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Unterlassungsverfügung gegen einen Mieter wegen Verstoßes gegen Konkurrenzschutzklausel

OLG Schleswig – Az.: 1 U 128/13 – Urteil vom 15.11.2013

Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 18. Juni 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck (17 O 82/13) wie folgt geändert:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Lübeck vom 17. Mai 2013 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 15. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in beiden Instanzen trägt die Verfügungsklägerin.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin erstrebt im Wege der einstweiligen Verfügung gegenüber dem Verfügungsbeklagten das Verbot einer bestimmten Nutzung einer von dem Verfügungsbeklagten angemieteten Ladenfläche.

Die Verfügungsklägerin ist Eigentümerin verschiedener Gewerbeflächen im Objekt … . Die Ladenflächen 1 und 2 hat sie an den Verfügungsbeklagten vermietet. Im Mietvertrag (Anlage A 1, Bl. 8 – 17 d. A.) ist als Mietzweck der „Betrieb eines/einer Ladengeschäft/Praxis – Galerie und/oder Praxis für kosmetische-, zahnmedizinische- und Heilpraktiker-Behandlungen“ vereinbart. Der Verfügungsbeklagte fragte bei der Klägerin Anfang 2013 nach, ob der Betrieb eines Antiquitätengeschäftes zulässig sei. Dies wurde ihm durch E-Mail des Gesellschafters der Verfügungsklägerin vom 24. Januar 2013 (Anlage A 2, Bl. 18 – 20 d. A.) gestattet.

Der Verfügungsbeklagte vermietete im März 2013 die Ladenfläche 1 an seinen Untermieter X. Dieser eröffnete ein Geschäft zum Verkauf von Möbeln und Accessoires, kein Antiquitätengeschäft (Werbeanzeige Anlage A 6, Bl. 36 d. A., Fotos Anlage A 7, Bl. 37 – 44 d. A.).

Weitere Mieterin der Verfügungsklägerin ist die …, die ein Geschäft mit ähnlichem Sortiment betreibt und außerdem der Raumausstattung von Hotels und Ferienwohnungen nachgeht (Werbeanzeige Anlage A 9, Bl. 46 d. A., Fotos Anlage A 10, Bl. 47 – 49 d. A.). In dem Mietvertrag vom 10. Januar 2012 (Bl. 123 – 132 d. A.) hat sich die Verfügungsklägerin verpflichtet, in dem Objekt an „keinen weiteren Raumausstatter“ zu vermieten.

Die Verfügungsklägerin hat behauptet, die … habe eine Mietminderung um etwa 1.000,00 € im Monat angekündigt.

Die Verfügungsklägerin hat in ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 15. Mai 2013 zunächst beantragt, dem Verfügungsbeklagten zu verbieten, die Ladenflächen 1 und 2 zu nutzen oder nutzen zu lassen, soweit dies über die im Mietvertrag festgelegten Mietzwecke hinausgehe. Nachdem durch Beschluss des Landgerichts vom 17. Mai 2013 die einstweilige Verfügung bezogen auf die Ladenfläche 1 antragsgemäß erlassen worden ist und der Verfügungsbeklagte dagegen Widerspruch eingelegt hat, hat sie zuletzt beantragt, die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten. Der Verfügungsbeklagte hat die Abänderung des Beschlusses und die Zurückweisung des Antrages beantragt.

Der Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, die … könne keinen Konkurrenzschutz geltend machen. Der Konkurrenzschutz sei auf den handwerksrechtlich zu verstehenden Begriff eines Raumausstatters beschränkt. Der Untermieter X betreibe aber keine Raumausstattung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat nach der Vernehmung der Zeugin Y die einstweilige Verfügung aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass der Antrag wegen der Ladenfläche 2 zurückgewiesen wird.

Es hat ausgeführt, der Verfügungsklägerin stehe ein Verfügungsanspruch aus § 541 BGB zu. Sie könne von dem Verfügungsbeklagten die Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauches der Ladenfläche 1 verlangen, da der Betrieb des Geschäfts des Untermieters über den vereinbarten Vertragszweck hinausgehe.

Der Verfügungsgrund folge aus § 940 ZPO entsprechend. Zwar bestehe die Gefahr der Vorwegnahme der Hauptsache, jedoch stehe einer Leistungsverfügung nichts entgegen, wenn die Interessenabwägung ergebe, dass die Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauches zur Vermeidung größerer Schäden des Vermieters geboten sei. Im vorliegenden Fall habe die Verfügungsklägerin durch die Aussage der Zeugin Y glaubhaft gemacht, dass die … die Miete um 800,00 € monatlich mindere und der Verfügungsklägerin die Inanspruchnahme wegen eines Umsatzrückganges drohe. Es bestehe zumindest die Möglichkeit, dass diese gegenüber der Verfügungsklägerin Konkurrenzschutzrechte durchsetzen könne, was zum Erlass der einstweiligen Verfügung ausreichend sei. Die Auslegung des Begriffs „Raumausstatter“ allein anhand dessen Wortlauts greife zu kurz. Es sei nach dem Zusammenhang des Vertragstextes zweifelhaft, ob die Vertragsparteien den Begriff allein danach verstanden hätten.

