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Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln

LG Berlin, Az.: 63 S 263/16, Urteil vom 14.03.2017

1. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 31.08.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 103 C 280/15 – unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.097,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben der Kläger 82% und die Beklagte 18% zu tragen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz haben der Kläger 65% und die Beklagte 35% zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung von Schadenersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und die Nichtberücksichtigung der Kaution wendet, im Übrigen ist sie hinsichtlich der weiteren Schadenersatzansprüche hinsichtlich er Beschädigung der Mietsache unbegründet.

Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln
Foto: FreedomTumZ/Bigstock

Die zulässige Anschlussberufung hat lediglich Erfolg, soweit sie Schadenersatz wegen der Sperrmüllkosten geltend macht.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadenersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen aus den §§ 280, 281 BGB zu.

Die Beklagte war nach dem Mietvertrag nicht verpflichtet, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Die betreffenden Regelungen in § 13 und § 23 des Mietvertrages sind unwirksam nach § 307 BGB.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich auch bei denen unter § 23 des Mietvertrages stehenden Klauseln um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 BGB.

§ 23 des Mietvertrages umfasst im Hinblick auf § 13 des Mietvertrages keinen eigenen Regelungsgehalt.

Dass es sich bei § 13 des Mietvertrages um eine allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. § 305 BGB handelt, bestreitet selbst der Kläger nicht. Wird nur eine spezielle Vertragsklausel zu den Schönheitsreparaturen aus einem ansonsten vorgegebenen Formularmietvertrag individuell abgestimmt, gelten die Abreden weiter als AGB (Specht in Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, IV Schönheitsreparaturen, Rn. 538 ,.w.N.).

Ferner kommt selbst formularmäßigen Bestätigungsklauseln mit dem Inhalt, die Vertragsbedingung sei im Einzelnen ausgehandelt worden, keine Beweiskraft zu. Selbiges gilt für unterschriebene Erklärungen gleichen Inhalts (BGH, Urt.v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75 – juris, BGH, Urteil vom 08. November 1978 – IV ZR 179/77 -, juris) und maschinenschriftlich eingefügte Bestimmungen (BGH Beschl.v. 14.12.2010 – VIII ZR 198/10 – juris).

Der Vermieter trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich eines behaupteten individuellen Aushandelns (Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt ein Aushandeln dann vor, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen „gesetzesfremden“ Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können (BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 – VII ZR 128/91 -, Rn. 17, juris).

Den Beweis kann der Verwender dagegen nicht schon dadurch führen, dass der Vertragspartner bestätigt, dass die Klausel ausgehandelt worden sei oder aus der sich er gibt, dass der Verwender zu Verhandlungen über den Inhalt der Klausel bereit gewesen sei (BGH, Urteil vom 28. Januar 1987 – IVa ZR 173/85 -, BGHZ 99, 374-384 – juris).

Der Kläger hat für seine diesbezügliche Behauptung bereits keinen zulässigen Beweis angetreten.

Der angebotenen Parteivernahme des Klägers haben die Beklagten nicht zugestimmt. eine überwiegende Anfangswahrscheinlichkeit für das individuelle Aushandeln, das eine Beweiserhebung nach § 448 ZPO voraussetzte, ist nicht ersichtlich und ergibt sich aufgrund vorstehender Ausführungen insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem Äußeren der Vertragsurkunde.

Der angebotene Zeugenbeweis, den das Amtsgericht erhoben hat, war diesbezüglich nicht ergiebig.

Sämtliche, die Schönheitsreparaturen betreffenden Klauseln sind als eine Einheit zu fassen, die der Kontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegen. Die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist, soweit sie dem Mieter im Mietvertrag auferlegt ist, eine einheitliche, nicht in Einzelmaßnahmen aufspaltbare Rechtspflicht mit der Folge, dass die Unwirksamkeit der einen Einzelaspekt dieser einheitlichen Rechtspflicht betreffenden Formularbestimmung in der gebotenen Gesamtschau der Regelung zur Unwirksamkeit der gesamten Vornahmeklausel führt. Dies gilt auch, wenn die inhaltliche Ausgestaltung der einheitlichen Rechtspflicht in verschiedenen, sprachlich voneinander unabhängigen Klauseln des Mietvertrags geregelt ist (BGH, Urteil vom 18. März 2015 – VIII ZR 21/13 -, juris). Die in § 13 des Mietvertrages enthaltene Verpflichtung zum Anstrich der Fenster und Türen ohne Einschränkung und die starre Fristenregelung in § 23 des Mietvertrages sind unwirksam (BGH, Beschluss vom 31. August 2010 – VIII ZR 42/09 -, juris, und BGH, Beschluss vom 31. August 2010 – VIII ZR 42/09 -, juris).

