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Unpünktliche Zahlungen und Minderzahlungen der Miete – ordentliche Kündigung

AG Schöneberg, Az.: 7 C 186/16, Urteil vom 19.04.2017

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Schöneberg, Zivilprozessabteilung 7, auf die mündliche Verhandlung vom 22.03.2017 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im…….., bestehend aus 3 Zimmern, einer Küche, einem Korridor, einer Toilette mit Bad, einem Balkon zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2017 gewährt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann hinsichtlich der Räumung die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Räumung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im übrigen kann er die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Räumung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Unpünktliche Zahlungen und Minderzahlungen der Miete – ordentliche Kündigung
Foto: Natee Meepian/Bigstock

Die Parteien streiten nach Teil-Klagerücknahme noch um die Kosten für den zurückgenommenen Teil und um Räumung einer Mietwohnung.

Sie sind durch Mietvertrag vom 11.12.2008 verbunden, es wurde eine Staffelmiete vereinbart, die jeweils zum 3. Werktag eines Monats im voraus zu zahlende Warmmiete beträgt seit 1.02.2016 warm 737 Euro, ab 1.02.2013 betrug sie 683 Euro.

Gemäß besonderer Vereinbarung im Mietvertrag hatte der Beklagte auf seine Kosten für die jährliche Wartung der Heizungstherme zu sorgen.

Der Beklagte vermietete mit Zustimmung des Klägers vom 15.03.2015 bis zum 31.03.2016 ein Zimmer der Wohnung unter und setzte die Untervermietung zumindest bis zum 30.06.2016 fort. Er zahlte dafür einen vereinbarten Untermietzuschlag von 40 Euro monatlich.

Zwischen den Parteien bestand außergerichtlich lange Streit um die Zahlung der Oktobermiete 2013 (683 Euro). Diese war ursprünglich Gegenstand des Klageantrags zu 1). Inzwischen ist unstreitig, dass die Miete am 31.03.2014 von der damaligen Lebensgefährtin des Beklagten überwiesen wurde.

Der Beklagte bezahlte die Mieten teilweise unpünktlich und nicht in voller Höhe. Insbesondere wurden die Mieten für Mai bis Oktober 2013 jeweils verspätet bezahlt sowie die Mieten für Februar und März 2014.

In den Monaten Februar, März, April, Mai und Juni 2016 wurden statt der geschuldeten 777 Euro jeweils nur 775 Euro bezahlt. Im Juli und August 2016 wurden nur 717 Euro bezahlt. Die Mieten gingen wie folgt beim Kläger ein:

Monat 3. Werktag Eingang

12/2015 3.12.2015 4.12.2015

3/2016 3.03.2016 4.03.2016

4/2016 5.04.2016 6.04.2016

5/2016 4.05.2016 (5.05. Feiertag) 6.05.2016

6/2016 3.06.2016 (4./5. Wochenende) 6.06.2016

7/2016 5.07.2016 11.07.2016

8/2016 3.08.2016 11.08.2016

9/2016 5.09.2016 12.09.2016

Das Mietverhältnis wurde seitens des Klägers mehrfach gekündigt:

– Mit Schreiben vom 17.03.2014 fristlos, hilfsweise ordentlich, wegen Zahlungsverzugs von insgesamt 643,84 Euro im Zeitraum August 2013 bis März 2014.

– Mit Schreiben vom 30.06.2016 (Anlage K7) fristgemäß zum 30.09.2016, wegen mehrfacher Aufforderung, die „gesamten“ Mietschulden zu bezahlen sowie wegen unberechtigter Untervermietung und Nichtvorlage des Wartungsnachweises für die Therme.

– Mit Schreiben vom 18.08.2016 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30.11.2016 wegen behaupteter Nichtzahlung der Miete Oktober 2013 trotz mehrfacher Mahnung und verspäteter Zahlung der Augustmiete 2016 am 11.08.2016 trotz mehrfacher Abmahnung, Anlage K9, Bl. 32.

– Mit Schreiben vom 6.09.2016 (Anlage K10 Bl. 33) fristlos, hilfsweise fristgerecht wegen behaupteten Mietrückstands für Oktober 2013 und September 2016 (letzterer bezahlt am 12.09.2016) und den in der Abmahnung vom 14.07.2016 genannten Rückständen zuzüglich eines Rückstands von 20 Euro für August 2016, außerdem wegen Untervermietung über den gestatteten Zeitraum hinaus und Nichterbringung eines Nachweises über die Thermenwartung durch den Beklagten.

– Schriftsatzkündigung in der Klageschrift wegen Nichtzahlung der Miete 10/2013 und der verspäteten und ausgebliebenen Zahlungen.

Der Kläger mahnte den Beklagten außerdem wie folgt ab:

– Am 5.09.2013 wegen verspäteter Zahlungen für Mai, Juni und Juli 2013, Anlage K2, Bl. 27.

