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Verbotswidriges Parken eines Miteigentümers im Zufahrtsbereich – Unterlassungsklage

AG Hamburg, Az.: 22a C 253/15

Urteil vom 10.03.2017

1. Die Beklagten werden jeweils für sich allein verurteilt, es zu unterlassen, Kraftfahrzeuge auf der Zufahrt des Gemeinschaftseigentums in der Weise abzustellen, dass dadurch der Zugang der Kläger … zu ihrer Sondernutzungsgartenfläche, die sich am rechten zum eigenen Haus belegenen Rand der Sondernutzungsrechtsfläche befindet, versperrt wird und dafür Sorge zu tragen, dass dies auch nicht durch Besucher der Beklagten geschieht, im Übrigen, also darüber hinausgehend, wir der Antrag zurückgewiesen. Zurück gewiesen wird auf der diesbezügliche Antrag der Kläger

2. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot wird den Beklagten die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,- € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, letzteres insbesondere auch für den Fall, dass ein Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann. Bezüglich des weiteren Gebotes ist zur Durchsetzung ein Zwangsgeld möglich, wird aber nicht angedroht.

3. Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch 1/8, trägt die Beklagte zu 2) weitere 4/8, tragen die Kläger zu 1) und 2) … und zwar insoweit gesamtschuldnerisch, 2/8 tragen die Kläger zu 3) und 4) …, auch insoweit gesamtschuldnerisch, 1/8. Von den Kosten ihrer außergerichtlichen Vertretung tragen die Kläger zu 1) und 2) 2/8, die Kläger zu 3) und 4) 1/8, jeweils intern gesamtschuldnerisch und die Beklagten gesamtschuldnerisch 1/8 und trägt die Beklagte zu 2) 4/8.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürften die Vollstreckung der jeweils anderen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Verbotswidriges Parken eines Miteigentümers im Zufahrtsbereich - Unterlassungsklage
Foto: tommaso79/bigstock

Die Parteien sind Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die durch die Bebauung eines einheitlichen Grundstückes mit drei Einfamilienhäusern entstanden ist. Es handelt sich bei dieser Bebauung teilweise um eine um eine sog. „Pfeifenstielbebauung“, d. h., dass am Rande des Grundstückes eine Zuwegung verläuft zu der im hinteren Teil des Grundstückes gelegenen Einheiten, die Gemeinschaftseigentum darstellt. Die Parteien streiten zum einen über die Nutzung dieser gemeinschaftlichen Zuwegung durch die Beklagten im Hinblick auf dort abgestellte Fahrzeuge. Ein weiterer Streitpunkt stellt ein das der Beklagten zu 2) vorgeworfenes Bewerfen mit Plastikbeuteln oder anderem Unrat dar.

Der auf ein Unterlassen des Werfens mit Plastikbeuteln oder anderem Unrat bezogene Klagantrag, dem sich im Laufe des Prozesses die Kläger zu 3) und 4) angeschlossen hatten, wurde vorzeitig durch ein diesbezügliches Anerkenntnis der Beklagten zu 2) vom 25.11.2016 mit dem Anerkenntnisteilurteil vom 15.12.2016 abgeschlossen.

Mit der streitigen Entscheidung begehren die Parteien allein im Hinblick auf den Streit über das Untertassen des Abstellens von Fahrzeugen auf der gemeinschaftlichen Zuwegung.

