Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Geringe Mietrückstände allein rechtfertigen keine fristlose Kündigung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzugs erfüllt sein?
- Kann mein Vermieter mein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn ich die Miete nur wenige Tage verspätet zahle?
- Welche Pflichten hat der Vermieter und wie können Vermieterpflichtverletzungen meine Rechte als Mieter beeinflussen?
- Welche Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzug erhalte?
- Kann ich trotz Mietzahlungsverzug eine Räumungsklage abwehren, und wenn ja, wie?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Fall behandelt einen Mangel an Mieterzahlungen und resultierende Kündigungsansprüche der Vermieterin.
- Der Mieter hatte Miete seit Dezember 2020 häufig verspätet gezahlt.
- Die Vermieterin forderte die Räumung und Herausgabe der Wohnung.
- Das Gericht entschied zugunsten des Mieters und wies die Klage der Vermieterin ab.
- Das Gericht stellte fest, dass die vermieterseitige Pflichtverletzung, notwendige Reparaturen nicht durchzuführen, das Kündigungsrecht ausschließt.
- Die Entscheidung fußte auf der Tatsache, dass das Verhalten der Vermieterin als schwerwiegender empfunden wurde als die verspäteten Zahlungen des Mieters.
- Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Vermieterpflichtverletzungen die Durchsetzung von Kündigungsansprüchen verhindern können.
- Mieter können sich also auf solche Pflichtverletzungen berufen, um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung anzufechten.
Geringe Mietrückstände allein rechtfertigen keine fristlose Kündigung
Jeder kennt das Gefühl der Enttäuschung, wenn die Wohnung nicht den versprochenen Standards entspricht. Doch wer hat im Streitfall die besseren Karten: Der Mieter, der unter einer Mängel-Situation leidet, oder der Vermieter, der fristlos kündigen möchte? Die Antwort ist nicht immer eindeutig und hängt von den konkreten Umständen ab.
Denn im deutschen Mietrecht gilt ein wichtiger Grundsatz: Ein Vermieter kann nur dann fristlos kündigen, wenn dem Mieter ein „wichtiger Grund“ dafür vorliegt. Ein solcher kann zum Beispiel ein vertragswidriges Verhalten des Mieters sein, wie die Nichtzahlung der Miete oder die Beschädigung der Wohnung. Allerdings können auch Vermieterpflichtsverletzungen, wie z. B. die Weigerung, notwendige Reparaturen durchzuführen, dazu führen, dass dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung verwehrt wird. Besonders deutlich wird das in einem aktuellen Gerichtsfall, der zeigt, wie schwerwiegend die Folgen auch für den Vermieter sein können.
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Der Fall vor Gericht
Vermieter scheitert mit Räumungsklage wegen Mietzahlungsverzug
Das Amtsgericht Nürtingen hat in einem bemerkenswerten Urteil die Räumungsklage einer Vermieterin gegen ihren Mieter abgewiesen. Der Fall dreht sich um wiederholte Verzögerungen bei der Mietzahlung und wirft ein Schlaglicht auf die Rechte und Pflichten beider Parteien in einem Mietverhältnis.
Hintergrund des Rechtsstreits zwischen Vermieter und Mieter
Der Beklagte bewohnte seit Juni 2013 eine Wohnung im Erdgeschoss eines Hauses, die er von der Klägerin gemietet hatte. Laut Mietvertrag war die Miete monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats zu zahlen. Ab Dezember 2020 kam es wiederholt zu Verzögerungen bei den Mietzahlungen des Beklagten. Die Zahlungen erfolgten oft erst einige Tage nach dem vertraglich vereinbarten Termin.
Die Vermieterin sah in diesem Zahlungsverhalten einen Grund zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Sie reichte daraufhin Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung ein. Der Fall landete vor dem Amtsgericht Nürtingen.
Gerichtliche Würdigung des Mietzahlungsverhaltens
Das Gericht setzte sich intensiv mit dem Zahlungsverhalten des Mieters auseinander. Es stellte fest, dass die Mietzahlungen zwar häufig verspätet eingingen, aber in der Regel nur um wenige Tage. Die Verzögerungen bewegten sich meist im einstelligen Tagesbereich.
Entscheidend war für das Gericht, dass der Mieter die Miete letztlich immer zahlte. Es handelte sich also nicht um einen Fall, in dem Mietzahlungen komplett ausblieben. Vielmehr ging es um relativ geringfügige zeitliche Verzögerungen bei der Erfüllung der Zahlungspflicht.
