LG Itzehoe – Az.: 9 S 70/17 – Urteil vom 20.07.2018
Vergleiche BAG 2. Senat, 14. September 1994, 2 AZR 164/94
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 15.08.2017, Az. 81 C 88/16, abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, das im … in P. belegene Reihenhaus zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und des Berufungsverfahrens zu 79 % und die Klägerin zu 21 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt die Herausgabe eines Reihenhauses. Weiterhin streiten die Parteien darum, ob sich die erstinstanzlichen Klageanträge zu 2. und 3. erledigt haben.
Es wird zunächst in vollem Umfang auf die tatbestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Der Beklagte wurde im Laufe des Berufungsverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs unter anderem an der aus der Beziehung mit der Klägerin hervorgegangenen Tochter am 19.6.2018 auf Grund eines Geständnisses zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde nicht rechtskräftig. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 21.6.2018 eine weitere Kündigung des Mietverhältnisses gestützt auf die Verurteilung.
Erstinstanzlich hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, das im … in P. belegene Reihenhaus zu räumen und geräumt an sie herauszugeben sowie den Beklagten zu verurteilen, die in seinem Besitz befindliche Zulassungsbescheinigung Teil II. (Fahrzeugbrief) des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … Fahrzeugidentifikationsnummer … an sie herauszugeben und den Beklagten zu verurteilen, den Versicherungsschein der V. Lebensversicherung AG mit der Versicherungsnummer … an sie herauszugeben. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Auf die Begründung in den Entscheidungsgründen auf S. 4 f. des amtsgerichtlichen Urteils (Bl. 80 f. d. A.) wird Bezug genommen.
Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Es wird insoweit auf die Berufungsbegründung vom 23.10.2017 (Bl. 110 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz vom 8.12.2017 (Bl. 120 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg, Geschäftsnummer 81 C 88/16 vom 15.8.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. In der mündlichen Verhandlung am 29.6.2018 hat sie den Rechtsstreit hinsichtlich des geltend gemachten Herausgabeanspruchs betreffend die Zulassungsbescheinigung und des Versicherungsscheins für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen.
Die Klägerin beantragt nunmehr, die Berufung zurückzuweisen sowie hilfsweise festzustellen, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt habe.
Die Klägerin behauptet, das Fahrzeug für 1 € verkauft zu haben. Weiterhin habe sich der Beklagten den Versicherungsschein genommen und nicht von ihr erhalten. Der Beklagte habe viele Unterlagen aus Ordnern entfernt.
Auf das Vorbringen der Klägerin aus der Berufungserwiderung vom 29.11.2017 (Bl. 117 ff. d. A.) sowie dem Schriftsatz vom 22.6.2018 wird Bezug genommen.
Die Kammer hat die Parteien persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.6.2018 Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Die dem Berufungsrechtszug zu Grunde liegenden Tatsachen rechtfertigen nur zum Teil eine andere Entscheidung als das Amtsgericht sie getroffen hat (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO).
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Herausgabeanspruch bezüglich des streitgegenständlichen Objekts aufgrund des Überlassungsvertrages vom 1.3.2010 (Anlage K1). Es kann dahinstehen, welche Vertragsart dabei konkret vorliegt. In Betracht kommen ein Mietvertrag, ein kombinierter Vertrag aus Miete und Leihe, ein Leihvertrag oder ein Dauerschuldverhältnis eigener Art. Der Vertrag sieht zwar wechselseitige Pflichten vor. Die Klägerin verpflichtet sich, dem Beklagten auf Lebenszeit bzw. bis zu einer Veräußerung des Objekts ein Nutzungsrecht an 25 qm Wohnfläche und ein Mitnutzungsrecht an den weiteren Räumen zu gewähren. Der Beklagte verpflichtet sich zur Erbringung einer Barleistung von 10.000 € und laufenden Sach- und Arbeitsleistungen für Instandhaltung, Ausbau und Erweiterung des Mietobjekts. Eine Verpflichtung zu Sach- und Arbeitsleistungen besteht dabei nur für die Dauer des Bestehens der Beziehung, danach erbrachte Sach- und Arbeitsleistungen sind ausdrücklich freiwillig. Bei einem Verkauf des Hauses sind die Barleistung sowie ein angemessener Betrag für die Sach- und Arbeitsleistungen zu erstatten. Der Beklagte ist also nach dem Konzept des Vertrages nur verpflichtet, der Klägerin Bar-, Sach- und Arbeitsleistungen vorübergehend zur Verfügung zu stellen und erhält bei Auszug diese bzw. einen angemessenen Betrag dafür zurück.