Die Kläger fühlen sich durch in der Vergangenheit unstreitig erfolgtes Parken von Fahrzeugen auf der gemeinschaftlichen Zuwegung unmittelbar vor der Sondernutzungsrechtsfläche der Beklagten beeinträchtigt. Darin sehen sie u. a. eine persönliche Gefährdung durch weitere Fahrzeuge, die die Zuwegung befahren und an deren Ende vor der Sondernutzungsrechtsfläche der Beklagten parken. Dies ergebe sich insbesondere auch durch unangemessene, verkehrsgefährdende Geschwindigkeit. Ferner verweisen die Kläger auf einen bestandskräftigen Beschluss dahingehend, dass Fahrzeuge auf der Zuwegung nicht abgestellt werden dürfen. Ferner sehen sie eine Einschränkung beim Transport von Müllbehältern zur Müllstandsfläche. Die Kläger … rügen des Weiteren, dass der Blick von ihrer Terrasse durch auf der Zuwegung parkende Fahrzeuge beeinträchtigt werde. Schließlich machen die Kläger … geltend, dass sie durch dort parkende Fahrzeuge in ihrem Zugang zu ihrer Sondernutzungsrechtsfläche über die gemeinschaftliche Zuwegung beeinträchtigt würden.

Zu den zahlreichen weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger wind auf die von ihren Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Kläger beantragen und zwar jenseits des durch Teilanerkenntnis bereits erledigten Teilstreites:

Die Beklagten – jeweils für sich allein – werden verurteilt, es zu unterlassen, Kraftfahrzeuge auf dem Gemeinschaftseigentum, insbesondere auf der Zufahrt des Grundstückes abzustellen und es werden ihnen jeweils für den Fall der Zuwiderhandlung gesetzliche Ordnungsmittel angedroht.

Die Kläger zu 3) und 4) beantragen ergänzend, die Beklagten werden jeweils für sich allein verurteilt, es Besuchern ihres Sondereigentumes es zu untersagen, mitgeführte Fahrzeuge auf der Gemeinschaftsflächenauffahrt neben der den Klägern zu 3) und 4) zugewiesenen als Garten genutzten Sondernutzungsfläche zu parken oder abzustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten halten den Klägern entgegen, dass der Streit aus ihrer Sicht sinnvollerweise durch einen Vergleich hätte beigelegt werden können. Des Weiteren machen die Beklagten geltend dass es weitere regelungsbedürftige Angelegenheiten gebe, z. B. einen Verwalter einzusetzen. Des Weiteren weisen die Beklagten darauf hin, dass sie durch die Kläger beleidigt wurden, so seien sie durch den Begriff „Penner“ beleidigt worden und auch bedroht worden mit den Worten: „Dich mach ich fertig!“. Auch mit Schriftsatz vom 11.01.2017 machen die Beklagten zahlreiche weitere Ärgernisse aus ihrer Sicht geltend, die nicht Gegenstand der hier vorliegenden Klaganträge sind. Zudem sind die Beklagten der Auffassung, dass sich ein Recht der Kläger …, die gemeinschaftliche Zuwegung zu nutzen, um auf diese Weise ihre Sondernutzungsrechtsfläche hinter ihrem Hause zu erreichen, nicht aus der Teilungserklärung ergäbe. Ferner meinen sie, dass ihnen in einem „Kohäsionsverfahren“ 5.000,00 € zugesprochen werden sollten.

Zu den zahlreichen weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist bezüglich des noch offenen Klagantrages zu Ziff. 1 und Ziff. 3 des Schriftsatzes der Kläger … vom 22.11.16, also bezogen auf ein Unterlassen des Abstellens von Fahrzeugen auf dem Gemeinschaftseigentum, insbesondere der Zufahrt des Grundstückes, sowie dafür gegenüber Besuchern Sorge zu tragen, in dem zugesprochenen Umfang, also teilweise, begründet, darüber hinausgehend ist sie unbegründet.

