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Untervermietung – berechtigtes Interesse bei beruflichem Auslandsaufenthalt

AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 3 C 234/19 – Urteil vom 22.01.2020

1. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin die Aufnahme des Herrn L., geboren am (…), in die Wohnung (…), befristet bis zum 31.08.2020 zu gestatten.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien verbindet ein Mietverhältnis über die Wohnung in (…). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage K 1 zur Klageschrift eingereichten Mietvertrag vom 20. November 2002 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 20. Mai 2019 bat die Klägerin die Hausverwaltung der Beklagten um Erteilung der Erlaubnis, während ihrer Abwesenheit ein Zimmer ihrer Wohnung an Herrn L. in der Zeit vom 1. August 2019 bis 31. August 2020 zu überlassen; hierbei teilte sie Namen und Anschrift sowie das Geburtsdatum des Untermieters mit; hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift Bezug. Die Klägerin hatte wie bereits 2 Jahre zuvor erneut eine Einladung der mongolischen Hochschule für Kunst und Kultur in Ulan Bator erhalten. Ihr wurde angeboten, dort im Wintersemester 2019/2020 und im Sommersemester 2020 als Gastdozentin zu unterrichten, was die Klägerin annahm. Im weiteren Verlauf der vorgerichtlichen Korrespondenz überließ die Klägerin den Beklagten sowohl die Einladung der Hochschule als auch eine Ausweiskopie des Untermieters und den Untermietvertrag, vgl. E-Mails vom 07. und 12. Juni 2019, Anlagen K 6 und K 7.

Mit E-Mail vom 26. Juli 2019 monierte der Hausverwalter der Beklagten das Fehlen diverser Nachweise, u. a. eines Arbeitsvertrages der zitierten Hochschule, einer von der Botschaft beglaubigten Bescheinigung, einer Haftpflichtversicherung sowie die fehlende Angabe einer gerichtlich zustellfähigen Anschrift der Mieterin in der Mongolei und der beruflichen Beschäftigung des Untermieters. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 8 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 11. August 2019 teilte die Klägerin der Hausverwaltung der Beklagten die Adresse der Hochschule sowie die berufliche Tätigkeit des Untermieters als Hauptbuchhalter der NH Hotel Group mit (Anlage K 9).

Mit der am 05. September 2019 eingereichten Klage beantragt die Klägerin, wie erkannt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, sie hätten keinen Anlass zur Klage gegeben. Die Klägerin habe die berechtigterweise geforderten Nachweise (zunächst) nicht erbracht; sie habe einen Anspruch auf den Nachweis offizieller Dokumente in Form der zwingend erforderlichen Visa für den beruflichen Aufenthalt von mehr als 90 Tagen in der Mongolei. Dies umso mehr als es sich um eine weitere Untervermietung innerhalb von 2 Jahren handelt. Es handele sich zudem nicht um eine übliche Untervermietung, sondern um eine dauerhafte Wohnungsüberlassung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Nachdem die Beklagten die begehrte Untervermietungserlaubnis nicht erteilt haben, war die Klägerin darauf angewiesen, ihre Rechte in einem ordentlichen Klageverfahren geltend zu machen; die beklagtenseits geäußerten Bedenken gegen das Rechtsschutzbedürfnis können daher nicht nachvollzogen werden.

II. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Gestattung der Untervermietung eines Teils der von ihr bewohnten Wohnung an Herrn L. in der Zeit vom 01. August 2019 bis 31. August 2020 gemäß § 553 Abs.1 BGB zu.

Eine solche Erlaubnis ist vom Vermieter zu erteilen, wenn für den Mieter ein berechtigtes Interesse an der Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung an einen Dritten nach Abschluss des Mietvertrages entsteht. Die Klägerin hat gemäß § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ein solches berechtigtes Interesse an der Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung.

