunächst angekündigten (Haupt)Zahlungsantrags zu 2) – einen Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz und den bisherigen Zahlungsantrag zu 2) als Hilfsantrag gestellt und beantragt,

1. festzustellen, dass das ehedem zwischen den Parteien bestehende Mietvertragsverhältnis für das Objekt mit der postalischen Bezeichnung, …, beendet ist;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle Schäden zu ersetzen im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung in der …, die sich bereits ergeben haben oder noch entstehen;

hilfsweise zu dem Antrag zu 2), die Beklagte zu verurteilen, an sie 494.812 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen seien unwirksam. Die Klägerin sei über die für die Revitalisierung des Einkaufszentrums erforderlichen Bauarbeiten schon anfänglich im Bilde gewesen, zudem sei auch in der Folgezeit durch Mieterinformationen und bei Rundgängen informiert worden, so etwa mit Mieterinformationen vom 16.05.2019 (Nr. 06/2019), 28.06.2019 (Nr. 09/2019) und 07.08.2019 (Nr. 10/2019). In den Nachträgen Nr. 1 bis 4 zu dem Mietvertrag sei zudem vereinbart worden, dass die Klägerin aus den Umbaumaßnahmen keine Ansprüche herleiten könne. Die Franchiseunternehmerin der Klägerin habe auch in dauerndem Austausch mit dem Centermanagement gestanden. Insgesamt habe sich die Klägerin lediglich verkalkuliert, weil sie im Jahr 2018 die Anmietung einer anderen Mietfläche zu marktunüblichen Konditionen habe erreichen wollen. Nunmehr suche die Klägerin lediglich einen Grund, sich aufgrund der gescheiterten Verhandlungen von dem Mietvertrag zu lösen. Die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen seien zudem unverhältnismäßig. Ferner bestreitet die Beklagte die Berechnung des entgangenen Gewinns, die sie zudem für prozessual unzureichend dargestellt hält.

Das Landgericht hat zunächst mit Teilend- und Teilgrundurteil vom 27.08.2020 den Klageantrag zu 1) vollständig und den hilfsweise gestellten Zahlungsantrag als dem Grunde nach begründet angesehen, bei seiner Entscheidung allerdings den Feststellungsantrag zu 2) übersehen und nicht beschieden. Sodann hat es nach § 321 ZPO mit Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 den Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen. Im Hinblick auf den noch anhängigen Teil des Zahlungsantrags zur Höhe hat es einen Beweisbeschluss erlassen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe mehrfach ihre Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt, indem sie entgegen § 14 Ziffer 1 des Mietvertrags Bauarbeiten nicht vierzehn Tage im Voraus angekündigt habe. Nachdem die Klägerin die Beklagte deshalb abgemahnt habe, rechtfertige dies die außerordentliche Kündigung des Vertrags. Hieraus folge zugleich auch die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin den ihr durch die Kündigung entstehenden entgangenen Gewinn zu ersetzen. Der in diesem Zusammenhang als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag sei unzulässig, weil der Klägerin eine Bezifferung ihrer Ansprüche bereits möglich sei, was der Hilfsantrag zeige.

Hiergegen richten sich die Berufungen der Parteien, wobei die Klägerin lediglich das Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 angegriffen hat.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das landgerichtliche Urteil vom 27.08.2020 sei bereits wegen Nichtberücksichtigung der richtigen Klageanträge aufzuheben. Das Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 habe nicht ergehen dürfen, weil die Klägerin lediglich einen Antrag nach § 320 ZPO, nicht aber auch einen solchen nach § 321 ZPO gestellt habe. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags hält die Beklagte im Übrigen die seitens der Klägerin ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Insbesondere habe keine fortwährende Ankündigungspflicht für jede einzelne Baumaßnahme bestanden, da es sich um eine Gesamtbaumaßnahme gehandelt habe. Die Verletzung der Ankündigungspflicht sei zudem allenfalls eine zu vernachlässigende vertragliche Nebenpflicht, die allenfalls geringe wirtschaftliche Nachteile mit sich gebracht habe und eine Kündigung nicht rechtfertigen könne. Die Klägerin sei durch die Arbeiten auch nicht wesentlich über das Maß hinaus beeinträchtigt worden, das sie aufgrund ihrer Duldungspflicht ohnehin habe hinnehmen müssen.