Ein pauschales Verbot des Abstellens und damit ein pauschaler Anspruch auf ein Unterlassen des Abstellens von Fahrzeugen auf der Zuwegung durch die Beklagten ist nicht begründet, so dass der Antrag insoweit zurück zu weisen war. Die Kläger sind nicht durch jegliches Parken eines anderen Fahrzeuges auf der Zuwegung in rechtlich relevanter Weise, also nach den Maßstäben des § 14 Ziff. 1 WEG, beeinträchtigt. Soweit die Kläger aber durch eine Nutzung von Gemeinschaftseigentum durch die Beklagten nicht im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG beeinträchtigt sind, können sie deren Unterlassung nicht beanspruchen. Durch den vor kurzem durchgeführten Ortstermin in der Parallelsache und die insoweit vorgenommene Inaugenscheinnahme der örtlichen Verhältnisse ist jedoch gerichtsbekannt geworden, dass die Kläger … durch eine Blockade ihrer Zuwegung zu ihrer Sondernutzungsrechtsfläche durch ein zweites auf der Zuwegung vor der Sondernutzungsrechtsfläche der Beklagten parkendes Fahrzeug in ihrem Zugang zu ihrer Sondernutzungsrechtsfläche beeinträchtigt werden können, was eine relevante Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG ausfüllt. Insoweit war eine differenzierte Entscheidung geboten, die sowohl den berechtigten Interessen der Beklagten an einer begrenzten Nutzung der Zuwegung bzw. den restriktiven Voraussetzungen von Unterlassungs- und Störungsbeseitigungsansprüchen Rechnung trägt, wenn keine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG vorliegt, aber auch den berechtigten Interessen der Eigentümer … an einem freien Zugang zu ihrer Sondernutzungsrechtsfläche von der gemeinschaftlichen Zuwegung aus und ihrem Anspruch, nicht im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG beeinträchtigt zu werden.

Im Einzelnen ergibt sich dieses Prozessergebnis aus folgenden Gründen:

1. Anspruch auf Unterlassen des Abstellens von Fahrzeugen auf dem Gemeinschaftseigentum, insbesondere der Zufahrt des Grundstückes

1.1. Rechtslage

Das Gemeinschaftseigentum steht grundsätzlich sämtlichen Eigentümern zur Nutzung zur Verfügung, auch den Beklagten. Eine spezifische Nutzung ist lediglich zu unterlassen, wenn es dafür kein zur Duldung verpflichtendes besonderes Recht der Kläger gibt und die Nutzung die Kläger im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG beeinträchtigt, sie sie also über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt. Jeder Miteigentümer, der von einer unzulässigen Störung selber beeinträchtigt wird, hat gem. §§ 15 III WEG, 1004 BGB einen eigenen und direkten Anspruch gegen den Störer auf Unterlassung der Störung (Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2. Auflage, Rz. 345). Gem. § 15 III WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch verlangen, der dem Gesetz (§§ 13, 14 Nr. 1) oder den Vereinbarungen und Beschlüssen entspricht. Der Abwehranspruch des § 1004 I BGB i.V.m. § 15 III WEG ist darauf gerichtet, dass der oder die störenden Wohnungseigentümer einen unzulässigen Gebrauch des Sondereigentums oder Gemeinschaftseigentums unterlassen oder einen störenden Gebrauch beendigen (Vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Auflage, § 15 Rz. 29; Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 15 Rz. 45 ff, § 13 Rz. 5; § 1 Rz. 183, 189 ff, 194, § 10 Rz. 253, 263, § 13 Rz. 136, 138). Sondereigentum wird auch dadurch gestört, dass ein anderer WE sein SE oder das GemE zweckbestimmungswidrig, unter Verletzung des Rücksichtnahmegebotes nach § 14 Nr. 1 in einer andere SE beeinträchtigenden Weise oder entgegen einer beschlossenen Gebrauchsregelung nutzt, sofern dieser Verstoß nicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis oder nach § 242 BGB hinzunehmen ist. Der gestörte SE kann auch diese Störung nach den allg. Vorschriften, aber auch nach § 15 III abwehren und einen gemeinschaftskonformen Gebrauch des SE oder GemE verlangen (Bärmann, WEG, 10 Auflage, § 13 Rz. 138 m.w.Nw.). Entsprechendes gilt für eine Störung des Gemeinschaftseigentums, z.B. eine Tiefgarage (Bärmann, a..a.O., Rz. 142). Der Anspruch steht dem einzelnen WE zu.

