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Vermieterkündigung wegen wirtschaftlicher Nachteile bei Fortsetzung des Mietverhältnisses

LG Darmstadt – Az.: 25 S 139/12 – Urteil vom 07.11.2012

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 13.6.2012, Az. 308 C 28/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Dieses Urteil und das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 13.6.2012, Az. 308 C 28/12, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 6.720 €

Gründe

I.

Der Beklagte ist Mieter von zwei nebeneinander liegenden Dachgeschosswohnungen in der G-Straße … in D. Die Kläger haben das Anwesen im Jahr 2009 gekauft und die Mietverhältnisse wegen einer beabsichtigten Sanierung und Umgestaltung mit Schreiben vom 24.9.2009 gekündigt. Die hierauf gestützte Räumungsklage ist vom Amtsgericht Darmstadt mit Urteil vom 14.2.2011 abgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 29.3.2011 haben die Kläger die Mietverhältnisse daraufhin erneut gekündigt und zur Begründung ausgeführt, dass sie beabsichtigen, das Haus zu sanieren und u. a. derart umzugestalten, dass aus den beiden Dachgeschosswohnungen unter Einbeziehung des Spitzbodens eine große Wohnung gemacht werden soll (Bl. 15-29 d. A.).

Der Beklagte hat gegen die Kündigung Widerspruch erhoben und um Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit gebeten. Dies haben die Kläger abgelehnt.

Die Kläger behaupten, es seien umfangsreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten sowie Erneuerungen im Hinblick auf die neuen Anforderungen der EnEV erforderlich. Diese seien nur in entmietetem Zustand möglich. Ein „Nach- und Nachsanieren“ führe zu einem erheblichen Nachteil für die Kläger. Hierdurch würden Mehrkosten entstehen, welche die durch den Umbau und die Modernisierung zu erzielenden erhöhten Mieteinnahmen zunichte machen würden. Durch die geplante Sanierung könnten sie im OG 3.600 € mehr Miete pro Jahr erwirtschaften, im DG sogar 6.080 €.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten nicht dargelegt, dass sie durch das Unterlassen der geplanten Maßnahmen einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil erleiden würden. Hierzu hätte sich eine vergleichende Ertragsberechnung angeboten. In dem Kündigungsschreiben sei nicht dargelegt worden, dass der Bestand des Mietverhältnisses der geplanten Verwertung entgegenstehe. Es reiche nicht, dass eine Modernisierung in unbewohntem Zustand günstiger durchgeführt werden könne. Der Wegfall der beiden Wohnungen sei nicht dargelegt worden. Es sei auch denkbar, dass der Beklagte vorübergehend ausziehe und nach der Modernisierung den neuen Wohnraum anmiete.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgen:

– Sie hätten dargelegt, dass sie erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würden, wenn sie die Maßnahmen unterlassen würden. Die Vorlage einer Ertragsvergleichsberechnung in der Kündigungserklärung sei nicht erforderlich. Die Frage, ob der erhebliche Nachteil tatsächlich bestehe, sei ggf. im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären.

– Das Amtsgericht habe übersehen, dass sie dem Beklagten eine Ersatzwohnung angeboten hätten.

– Bei einer Sanierung liege das Tatbestandsmerkmal „Hinderung einer Verwertung“ vor, wenn die Mietsache bei geplanter Durchführung der Maßnahme nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt vorhanden sei. Das Tatbestandsmerkmal sei auch zu bejahen, wenn die Sanierung so umfangreich sei, dass eine Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nicht möglich sei. Hierzu habe das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen.

– Das Mietverhältnis sei nunmehr auch wegen Eigenbedarfs mit Schreiben vom 30.5.2012 gekündigt worden (Bl. 142 ff.)

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil:

Die Kläger hätten in der Berufung nicht dargelegt, warum das Mietverhältnis beendet werden müsse. Sie hätten sich daher nicht mit den tragenden Argumenten des Urteils auseinandergesetzt. Die Berufung sei daher unzulässig. Sie sei auch unbegründet. Eine Kündigung könne nicht darauf gestützt werden, dass durch die Baumaßnahme mehr Miete erzielt werden könne. Darüber hinaus könne durch den Beklagten eine erhöhte Miete problemlos gezahlt werden.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet.