Gegen dieses ihm am 16. Juli 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Juli 2013 eingegangene und gleichzeitig formgerecht begründete Berufung des Verfügungsbeklagten.

Er vertritt die Auffassung, dass die Verfügungsklägerin keinen Verfügungsanspruch habe. Es sei fraglich, ob ein vertragswidriger Gebrauch vorliege. Der Mietvertrag bestimme das erlaubte Sortiment nicht. Der Begriff „Ladengeschäft“ sei inhaltlich nicht eingeschränkt. Zudem könne der Begriff „Galerie“ auch auf Möbel und Accessoires bezogen werden.

Es liege auch kein Verfügungsgrund vor. Der Begriff „anderer Raumausstatter“ sei eindeutig und nicht auslegungsfähig oder -bedürftig. Zweifel daran, dass die Vertragsparteien diesen Begriff nicht nach dem Wortsinn verstanden hätten, seien nicht dargelegt. Nach der Aussage der Zeugin Y sei Gegenstand ihres Betriebes vorrangig die Raumausstattung. Demnach mache die Beschränkung des Konkurrenzschutzes darauf Sinn. Die … habe daher keinen Anspruch auf Unterbinden der Konkurrenz, Mietminderung oder Schadensersatz. Schließlich reiche die bloße Möglichkeit, dass die Interessen der Verfügungsklägerin berührt seien, im Rahmen der Abwägung nach § 940 ZPO nicht aus.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 18.06.2013 den Beschluss des Landgerichts Lübeck, 17. Zivilkammer, vom 17.05.2013 (17 O 82/13), soweit er durch das angefochtene Urteil vom 18.06.2013 aufrechterhalten worden ist, aufzuheben und den Antrag der Verfügungsklägerin vom 15.05.2013 auch insoweit zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung war abzuändern, weil die Verfügungsklägerin einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat.

1. Ein Verfügungsanspruch steht der Verfügungsklägerin allerdings zu, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Er folgt aus § 541 BGB. Danach kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter trotz Abmahnung einen vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt. Ein vertragswidriger Gebrauch kann etwa in einer Untervermietung der Mieträume außerhalb des vertraglich vereinbarten Mietzwecks liegen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage, § 541, Rn. 6).

Im vorliegenden Fall war die Nutzung des angemieteten Ladengeschäftes nach dem Mietvertrag zwischen den Parteien und dessen Erweiterung im Januar 2013 nur zum Betrieb einer Galerie, einer Praxis oder eines Antiquitätengeschäftes zulässig, nicht aber zum Betrieb eines Geschäfts für den Verkauf von Möbeln und Zubehör. Dies folgt aus § 2 des Mietvertrages.

Die Argumentation des Verfügungsbeklagten, dass das Sortiment des erlaubten Ladengeschäfts nicht festgelegt sei, greift nicht durch. Ausweislich der Gestaltung der Vereinbarung dient die Angabe des Mietzweckes „Ladengeschäft/Praxis“ als Oberbegriff, der in der folgenden Zeile u. a. durch die Angabe „Galerie“ konkretisiert wird. Danach war es dem Verfügungsbeklagten erlaubt, in dem angemieteten Ladengeschäft eine Galerie zu betreiben, nicht aber ein Geschäft zum Verkauf anderer Gegenstände.

Weiterhin überschreitet es den Wortsinn des Begriffes „Galerie“ darunter auch ein Geschäft zum Verkauf von Möbeln zu fassen. Auch wenn Betreiber von Möbelgeschäften zur Aufwertung ihres Betriebes die Bezeichnung „Galerie“ wählen mögen, ist im allgemeinen Sprachgebrauch dieser Begriff auf einen Betrieb zum Verkauf von Kunstgegenständen beschränkt.

Dass der Verfügungsbeklagte selbst die Vereinbarung unter § 2 des Mietvertrages ebenso verstanden hat, ergibt sich daraus, dass er vor der Untervermietung bei der Verfügungsklägerin angefragt hat, ob er in dem Ladengeschäft auch ein Geschäft zum Verkauf von Antiquitäten betreiben darf. Das wäre nicht erforderlich gewesen, wenn er davon ausgegangen wäre, in dem Sortiment des zu betreibenden Ladengeschäfts nicht beschränkt zu sein.

Die nach § 541 BGB erforderliche Abmahnung ist mit Schreiben der Verfügungsklägerin vom 26. April 2013 (Anlage A 11, Bl. 50 – 51 d. A.) erfolgt.