Abwägung zwischen Vermieter- und Mieterinteressen
In seiner rechtlichen Bewertung wog das Gericht sorgfältig die Interessen beider Parteien gegeneinander ab. Auf Seiten der Vermieterin stand das berechtigte Interesse an pünktlichen Mietzahlungen. Dem gegenüber stand das Interesse des Mieters am Erhalt seiner Wohnung.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Verzögerungen bei den Mietzahlungen nicht schwerwiegend genug waren, um eine fristlose Kündigung und Räumung zu rechtfertigen. Es berücksichtigte dabei auch, dass der Mieter die Zahlungen letztlich immer leistete, wenn auch mit leichter Verspätung.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war, dass die Vermieterin selbst Pflichtverletzungen begangen hatte. So hatte sie es versäumt, dem Mieter rechtzeitig die jährlichen Betriebskostenabrechnungen vorzulegen. Dies wertete das Gericht als erhebliches Versäumnis auf Vermieterseite.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass geringfügige Verzögerungen bei Mietzahlungen allein nicht ausreichen, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Entscheidend ist eine Gesamtabwägung, bei der auch Pflichtverletzungen des Vermieters berücksichtigt werden. Die Entscheidung stärkt den Mieterschutz und setzt hohe Hürden für Räumungsklagen aufgrund von Zahlungsverzug, solange die Miete letztlich geleistet wird und keine gravierenden Vertragsverletzungen vorliegen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Mieter können Sie aufatmen: Dieses Urteil zeigt, dass nicht jede verspätete Mietzahlung automatisch zur Kündigung führt. Wenn Sie Ihre Miete zwar etwas später, aber dennoch regelmäßig zahlen, stehen Ihre Chancen gut, dass Ihr Vermieter nicht einfach so kündigen kann.
Umgekehrt sollten Vermieter beachten, dass sie ihre eigenen Pflichten, wie die rechtzeitige Vorlage der Betriebskostenabrechnung, ernst nehmen müssen. Kommen sie diesen Pflichten nicht nach, kann dies ihre Position im Streitfall erheblich schwächen.
Dieses Urteil unterstreicht, dass ein Mietverhältnis auf gegenseitigem Respekt und der Erfüllung der jeweiligen Pflichten beruht. Wenn Sie als Mieter oder Vermieter Fragen zu Ihren Rechten und Pflichten haben oder sich in einer Konfliktsituation befinden, zögern Sie nicht, rechtlichen Rat einzuholen.
FAQ – Häufige Fragen
Mietzahlungen zu versäumen, ist ärgerlich und birgt die Gefahr der Mietvertragskündigung wegen Mietzahlungsverzug. Doch was genau passiert, wenn die Miete nicht fristgerecht eingeht? Wann ist eine Kündigung überhaupt rechtmäßig und welche Rechte hat der Mieter? Diese und weitere Fragen rund um eine mögliche Kündigung beantworten wir Ihnen in unserer FAQ-Rubrik.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzugs erfüllt sein?
- Kann mein Vermieter mein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn ich die Miete nur wenige Tage verspätet zahle?
- Welche Pflichten hat der Vermieter und wie können Vermieterpflichtverletzungen meine Rechte als Mieter beeinflussen?
- Welche Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzug erhalte?
- Kann ich trotz Mietzahlungsverzug eine Räumungsklage abwehren, und wenn ja, wie?
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzugs erfüllt sein?
Eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzugs ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Der Vermieter kann das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Als nicht unerheblich gilt ein Rückstand, der eine Monatsmiete übersteigt. Alternativ berechtigt auch ein Zahlungsrückstand zur fristlosen Kündigung, der über einen längeren Zeitraum als zwei Monate besteht und zwei Monatsmieten erreicht oder übersteigt.
Bei Wohnraummietverhältnissen gelten zusätzliche Schutzvorschriften für Mieter. Gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB wird die fristlose Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung befriedigt wird. Dies gilt nicht, wenn der Vermieter bereits zuvor eine berechtigte fristlose Kündigung ausgesprochen hatte.
Eine vorherige Abmahnung ist bei Zahlungsverzug nicht erforderlich. Der Vermieter kann die fristlose Kündigung aussprechen, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es empfiehlt sich jedoch, den Mieter zunächst auf den Zahlungsrückstand hinzuweisen, um ihm die Möglichkeit zu geben, diesen auszugleichen und eine Kündigung abzuwenden.
Für die Wirksamkeit der Kündigung ist es unerheblich, ob der Mieter den Zahlungsverzug verschuldet hat. Auch wenn beispielsweise das Jobcenter die Mietzahlung versehentlich eingestellt hat, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Der Mieter trägt das Risiko für die rechtzeitige und vollständige Mietzahlung.
Bei der Berechnung des Rückstands sind nur die Grundmiete und die vereinbarten Nebenkosten zu berücksichtigen. Schadensersatzforderungen oder Verzugszinsen zählen nicht dazu. Hat der Mieter die Miete wegen Mängeln gemindert, ist der geminderte Betrag maßgeblich, sofern die Mietminderung berechtigt war.