Die Klägerin wendet sich gegen das Ergänzungsurteil, soweit der Feststellungsantrag zu 2) als unzulässig zurückgewiesen worden ist. Es handele sich um eine Überraschungsentscheidung, die gegen die Grundsätze des rechtsstaatlichen Verfahrens verstoße und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletze. Sie habe den Feststellungsantrag in der mündlichen Verhandlung erst gestellt, nachdem das Landgericht Zweifel an der Berechnung des entgangenen Gewinns geäußert habe. Hätte sie gewusst, dass das Landgericht seine Bedenken auf ihre Ausführungen in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 23.07.2020 aufgegeben habe, hätte sie die Klage umgestellt und den hilfsweise gestellten Zahlungsantrag wieder als Hauptantrag gestellt, den Feststellungsantrag hingegen nur hilfsweise. Deshalb sei das Urteil aufzuheben und an das Landgericht zurückzuweisen, damit sie in entsprechender Weise verfahren könne.

II.

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufungen der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor.

1. Berufung der Beklagten

Die zulässigen Rechtsmittel der Beklagten erscheinen unbegründet.

a) Die Berufung der Beklagten zeigt hinsichtlich der angegriffenen Urteile vom 27.08.2020 und 02.02.2020 keine sie benachteiligenden Verfahrensfehler auf.

aa) Soweit sie sich gegen das Urteil vom 27.08.2020 mit der Begründung wendet, das Landgericht habe die zuletzt gestellten, geänderten Anträge teilweise übergangen, ist sie dadurch, dass das Landgericht fehlerhaft anstatt über den Klageantrag zu 2) unmittelbar über den Hilfsantrag entschieden hat, nicht beschwert.

bb) Die Rüge, das Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 habe mangels Antrags der Klägerin auf Ergänzung gemäß § 321 Abs. 2 ZPO nicht ergehen dürfen, ist unbegründet.

(1) Zwar ist zutreffend, dass in dem Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 16.09.2020 nicht auch ein Antrag nach § 321 Abs. 2 ZPO zu sehen war. Allerdings hat das Landgericht in seiner Verfügung vom 05.10.2020 darauf hingewiesen, dass im Wege des § 321 ZPO vorzugehen sein dürfte und angefragt, ob mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren Einverständnis bestünde. In der hierauf erklärten Zustimmung der Klägerin vom 13.10.2020 lag zugleich ein konkludenter Antrag auf Ergänzung des Urteils gemäß § 321 Abs. 1 ZPO.

(2) Die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen. Zwar war das zu ergänzende Urteil der Klägerin bereits am 04.09.2020 zugestellt worden. Hat der Ergänzung des Urteils indes – wie hier aufgrund des fehlerhaften Tatbestandes des Urteils vom 25.08.2020 – zunächst eine Tatbestandsberichtigung vorauszugehen, beginnt die Zweiwochenfrist des § 321 Abs. 2 ZPO erst mit Zustellung des Berichtigungsbeschlusses (Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Aufl., § 321 Rn. 11 m.w.N.). Den Tatbestand der Entscheidung vom 27.08.2020 hat das Landgericht aber erst inzident in seinem Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 berichtigt.