Ein Beseitigungs-, Wiederherstellungs- oder Unterlassungsanspruch setzt nach der Rechtsprechung des BGH allerdings voraus, dass dem Kläger bzw. den Klägern, also einem oder mehreren Wohnungseigentümern, ein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil durch die angegriffene Maßnahme im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG erwachsen ist. Dabei kann nach der Rechtsprechung des BGH ein Nachteil i.S. von § 14 Ziff. 1 WEG nicht bereits aus dem Umstand hergeleitet werden, dass durch die Maßnahme eine der Teilungserklärung und damit der gesetzlichen Bestimmung des § 3 Abs. 2 WEG widersprechender Zustand geschaffen werde (Vgl. BGH NJW 2001, 1212 ff im Zusammenhang mit störenden Baumaßnahmen). Dem Wohnungseigentumsgesetz liegt der Gedanke zugrunde, dass nicht jeder bei der Durchführung einer Maßnahme von einem Eigentümer begangene Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen, die Teilungserklärung, Vereinbarungen oder Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer begründen soll. Vielmehr sind sowohl eigenmächtig am Gemeinschaftseigentum vorgenommene Maßnahmen von sämtlichen Wohnungseigentümern hinzunehmen, wenn deren Rechtsstellung nicht oder nicht über das bei geordnetem Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus beeinträchtigt wird (§ 14 Ziff. 1 WEG) (Vgl. BGH a.a.O.) Die Betroffenheit der einzelnen Wohnungseigentümer ist stets im Einzelnen zu prüfen (BGH a.a.O.).

Ein Unterlassungsanspruch setzt des Weiteren bekanntlich Wiederholungsgefahr voraus und insoweit mindestens eine in der Vergangenheit erfolgte Störung, aus der auf Wiederholungsgefahr geschlossen werden kann.

1.1.1. Störung der Kläger durch eine Nutzung des Gemeinschaftseigentums zum Abstellen von Kfz

Das Gericht versteht das Vorbringen der Kläger dahingehend, was auch den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, wie sie sich im Ortstermin des Parallelverfahrens gezeigt haben, dass sie nicht durch die auf der Zuwegung parkenden Kfz der Beklagten daran gehindert werden, ihr Haus zu erreichen, sondern dahingehend, dass die Kläger zwar nach wie vor ihr Haus über die Zuwegung ungehindert erreichen können, auch wenn die Beklagten am Ende der Zuwegung vor ihrem Haus parken, weil die Beklagten Eigentümer des Hauses Nr. 3 am Ende der Pfeifenstielbebauung sind und die Kläger die Eigentümer des Hauses Nr. 1, das an der Straße gleich als erstes Haus steht (K 2 b (26)), sie sich gleichwohl daran stören, dass dort Fahrzeuge parken. Dieser Ansatz der Begründung einer relevanten Störung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG ist daher nicht nachzuvollziehen. Der Sinn und Zweck der Zuwegung besteht nicht darin, dass die Eigentümer des Hauses Nr. 1 vor dem Haus Nr. 3 auf der Zuwegung spazieren gehen oder sich in sonstiger Weise dort aufhalten, so dass sie durch dort parkenden Kfz gestört wären. Dort stehende Fahrzeuge als solche kann das Gericht als relevante Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG, also als eine Beeinträchtigung, die aus der Perspektive eines neutralen Dritten verständlicherweise nachzuvollziehen ist, nicht anerkennen, soweit es um den Zugang zum eigenen Haus geht. Auch eine Gefährdung der Kläger durch Fahrzeuge, die auf der Zuwegung vor das Haus der Beklagten fahren, ist grundsätzlich nicht in hinreichend relevanter Weise gegeben. Es liegt in der Natur von Zuwegungen, dass dort auch einmal Fahrzeuge entlang fahren. Soweit die Kläger eine unangemessene, verkehrsgefährdende Geschwindigkeit monieren, ließe sich ein derartiges Nutzungsverhalten durch eine mildere Lösung abwenden, als durch ein grundsätzliches Verbot des Parkens. Insoweit würde bereits ein Verbot des Befahrens mit mehr als 10 km/h genügen. Auch die mit einem Befahren der Zuwegung mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h verbundenen Geräusche füllen keine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG aus. Verkehrsüblich fallen derartige Fahrten, die ca. 30 Sekunden andauern, etwas 2-6 Mai am Tag an. Von den 24 Stunden des Tages wären also etwas 1-3 Minuten mit einem leichten Fahrzeuggeräusch verbunden. Das füllt keine aus objektiver Sicht nachvollziehbarer nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung aus, wie sie der § 14 Ziff. 1 WEG voraussetzt.