Kann mein Vermieter mein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn ich die Miete nur wenige Tage verspätet zahle?
Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen geringfügiger Zahlungsverspätungen von wenigen Tagen ist in der Regel nicht zulässig. Das Gesetz sieht für eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs hohe Hürden vor. Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB muss der Mieter mit einem erheblichen Teil der Miete in Verzug sein. Dies ist der Fall, wenn der Rückstand mindestens eine Monatsmiete beträgt oder der Mieter in einem Zeitraum von mehr als zwei Monaten mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten im Rückstand ist.
Bei nur wenigen Tagen Verspätung sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Vermieter kann in solchen Fällen auch keine ordentliche Kündigung aussprechen, da hierfür eine erhebliche Vertragsverletzung erforderlich wäre. Vereinzelte geringfügige Verspätungen stellen keine solche dar.
Allerdings können wiederholte Zahlungsverzögerungen durchaus Konsequenzen haben. Zahlt der Mieter über einen längeren Zeitraum regelmäßig zu spät, kann der Vermieter zunächst eine Abmahnung aussprechen. Setzt der Mieter sein vertragswidriges Verhalten trotz Abmahnung fort, kann dies eine ordentliche Kündigung rechtfertigen.
Es ist zu beachten, dass der Vermieter bei der Beurteilung des Zahlungsverhaltens des Mieters Treu und Glauben beachten muss. Hat der Vermieter selbst in erheblichem Maße gegen seine Pflichten verstoßen, etwa durch wiederholte Heizungsausfälle im Winter, kann dies sein Kündigungsrecht einschränken. In solchen Fällen wäre es treuwidrig, sich auf geringfügige Vertragsverletzungen des Mieters zu berufen.
Mieter sollten dennoch stets bemüht sein, die Miete pünktlich zu überweisen. Bei absehbaren Zahlungsschwierigkeiten empfiehlt es sich, frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Dies kann helfen, eine Eskalation der Situation und mögliche rechtliche Schritte zu vermeiden.
Welche Pflichten hat der Vermieter und wie können Vermieterpflichtverletzungen meine Rechte als Mieter beeinflussen?
Der Vermieter hat gegenüber dem Mieter zahlreiche gesetzliche Pflichten zu erfüllen. Eine zentrale Verpflichtung besteht darin, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewähren und diesen Zustand während der gesamten Mietdauer aufrechtzuerhalten. Dies umfasst die Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache. Treten Mängel auf, muss der Vermieter diese in angemessener Zeit beseitigen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der Mieter unter Umständen die Miete mindern oder Schadensersatz verlangen.
Eine weitere wichtige Vermieterpflicht ist die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten. Der Vermieter muss dafür sorgen, dass von der Mietsache keine Gefahren für den Mieter oder Dritte ausgehen. Dies betrifft beispielsweise die Sicherheit von Treppen, Aufzügen oder Außenanlagen. Vernachlässigt der Vermieter diese Pflichten und kommt es dadurch zu einem Schaden, kann er haftbar gemacht werden.
Der Vermieter ist zudem verpflichtet, die Betriebskosten ordnungsgemäß abzurechnen. Er muss dem Mieter jährlich eine nachvollziehbare Abrechnung vorlegen und auf Verlangen Einsicht in die Belege gewähren. Verstößt der Vermieter gegen diese Abrechnungspflicht, kann der Mieter die Vorauszahlungen zurückfordern.
Auch die Wahrung des Hausfriedens gehört zu den Vermieterpflichten. Der Vermieter muss bei Störungen durch andere Mieter einschreiten und für ein friedliches Zusammenleben sorgen. Unterlässt er dies trotz wiederholter Beschwerden, kann der betroffene Mieter unter Umständen die Miete mindern.
Verletzt der Vermieter seine Pflichten, hat dies Auswirkungen auf die Rechte des Mieters. Bei erheblichen Mängeln kann der Mieter die Miete mindern, Schadensersatz verlangen oder in schwerwiegenden Fällen sogar fristlos kündigen. Wichtig ist, dass der Mieter Pflichtverletzungen des Vermieters sorgfältig dokumentiert. Dazu gehören schriftliche Mängelanzeigen, Fotos von Schäden oder Protokolle von Lärmbelästigungen. Diese Dokumentation kann im Streitfall als Beweismittel dienen.