Das Amtsgericht hat die Klage auf Räumung zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Räumung gegen den Beklagten, weil die Kündigung vom 29.3.2011 nicht zu einer Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat.

Zwar kann der Vermieter das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 1 Nr. 3 BGB kündigen, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.

Die von den Klägern beabsichtigte Sanierung und Umgestaltung stellt eine Verwertung in diesem Sinne dar. Ob diese Verwertung angemessen ist und nicht durchgeführt werden könnte, wenn das Mietverhältnis mit dem Beklagten weiter bestehen bleiben würde, kann vorliegend offen bleiben. Denn die Kläger haben jedenfalls nicht dargelegt, dass sie erhebliche Nachteile erleiden würden, wenn sie die geplante Sanierung und Umgestaltung nicht durchführen würden.

Der Vermieter muss im Falle des Fortbestands des Mietverhältnisses erhebliche Nachteile zu erwarten haben. Die Nachteile können darauf beruhen, dass das Mietverhältnis die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks ausschließt oder dass es sie zwar noch zulässt, aber nur mit einem unangemessenen Ergebnis. Der Abschluss eines Mietvertrags und die daraus folgende Pflicht, auf die Belange des Mieters Rücksicht zu nehmen, rechtfertigen es, dem Vermieter nicht schon bei jedwedem wirtschaftlichen Nachteil ein Kündigungsrecht einzuräumen (Staudinger, BGB, 2011, § 573, Rn. 160, juris). Es gibt keinen Anspruch des Grundeigentümers auf die höchstmögliche Rendite.

Diesen Erfordernissen genügt die Kündigung der Kläger nicht. Die Kläger haben hierzu nur ausgeführt, dass sie nach der geplanten Sanierung für die OG- Wohnung 3.600 € und für die DG- Wohnung 6.060 € mehr Miete pro Jahr erzielen könnten. Damit haben sie aber nicht dargelegt, welche Nachteile sie durch den Fortbestand des Mietverhältnisses erleiden würden. Sie müssten hierzu zum Beispiel darlegen, dass sie derzeit keinerlei Rendite erzielen, also die Kosten für das Haus die Einnahmen übersteigen o. ä.. Ausgangspunkt muss die Wirtschaftlichkeit der derzeitigen Vermietung sein. Soweit die gegenwärtige Nutzung dem Vermieter einen angemessenen Gewinn erwirtschaftet, kommt es nicht darauf an, ob bei einer Verwertung der Gewinn noch gesteigert werden könnte.

Hinzu kommt folgendes: Die Klägerseite hat dargelegt, welche Miete sie nach der Sanierung und Zusammenlegung der Wohnungen nach dem Mietspiegel erzielen könnte. Nach dem Mietspiegel könnten die Kläger aber bereits jetzt für die beiden vom Beklagten bewohnten, unsanierten Wohnungen einen qm-Preis von über 8 € verlangen (der qm-Preis für kleine Wohnungen liegt deutlich über dem für eine 130qm – Wohnung). Dafür, dass die Miete weiterhin bei nur 5,54 € liegt, sind die Kläger verantwortlich; sie hätten längst eine Mieterhöhung bis zur Kappungsgrenze verlangen können und könnten dies alle drei Jahre wiederholen, bis die ortsübliche Miete erreicht ist. Dass sie das bisher versäumt haben, kann nicht dazu führen, dass sie jetzt kündigen können. Wenn sie heute die Zustimmung zur Mieterhöhung bis zur Kappungsgrenze verlangen würden und dies alle drei Jahre wiederholen würden, wäre in neun Jahren ein qm-Preis erreicht, der etwa dem entspricht, den die Kläger für die zusammengelegte Wohnung verlangen könnten. Die Summe der Differenz zwischen der bis dahin zu zahlenden Miete und der nach Sanierung erzielbaren Miete übersteigt sicher nicht die Sanierungskosten und ist daher wirtschaftlich gesehen nicht nachteilig gegenüber der Durchführung der Sanierung. Auch vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die Kläger durch die Nichtdurchführung der geplanten Baumaßnahmen einen „erheblichen wirtschaftlichen Nachteil“ erleiden.

Auf die Eigenbedarfskündigung kann die Räumungsklage nicht gestützt werden, weil diese erst zum 28.2.2013 ausgesprochen worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

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