Soweit es einen bestandskräftigen Beschluss dahingehend gibt, dass Fahrzeuge auf der Zuwegung nicht abgestellt werden dürfen, setzt ein Störungsbeseitigungs- bzw. Störungsunterlassungsanspruch nach § 14 Ziff. 1 WEG, wie oben bereits ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BGH gleichwohl dennoch weiter voraus, dass überhaupt eine relevante Beeinträchtigung vorliegt. Der Verstoß gegen eine Regelung, ob aus einem Beschluss oder auch der Gemeinschaftsordnung als solcher, genügt noch nicht: Ein Beseitigungs- und Wiederherstellungsanspruch, ebenso wie ein Unterlassungsanspruch für den diese Grundsätze entsprechend gelten, setzt nach der Rechtsprechung des BGH voraus, dass dem Kläger bzw. den Klägern, also einem oder mehreren Wohnungseigentümern, ein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil durch die angegriffene Maßnahme im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG erwachsen ist. Dabei kann nach der Rechtsprechung des BGH ein Nachteil i.S. von § 14 Ziff. 1 WEG nicht bereits aus dem Umstand hergeleitet werden, dass durch die Maßnahme eine der Teilungserklärung widersprechender Zustand geschaffen werde (BGH NJW 2001, 1212 ff). Dem Wohnungseigentumsgesetz liegt der Gedanke zugrunde, dass nicht jeder bei der Durchführung einer Maßnahme von einem Eigentümer begangene Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen, die Teilungserklärung, Vereinbarungen oder Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer begründen soll. Vielmehr sind sowohl eigenmächtig am Gemeinschaftseigentum vorgenommene – und damit zwangsläufig der Teilungserklärung widersprechende – Veränderungen (§ 22 I S. 1 WEG) als auch sonstige Maßnahmen am Sondereigentum (§ 13 I WEG) von sämtlichen Wohnungseigentümern hinzunehmen, wenn deren Rechtsstellung nicht oder nicht über das bei geordnetem Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus beeinträchtigt wird (§ 22 I S. 1, 14 Ziff. 1 WEG) (BGH a.a.O.) Die Betroffenheit der einzelnen Wohnungseigentümer ist stets im Einzelnen zu prüfen (BGH a.a.O.). Für Nutzungen des Gemeinschaftseigentums gilt nichts anderes. Ein Nachteil ist nicht hinzunehmen, wenn er eine nicht ganz unerhebliche, konkrete und objektive Beeinträchtigung darstellt. Entscheidend ist, ob sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGHZ 116, 392, 396; BGH NJW 2001, 1212). Die Kläger waren damit darauf angewiesen, eine solche objektive Beeinträchtigung zu begründen.

Soweit die Kläger eine Beeinträchtigung im Hinblick auf den Transport von Müllbehältern zur Müllstandsfläche geltend machen, kann auch dies nicht geteilt werden. Die Kläger als die Eigentümer der Häuser Nr. 1 und Nr. 2, können beim Transport des Müllbehälters durch vor dem Haus Nr. 3 auf der Zuwegung stehende Fahrzeuge nicht beeinträchtigt werden. Auch ein erschwerter Feuerwehreinsatz, der die Kläger beeinträchtigen würde, ist nicht nachvollziehbar. Erschwert wird ein Zugang allenfalls zum Haus Nr. 3, also dem der Beklagten, nicht jedoch zum Haus Nr. 1 und 2.