Besonders relevant werden Vermieterpflichtverletzungen, wenn der Vermieter selbst eine Kündigung aussprechen möchte. Hat der Vermieter seine eigenen Pflichten erheblich verletzt, kann dies sein Kündigungsrecht einschränken oder sogar ausschließen. Die Rechtsprechung berücksichtigt hier den Grundsatz von Treu und Glauben. Ein Vermieter, der selbst vertragsbrüchig ist, kann sich nicht ohne Weiteres auf Vertragsverletzungen des Mieters berufen.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Vermieter vernachlässigt über Jahre die Instandhaltung der Wohnung trotz wiederholter Mängelanzeigen des Mieters. Nun möchte er dem Mieter wegen einer verspäteten Mietzahlung kündigen. In diesem Fall könnte ein Gericht die Kündigung für unwirksam erklären, da der Vermieter selbst seine Pflichten grob verletzt hat.
Mieter sollten bei Vermieterpflichtverletzungen zunächst das Gespräch suchen und den Vermieter schriftlich zur Behebung der Mängel auffordern. Bleibt dies erfolglos, können sie ihre Rechte wie Mietminderung oder Schadensersatz geltend machen. In komplexen Fällen ist es ratsam, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen, um die eigene Position zu stärken und mögliche Konsequenzen richtig einzuschätzen.
Die genaue Dokumentation von Vermieterpflichtverletzungen kann also nicht nur dazu dienen, die eigenen Mieterrechte durchzusetzen. Sie kann auch als Schutz vor unberechtigten Kündigungen des Vermieters fungieren. Mieter sollten daher stets alle Kommunikation mit dem Vermieter schriftlich festhalten und Beweise für Mängel oder andere Vertragsverletzungen sorgfältig sammeln.
Welche Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich eine fristlose Kündigung wegen Mietzahlungsverzug erhalte?
Bei Erhalt einer fristlosen Kündigung wegen Mietzahlungsverzugs ist schnelles und überlegtes Handeln geboten. Der erste wichtige Schritt besteht darin, die Kündigungsgründe sorgfältig zu prüfen. Hierbei sollte insbesondere kontrolliert werden, ob tatsächlich ein Zahlungsrückstand in der angegebenen Höhe besteht. Oftmals können Missverständnisse oder Buchungsfehler zu einer irrtümlichen Annahme von Mietrückständen führen.
Liegt tatsächlich ein Zahlungsverzug vor, sollte umgehend Kontakt mit dem Vermieter aufgenommen werden. In einem persönlichen Gespräch lassen sich häufig Lösungen finden, die eine Kündigung abwenden können. Dabei ist es ratsam, dem Vermieter einen konkreten Zahlungsplan vorzuschlagen und die Gründe für den Zahlungsverzug darzulegen.
Parallel dazu empfiehlt es sich, rechtlichen Beistand einzuholen. Ein auf Mietrecht spezialisierter Anwalt kann die Rechtmäßigkeit der Kündigung prüfen und mögliche Verteidigungsstrategien entwickeln. Besonders wichtig ist die Einhaltung der gesetzlichen Fristen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung einer Räumungsklage besteht die Möglichkeit, durch vollständige Begleichung des Mietrückstands die Kündigung unwirksam zu machen.
Es ist zudem ratsam, alle Kommunikation mit dem Vermieter schriftlich zu dokumentieren. Dies kann im Falle eines Rechtsstreits von großer Bedeutung sein. Auch sollten alle Zahlungsbelege sorgfältig aufbewahrt werden, um im Zweifelsfall geleistete Mietzahlungen nachweisen zu können.
In manchen Fällen kann auch die Unterstützung durch Sozialleistungen eine Option sein. Sollte der Mietzahlungsverzug auf finanziellen Schwierigkeiten beruhen, kann eine Beratung beim zuständigen Sozialamt oder Jobcenter hilfreich sein. Diese Stellen können unter Umständen Mietrückstände übernehmen und so zur Abwendung der Kündigung beitragen.
Eine gründliche Prüfung des Mietvertrags und der bisherigen Miethistorie ist ebenfalls angeraten. Hierbei sollte besonderes Augenmerk auf mögliche Pflichtverletzungen des Vermieters gelegt werden. Schwerwiegende Verstöße gegen Vermieterpflichten können das Kündigungsrecht einschränken oder sogar ausschließen.
Sollte sich die fristlose Kündigung als rechtmäßig erweisen, ist es ratsam, sich frühzeitig um eine neue Wohnung zu bemühen. Gleichzeitig sollte versucht werden, mit dem Vermieter eine einvernehmliche Lösung für den Auszug zu finden. Dies kann beispielsweise die Vereinbarung einer Auszugsfrist beinhalten, die beiden Seiten entgegenkommt.
Kann ich trotz Mietzahlungsverzug eine Räumungsklage abwehren, und wenn ja, wie?