2. Einen Verfügungsgrund hat die Verfügungsklägerin indes nicht glaubhaft gemacht. Die einstweilige Verfügung kann als Leistungsverfügung nach §§ 935, 940 ZPO erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er auf die Erfüllung dringend angewiesen ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 940, Rn. 6). So kann der Vermieter einer Gewerbefläche von dem Mieter das Unterlassen eines vertragswidrigen Gebrauches im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, wenn dies unter Abwägung der gegenseitigen Interessen zur Vermeidung größerer Schäden für den Vermieter geboten ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2007, 24 U 185/07; KG, Beschluss vom 21. Januar 2008, 8 W 85/07 [beide zit. nach juris]).

Um ihr überwiegendes Interesse an der begehrten Unterlassungsverfügung glaubhaft zu machen, müsste die Verfügungsklägerin hier glaubhaft machen, dass ihr vonseiten der … berechtigte Mietminderungen oder Schadenersatzansprüche drohen. Da in deren Mietvertrag ein allgemeiner Konkurrenzschutz ausgeschlossen ist, hängt dies davon ab, wie die Zusage der Verfügungsklägerin an die … auszulegen ist, nicht an einen „weiteren Raumausstatter“ zu vermieten.

Es reicht nicht, dass eine Auslegung zu Lasten des Verfügungsbeklagten nur möglich ist. Es muss vielmehr überwiegend wahrscheinlich sein, dass die Verfügungsklägerin und die … diesen Begriff so verstanden wissen wollten, dass damit das gesamte Sortiment geschützt sein sollte. Denn nur dann läge in dem Betrieb des Konkurrenzgeschäfts ein Mietmangel. Anderenfalls wäre die Verfügungsklägerin darauf zu verweisen, gegen die … vorzugehen.

Vom Wortlaut des Vertrages her liegt die Auslegung, dass das gesamte Sortiment der … geschützt sein sollte, nicht nahe, denn der Begriff des Raumausstatters ist zunächst handwerksrechtlich zu verstehen. Er umfasst handwerkliche Tätigkeiten zur Dekoration von Räumen, etwa das Herstellen von Wand- und Fensterdekorationen oder auch das Beziehen von Möbeln. Der Verkauf von Möbeln und Dekorationsartikeln fällt nicht darunter.

Eine Auslegung dahin, dass die Verfügungsklägerin und die Drittmieterin Konkurrenzschutz nur für einen Teil des Geschäftsbetriebes vereinbart haben, nämlich gerade für die Raumausstattung im handwerklichen Sinne, ist auch interessengerecht. Dafür spricht, dass nach der von der Verfügungsklägerin vorgelegten Werbeanzeige der … (Anlage A 9, Bl. 46 d. A.) und den Angaben der Zeugin Y die Raumausstattung im technischen Sinne den Hauptteil des Geschäftsbetriebes ausmacht. Dafür spricht weiter, dass der Gesellschafter der Verfügungsklägerin im Termin vom 18. Juni 2013 angegeben hat, ihm sei der Inhalt des Geschäfts der … nicht klar geworden. Die Verfügungsklägerin konnte aber kein Interesse daran haben, der … umfassenden Konkurrenzschutz zu gewähren, ohne deren Geschäftszweck genau zu kennen.

Nicht zuletzt waren die Vertragsschließenden im geschäftlichen Verkehr erfahren. Es darf erwartet werden, dass sie ihren rechtsgeschäftlichen Willen mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck bringen. Wenn ein Konkurrenzschutz für das gesamte Sortiment beabsichtigt gewesen wäre, hätte nichts näher gelegen, als dies mit diesen Worten in den Vertrag aufzunehmen.

Zwar muss, anders als der Verfügungsbeklagte meint, die Auslegung nicht am Wortlaut der Vereinbarung halt machen. Es ist vielmehr nach dem tatsächlichen übereinstimmenden Willen der Vertragsschließenden zu forschen (Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl, § 133, Rn. 6, 8). Die Verfügungsklägerin hat indes trotz des Hinweises in der Ladungsverfügung nichts dafür vorgetragen, dass und aus welchem Grunde sie und die … entgegen dem Wortlaut und entgegen der soeben dargelegten Auslegung den letzterer gewährten Konkurrenzschutz umfassend verstehen wollten.

Dass nach dem Zusammenhang des Vertrages davon auszugehen ist, dass die … auch den Verkauf von Möbeln und Accessoires betreiben durfte, heißt noch nicht, dass sich auch der gewährte Konkurrenzschutz darauf erstrecken sollte. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Betrieb allein eines Betriebes zur Raumausstattung in dem Objekt wirtschaftlich nicht sinnvoll sein mag.

Auch der Hinweis in dem Mietvertrag über die ursprünglich von der … genutzte Fläche auf das Geschäft …, das Möbel und Accessoires für den Außenbereich vertrieb, besagt für sich genommen noch nichts für einen umfassenden Konkurrenzschutz. Zudem fehlt dieser Hinweis gerade in dem Mietvertrag vom 10. Januar 2012. Das würde eher auf eine Einschränkung des gewährten Konkurrenzschutzes hindeuten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708Nr. 10, 711,713 ZPO.

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