Das Gericht sieht schließlich auch keine relevante Beeinträchtigung der Kläger … darin, dass sie, wenn sie von ihrer Sondernutzungsrechtsfläche auf die Zuwegung schauen, dort bisweilen parkende Fahrzeuge wahrnehmen und nicht uneingeschränkt über eine leere Zuwegung bis zur Hecke am Nachbargrundstück schauen können. Abgesehen davon, dass von den möglichen Blickrichtungen beim Sitzen auf der Terrasse allenfalls ein Viertel der potentiellen Blickrichtungen insoweit betroffen wäre, abgesehen davon, dass der Blick in dieses Viertel wiederum nur graduell beeinträchtigt ist, weil bereits der Blick jenseits der Fahrzeughöhe nicht mehr beeinträchtigt wäre, ließe sich der Blick ins fahrzeugfreie Grün unschwer dadurch herstellen, dass die Kläger die Grenze ihrer Sondernutzungsrechtsfläche bepflanzen oder mit sonstigem Sichtschutz versehen, wie es ja auch bereits weitgehend geschehen ist, der ihnen den Anblick eines Fahrzeuges erspart, wodurch im Übrigen sogleich auch der Anblick des zu duldenden Fahrzeuges der Beklagten erspart würde beim Passieren der Zuwegung und der Fahrt auf die eigene Sondernutzungsrechtsfläche. Rücksichtnahme in der WEG im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG ist keine Einbahnstraße. Sie bedeutet gegenseitige Rücksichtnahme. Wenn ein Wohnungseigentümer eine ohnehin relativ geringfügige Beeinträchtigung bereits selbst durch wiederum relativ geringfügige und verkehrstypische Maßnahmen, hier eine Grenzbepflanzung, abwenden kann, dann ist er im Geiste des Gebotes der gegenseitigen Rücksichtnahme auch darauf zu verweisen und kann nicht verlangen, insoweit durch ein Verbot geschützt zu werden.

In dem im Parallelverfahren durchgeführten Ortstermin ist allerdings gerichtsbekannt und deutlich geworden, wie auch durch die Fotos vom parkenden Audi mit Schriftsatz vom 22.11.16 durch die Kläger … hier geltend gemacht, dass ein zweites parkendes Fahrzeug die Eigentümer … beim ungehinderten Zugang zu ihrer Sondernutzungsrechtsfläche von der Zuwegung aus, beeinträchtigen kann. Auch die Eigentümer … haben einen Rechtsanspruch auf Nutzung der Zuwegung, die eine Gemeinschaftsfläche darstellt. Da die Zuwegung von ihrer Zweckbestimmung primär die Aufgabe hat, die hinteren Grundstücksflächen des Gemeinschaftsgrundstückes erreichbar zu machen, nicht jedoch als Parkfläche zu dienen, hat bei einer Abwägung des Interesses der Eigentümer … einerseits und des Nutzungsinteresses der Beklagte zum Zwecke des Parkens, das Zugangsinteresse der Eigentümer … Vorrang. Insoweit gibt es zahlreiche in Betracht kommende verkehrstypische Nutzungsmöglichkeiten, die durch ein den Zugang zuparkendes Fahrzeug beeinträchtigt würden, ob der Zugang mit Fahrrädern, insbesondere einem Erwachsenen-Dreirad, wie im Ortstermin im Parallelverfahren erörtert, oder auch mit dem Transport von sperrigen Gegenständen für Haus und Garten oder auch für das Abfahren von Gartenmüll mit der Schubkarre und dergleichen.

Anders verhält es sich bezüglich des Parkens eines weiteren Fahrzeuges, das nicht den Zugang zur Sondernutzungsrechtsfläche … beeinträchtigt. Insoweit steht dem Nutzungsinteresse der Beklagten kein legitimes und überwiegendes Interesse der übrigen Eigentümer, keine ihnen gegenüber eingetretene Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG, entgegen.

