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Verjährung von Mängelbeseitigungsansprüchen des Mieters

LG Berlin, Az.: 65 S 315/15

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.08.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 14 C 90/15 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wie folgt geändert und neu gefasst:

Das Versäumnisurteil vom 31.03.2015 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, den Boden der zur Wohnung … 15, 6. Obergeschoss links, in … Berlin, gehörigen Terrasse mit einem geeigneten Fliesenbelag zu versehen.

Im übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der Kosten für den Erlass des Versäumnisurteils, welche niedergeschlagen werden,

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1, 540 Abs. 2, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

1. Die Berufung des Klägers gegen das angefochtene Urteil ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen rechtfertigen zum Teil eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

1.1. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Klage im Antrag zu 1) – unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 31.03.2015 insoweit – abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergrößerung der Terrassengrundfläche, mithin Instandsetzung der Mietsache aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB.

Verjährung von Mängelbeseitigungsansprüchen des Mieters
Foto: Zerbor/Bigstock

Zwar wäre ein diesbezüglicher Anspruch nicht verjährt, die Beklagten können nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB erheben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Anspruch des Mieters auf Beseitigung eines Mangels als Teil des Gebrauchserhaltungsanspruchs während der Mietzeit unverjährbar. Denn es handelt sich bei der Hauptleistungspflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB um eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung (BGH, Urt. v. 19. Juni 2006 – VIII ZR 284/05, NZM 2006, 696, Tz. 11). Diese Pflicht des Vermieters erschöpft sich nicht in einer einmaligen Handlung des Überlassens, sondern geht dahin, die Mietsache während der gesamten Mietzeit in einem gebrauchstauglichen Zustand zu erhalten. Eine solche vertragliche Dauerverpflichtung kann während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht verjähren, denn sie entsteht während dieses Zeitraums gleichsam ständig neu, auch soweit sie darauf gerichtet ist, bereits aufgetretene Mängel zu beseitigen (BGH, Urt. v. 17. Februar 2010, VIII ZR 104/09, BGHZ 184, 253 = NJW 2010, 1292, Tz. 17).

Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre ein entsprechender Anspruch des Klägers auch nicht verwirkt. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen. Derartige Umstände, die ein Vertrauen der Beklagten rechtfertigen, der Kläger werde eine Vergrößerung der – nach seinem Vortrag – vertragswidrig verkleinerten Terrassengrundfläche auch in Zukunft nicht mehr verlangen, vermag die Kammer gerade auch in Ansehung des diesbezüglichen klägerischen Vorbringens in den zwischen den Parteien bereits in der Vergangenheit geführten Rechtsstreitigkeiten nicht festzustellen.

Der Kläger hat jedoch das Vorliegen eines die Instandsetzungspflicht des Vermieters auslösenden Mangels der Mietsache i.S.d. § 535 Abs. 1 BGB nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt. Angesichts des eigenen Vorbringens des Klägers im – maßgeblichen – Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachverhandlung vor der Kammer steht fest, dass die vertraglich vereinbarte Grundfläche der streitgegenständlichen Terrasse tatsächlich bei Übergabe der Wohnung an ihn nicht 26 qm betragen hat. Der Kläger hatte das erstinstanzlich zwar behauptet und dies in das Zeugnis des ehemaligen Hausmeisters des Objekts, des Zeugen F. gestellt. Ob dieses Vorbringen angesichts des detaillierten Vortrags der Gegenseite überhaupt hinreichend substantiiert und in Ansehung der vorzutragenden Anknüpfungstatsachen einer Beweiserhebung zugänglich gewesen wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Kläger hat seinen Vortrag nunmehr dahingehend geändert, dass er behauptet, der ursprüngliche Vermieter, der Zeuge K., habe ihm im November 1999, mithin nach Abschluss des Mietvertrages, gestattet, den an die zu seiner Wohnung gehörende Terrasse anschließenden, vor dem Treppenhaus belegenen Teil einer ursprünglich von den Erdgeschossmietern zu Abstellzwecken genutzten Terrasse (mit) zu nutzen, worauf sich letztlich die von ihm vorgetragene Terrassengrundfläche beziehe. Es kann dahinstehen, ob es hierdurch tatsächlich zu einer Einbeziehung der gesamten genutzten Terrassenfläche in das Mietverhältnis gekommen ist oder es sich vielmehr nicht ohnehin (nur) um eine jederzeit durch den Vermieter widerrufliche Gestattung handelt (vgl. dazu KG, Urt. v. 1. Dezember 2008, 8 U 121/08, WuM 2009, 654), denn jedenfalls hat der Kläger damit seinen ursprünglichen Tatsachenvortrag ersichtlich nicht mehr aufrechterhalten. Sein neuer, von den Beklagten bestrittener Vortrag ist nach §§ 529, 531 ZPO nicht zu berücksichtigen. Eines gerichtlichen Hinweises dahingehend, dass die Kammer den erstinstanzlichen Beweisantritt jedenfalls in Ansehung des geänderten Sachvortrags nicht (mehr) für ausreichend erachtet (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 2. Januar 1995, 1 BvR 234/94, NJW-RR 1995, 828), bedurfte es mithin nicht.

