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Vereinbarung einer einkommensabhängigen Miethöhe

LG Berlin, Az.: 67 S 77/15, Beschluss vom 26.03.2015

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich unbegründet ist und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen.

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von den Beklagten nicht gemäß § 535 Abs. 2 BGB die Zahlung restlicher Mieten für Juni bis August 2014 in Höhe von jeweils monatlich 19,97 EUR verlangen. Das hat das Amtsgericht zutreffend erkannt.

Die von den Beklagten geschuldete Miete belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum nur auf 366,43 EUR. Die ursprünglichen Vertragsparteien haben in § 3 des Mietvertrags für die 60,5 m² große Wohnung der Beklagten eine Nettokaltmiete von 247,45 EUR (4,09 EUR/m²) vereinbart, die sich durch weitere Mieterhöhungen auf 366,43 EUR erhöht hat. Eine darüber hinausgehender Erhöhungsanspruch stand der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu.

Zwar steht es den Mietvertragsparteien gemäß § 557 Abs. 2 BGB frei, künftige Änderungen der Miethöhe als Staffelmiete nach § 557a BGB oder als Indexmiete nach § 557b BGB zu vereinbaren. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat aber mit der Beklagten weder eine Staffel- noch eine Indexmiete vereinbart. Auch liegen für die streitgegenständliche Erhöhung die Voraussetzungen des § 557 Abs. 3 BGB nicht vor, wonach der Vermieter – von den Fällen der § 557 Abs. 1 und 2 BGB abgesehen – Mieterhöhungen nur nach Maßgabe der §§ 558bis 560 BGB verlangen kann.

Keine der Klägerin günstigere Beurteilung folgt aus dem zwischen der ursprünglichen Vermieterin und der IBB geschlossenen Fördervertrag, der die Klägerin mangels einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Vereinbarung mit ihrer Rechtsvorgängerin zwar nicht unmittelbar bindet (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1997 – VIII ZR 373/96, NJW 1998, 445), in den sie aber durch den Erwerb des Grundstücks über den Mietvertrag nebst ergänzender Vereinbarungen in den Anlagen eingetreten und daraus in gleicher Weise wie ihre Rechtsvorgängerin berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 10. September 2003 – VIII ZR 58/03, NJW 2003, 3767; Kammer, Urt. v. 5. September 2013 – 67 S 24/13, n.v.).

Soweit in Ziffer 1 der in den Mietvertrag einbezogenen Anlage 2 auf den zwischen der IBB und der Rechtsvorgängerin geschlossenen Förderungsvertrag abgestellt und “der Mieter” in deren Ziffer 2 unter “Teil-/Verluste des Förderungsanspruchs” unter bestimmten Voraussetzungen zur Zahlung “der vollen Miete (ohne Zusatzförderung)” verpflichtet wird, kann sich die Klägerin darauf zur Erhöhung der Miete in mehrfacher Hinsicht nicht berufen:

Der Anwendungsbereich der formularvertraglich getroffenen Regelung ist bereits tatbestandlich nicht eröffnet. Denn sie betrifft im Lichte der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB allein Bestand und Umfang der Zahlungspflichten des Mieters unter der Voraussetzung der fortdauernden Förderung durch die IBB. Die Förderung durch die IBB ist aber seit der Kündigung des Förderungsvertrages im Jahre 2011 beendet, so dass die von der Klägerin ins Feld geführte Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten allein die Höhe des von dieser geschuldeten Mietzinses nicht zu beeinflussen vermochte. Dieses Auslegungsergebnis gilt unabhängig, erst recht aber unter Zugrundelegung der zu Gunsten der Beklagten wirkenden Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB, nach der Unklarheiten bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen.

Selbst wenn aber der tatbestandliche Anwendungsbereich der Regelung eröffnet und ihr zudem der von der Klägerin unterstellte Sinngehalt einer einkommensabhängigen Mietzinshöhe beizumessen wäre, könnte die Beklagte daraus ein Recht zur Mietererhöhung nicht erfolgreich ableiten. Denn die Klausel wäre ohnehin gemäß § 557 Abs. 4 BGB unwirksam, der aus den zutreffenden und von der Berufung unangegriffenen Erwägungen des Amtsgerichts, auf die die Kammer Bezug nimmt und denen nichts hinzuzufügen ist, auf das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis Anwendung findet.

Nach § 557 Abs. 4 BGB ist eine von den § 557 Abs. 1-3 BGB abweichende Vereinbarung unwirksam. Umfasst sind davon solche Abreden, die die formellen oder materiellen Voraussetzungen für eine Mieterhöhung abändern (BGH, Urt. v. 8. Juli 2009 – VIII ZR 205/08, NZM 2009, 613). Gemessen daran ist die getroffene Vereinbarung unwirksam. Denn sie ändert in dem von der Klägerin verstandenen Sinne die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Mieterhöhung zum Nachteil der Beklagten ab. Eine künftige – und zudem eo ipso eintretende – Erhöhung der Miete wegen einer Veränderung der Einkommensverhältnisse des Mieters sehen die §§ 557 Abs. 2 und 3 BGB nicht vor. Deshalb konnte eine entsprechende Erhöhungsmöglichkeit von den Mietvertragsparteien auch nach Abschluss des Mietvertrages weder ausdrücklich noch konkludent nach § 557 Abs. 1 BGB wirksam vereinbart werden (Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 557 Rz. 63; Weitermeyer, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 557 Rz. 72 a.E.). Unbedenklich wäre es allein gewesen, wenn die Beklagte während des Bestehens des Mietverhältnisses einer Mieterhöhung auf den von der Klägerin nunmehr verlangten Mietzins zustimmt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 20. Juli 2005 – VIII ZR 199/04, NJW-RR 2005, 1464 (sub II.1 (zu § 10 Abs. 1 MHG)). An einer derartigen Vereinbarung aber fehlt es.

Alldies verkennt die Berufung, die zudem der unzutreffenden Auffassung ist, ihre Rechtsvorgängerin habe für den Zeitraum der Förderung einen gemäß § 557 Abs. 4 BGB unbedenklichen und nunmehr wieder aufgelebten anteiligen Mietverzicht geübt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 12. November 2003 – VIII ZR 41/03, ZMR 2004, 174; Kammer, a.a.O.). Soweit sie schließlich darauf abhebt, den Vertragsparteien sei bewusst gewesen, dass “der zu zahlende Mietzins in Abhängigkeit von der Einkommenssituation sich verändern kann und soll”, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Denn die Nichtigkeit der getroffenen Abrede folgt allein aus ihrem gemäß § 557 Abs. 4 BGB verbotswidrigen Inhalt, unabhängig von ihrer Transparenz und den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien (vgl. BGH, Urt. v. 25. März 1993 – IX ZR 192/92, NJW 1993, 1638 Tz. 21; Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, Neuberab. 2011, § 134 Rz. 82 m.w.N.).

II.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

 

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