Eine Räumungsklage aufgrund von Mietzahlungsverzug kann unter bestimmten Umständen abgewehrt werden. Der wichtigste Ansatzpunkt ist die sogenannte Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Demnach wird eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs unwirksam, wenn der Mieter innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage alle rückständigen Mieten vollständig begleicht. Dies gilt auch für etwaige Betriebskostennachforderungen. Durch die fristgerechte Nachzahlung entfällt der Kündigungsgrund rückwirkend.
Neben der Schonfristzahlung können auch andere Umstände eine erfolgreiche Verteidigung gegen die Räumungsklage ermöglichen. So kann der Mieter einwenden, dass tatsächlich kein Zahlungsverzug vorlag, etwa weil er ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund erheblicher Mängel der Mietsache ausgeübt hat. Hierfür muss er die Mängel und deren Erheblichkeit nachweisen sowie belegen, dass er den Vermieter darüber informiert und zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat.
Ein weiterer Verteidigungsansatz besteht darin, Pflichtverletzungen des Vermieters geltend zu machen, die dessen Kündigungsrecht ausschließen können. Dies ist der Fall, wenn der Vermieter selbst in erheblichem Maße gegen seine vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten verstoßen hat. Beispiele hierfür sind die hartnäckige Verweigerung notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen oder wiederholte unberechtigte Betretungen der Mietwohnung. Der Mieter muss solche Pflichtverletzungen konkret darlegen und beweisen können.
In manchen Fällen kann auch die Berufung auf eine besondere Härte zum Erfolg führen. Dies kommt in Betracht, wenn der Mieter schwerwiegende persönliche oder familiäre Gründe vorbringen kann, die gegen einen kurzfristigen Auszug sprechen. Dazu zählen etwa eine schwere Erkrankung, eine bevorstehende Geburt oder ein kurz bevorstehendes wichtiges Examen. Das Gericht muss dann eine Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter vornehmen.
Prozessual ist es für den Mieter wichtig, fristgerecht auf die Räumungsklage zu reagieren und seine Verteidigungsgründe detailliert darzulegen. Hierfür sollte er sich idealerweise anwaltlich beraten lassen. Auch wenn die Verteidigung nicht zur vollständigen Abweisung der Klage führt, kann sie zumindest eine Verlängerung der Räumungsfrist bewirken.
Bei der Abwehr einer Räumungsklage spielt die genaue Dokumentation aller relevanten Umstände eine entscheidende Rolle. Der Mieter sollte sämtliche Zahlungsbelege, Mängelanzeigen und Kommunikation mit dem Vermieter sorgfältig aufbewahren. Im Prozess können diese Unterlagen als Beweismittel dienen und die Position des Mieters stärken.
Letztlich hängt der Erfolg der Verteidigung gegen eine Räumungsklage stark vom Einzelfall ab. Die Gerichte prüfen die Umstände genau und wägen die Interessen beider Parteien gegeneinander ab. Eine frühzeitige und offene Kommunikation mit dem Vermieter kann in manchen Fällen helfen, eine einvernehmliche Lösung zu finden und einen Räumungsprozess ganz zu vermeiden.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Fristlose Kündigung: Eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen zulässig. Im Mietrecht muss dafür ein „wichtiger Grund“ vorliegen, wie etwa erheblicher Zahlungsverzug oder Vertragsverletzungen des Mieters. Die Schwelle ist hoch, da sie einen gravierenden Eingriff in die Rechte des Mieters darstellt. Gerichte prüfen fristlose Kündigungen besonders streng und wägen die Interessen beider Parteien sorgfältig ab.
- Räumungsklage: Ein rechtliches Verfahren, mit dem ein Vermieter die Herausgabe der Mietwohnung erzwingen will. Sie wird oft nach einer fristlosen Kündigung eingereicht, wenn der Mieter die Wohnung nicht freiwillig verlässt. Im Prozess prüft das Gericht die Wirksamkeit der Kündigung und die Berechtigung des Räumungsanspruchs. Bei Erfolg kann der Vermieter die Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher durchsetzen lassen. Für Mieter hat eine Räumungsklage oft schwerwiegende Folgen.
- Vermieterpflichtverletzung: Ein Verstoß des Vermieters gegen seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen im Mietverhältnis. Dazu können gehören: Nichtbeseitigung von Mängeln, unterlassene Instandhaltung oder – wie im vorliegenden Fall – die nicht fristgerechte Vorlage der Betriebskostenabrechnung. Solche Pflichtverletzungen können die Rechtsposition des Vermieters schwächen, etwa bei der Durchsetzung einer Kündigung. Sie können dem Mieter Rechte wie Mietminderung oder Schadensersatz einräumen.