Auch, wenn der Vertrag als „Mietvertrag“ überschrieben ist, entspricht die Vereinbarung, dass die gezahlte „Miete“ bei Beendigung des Nutzungsrechts durch Verkauf des Hauses zurückzahlen ist, nicht einem üblichen Mietvertrag. Bei diesem wird die Miete üblicherweise synallagmatisch als Entgelt für die zeitweise Nutzung des Mietobjektes gezahlt und verbleibt daher auch bei Beendigung des Mietverhältnisses beim Vermieter. In Betracht kommt daher ein Dauerschuldverhältnis eigener Art, bei der sich Gebrauchsüberlassung und Vertragspflichten des „Mieters“ nicht in Form einer Entgeltbeziehung (Synallagma) gegenüberstehen. In Betracht kommt auch ein Mietvertrag oder, da der Beklagte jedenfalls ab Ende der Beziehung zu keinerlei laufender Gegenleistung mehr verpflichtet ist, eine Kombination aus Mietvertrag (bis zum Ende der Beziehung) und Leihvertrag (ab Ende der Beziehung). Nimmt man an, dass die Tatsache, dass die vom Beklagten übernommenen Pflichten potentiell rückzahlungspflichtig sind, dazu führt, dass bei wertender Betrachtung eine Gegenleistung gar nicht vorliege, könnte auch von Anfang an ein Leihvertrag angenommen werden.
Letztlich kommt es auf die Qualifikation nicht entscheidend an. Sollte sich das Verhältnis als Mietvertrag darstellen, gilt:
Nach § 546 Abs. 1 BGB ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn die am 1.3.2010 getroffenen Vereinbarung (Anlage K1, Bl. 6 d. A.) als Mietvertrag mit einer atypischen Gegenleistung des Mieters qualifiziert wird. Eine atypische Gegenleistung des Mieters nimmt dem Mietvertrag grundsätzlich nicht seine Rechtsnatur (Münchener Kommentar zum BGB-Häublein, 7. Aufl. 2016, Vor § 535 Rn. 23 m.w.N.). Exemplarisch ist die Wohnungsüberlassung mit Dienst- oder Werkleistungspflichten des Mieters. Die Miete wird dann durch entsprechende Leistungen abgegolten. Eine solche Vereinbarung kann in § 4 des Vertrages vom 1.3.2010 (Anlage K1) gesehen werden. Dort ist zum einen festgehalten, dass der Beklagte 10.000 € zur Mitfinanzierung des Hauses eingebracht habe. Daneben findet sich dort folgende Regelung:
„Außerdem verpflichtet sich Herr E. [,] weitere Sach- und Arbeitsleistungen zur Instandhaltung, Ausbau und Erweiterungen einzubringen.“ Dies kann eine entsprechende Gegenleistung für die Überlassung des Mietobjekts sein. Anhaltspunkte dafür, dass in diesem Leistungsäquivalenz ein auffälliges Missverhältnis im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB vorliegt und der Vertrag deshalb nichtig wäre, hat die Kammer nicht.
Dem Beklagten wurde der Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit gewährt, § 535 Abs. 1 BGB. In § 2 des Vertrages vom 1.3.2010 (Anlage K1) ist die Mietsache hinreichend bestimmt. Die Kammer hat keine Bedenken, dass diese Regelung nicht konkret genug wäre. Denn dem Beklagten wird die Benutzung an mindestens 25 m² inklusive 12 m² Bürofläche und WC, sowie die Mitbenutzung aller Räume, Garagen, Garten, Balkon und WC Einrichtungen gewährt.