Der Kläger hat jedoch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Beschädigung der Mietsache aus den §§ 280, 281 BGB i.H.v. insgesamt 2.942,30 €.

Es kann insofern auf die vollumfänglich zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden.

Sofern die Beklagte nunmehr in der Berufung auf ihren Beweisantritt dahingehend verweist, dass sich die Borlöcher im Parkett und in der Zinkabdeckung bereits seit Beginn des Mietverhältnisses dort befunden haben, erscheint dies angesichts ihres eigenen Schreibens vom 30.07.2015 insofern befremdlich, als sie dort angab, die Löcher erst anlässlich des Auszugs festgestellt zu haben. Hinsichtlich der Balkonbrüstung hat das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass diese nach dem insofern substantiierten Vortrag des Klägers erst im Jahr 2000, also während des bestehenden Mietverhältnisses, erneuert wurde. Weiteren Vortrag hierzu enthält die Berufung nicht.

Selbiges gilt für die fehlenden Zimmertüren. Das Übergabeprotokoll zu Beginn des Mietverhältnisses verhält sich ausdrücklich zu den Zimmertüren. Von fehlenden Türen ist dort gerade nicht die Rede.

Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz wegen der Sperrmüllentsorgung in Höhe von 178,50 € gegen die Beklagte zu. Dass die Beklagte diverse Gegenstände zurückgelassen hat, die der Kläger entsorgen musste, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Einwand der Beklagten, die Kosten seien in den 5.000,00 €, die das Amtsgericht dem Kläger zugesprochen habe, enthalten, greift nicht durch. Das Amtsgericht hat diese ausdrücklich lediglich für die vermeintlich geschuldeten und nicht ausgeführten Schönheitsreparaturen zugesprochen. Die Kosten der Sperrmüllentsorgung sind jedoch nicht durch Schönheitsreparatur bedingt.

Auch begegnet die diesbezügliche Schätzung des Amtsgerichts keinen Bedenken.

Zutreffend rügt die Beklagte jedoch, dass es das Amtsgericht unterlassen habe, die durch den Kläger selbst in der Klageschrift verrechnete Kaution in Höhe von 844,90 € in Abzug zu bringen.

Jedenfalls die diesbezüglich in der Berufungsbegründung erklärte Aufrechnung greift durch.

Da sich die Parteien insoweit durch die zweitinstanzlich erklärte Aufrechnung der Beklagten über die Tilgungsbestimmung insofern einig sind, dass die Kaution auf etwaige Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache zu verrechnen ist und das Amtsgericht dies übersehen hat, reduziert sich der Anspruch der Beklagten insofern um 844,90 €.

Dem Kläger steht jedoch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gegen die Beklagte zu. Zum einen fehlt es teilweise mangels begründeter Hauptforderung bereits an der Erstattungsfähigkeit, im Übrigen fehlt es, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, jedenfalls am Verzug. Der Kläger hat bereits nicht dargetan, dass sich die Beklagte mit der Zahlung der Geldforderung und nicht lediglich mit der ordnungsgemäßen Herausgabe der Mietsache im Verzug befunden hat.

Insbesondere ergibt sich ein solcher auch nicht unabhängig vom Verzug als materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch. Dieser besteht nur dann, wenn der Geschädigte aufgrund des Innenverhältnisses zu seinem Prozessbevollmächtigten zur Zahlung der ihm in Rechnung gestellten Kosten auch wirklich verpflichtet ist. Zur Schlüssigkeit der Klage gehört daher notwendigerweise auch der Vortrag dazu, dass der Rechtsanwalt zunächst nur den Auftrag zu einer außergerichtlichen Klärung bzw. einen bedingten Prozessauftrag erhalten hat (Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, 2. Aufl., „Geschäftsgebühr“ Anm. 3 [S. 444]; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Nr. 2300 VV-RVG Rz. 18; BGH, NJW 1968, 2334, 2335 f). Denn hat der Mandant seinem Rechtsanwalt einen unbedingten Klageauftrag erteilt, ist die Geltendmachung einer Gebühr nach Nr. 3100 VV-RVG ausgeschlossen, weil die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG auch Tätigkeiten erfasst, welche die Klage oder Rechtsverteidigung vorbereiten (siehe Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., § 19 Rz. 19, BGH JurBüro 2005, 84 f, OLG Celle, Beschluss vom 17. November 2014 – 2 U 133/14 -, Rn. 3, juris). Der Kläger trägt jedoch gerade vor, seinen Prozessbevollmächtigten erst zur Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs beauftragt zu haben.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.

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