Unbegründet war allerdings der diesbezügliche Antrag der Kläger … denn sie wären durch das gerügte Parken, auch durch ein zweites Fahrzeug, nicht beeinträchtigt. Nicht in nachvollziehbarer Weise gestört fühlen, können sich die Kläger … durch ein zweites auf der Höhe der Sondernutzungsrechtsfläche der Kläger … parkendes Fahrzeug. Ihre berechtigten Interessen werden durch ein derartiges Parken nicht in hinreichend erheblicher Weise beeinträchtigt. Das bloße Vorbeifahren zweier Fahrzeuge, die bei Besuchen der Beklagten auf der Gemeinschaftszuwegung vor der Sondernutzungsrechtsfläche der Beklagten abgestellt werden, füllt keine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG aus. Beeinträchtigungen durch unangemessene Fahrweise könnten separat abgewehrt werden, ohne dass dazu ein generelles oder auch nur teilweises Parkverbot erforderlich wäre.

1.2. Wiederholungsgefahr

Dass in der Vergangenheit durch die Beklagten oder deren Besucher auch ein zweites Fahrzeug auf der Zuwegung geparkt wurde, also auf der Höhe des am rechten Rand der Sondernutzungsrechtsfläche der Kläger … (beim Blick von der Zuwegung auf die Sondernutzungsrechtsfläche) belegenen Zuganges zur Sondernutzungsrechtsfläche ist durch die eingereichten Fotos belegt und im Übrigen auch unstreitig geblieben. Insoweit, insbesondere aber auch im Hinblick auf den expliziten Wunsch der Beklagten, dort zwei Fahrzeuge abstellen zu dürfen und ihre Auffassung, dazu auch befugt zu sein, besteht Wiederholungsgefahr und die Gefahr, dass ohne ein entsprechendes Urteil eine diesbezügliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger … erfolgen würde.

2. Anspruch auf Unterlassen des Werfens von Unrat, insbesondere wenn dies mit Hundekot gefüllt sind, auf die Sondernutzungsfläche der Kläger

Zu dieser Forderung erging bereits ein Anerkenntnis-Teilurteil.

3. Selbständige Einwendungen der Beklagten

Soweit die Beklagten einen Vergleich ansprechen, waren die zwischenzeitlichen Bemühungen insoweit offenbar fruchtlos.

Soweit die Beklagten im Rahmen ihrer Verteidigungsschrift mal eben so nebenbei selbst Anträge stellen (Verwalter einsetzen, Beleidigungen zu unterlassen) ist dies so im Zivilprozess nicht möglich. Die Beklagten müssen insoweit schon eine eigene Klage erheben, was zwar auch im Rahmen einer Widerklage möglich wäre, die hier jedoch abgetrennt würde. Nach Widerklageerhebung wäre sodann erst einmal ein Prozesskostenvorschuss einzuzahlen, eine Widerklageschrift wäre im Übrigen in dreifacher Ausfertigung einzureichen, müsste zugestellt und separat terminiert werden. Mögen also die Beklagten prüfen, ob sie Widerklage erheben wollen und dies ggfs. sodann auch explizit tun. Die Beklagten gehen zu Recht davon aus, dass sie einen Anspruch darauf haben, nicht als Penner beleidigt zu werden oder mit den Worten bedroht zu werden:“ Dich mache ich fertig!“. Keine Frage. Doch eventuelle Rechtsverletzungen durch die Kläger rechtfertigen keine Rechtsverletzungen durch die Beklagten. Und wenn die Beklagten sich gegen Beleidigungen und Bedrohungen durch die Kläger wehren wollen, müssen sie es mit einer eigenen Klage tun.

Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 11.1.17 zahlreiche Ärgernisse aus ihrer Sicht ansprechen, die nicht Gegenstand der hier vorliegenden Klaganträge sind, können sie in diesem Verfahren auch nicht erörtert oder einer Entscheidung zugeführt werden. Die Beklagten verkennen die prozessrechtlichen Abläufe in einem Zivilverfahren. Dadurch, dass das Gericht einen spezifischen Streit, der durch die eingereichten Anträge definiert wird, zu bearbeiten hat, wird keine Allzuständigkeit für alle Streitigkeiten begründet, die zwischen den beteiligten Personen bestehen. Zu bescheiden sind vom Gericht allein die eingereichten Klaganträge.

