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Unwirksame Renovierungsklausel – Verjährungsfrist des Bereicherungsanspruchs des Mieters

LG Freiburg (Breisgau), Az.: 3 S 102/10, Urteil vom 15.07.2010

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 05.03.2010 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Unwirksame Renovierungsklausel - Verjährungsfrist des Bereicherungsanspruchs des Mieters
Foto: Zinkevych/Bigstock

Der Kläger und seine Ehefrau mieteten von den Beklagten vom 01.11.2000 bis 31.12.2006 deren Wohnung im Anwesen … . In § 13 des von den Beklagten gestellten Formularvertrages war bestimmt, dass der Kläger zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sei, in Absatz 3 war bestimmt: „Diese Schönheitsreparaturen hat der Mieter während der Vertragszeit nach Ablauf folgender Zeitspannen seit Beginn des Mietverhältnisses bzw. seit der letzten Durchführung ausführen zu lassen: Küche, Bad bzw. Duschräume, Toilette alle drei Jahre; alle übrigen Wohnräume und Flur alle fünf Jahre“. Vor Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2006 ließen der Kläger und seine Ehefrau die Wohnung endrenovieren, wofür eine Malerrechnung von 2.687,00 Euro anfiel. Später erfuhren der Kläger und seine Ehefrau, dass § 13 des Mietvertrages unwirksam ist und ein Rückerstattungsanspruch gegen die Beklagten besteht. Der Kläger, dessen Ehefrau die streitgegenständlichen Ansprüche an ihn abgetreten hat, begehrt von den Beklagten die Rückerstattung der Renovierungskosten.

Das Amtsgericht hat die am 22.12.2009 beim Amtsgericht eingegangene und am 04.01.2010 an die Beklagten zugestellte Klage wegen Verjährung abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren weiter. Er vertritt die Auffassung, der Anspruch unterliege der dreijährigen Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB, nicht der vom Amtsgericht angewendeten Vorschrift des § 548 Abs. 2 BGB. Der Mieter führe hier die Endrenovierung durch, ohne sich der fehlenden Verpflichtung bzw. seines Rückforderungsanspruchs bewusst zu sein, so dass die Anwendung der 6-monatigen Verjährungsfrist viel zu kurz sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 5.3.2010 abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.687,00 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.2.2008 sowie 383,66 Euro vorgerichtliche Rechtsbeistandsgebühren nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.8.2009 zu zahlen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil und beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Amtsgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:

§ 548 Abs. 2 BGB umfasse nach seinem Wortlaut alle Aufwendungen des Mieters auf die Mietsache, nicht nur solche mit Fremdgeschäftsführungswillen, sondern auch bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen einer aufgrund vermeintlicher Verpflichtung durchgeführten Endrenovierung. Dieser Bereicherungsanspruch unterliege damit zwar einer kürzeren Verjährung als der Anspruch auf Rückgewähr von Mietüberzahlungen, dies sei aber, obwohl es sich bei der Vornahme von Schönheitsreparaturen wirtschaftlich um Mietzinszahlung handle, gerechtfertigt im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 548 Abs. 2 BGB, weil hier eben der Zustand der Mietsache zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung ein entscheidender Gesichtspunkt sei. Nur bei Aufwendungsersatzansprüchen, die keinen Bezug zum Mietverhältnis mehr hätten, sondern nur zufällig parallel neben dem Vertragsverhältnis bestünden, sei der Anwendungsbereich des § 548 Abs. 2 BGB überschritten; ein solcher Fall liege hier nicht vor. Wende man somit auf rechtsgrundlos erbrachte Renovierungsarbeiten § 548 Abs. 2 BGB an, so führe dies auch nicht zu Friktionen im Hinblick auf die oftmals schon während der Mietzeit vom Mieter geleisteten Schönheitsreparaturen; diesbezügliche Bereicherungsansprüche des Mieters verjährten dann nicht etwa – wie sich bei wortgetreuer Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB ergebe – bis zur Vertragsbeendigung zunächst überhaupt nicht und dann innerhalb von 6 Monaten; vielmehr sei in solchen Fällen interessengerechterweise die Regelverjährung gem. § 195 BGB bzw. die Verjährung gem. § 548 Abs. 2 BGB ab Vornahme der Reparatur anzuwenden.

Diesen Ausführungen des Amtsgerichts ist beizupflichten und ergänzend auszuführen:

Der Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.5.2009 (VIII ZR 302/07) nicht entgegen. Dort wird zwar betont, dass mangels Fremdgeschäftsführungswille nur ein Bereicherungsanspruch bestehe, jedoch nichts zu dessen Verjährung ausgeführt. Dass ein reiner Bereicherungsanspruch kein Aufwendungsersatzanspruch im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB sein könne, hat der Bundesgerichtshof damit (entgegen z.B. Eisenschmid/Rips, jurisPR-MietR 15/2009 Anm. 3) nicht entschieden. Eine solche Einschränkung könnte dem Wortlaut und dem Zweck des § 548 Abs. 2 BGB auch nicht entnommen werden. Dem Begriff „Aufwendung“ wohnt weder ein Element des Fremdgeschäftsführungswillens noch das Wissen des Aufwendenden um einen Erstattungsanspruch inne.

Der Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB auf den vorliegenden Fall steht auch nicht entgegen, dass der Rückforderungsanspruch auf diese Weise verjähren kann, ehe der Mieter sich seines Anspruchs überhaupt bewusst wird. Dass der Mieter sich bei der Durchführung der vermeintlich geschuldeten Endrenovierung seines Erstattungsanspruchs nicht bewusst ist, unterscheidet die vorliegende Konstellation zwar von anderen, unter § 548 Abs. 2 BGB fallenden Aufwendungs-Fällen. Jedoch differenziert § 548 Abs. 2 BGB nicht nach bekannten und unbekannten Ansprüchen. Eine solche Einschränkung ist auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Norm nicht geboten, denn dieser besteht vor allem darin, dass alle Ansprüche, bei denen es auf den Zustand der Wohnung ankommt, einer kurzfristigen Klärung zugeführt werden sollen. Die Konsequenz, dass der Anspruch somit verjährt sein kann, ehe er vom Gläubiger überhaupt bemerkt wird, ist im Interesse der zügigen Herstellung von Rechtsklarheit hinzunehmen, zumal derartiges der Rechtsordnung auch sonst nicht fremd ist (z.B. beim Auftreten versteckter Mängel nach Ablauf der Gewährleistungsfrist).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 S.1 und 2, 709 S.2 ZPO.

Gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO war die Revision zuzulassen, da die Frage der Anwendbarkeit des § 548 Abs. 2 BGB auf rechtsgrundlos erbrachte Schönheitsreparaturen grundsätzliche Bedeutung hat.

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