– Am 10.04.2014 wegen unpünktlicher Mietzahlungen trotz der Abmahnung vom 5.09.2013, Anlage K5 Bl. 28

– Mit Schreiben vom 14.07.2016 wegen unpünktlicher und unzureichender Mietzahlungen im Zeitraum Februar bis Juli 2016, Anlage K8, Bl. 31.

Soweit der Kläger beantragt hatte, den Beklagten zur Zahlung von 683 Euro nebst Zinsen seit 7.10.2013 zu verurteilen, hat er die Klage zurückgenommen, beantragt aber, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen.

Am Räumungsantrag hält der Kläger fest und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung im Hause…… bestehend aus 3 Zimmern, einer Küche, einem Korridor, einer Toilette mit Bad, einem Balkon zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, ihm eine großzügige Räumungsfrist einzuräumen.

Er hält die verspäteten Mietzahlungen nicht für ausreichende Kündigungsgründe, da immer nur geringfügige Verspätungen vorgelegen hätten und es nach der BGH-Rechtsprechung genüge, wenn der Überweisungsauftrag bis zum 3. Werktag eines Monats erteilt werde. Außerdem habe er seit Juli 2014 pünktlich bezahlt, die Kündigung vom 18.08.2016 sei daher unwirksam, die in der Abmahnung vom 14.07.2016 genannten verspäteten Mietzahlungen seien insgesamt nicht so erheblich, dass sie zur Kündigung berechtigen. Die Abmahnung sei daher gegenstandslos.

Inzwischen übernehme außerdem das JobCenter die Zahlungen, sodass weitere Verzögerungen nicht zu befürchten seien.

Der Beklagte behauptet, seit Anfang 2016 an starken Depressionen zu leiden und nur eingeschränkt in der Lage zu sein, seine eigenen Angelegenheiten ordnungsgemäß und zeitnah zu regeln. Er hält sein Verschulden daher insgesamt für allenfalls gering und beruft sich auf eine besondere Härte.

Die Untervermietung hält der Beklagte ebenfalls nicht für einen Kündigungsgrund. Der Kläger habe dafür einen Zuschlag verlangt und auch bekommen und verhalte sich widersprüchlich, wenn er sich jetzt auf fehlende Berechtigung berufe.

Der Beklagte bestreitet, die Thermenwartung unterlassen zu haben. Er bezweifelt auch die Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verpflichtung.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auf die Kündigungen und Abmahnungen, sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Räumungs- und Herausgabeanspruch aus § 546 BGB.

1. Das Gericht hält schon die Kündigung vom 18.08.2016 als ordentliche Kündigung für wirksam. Denn der Kündigung lag zugrunde, dass der Beklagte trotz vorheriger Abmahnung vom 14.07.2016 wegen der vorangegangenen Verspätungen und Minderzahlungen und trotz ausdrücklichen Hinweises, dass eine einzige weitere verspätete Zahlung die Kündigung zur Folge haben werde, auch die Augustmiete verspätet gezahlt hatte. Darin liegt eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Soweit der Beklagte einwendet, ein Schreiben des Klägers vom 14.07.2014 befinde sich nicht in den Unterlagen des Beklagten, hält das Gericht das nicht für ein wirksames Bestreiten des Zugangs der Abmahnung, denn weder stimmt das Datum noch bedeutet das Nichtvorhandensein des Schreibens in den Unterlagen des Beklagten, dass dieser das Schreiben auch nicht erhalten hat. Letztlich kann die Frage aber offen bleiben.

2. Denn spätestens die Kündigung vom 6.09.2016 ist als ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB wirksam und hat das Mietverhältnis zum Fristende (§ 573 c Abs. 1 S. 2 BGB), also zum 31.03.2017 beendet.

Zwar lag zum Zeitpunkt dieser Kündigung tatsächlich kein Zahlungsrückstand vor, der zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Ziff. 3a und b BGB berechtigt hätte. Denn der Kläger ging bei der Kündigung irrtümlich davon aus, dass die Oktobermiete 2013 noch unbezahlt sei.

Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung greift aber durch. Denn sie ist auf hinreichende Kündigungsgründe gestützt, die im Kündigungsschreiben auch im einzelnen genannt werden.

a) Zum Kündigungszeitpunkt war der Beklagte mit der Zahlung der Septembermiete 2016 in Höhe von 737 Euro in Verzug, und zwar auch dann, wenn man mit BGH VIII ZR 222/15 für die Rechtzeitigkeit der Überweisung ausreichen lässt, dass der Zahlungsauftrag am dritten Werktag erteilt wird und das Konto gedeckt ist. Der Beklagte hat eine rechtzeitige Beauftragung der Bank nicht behauptet, und die Zahlung ging auch erst am 12.09.2016 beim Kläger ein.

b) Der Beklagte hat außerdem in den Monaten Februar bis August 2016 die Miete jeweils nicht in voller Höhe bezahlt.

c) Darin liegt eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung, die zur Kündigung berechtigt.