Die Beklagten verkennen auch die Abläufe in einem Zivilprozess, wenn sie nach Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil erneut zu jenem Klagantrag Stellung nehmen. Jenes Verfahren ist in der erstem Instanz mit dem ergangenen Anerkenntnisurteil abgeschlossen und

kann von der ersten Instanz im Hinblick auf den Einwand, der Müllbeutelwurf habe nur die Sondernutzungsrechtsfläche der Kläger … betroffen, wieder aufgerollt werden. Geklagte hatten diesbezüglich alle vier Kläger und die Beklagten haben insoweit anerkannt und das Anerkenntnisurteil wurde im Dezember 2016 als Teil Urteil erfassen.

Der Anspruch der Kläger …, die Zuwegung ebenfalls nutzen zu wollen, um darüber auf ihre Sondernutzungsrechtsfläche zu gelangen, bedarf entgegen der Ansicht der Beklagten keiner Regelung in der Teilungserklärung. Gemeinschaftseigentum, wie die Zuwegung, kann grundsätzlich von allen Eigentümern genutzt werden, und zwar in den Grenzen des § 14 Ziff. 1 WEG.

Soweit die Beklagten ein „Kohäsionsverfahren“ ansprechen, in dem sie 5.000,- Euro geltend machen wollen, ist darauf hinzuweisen, dass es im deutschen Zivilrecht kein „Kohäsionsverfahren“ gibt. Sollten die Beklagten ein Adhäsionsverfahren meinen, gibt es dies vor dem Strafgericht, nicht aber vor dem WEG-Gericht. Wenn die Beklagten ihrerseits jemanden verklagen wollen, dann müssen sie eine fachgerechte Klagschrift einreichen, einen fachgerechten Klagantrag stellen und einen diesbezüglichen Kostenvorschuss leisten. Es wird dann ein eigenes Verfahren eingeleitet. Vermeintliche Forderungen mal so eben en passent in einem anderen Prozess anzusprechen, führen nicht zu einer Prüfung durch das Gericht.

4. Ordnungsgeldandrohung und Zwangsgeld

Die Ordnungsgeldandrohung beruht auf § 890 I, II ZPO. Nicht vertretbare Handlungen, wie die Durchsetzung des Unterlassens des verbotenen Parkens durch Besucher, unterliegen § 888 ZPO. Insoweit kommt zwar die Verhängung eines Zwangsgeldes in Betracht, sie wird gem. § 888 II ZPO aber nicht angedroht.

5. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 100 ZPO. Die Kostenquoten beruhen darauf, dass die Beklagte zu 2. zunächst zur Hälfte des Gesamtstreites (1.500, Euro Streit für das Untertassen des Parkens; 1.500,- Euro Streitwert für den Hundekotbeutelwerfen) bezüglich des Anerkenntnisurteils zum Unterlassen des Hundekotbeutelwerfens allein unterlegen war, also im Umfang von 1/2 bzw. 4/8 des Gesamtstreites. Bezüglich der anderen Hälfte des Streites, des Streites um das Parkverbot, waren zunächst die Hälfte der Kläger, und zwar die Kläger … vollständig unterlegen, also zu 1/4 des Gesamtstreites oder 2/8. Die weitere Hälfte der Kläger, die Kläger … haben sich wiederum zu Hälfte im Hinblick auf die weitere Hälfte des Streites durchgesetzt, also zu 1/8 des Gesamtstreites. In diesem Umfang waren auf der anderen Seite beide Beklagte unterlegen. Damit war insgesamt die Beklagte zu 2) allein im Umfang von 4/8 unterlegen, die Kläger … waren im Umfang von 2/8 Unterlegen und die Kläger … und die beide Beklagten jeweils im Umfang von 1/8.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

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