(3) Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte im Übrigen durch einen fehlerhaften Erlass des Ergänzungsurteils auch nicht beschwert wäre, da der Klageantrag zu 2) als unzulässig abgewiesen wurde. Zwar kann für die beklagte Partei in der Zurückweisung einer Klage als nur unzulässig aufgrund der insoweit nicht eintretenden materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Beschwer liegen (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2000 – VII ZR 53/99, NJW 2000, 2988). Den von der Beklagten gerügten Verfahrensmangel unterstellt, hätte eine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung über den Klageantrag zu 2) in diesem Verfahren aber nicht mehr ergehen können. Wäre das Ergänzungsurteil vom 02.02.2020 daher nicht ergangen, hätte die Klägerin ihren Klageantrag in einem weiteren Prozess erneut geltend machen können, da mit Urteil vom 27.08.2020 eine der Rechtskraft fähige Entscheidung hierüber noch nicht ergangen war.

b) Aufgrund des bisherigen Verfahrensstandes hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass das zunächst zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis zwischenzeitlich beendet worden ist. Die Klägerin hat das Mietverhältnis zu Recht gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB gekündigt.

aa) Es bestand ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Kündigungsgrund.

(1) Ein wichtiger Grund im Sinne der Generalklausel des § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nach Satz 2 der Regelung vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Der wichtige Grund muss aus dem Risikobereich des Kündigungsempfängers stammen und nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Mietverhältnisses die objektive Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung begründen (Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 81. Aufl., § 543 Rn. 5). Derartige Gründe bestehen insbesondere in den in § 543 Abs. 2 Satz 1 BGB gesetzlich definierten Beispielen. Hiernach ist ein wichtiger Grund insbesondere dann gegeben, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Sachmangel vorliegt, der den vertraglich vereinbarten Gebrauchszweck erheblich beeinträchtigt (MüKoBGB/Bieber, 8. Aufl., § 543 Rn. 19). Liegt der Tatbestand des § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, ist eine Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Die in § 543 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen, wie etwa die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung, müssen in diesem Falle nicht zusätzlich vorliegen (BGH, Urteil vom 18.10.2006 – XII ZR 33/04, Rn. 10). Darlegungs- und beweisbelastet hinsichtlich der den außerordentlichen Kündigungsgrund begründenden Umstände ist diejenige Partei, die sich auf die Wirksamkeit der Kündigung beruft.

(2) In Ansehung dieser Maßstäbe gilt:

(a) Baumaßnahmen in einem Haus stellen – zunächst ungeachtet etwaiger Duldungspflichten des Mieters – einen Sachmangel dar, wenn der Mieter hierdurch erheblich beeinträchtigt wird (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 536 Rn. 25; Bub/Treier/Kramer/Ehlert/Schindler, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kapitel III Rn. 3202). Derartige Beeinträchtigungen können etwa in Zugangsbeschränkungen oder Lärmbelästigungen liegen. Eine derartige Belästigung kann aber auch in einer hohen Staubentwicklung liegen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich nicht um eine rückstandslos zu beseitigende Verschmutzung der Mietsache handelt, sondern – wie hier die Waren der Franchisenehmerin der Klägerin – weitere Rechtsgüter des Mieters hierdurch beschädigt werden.

(b) Für die Frage des außerordentlichen Kündigungsgrundes kann insoweit zwar nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin nach § 14 Ziff. 1 des Mietvertrages „Umbauarbeiten, die im Zusammenhang mit einer Neuvermietung einzelner Flächen“ vorgenommen werden, zu dulden hatte. Dass die streitbetroffenen Baumaßnahmen im Frühjahr und Sommer 2019 durch eine Neuvermietung veranlasst waren, hat die Klägerin auch selbst vorgetragen. Auf die Durchführung der Arbeiten und der hiermit einhergegangen Beeinträchtigungen an sich stützt sie ihre Kündigung allerdings auch nicht. Maßgeblich ist vielmehr, dass die jeweiligen Arbeiten entgegen § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages nicht mit einer Frist von zwei Wochen im Voraus schriftlich angekündigt worden waren.

(aa) Dass die der Kündigung vom 31.07.2019 vorangegangenen Arbeiten der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung im Vorfeld mitgeteilt worden waren, behauptet die Beklagte selbst nicht.