1.2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Instandsetzung der Mietsache aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, gerichtet auf Austausch des nunmehr auf der Terrasse verlegten Bankiraibodens gegen einen geeigneten Fliesenboden. Insoweit war das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten, § 343 ZPO.

Der Klageantrag ist im Hauptantrag hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Soweit die Beklagten rügen, die Bezeichnung „geeigneter Fliesenbelag“ sei zu unbestimmt und einer Vollstreckung mithin nicht zugänglich, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Im Rahmen der Erhaltungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB obliegt dem Vermieter die Wahl der geeigneten Maßnahmen. Diesem Grundsatz entspricht die Antragstellung.

Der Austausch des ursprünglich vorhandenen Fliesenbodens auf der streitgegenständlichen Terrasse durch die Beklagten hat zu einer Abweichung vom vertragsgemäßen Zustand der Mietsache geführt. Zwar ist ein bestimmter Bodenbelag nicht als vertraglich geschuldet vereinbart. Insoweit ist jedoch bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung durch Auslegung zu ermitteln, was der Vermieter schuldet und welchen Standard die Parteien in Ansehung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrssitte voraussetzen durften und wollten, §§ 133, 157 BGB (BGH, Urt. v. 10. Mai 2006, VIII ZR 23/04, NZM 2006, 582). Regelmäßig wird auch der Zustand der Mietsache bei Vertragsschluss Aufschluss über die „Vertragsgemäßheit“ geben (so auch LG Stuttgart, Urt. v. 1. Juli 2015, 13 S 154/14, NJW-RR 2015, 1494). Zwar darf der Vermieter die Mietsache im Rahmen der Erhaltungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB unwesentlich und ohne Wertverlust verändern. Er ist jedoch gehalten, den ursprünglichen Zustand der Mietsache möglichst zu erhalten bzw. etwa nach Beseitigung von Mängeln wiederherzustellen (Eisenschmid, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 Rn 63). Wesentliche Veränderungen muss der Mieter grundsätzlich nicht hinnehmen. Vorliegend ist davon auszugehen, dass bei einer zu einer 1,5 Zimmer-Wohnung gehörenden Terrasse, die ca. 1/3 der Gesamtmietfläche ausmacht, deren Beschaffenheit der Mietsache insgesamt in nicht unerheblichem Maße ihr Gepräge gibt. Hierzu gehört auch maßgeblich der Bodenbelag, ohne dass es insoweit besonderer Vereinbarungen der Parteien zur konkreten Nutzung der Terrasse – etwa für das Aufstellen von Blumenkübeln – bedarf. Der nunmehr verlegte Holzbodenbelag ist zu dem ursprünglich vorhandenen Fliesenbelag auch nicht vergleichbar. Dies ist angesichts der unterschiedlichen Material- und Oberflächenbeschaffenheit evident; eine Beweiserhebung ist insoweit nicht veranlasst. Auf die Frage der Kosten des Bodens kommt es nicht an (so auch LG Berlin, Urt. v. 1. Dezember 2009, 63 S 162/09). Auch die Wertverbesserung ist außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 555 c ff. BGB unbehelflich.

Der Kläger ist an der Geltendmachung seines Instandsetzungsanspruchs auch nicht deshalb gehindert, weil er den Einbau des Holzbodens faktisch geduldet hat. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2014 hat er zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass er den Austausch des Bodenbelags nicht dauerhaft hinzunehmen bereit sei. Allein der tatsächlichen Hinnahme der Arbeiten konnten und durften die Beklagten angesichts dessen nicht entnehmen, dass der Kläger den nunmehrigen Zustand als vertragsgemäß genehmige.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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