Die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 BGB sind unter Berücksichtigung des mieterschützenden Zwecks dieser Regelung auszulegen (BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 11). Dabei ist als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzuerkennen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (vgl. u. a. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 14; Urteil vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 105/17 – BGHZ 217, 263-287, Rn. 53).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach Auffassung des Gerichts ausreichend dargelegt und nachgewiesen, dass sie einen beruflich bedingten Auslandsaufenthalt beabsichtigt bzw. derzeit absolviert. Sie hat hierzu eine Bestätigung der mongolischen Hochschule für bildende Künste und Design in Ulan Bator vorgelegt als auch vorgetragen, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen wegen der erforderlichen doppelten Haushaltsführung auf eine Untervermietung angewiesen ist. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie eine weitere Bescheinigung der Leiterin des Fachbereichs Kunst und Design an der Nationalen Mongolischen Hochschule für Kunst und Kultur vom 3. Dezember 2019 eingereicht, aus welchem sich u. a. das Unterrichtsgebiet der Klägerin und die Anzahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden ergibt (Anlage K 10); des Weiteren hat sie den befristeten Arbeitsvertrag mit Übersetzung, das Visum und eine Aufenthaltsbescheinigung zu den Akten gereicht. Die Beklagten sind dem weder substantiiert entgegengetreten noch haben sie auf Vorlage dieser von ihnen verlangten Dokumente die geschuldete Genehmigung erteilt.

Hat der Mieter – wie hier die Klägerin – ein berechtigtes Interesse dargelegt, so liegt es nunmehr am Vermieter, unter Mitteilung der tatsächlichen Umstände Gründe geltend zu machen, die zur Versagung der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit führen können. Dabei kann es sich nach den gesetzlichen Regelbeispielen in § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB um Gründe in der Person des aufzunehmenden Dritten, um die Überbelegung der Wohnung oder um andere Gründe handeln, die ein Gewicht haben müssen, welches dem der Regelbeispiele entspricht. Solche gewichtigen Gründe haben die Beklagten nicht vorgetragen. Die Beklagten berufen sich zunächst selbst nicht darauf, dass ihr die Person des Untermieters nicht zumutbar sei. Weitere Unterlagen bzw. eine Erklärung des Untermieters über seinen definitiven Auszug zum Ende des Untermietverhältnisses können die Beklagten nicht beanspruchen. Zunächst ist die Dauer des Untermietverhältnisses und die nach Beendigung derselben geschuldete Rückgabe der Mietsache an die Klägerin dem den Beklagten schon vorprozessual zur Verfügung gestellten Untermietvertrag vom 11. Juni 2019 zu entnehmen. Im Übrigen sind die Beklagten erneut darauf zu verweisen, dass das Untermietverhältnis ausschließlich zwischen der Klägerin und dem Untermieter, Herrn L., besteht und die Beklagten an diesem Vertragsverhältnis nicht beteiligt sind. Die Klägerin haftet insofern auch weiterhin für Schäden in der Wohnung; ob der Untermieter eine private Haftpflichtversicherung unterhält oder nicht spielt daher ebenfalls keine Rolle.

Allein der Umstand, dass die Klägerin bereits zuvor für ein Jahr eine Untervermietungsgenehmigung begehrt und schließlich vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg erstritten hat, führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Unzumutbarkeit der erneuten Untervermietung. Auch ein mehrjähriger (berufsbedingter) Auslandsaufenthalt des Mieters kann ein berechtigtes Interesse an der Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Dritten begründen (BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 a.a.O.). Erst recht muss dies gelten, wenn wie hier vor dem Hintergrund einer zweimaligen, jeweils einjährigen Dozententätigkeit die Erlaubnis der zeitlich befristeten Untervermietung begehrt wird. Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten, es handle sich bei dem Vorhaben der Klägerin um ein privates Hobby, entbehrt dies jeglicher Grundlage und wird zudem von den klägerseits eingereichten Unterlagen widerlegt.

Der Umstand, dass die Klägerin aufgrund ihres Auslandsaufenthaltes für die Beklagten unter Umständen schwerer zu erreichen ist, steht einer Untervermietung ebenfalls nicht im Wege. Die Klägerin hat bereits vorprozessual erklärt, weiterhin postalisch über die Berliner Adresse als auch per Mail erreichbar zu sein. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagten eine erschwerte Kommunikation „ohne zustellbare Adressen“ beklagen.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

 

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