Die Klägerin hat das Mietverhältnis mit der außerordentlichen Kündigung vom 21.6.2018 (Bl. 153 d. A.) beendet, § 542 Abs. 2 BGB. Gemäß § 3 des Vertrages vom 1.3.2010 (Anlage K1) haben die Parteien die Mietzeit auf Lebenszeit des Beklagten bestimmt. Es handelt sich deshalb um ein Mietverhältnis, das auf eine bestimmte Zeit eingegangen ist. Denn die Lebenszeit des Beklagten ist ausreichend bestimmbar (vgl. Münchener Kommentar zum BGB-Bieber, 7. Aufl. 2016, § 542 Rn. 21). Gemäß § 542 Abs. 2 BGB endet das Mietverhältnis mit dem Ablauf dieser Zeit. Daneben bleibt gleichwohl das Recht einer außerordentlichen Kündigung bestehen, § 542 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung ist gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam. Danach kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zu dessen Beendigung nicht zugemutet werden kann, § 543 Abs. 1 S. 2 BGB. Ein solcher wichtiger Grund besteht, da der Beklagte unstreitig auf Grund eines Geständnisses wegen sexuellen Missbrauchs unter anderem an der gemeinsamen Tochter am 19.6.2018 zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden ist. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Strafurteil nicht rechtskräftig geworden ist. Ein wichtiger Grund für eine Kündigung kann nämlich auch der durch bestimmte Tatsachen objektiv begründende dringende Verdacht einer strafbaren Handlung bilden. Die Möglichkeit der Verdachtskündigung entsprang ursprünglich zwar dem Arbeitsrecht (BAG, Urteil vom 14.9.1994 – 2 AZR 164/94, NZA 1995, 269; Urteil vom 26.3.1992 – 2 AZR 519/91, NZA 1992, 1121), ist aber nicht auf die Anwendung bei Arbeitsverhältnissen beschränkt (vgl. Münchener Kommentar zum BGB-Henssler, 7. Aufl. 2016, § 626 Rn. 240). Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Kündigende die Kündigung damit begründet, dass gerade der Verdacht eines von ihm nicht für sicher gehaltenen und erwiesenen strafbaren Verhaltens das für die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nötige Vertrauen zerstört hat. Voraussetzung für eine solche Kündigung ist (1) das Vorliegen einer Straftat, (2) der Verdacht muss durch objektive Umstände belegt sein, (3) der Verdacht muss dringend und die Verdachtsmomente müssen geeignet sein, das für die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören (vgl. BAG, Urteil vom 14.9.1994 – 2 AZR 164/94, NZA 1995, 269, 270 f.). Diese Voraussetzungen liegen vor. Es geht vorliegend um den Verdacht einer Straftat wegen sexuellen Missbrauchs unter anderem an dem gemeinsamen Kind der Parteien (1). Dieser Verdacht wird ausreichend durch objektive Umstände belegt, da ein Strafverfahren durchgeführt und der Beklagte auf Grund eines Geständnisses verurteilt worden ist (2). Dabei kommt es der Kammer nicht darauf an, dass es sich auch um ein taktisches Geständnis handeln könnte. Denn es geht allein um die Betrachtung, ob der Verdacht durch ausreichend objektive Umstände belegt wird und das ist bei einem – mit welchem Hintergrund auch immer abgegebenen – Geständnis im Zusammenhang mit dem durchgeführten Strafverfahren der Fall. Schließlich reichen die Verdachtsmomente auch dafür aus, das dem Dauerschuldverhältnis zu Grunde liegende Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten nachhaltig zu zerstören. Denn ein Zusammenleben ist bereits bei dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs gegen das gemeinsame Kind unzumutbar und der Vorwurf ist dazu geeignet, das Vertrauen zu der Klägerin zu zerstören.
Schließlich liegen auch die übrigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vor. Eine vorherige Abmahnung ist gemäß § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB nicht erforderlich, da sie keinen Erfolg verspricht. Weiterhin ist es der Klägerin unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar, das Reihenhaus mit ihrer Tochter und dem Beklagten zu bewohnen. Bei der Abwägung der Umstände des Einzelfalls hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Beklagte wegen der Befristung des Mietverhältnisses auf seine Lebenszeit ein erhebliches Interesse an dem Fortbestand des Mietvertrages hat und das Reihenhaus seinen Lebensmittelpunkt darstellt, was besonders schützenswert ist.
Auf die Tatsache, dass das Strafurteil gegen den Beklagten noch nicht rechtskräftig ist, kommt es nach alledem nicht an. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, die eines der Grundprinzipien des rechtsstaatlichen Strafverfahrens ist und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK normiert ist, vor. Denn diese bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat (BAG, Urteil vom 14.9.1994 – 2 AZR 164/94, NZA 1995, 269, 271 m.w.N.). Die Kammer hat nicht über die Anklage zu entscheiden. Außerdem wäre ein Zuwarten im Zivilverfahren auf den Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens beim Vorliegen dringender Verdachtsmomente für den Rechtsinhaber schlicht unzumutbar. Die Kammer musste das Verfahren deshalb auch nicht bis zu einer rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens aussetzen. Denn es besteht regelmäßig keine Rechtfertigung für eine solche Aussetzung, da diese zu einer unzumutbaren Verzögerung des (Zivil-)Rechtsstreites führen würde (vgl. BAG, Urteil vom 25.11.2010 – 2 AZR 801/09, DB 2011, 880). So ist es auch hier. Es wäre der Klägerin nicht zumutbar, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens auszusetzen.
Ein Zurückbehaltungsrecht steht dem Beklagten gegen den Rückgabeanspruch der Klägerin gemäß § 570 BGB nicht zu. Darauf hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung am 29.6.2018 ausdrücklich hingewiesen.