(bb) Soweit sie vorbringt, die Klägerin seit bereits bei Abschluss des Mietvertrages über die Baumaßnahmen unterrichtet worden, verfängt dies nicht. Die zu Beginn des Mietverhältnisses in Rede stehenden Arbeiten betrafen die sogenannten Revitalisierungsmaßnahmen. Diese waren indes ausweislich des Schreibens der damaligen Verwalterin … GmbH vom 02.05.2016 (Anl. K11, Bl. 97 Anl.heft) am 31.05.2016 bereits abgeschlossen. Dass die Klägerin bereits im Jahr 2014 darüber unterrichtet worden war, dass ab dem Jahr 2018 Umbaumaßnahmen wegen der Neuvermietung von Flächen im Untergeschoss an die Firmen … und … stattfinden würden, ist weder vorgetragen noch ersichtlich und erscheint darüber hinaus auch ausgeschlossen.

(cc) Aus demselben Grunde geht auch der Hinweis der Beklagten fehl, aus Ziffer 2 der Nachträge Nr. 1 bis 4 zum Mietvertrag vom 17./27.12.2013 folge, dass die Klägerin aus den gegenständlichen Arbeiten und Beeinträchtigungen keine Rechte herleiten könne. Diese Nachträge bezogen sich sämtlich auf die bereits „geplanten Umstrukturierungs-/Erweiterungsmaßnahmen“ und dürften daher ebenfalls nur die damaligen Revitalisierungsmaßnahmen zum Gegenstand gehabt haben. Dies ergibt sich auch aus dem Zeitraum, in dem die Nachträge geschlossen worden waren (11.06.2014 bis 21.07.2015). Selbst wenn die Nachträge aber nicht die Revitalisierungsmaßnahmen betroffen haben sollten, hätte es konkreten und nachvollziehbaren Vortrags der Beklagten bedurft, dass die gegenständlichen Baumaßnahmen gemeint waren. Da diese Arbeiten erst vier Jahre nach Abschluss des letzten Nachtrages Nr. 4 stattfanden, versteht sich dies nicht von selbst und liegt darüber hinaus auch fern.

(dd) Zu der Ankündigungspflichtigkeit der der Kündigung vom 31.07.2019 zugrunde liegenden Arbeiten gilt:

(aaa) § 14 Ziffer 1 Abs. 2 Mietvertrag sieht eine Ankündigungspflicht lediglich für den Beginn der dort in Bezug genommenen Arbeiten vor. Nicht ausdrücklich geregelt ist, unter welchen Bedingungen die Ankündigung von Arbeiten fortwirkt bzw. unter welchen Voraussetzungen es – etwa aufgrund eines Baustopps etc. – erforderlich ist, Arbeiten gegebenenfalls neu anzukündigen.

Der Wortlaut der Vereinbarung lässt für sich betrachtet eine Auslegung sowohl – vermieterfreundlich – dahin zu, dass im Rahmen eines Gesamtvorhabens nur der erste Beginn der Arbeiten fristgerecht voranzukündigen ist, ungeachtet der Frage, ob die erforderlichen Maßnahmen sodann mehr oder weniger zusammenhängend stattfinden, als auch – mieterfreundlich – dahin, dass über jede Einzelmaßnahme vorab zu informieren ist.

Unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung vermag weder die eine noch die andere Auslegung in ihren Extremen den Interessen beider Parteien gerecht zu werden. Die Ankündigungspflicht des § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages knüpft an Absatz 1 an, der eine weitgehende Duldungspflicht der Beklagten hinsichtlich der Durchführung baulicher Maßnahmen zum Gegenstand hat. Da derartige Arbeiten oftmals, insbesondere wenn sie – wie zumindest teilweise hier – emissionsreich sind, erhebliche Beeinträchtigungen für den Gebrauch der Mietsache mit sich bringen, schafft § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages einen Ausgleich dahin, dass sich der Mieter hierauf zumindest einstellen und im Vorfeld angemessen reagieren können muss. Dem entspricht die Länge der Ankündigungsfrist von mindestens zwei Wochen, womit eine Information über bevorstehende Arbeiten erst kurz vor deren Beginn nicht ausreicht. Ihr Charakter als Schutzvorschrift streitet insoweit zwar für eine mieterfreundliche Auslegung. Bei der erforderlichen Bewertung der beiderseitigen Interessenlagen kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass bei der Durchführung baulicher Maßnahmen oftmals auf im Vorfeld nicht vorhersehbare Probleme zu reagieren ist, die zu einem vorübergehenden Baustopp führen können. Würde die Ankündigungspflicht nach § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages insoweit durch jede kurzfristige Unterbrechung der Arbeiten neu ausgelöst, würde die Durchführung baulicher Veränderungen für die Vermieterin über Gebühr erschwert. Dies würde nicht zuletzt auch mit der nach Absatz 1 der Regelung bestehenden umfassenden Duldungspflicht der Mieterin hinsichtlich der Durchführung der Arbeiten kollidieren.