- Interessenabwägung: Ein rechtliches Prinzip, bei dem die Interessen beider Parteien gegeneinander abgewogen werden. Im Mietrecht ist dies besonders bei Kündigungen relevant. Das Gericht berücksichtigt dabei Aspekte wie die Schwere der Vertragsverletzung, die Dauer des Mietverhältnisses, soziale Härten und mögliche Pflichtverletzungen des Vermieters. Ziel ist eine faire und verhältnismäßige Entscheidung. Im vorliegenden Fall wurden die geringfügigen Zahlungsverzögerungen gegen das Interesse des Mieters am Erhalt der Wohnung abgewogen.
- Zahlungsverzug: Tritt ein, wenn der Mieter die Miete nicht rechtzeitig oder vollständig zahlt. Im Mietrecht kann dies schwerwiegende Folgen haben, bis hin zur fristlosen Kündigung. Allerdings kommt es auf den Umfang und die Häufigkeit des Verzugs an. Geringfügige Verspätungen rechtfertigen in der Regel keine fristlose Kündigung. Gerichte berücksichtigen dabei auch, ob der Mieter die Zahlungen nachholt und ob es triftige Gründe für den Verzug gab.
- Betriebskostenabrechnung: Eine jährliche Aufstellung aller umlagefähigen Nebenkosten, die der Vermieter dem Mieter vorlegen muss. Sie muss spätestens 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums erfolgen. Versäumt der Vermieter diese Frist, kann er keine Nachzahlungen mehr verlangen. Im vorliegenden Fall wurde das Versäumnis der Vermieterin, diese Abrechnung vorzulegen, als erhebliche Pflichtverletzung gewertet, die ihre Position im Kündigungsstreit schwächte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 543 Abs. 1 BGB (Fristlose Kündigung durch den Vermieter): Regelt die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung durch den Vermieter. Im vorliegenden Fall hatte die Vermieterin versucht, das Mietverhältnis aufgrund von Zahlungsverzug fristlos zu kündigen.
- § 569 Abs. 3 BGB (Verzug des Mieters): Befasst sich mit den Folgen des Zahlungsverzugs des Mieters. Hier war relevant, ob die wiederholten, geringfügigen Zahlungsverzögerungen des Mieters eine fristlose Kündigung rechtfertigten.
- § 307 BGB (Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen): Schützt Mieter vor unangemessenen Benachteiligungen in vorformulierten Mietverträgen. Im konkreten Fall könnte geprüft werden, ob die Kündigungsklauseln im Mietvertrag wirksam sind.
- § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Spielt eine Rolle, wenn eine Vertragspartei ihre Pflichten verletzt. Hier wurden Pflichtverletzungen der Vermieterin (Nichtvorlage der Betriebskostenabrechnung) berücksichtigt.
- § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben): Fordert von beiden Vertragsparteien ein faires und vertrauensvolles Verhalten. Im vorliegenden Fall wurde das Verhalten der Vermieterin im Hinblick auf ihre Pflichtverletzungen und das Kündigungsrecht geprüft.
Das vorliegende Urteil
AG Nürtingen – Az.: 47 C 2084/23 – Urteil vom 15.02.2024
1. Das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 wird aufrechterhalten.
2. Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten aus dem Urteil und dem Versäumnisurteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte ist Mieter der Wohnung im Erdgeschoss (Hochparterre) des Hauses […] in […].
Die Klägerin begehrt Räumung und Herausgabe der Wohnung vom Beklagten.
Nach § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages vom 03.06.2013 (Anlage K 1) sind die Miete und die Nebenkosten monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats, zu zahlen.
Seit Dezember 2020 zahlte der Beklagte die Miete häufig um ein paar Tage verspätet.
[…]
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Der Beklagte war mit anwaltlichem Schreiben vom 25.10.2021 wegen der unpünktlichen Mietzahlungen abgemahnt und darauf hingewiesen worden, dass dieser Sachverhalt im Wiederholungsfall ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung begründen könne. Auch nach Erhalt des Schreibens zahlte der Beklagte die Miete wiederholt unpünktlich.
Der Beklagte zahlte zudem in der Vergangenheit häufig Mietzahlungen unter dem Vorbehalt der Mietminderung wegen behaupteter Ausfälle der Heizung in der Wohnung in den Wintermonaten.
Die Miete für den Monat Dezember 2022 zahlte der Beklagte erst am 08.12.2022, die Miete für den Monat Januar 2023 erst am 05.01.2023. Die Miete für Februar 2023 ging erst am 07.02.2023 bei der Klägerin ein.
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Kündigung vom 07.02.2023 fristlos außerordentlich und hilfsweise ordentlich unter Berufung auf wiederholte unpünktliche Mietzahlungen seit Dezember 2020. Der Kündigung war eine Tabelle der Zahlungseingänge seit Dezember 2020 beigefügt. Insbesondere berief sich die Klägerin darauf, dass die Miete der Monate Dezember 2022, Januar 2023 und Februar 2023 erneut unpünktlich gezahlt worden sei. Einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses über den Beendigungszeitraum hinaus wurde gemäß § 545 BGB ausdrücklich widersprochen. Die Kündigung wurde dem Beklagten am 09.02.2023 zugestellt.