Sollte die Vereinbarung vom 1.3.2010 als Leihvertrag oder als gemischter Vertrag aus Miete (für die Dauer einer vertraglich geschuldeten laufenden Leistung des Beklagten in Form der Erbringung von weiteren Sach- und Arbeitsleistungen, für die Dauer der Beziehung) und Leihe (für die Zeit nach Beendigung der Beziehung, in der regelmäßige Leistungen in Form der Erbringung von weiteren Sach- und Arbeitsleistungen durch den Beklagten nicht mehr geschuldet waren) bewertet werden, so wäre der Vertrag aus den oben genannten Gründen erst recht kündbar. Bei Annahme eines kombinierten Vertrages befände sich das Vertragsverhältnis auch bereits im Stadium der Leihe.
Nimmt man ein Dauerschuldverhältnis eigener Art an, bei dem wechselseitig Leistungen versprochen werden, die nicht im Synallagma stehen, ist die Kündigung ebenfalls wirksam (vgl. § 314 Abs. 1 BGB). Denn für einen solchen Vertrag könnten keine strengeren Kündigungsvorschriften gelten als für einen Mietvertrag.
2. Indem die Klägerin den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt hat, hat sie ihre Klage geändert. Das ergibt sich aus einer verständigen Auslegung ihrer Prozesserklärung analog § 133 BGB. Nunmehr begehrt sie die Feststellung, dass ihre ursprüngliche Klage zulässig und begründet gewesen und durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist.
Diese Klageänderung ist zulässig. Weil die Klägerin durch die Umstellung des Leistungsantrags auf einen Feststellungsantrag ihren Klageantrag beschränkt hat, kommt es gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht auf die Voraussetzung des § 263 ZPO an.
Die Feststellungsklagen sind zulässig, aber unbegründet.
Das für den Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin folgt aus ihrem Interesse, die Belastung mit den Kosten des Rechtsstreits zu vermeiden. Ist der Feststellungsantrag nämlich erfolgreich, hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Die Feststellungsklagen sind aber unbegründet, weil die ursprünglichen Herausgabeklagen im Zeitpunkt der ausgesprochenen Erledigungserklärung unbegründet waren.
a) Die Klägerin hatte bezüglich der Zulassungsbescheinigung Teil II. (Fahrzeugbrief) gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Herausgabe. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 985 BGB, weil dem Beklagten ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 S. 1 BGB zugestanden hat. Dem Beklagten steht ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB zumindest bezüglich der in § 4 des Mietvertrages vom 1.3.2010 (Anlage K1) aufgeführten Barleistung in Höhe von 10.000,00 € zur Mitfinanzierung des Hauses zu. § 273 BGB ist von Amts wegen zu prüfen (a. A. Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl. 2018, § 273 Rn. 19), der Beklagte brauchte sich deshalb nicht ausdrücklich darauf zu berufen. Daneben hat er sich außerdem zumindest konkludent auf solche Rechte berufen. Zurückbehaltungsrechte werden vom Bundesgerichtshof als Besitzrechte verstanden, auch wenn sie nicht zur Klageabweisung, sondern lediglich zu einer Zug-um-Zug Verurteilung führen (st. Rspr. BGH, siehe nur Urteil vom 25.9.1985 – VIII ZR 270/84, NJW-RR 1986, 282, 283 m.w.N.; streitig, siehe Münchener Kommentar zum BGB-Baldus, 7. Aufl. 2017, § 986 Rn. 45 ff. m.w.N.). Nach § 273 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird, wenn er aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei Ansprüchen, die aus der Abwicklung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft herrühren, ist Konnexität gegeben (Münchener Kommentar zum BGB-Krüger, 7. Aufl. 2016, § 273 Rn. 15). Eine Konnexität in diesem Sinne ist gegeben, weil es hier um etwaige Ausgleichsansprüche geht, die aus der Trennung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien resultieren. Zwar sind diese Ausgleichsforderungen noch nicht fällig, die Klägerin kann sich aber im Wege des bestehenden Zurückbehaltungsrechts nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf die fehlende Fälligkeit nicht berufen, da die Fälligkeit spätestens mit der Räumung des Beklagten aus dem Reihenhaus eintritt.
b) Die Klägerin hatte bezüglich des Versicherungsscheins gegen den Beklagten ebenfalls keinen Anspruch auf Herausgabe. Einen Anspruch aus § 861 Abs. 1 BGB hat sie nicht hinreichend dargelegt. Der Beklagte hat bestritten, sich den Versicherungsschein genommen zu haben. Sofern die Klägerin vorgetragen hat, der Beklagte habe ganz viele Unterlagen aus Ordnern entfernt, ist dieser Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Denn es bleibt unklar, welche Ordner gemeint sind und ob sich der Versicherungsschein überhaupt in einem der Ordner befunden hat.
Ein Anspruch aus § 985 BGB scheitert wiederum an einem Recht zum Besitz im Sinne von § 986 Abs. 1 S. 1 BGB seitens des Beklagten (siehe oben).
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Es fehlt an einer Grundsatzbedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits abschließend geklärt worden.