In Ansehung der beiderseitigen Interessenlagen ist § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages daher dahin auszulegen, dass es im Grundsatz ausreichend war, die bevorstehende Gesamtbaumaßnahme als solche fristgerecht anzukündigen, soweit diese am Stück und ohne Unterbrechungen durchgeführt wurde. Nicht hingegen war es erforderlich, über jeden einzelnen Bautag zu informieren. Soweit die geplanten Maßnahmen nicht zusammenhängend, sondern mit Unterbrechungen durchgeführt wurden, bestand insoweit für jeden neuen Abschnitt eine eigene Ankündigungspflicht. Ab welchem Zeitraum des Stillstands der Arbeiten eine erneute Information der Beklagten erforderlich war, bedarf aus den unten stehenden Gründen derzeit keiner Entscheidung. Jedoch neigt der Senat in Anlehnung an § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages dazu, dass Unterbrechungen von weniger als zwei Wochen keine erneute Ankündigungspflicht auslösten, die Beklagte andererseits nach einem Baustopp von zwei Wochen nicht mehr mit der jederzeitigen Fortführung der Arbeiten zu rechnen brauchte und daher erneut mit dem vertraglich vereinbarten Vorlauf zu unterrichten war. Ob in Einzelfällen etwas anderes zu gelten hätte, sollte der Beklagten die Einhaltung der Ankündigungsfrist nicht möglich gewesen sein, bedarf derzeit keiner Entscheidung.

(bbb) Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der Klageerwiderung, dass die streitgegenständlichen Arbeiten auf Umbauarbeiten im Untergeschoss wegen der neuen Mieter … und … zurückgingen. Ausgehend hiervon und in Ansehung der vorstehenden dargelegten Auslegung der vertraglichen Vereinbarung ist von einer (mehrfachen) Verletzung der Ankündigungspflicht durch die Beklagte auszugehen. Hierzu gilt:

α) Die Darlegung und der Nachweis der behaupteten Vertragsverletzungen obliegt der Klägerin. Ihrer Vortragslast hat sie dadurch genüge getan, indem sie die streitbefangenen Bauarbeiten dargestellt und die fehlende Ankündigung behauptet hat. Jedenfalls im Rahmen der sekundären Darlegungslast wäre es daher an der Beklagten gewesen darzulegen, dass auf die Arbeiten vertragsgemäß hingewiesen worden war. Dem ist sie nicht nachgekommen.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf das Schreiben vom 14.08.2018 (richtig: 14.06.2018; Anl. B1, Bl. 78 Anl.heft)) verwiesen hat, hat die Klägerin den Zugang des Schreibens bestritten. Hierauf dürfte es allerdings auch nicht ankommen, weil der Senat es als unstreitig erachtet, dass die Umbaumaßnahmen wegen der Neuvermietung … und … im Jahr 2018 begonnen hatten und der Klägerin nicht unbekannt geblieben waren. Nur so erschließt sich im Übrigen auch die Kenntnis der Klägerin darüber, dass – was sie selbst vorgebracht hat – die Bauablaufplanung der Maßnahme im September 2018 abgeändert worden ist. Ihr Wissen um die Gesamtbaumaßnahme folgt aber auch aus dem Inhalt der E-Mail der Verwalterin des Einkaufszentrums vom 08.05.2019, in der eine entsprechende Kenntnis der Klägerin vorausgesetzt wird. Entscheidend ist allerdings vielmehr, ob die am 08.05., 22.07. und 29.07.2019 durchgeführten Arbeiten in einem inneren Zusammenhang standen und keine jeweils eigenständigen Ankündigungspflichten auslösten. Auf Grundlage der vorbezeichneten E-Mail vom 08.05.2019 erschließt sich dies nicht, denn danach waren die am 08.05.2019 begonnenen Arbeiten am 09.05.2019 beendet. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Gesamtbaumaßnahme im Sinne der vorstehend dargestellten Maßstäbe durchgängig ohne Unterbrechung stattgefunden hat.