Die Miete für den Monat März 2023 zahlte der Beklagte erst am 07.03.2023. Am 10.03.2023 kündigte die Klägerin erneut fristlos außerordentlich und hilfsweise ordentlich unter Berufung auf die erneute unpünktliche Mietzahlung. Auch hier wurde einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses über den Beendigungszeitraum hinaus gemäß § 545 BGB ausdrücklich widersprochen.
Der Beklagte erhielt am 17.03.2023 einen Wohngeldbescheid der Stadt […], mit dem ihm rückwirkend ab dem 01.01.2023 ein monatliches Wohngeld in Höhe von 640,00 Euro bewilligt wurde. Der Antrag auf Bewilligung von Wohngeld wurde vom Beklagten am 11.10.2022 gestellt.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe das Mietverhältnis wirksam gekündigt. Aufgrund der wiederholten unpünktlichen Zahlungen der Miete sei ihr die Fortsetzung des Mietverhältnisses und das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar gewesen.
Ursprünglich hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die im Hause […] in […] im Erdgeschoss (Hochparterre) gelegene Wohnung, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Bad, WC und Kellerraum, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, ihm eine Räumungsfrist bis zum 30.09.2024 zu gewähren.
Der Beklagte behauptet in seiner Klageerwiderung vom 22.09.2023, dass die Heizung in der von ihm angemieteten Wohnung wiederholt auch in den Wintermonaten ausgefallen sei, da von der Klägerin keine ausreichenden Heizmittel finanziert worden seien. Die Finanzierung des Heizöls hätten der Beklagte sowie andere Mitbewohner des Hauses im Wege einer Zwischenfinanzierung übernehmen müssen, da die Klägerin auf Aufforderungen zur Mangelbeseitigung nicht reagiert habe. Auch nach Ausspruch der Kündigung sei es zu Heizungsausfällen und fehlender Versorgung mit Warmwasser im März 2023 und im Oktober/November 2023 gekommen. Auf die Aufforderung, ein Vergleichsangebot hinsichtlich einer Mietminderung anzubieten, habe die Klägerin ebenfalls nicht reagiert.
Weiterhin habe die Klägerin jahrelang trotz Aufforderung entweder keine Nebenkostenabrechnungen oder verspätete bzw. fehlerhafte Nebenkostenabrechnungen erstellt. Des Weiteren sei trotz Aufforderung durch den Beklagten nicht nachgewiesen worden, dass seine Kaution ordnungsgemäß angelegt worden sei.
Das Gericht hat der Klägerin eine Frist zur Stellungnahme zur Klageerwiderung bis zum 16.10.2023 gesetzt und Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19.10.2023 bestimmt. Eine Stellungnahme zur Klageerwiderung ist nicht erfolgt. Im Termin ist für die Klägerin niemand erschienen. Eine ordnungsgemäße Ladung hat das Gericht im Termin nicht feststellen können, da die Klägerin trotz Monierung des Gerichts kein Empfangsbekenntnis hinsichtlich der Ladung an das Gericht zurückgeschickt hatte. Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist daher bestimmt worden auf den 09.11.2023. Zwischen mündlicher Verhandlung und Verkündungstermin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Empfangsbekenntnis zur Akte gereicht. Danach ist ihm die Ladung zum Termin am 26.09.2023 zugestellt worden. Daraufhin hat das Gericht am 09.11.2023 ein Versäumnisurteil gegen die Klägerseite erlassen, mit dem die Klage abgewiesen worden ist. Gegen das der Klägerin am selben Tag zugestellte Versäumnisurteil hat diese unmittelbar am 09.11.2023 Einspruch eingelegt. Der Einspruch ist nicht begründet worden. Die Klägerin ist in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ausdrücklich auf die Rechtsfolgen verspäteten Vorbringens hingewiesen worden.
Das Gericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung zunächst auf den 14.12.2023 und nach Terminsverlegungsantrag des Beklagten auf den 21.12.2023 bestimmt. Die Klägerseite hat aufgrund einer Corona-Erkrankung des Prozessbevollmächtigen der Klägerin sodann Terminsverlegung beantragt und darum gebeten, aufgrund der Erkrankung eine Neuterminierung erst in der zweiten Hälfte des Januars vorzunehmen. Der Prozessbevollmächtigte selbst erklärte, dass er seit der vorvergangenen Woche erkrankt sei, dass es sich nicht um einen normalen Corona-Verlauf handele, er jedenfalls bis zum 22.12.2023 ausfalle und er einen Teil seiner Arbeiten aus dem Home Office erledige. Daraufhin ist neuer Termin bestimmt worden auf den 25.01.2024.
