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Unwirksamkeit der Klausel über Schönheitsreparaturen

AG Neukölln – Az.: 16 C 173/12 – Urteil vom 20.09.2012

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung … Berlin, von bisher monatlich 292,52 € zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen wie bisher auf nunmehr 338,38 € netto mit Wirkung ab dem 01.02.2012 zuzustimmen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Am 30.07.1977 schlossen die Parteien einen Dauernutzungsvertrag über eine Wohnung in der … in Berlin-Neukölln, welcher in Ziffer 5 eine Regelung über die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung von Schönheitsreparaturen enthielt. Für den genauen Wortlaut des Vertrages wird auf die Anlage B1 Bezug genommen.

Die Klägerin bat die Beklagte mit Schreiben vom 13.07.2011 in der Annahme, dass die Regelung zur Übertragung der Schönheitsreparaturen in dem Dauernutzungsvertrag unwirksam ist, wie auch alle übrigen Mitglieder mit entsprechenden Verträgen, um Zustimmung zu einer Vertragsänderung, die eine wirksame Übertragung der Schönheitsreparaturen zum Inhalt haben sollte. Für den Fall der Nichtzustimmung kündigte sie Erhöhung der Miete im Rahmen von § 558 BGB an. Die Beklagte stimmte der Vertragsänderung nicht zu.

Mit Schreiben vom 07.11.201 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete auf 338,38 € ab dem 01.02.2012 auf. Am 01.09.2009 betrug die Nettomiete 281,99 € Zum 01.02.2012 war der Mietzins seit 15 Monaten unverändert.

Die Wohnung wurde zwischen 1919 und 1949 errichtet, ist mit Sammelheizung, Bad und WC in der Wohnung ausgestattet und ist 73 qm groß.

Die Beklagte stimmte der Mieterhöhung nicht zu.

Die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ging nebst Kosten Vorschuss am 11.04.2012 bei Gericht ein.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung … Berlin, von bisher monatlich 292,52 € zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen wie bisher auf nunmehr 338,38 € netto mit Wirkung ab dem 01.02.2012 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das Mieterhöhungsverlangen sei unwirksam, da es eine Umgehung der Rechtsprechung des BGH darstelle, dass die Kosten der Schönheitsreparaturen bei unwirksamer Abwälzungsklausel nicht ohne Vereinbarung eine Mieterhöhung begründen könnten.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung aus § 558 BGB zu. Der Dauernutzungsvertrag mit der … ist wie ein Mietvertrag zu behandeln, vgl. BGH Urteil v. 14.10.2009 – VIII ZR 159/08. Die Mieterhöhung ist auch begründet. Die Fristen der §§ 558 Abs. 1, 558b Abs. 1 und 2 BGB sind ebenso wie die Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB eingehalten. Das Erhöhungsverlangen erfüllt die Form des § 558a BGB und ist hinreichend mit dem Mietspiegel begründet. Die verlangte Miete ist auch ortsüblich nach dem Maßgeblichen Mietspiegel 2011 für Berlin. Sie liegt innerhalb der Preisspanne des qualifizierten Teils des Mietspiegels und unterhalb des Mittelwertes nach der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung.

Das Mieterhöhungsverlangen ist auch nicht unwirksam, weil es eine Umgehung einer BGH-Rechtsprechung darstellen würde. Das Mieterhöhungsverlangen ist nach den §§ 558ff BGB rechtmäßig erfolgt. Auf die Motivation der Klägerin für die Erhöhung kommt es danach nicht an. Unabhängig von der Frage, ob ein nach dem Gesetz rechtmäßiges Verhalten allein wegen einer vermeintlichen Umgehung einer Rechtsprechung des BGH überhaupt unwirksam sein kann, liegt eine solche Umgehung auch gar nicht vor. Der BGH hat in seinem Urteil vom 09.07.2008 – VIII ZR 181/07 – lediglich eine Erhöhung der Miete wegen unwirksamer Schönheitsreparaturabwälzung über die ortsübliche Miete hinaus für unwirksam erklärt, da es hierfür an einer Anspruchsgrundlage fehlt. Vorliegend geht es aber nur um eine Erhöhung auf die ortsübliche Miete, zu welcher die §§ 558 ff BGB ausdrücklich berechtigen. Dem steht die Rechtsprechung des BGH auch dann nicht entgegen, wenn die Motivation des Vermieters hierfür die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel ist.

Die Klägerin verstößt auch nicht gegen den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zum einen behandelt die Klägerin alle Mitglieder gleich, indem sie allen gleich vor die Wahl gestellt hat, einer Vertragsänderung zuzustimmen oder die Miete gemäß § 558 BGB zu erhöhen (vgl. BGH, Urteil v. 14.10.2009 – VIII ZR 159/08). Zum anderen lag auch mit der Zustimmung zur Vertragsänderung oder dem Fehlen einer solchen ein sachlicher Grund zur Differenzierung vor. Denn die weiterhin bestehende Verpflichtung der … zur Durchführung der Schönheitsreparaturen bei den Mitgliedern, die der Änderung nicht zugestimmt haben, führt zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung auch derjenigen Mitglieder, die die Last der Durchführung der Schönheitsreparaturen in ihrer Wohnung selber übernommen haben. Durch das Vorgehen der Klägerin entsteht mithin ein wirtschaftlicher Ausgleich der von den einzelnen Mitgliedern zu tragenden wirtschaftlichen Lasten.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11,711 ZPO.

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