β) Soweit die Beklagte vorgebracht hat, „die Mieter“ seien jeweils regelmäßig über den Gang der Bauarbeiten unterrichtet worden, zeigt diese pauschale Behauptung eine konkrete Unterrichtung in Bezug auf die streitbefangenen Bauarbeiten nicht auf. Hinsichtlich der Mieterinformationen Nr. 06/2019 (v. 16.05.2019) und 09/2019 (v. 28.06.2019) ist zudem seitens der Klägerin bestritten, diese Schreiben erhalten zu haben. Mit konkretem Gegenvortrag hat die Beklagte hierauf nicht erwidert. Angesichts dessen ist ihrem Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen … Bl. 46 f. d.A.) nicht nachzugehen, da er auf eine Ausforschung des Sachverhaltes hinauslaufen würde.

γ) Die vorstehenden Ausführungen gelten für die am 29.08.2019 und 23.04.2020 erklärten Kündigungen entsprechend. Hinsichtlich der Kündigung vom 20.08.2019 bedarf es derzeit keiner Entscheidung, ob auch die dieser Kündigung zugrunde liegenden Arbeiten einen Kündigungsgrund begründen konnten. Nach eigenem Vortrag war die Klägerin über diese Arbeiten durch die Mieterinformation 10/2091 unterrichtet worden. Die Zweiwochenfrist nach § 14 Ziffer 1 Abs. 2 des Mietvertrages war insoweit zwar nicht eingehalten worden, indes könnte einem Kündigungsgrund insoweit entgegenstehen, dass die Klägerin auf die Mieterinformation nicht reagiert und eine Verschiebung der Arbeiten begehrt hatte.

δ) Dass es der Beklagten unmöglich war, die zweiwöchige Ankündigungsfrist vor Beginn der streitbefangenen Arbeiten einzuhalten, hat sie ebenfalls nicht dargelegt.

bb) Die Beklagte wurde vor der Kündigung auch gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB durch die Klägerin abgemahnt.

cc) Auch wurde die Kündigung durch die Klägerin ausdrücklich und innerhalb angemessener Frist (§ 313 Abs. 3 BGB) erklärt.

c) Auf Grundlage der vorstehenden Ausführungen hat das Landgericht auch zu Recht festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zum Ersatz entgangenen Gewinns verpflichtet ist.

Dass das Landgericht mit der angegriffenen Entscheidung vom 27.08.2020 im Wege des Grundurteils ohne Beschränkung auf die Position des entgangenen Gewinns eine über den Hilfsantrag der Klägerin hinausgehende (umfassende) Schadensersatzpflicht festgestellt hat, bedingt keine Abänderung der Entscheidung wegen eines vom Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Grundurteile erwachsen lediglich in formelle, nicht aber auch in materielle Rechtskraft (BGH, Urteil vom 14.07.2011 – VII ZR 142/09, NZBau 2011, 564, 565). Ihre Bindungswirkung für das Betragsverfahren ist im Wege der Auslegung zu ermitteln und richtet sich nach Urteilsformel und Entscheidungsgründen (Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Aufl., § 304 Rn. 33 mwN). Insoweit ergibt sich aus der angegriffenen Entscheidung aber eindeutig, dass das Landgericht nur über den Haftungsgrund in Bezug auf die mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Schadenspositionen entscheiden wollte.