Die Erheblichkeit der Pflichtverletzung ist im Rahmen einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu klären. Dazu zählen vor allem die beanstandungsfreie Dauer des bisherigen Mietverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der dem Mieter zur Last zu legende Grad des Verschuldens (LG Berlin, 67 S 329/16).

Hier liegen zwar jeweils für sich genommenen geringe Verspätungen der Mietzahlungen vor, und auch die Minderzahlungen wiegen als solche nicht sehr schwer. Besonderes Gewicht erlangen die Pflichtverletzungen aber dadurch, dass der Beklagte sein Fehlverhalten trotz zahlreicher Kündigungen und Abmahnungen völlig unbeeindruckt fortgesetzt hat. Der Beklagte hat schon in 2013 und 2014 die Miete unregelmäßig bezahlt und Rückstände erst nach Abmahnungen bzw. Kündigungen beglichen. Die Septembermiete 2016 hat er verspätet bezahlt, obwohl er kurz zuvor schon wegen der Augustmiete eine Kündigung erhalten hat, die selbst im Falle ihrer Unwirksamkeit jedenfalls als Abmahnung zu sehen ist. Der Beklagte hat durch dieses Verhalten deutlich gezeigt, dass er zu einem vertragstreuen Verhalten nicht bereit ist. Das zeigt sich auch in anderen Sachverhalten wie der Untervermietung trotz abgelaufener Genehmigung, die der Beklagte ebenfalls trotz Abmahnung fortgesetzt hat, und der mietvertraglich geschuldeten Thermenwartung – es würde dem Beklagten zumindest im Rahmen einer sekundären Darlegungslast obliegen, darzulegen, wann er diese Pflicht erfüllt haben will, er kann nicht einfach bestreiten, es unterlassen zu haben. Diese Pflichtverletzungen rechtfertigen nach Auffassung des Gerichts zwar für sich genommen keine Kündigung, verleihen aber den hier kündigungsrelevanten Pflichtverletzungen im Rahmen der Gesamtabwägung zusätzliches Gewicht. Es gibt keinen Grund, warum der Kläger davon ausgehen können sollte, dass der Beklagte sich in Zukunft vertragstreu verhalten wird. In der Vergangenheit haben weder Abmahnungen noch Kündigungen zu vertragstreuem Verhalten geführt. Dem Kläger bleibt daher, will er das Verhalten des Beklagten nicht weiter hinnehmen, schlicht keine andere Wahl, als zu kündigen und die Kündigung auch durchzusetzen.

d) Gründe, warum das Verhalten des Beklagten nicht schuldhaft sein sollte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere führt eine Depression nicht zur Schuldunfähigkeit. Die Beachtung der mietvertraglichen Zahlungspflichten ist auch keine Leistung, die besondere Fitness voraussetzt. Es hätte genügt, einen Dauerauftrag einzurichten. Warum der Beklagte dazu nicht in der Lage gewesen sein sollte, ist unerfindlich. Er war auch in der Lage, Untermietverträge zu schließen. Er war also ganz offensichtlich nicht völlig handlungsunfähig.

e) Gründe, die im Rahmen der zu treffenden Interessensabwägung trotz Vorliegen eines Kündigungsgrundes zu einer Fortsetzung des Mietverhältnisses führen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Soweit sich der Beklagte auf eine psychiatrische Erkrankung beruft, ist der Sachvortrag unsubstantiiert. Ob ein Wohnungswechsel aus ärztlicher Sicht „zumutbar“ ist, ist nicht relevant, da die Zumutbarkeit juristisch beurteilt werden muss. Eine Räumungsunfähigkeit ist damit jedenfalls nicht belegt. Im übrigen geht auch das vorgelegte Attest von einer vorübergehenden Erkrankung aus. Dieser kann durch die Einräumung einer großzügigen Räumungsfrist Rechnung getragen werden.

II.

Die Einräumung der Räumungsfrist beruht auf § 721 ZPO. Das Gericht hat insbesondere berücksichtigt, dass die Miete derzeit bezahlt wird, so dass dem Kläger durch die Räumungsfrist kein Schaden entsteht, und dass der Beklagte nach seinem Vortrag derzeit psychisch erkrankt ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 269, 91, 92 ZPO. Das Gericht geht zwar davon aus, dass der Kläger grundsätzlich den auf den zurückgenommenen Teil der Klage entfallenden Kostenanteil zu tragen hat, da die Klage insoweit von Anfang an unbegründet war. Im Verhältnis zur Räumungsklage war der Streitwert des zurückgenommenen Teils aber unerheblich im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Es wurden nur geringfügig höhere Kosten verursacht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 5, 709, 711 ZPO.

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