2. Berufung der Klägerin

Das Rechtsmittel der Klägerin gegen das Urteil vom 02.02.2021 ist lediglich als Anschlussberufung zulässig. Mit einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO über die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 würde diese ihre Wirkung verlieren, § 524 Abs. 4 ZPO.

a) Die Berufung der Klägerin ist als selbständiger Angriff gegen das Ergänzungsurteil vom 02.02.2021 unzulässig. Zwar befindet sich ein Empfangsbekenntnis hinsichtlich der Zustellung dieser Entscheidung nicht bei der Akte. Diese ist der Klägerin nach ihren eigenen Angaben in der Berufungsschrift aber am 11.02.2021 zugestellt worden. Ausgehend hiervon lief die zweimonatige Frist zur Begründung der Berufung (§ 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO) daher am 11.04.2021 ab. Eingegangen ist die Berufungsbegründung der Klägerin aber erst am 11.05.2021. Soweit die Frist zur Begründung der Berufung durch den Vorsitzenden des Senats mit Verfügung vom 12.04.2021 verlängert worden war, bezog sich dies – ungeachtet des Umstandes, dass die Berufungsbegründungsfrist der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war – nur auf die Beklagte.

b) Da die Voraussetzungen der Anschlussberufung demgegenüber vorliegen, ist das Rechtsmittel der Klägerin als eine solche zu behandeln. Eine Entscheidung hierüber ist indes mit der Zurückweisung der Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht mehr veranlasst (Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 524 Rn. 24).

c) Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Berufung der Klägerin auch unbegründet und deshalb ebenfalls gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO zurückzuweisen wäre. Zu Recht hat das Landgericht den Klageantrag zu 2) als unzulässig abgewiesen.

aa) Angesichts des Vorrangs der Leistungsklage vor der Feststellungsklage gibt es gegen die Begründung des Landgerichts nichts zu erinnern. Zwar könnte der Feststellungsantrag zulässig sein, wenn die Klägerin neben entgangenem Gewinn auch noch den Ersatz anderer (zukünftiger) Schäden begehren würde. Dies hat sie indes nicht dargetan.

bb) Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel besteht nicht.

(1) Der Sache nach rügt sie lediglich, das Landgericht habe sie auf den nachgelassenen Schriftsatz nicht darauf hingewiesen, dass es nunmehr die Schlüssigkeit des Zahlungsantrags anders beurteile.

(2) Mit dieser Stoßrichtung, die gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO alleine dem Prüfungsumfang des Senats unterliegt, ist die Verfahrensrüge unbegründet. Es entspricht der Natur des Schriftsatznachlasses nach § 139 Abs. 5 ZPO, dass die Partei hierdurch Gelegenheit erhält, einem gerichtlichen Hinweis zu begegnen und etwaige Bedenken des Gerichts an dem Klageanspruch oder einem Angriffs- oder Verteidigungsmittel auszuräumen. Sofern die um Schriftsatznachlass ersuchende Partei daher der Auffassung ist, auf gerichtliche Hinweisen reagieren zu können (bzw. zu müssen), muss sie daher stets damit rechnen, dass das Gericht den neuen Vortrag bzw. die ergänzenden Ausführungen zur Kenntnis nimmt, in seine Überlegungen einbezieht und infolgedessen zu einer anderen Bewertung der Sach- oder Rechtslage kommt.

(3) Ob das Landgericht verpflichtet war, auf die Unzulässigkeit der Feststellungsklage hinzuweisen, bedarf keiner Entscheidung. Auf diesen Verfahrensmangel beruft sich die Klägerin nicht.

3. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufungen der Beklagten im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO liegen vor; dies würde auch für die Berufung der Klägerin – ihre Zulässigkeit als selbständiges Rechtsmittel unterstellt – gelten. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung durch Urteil nicht. Schließlich sind auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, aufgrund derer, die Durchführung der mündlichen Verhandlung geboten erschiene.

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