Am 22.01.2024 ist sowohl telefonisch als auch schriftlich Terminsverlegung von Klägerseite beantragt worden aufgrund eines am 25.01.2024 anstehenden Streiks der Deutschen Bahn. Der Antrag ist vom Gericht abgelehnt worden.
Am 24.01.2024 ist bei Gericht ein Schriftsatz der Klägerseite eingegangen, mit dem der Einspruch gegen das Versäumnisurteil begründet wurde und insbesondere das Beklagtenvorbringen hinsichtlich der nicht funktionierenden Heizung und der Befüllung des Heizöltanks durch die Mieter des Hauses ausdrücklich bestritten worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2024 ist der Vortrag des Beklagten ebenfalls bestritten worden.
Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die im Hause […] in […] im Erdgeschoss (Hochparterre) gelegene Wohnung, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Bad, WC und Kellerraum, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 aufrechtzuerhalten und den Einspruch zurückzuweisen, für den Fall der Aufhebung des Versäumnisurteils, die Klage abzuweisen und hilfsweise, dem Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30.09.2024 zu gewähren.
Der Räumungsantrag ist ursprünglich als Klageerweiterung im Verfahren 47 C 3857/21 gestellt worden, in dem es zwischen denselben Parteien um Nebenkostenabrechnungen ging. Da er unmittelbar vor der dort stattfindenden mündlichen Verhandlung gestellt worden ist und einen anderen Streitgegenstand betrifft, hat das Gericht das Räumungsverfahren abgetrennt.
Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I.
Der Einspruch ist statthaft gegen echte Versäumnisurteile, § 338 Satz 1 ZPO. Ein solches lag vor. Die Klägerseite war im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.10.2023 unentschuldigt säumig.
Ausweislich des nachgereichten elektronischen Empfangsbekenntnisses des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.09.2023 wurde die Klägerin ordnungsgemäß zum Termin geladen. Gleichwohl erschien im Termin niemand für die Klägerseite. Ausführungen, warum dies nicht der Fall war, erfolgten nicht.
Der Einspruch ist auch formgerecht, § 340 Abs. 1 und 2 ZPO, und innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 339 Abs. 1 ZPO eingegangen.
II.
Durch den zulässigen Einspruch wurde der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand, § 342 ZPO.
Der Einspruch hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 ist aufrechtzuerhalten, da die zugrunde liegende Klage abzuweisen ist, § 343 Satz 1 ZPO. Denn sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe kommt nach keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
Nach § 546 Abs. 1 BGB ist der Mieter zwar verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist aber vorliegend nicht beendet worden, denn es liegt nach Auffassung des Gerichts keine wirksame Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages vor.
1. Die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 07.02.2023 wegen wiederholter unpünktlicher Mietzahlungen hat das Mietverhältnis nicht wirksam beendet.
a) Nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein solcher wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
aa) Einer der in § 543 Abs. 2 Satz 1 BGB genannten wichtigen Gründe liegt vorliegend nicht vor. Der hier einzig denkbare § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB ist nicht einschlägig. Danach liegt ein wichtiger Grund insbesondere vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist.
Dies war zwar der Fall. Denn der Beklagte befand sich für mehrere aufeinander folgende Termine, nämlich im Dezember 2022, Januar 2023 und Februar 2023, mit der Entrichtung der Miete in Verzug. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es im Fall des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB nicht nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB, so dass dahinstehen kann, ob die bereits anderthalb Jahre zurückliegende Abmahnung vom 25.10.2021 genügte.
Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist die Kündigung aber ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird, vgl. auch § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Die Miete wurde vorliegend unstreitig in den Monaten, auf die die Klägerin in der Kündigung verweist, vollständig, wenn auch verspätet, gezahlt.
bb) Zwar können wiederholte unpünktliche Mietzahlungen einen sonstigen Grund zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB darstellen. Allerdings ergeben die Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen sowie die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung eines Verschuldens der Vertragsparteien vorliegend, dass eine fristlose Kündigung nicht zulässig war.
Auf der einen Seite hat der Vermieter zwar ein legitimes Interesse am pünktlichen Eingang der Mieten. Es ist aber im Rahmen der Gesamtabwägung die Erheblichkeit der Pflichtverletzung zu berücksichtigen.
Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass wiederholte unpünktliche Mietzahlungen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 01.06.2011, Aktz. VIII ZR 91/10). Allerdings waren in den vom BGH zu entscheidenden Fällen die Pflichtverletzungen des Mieters erheblicher. So erfolgten die Mietzahlungen teilweise erst im nächsten oder übernächsten Monat, zum Teil dauerhaft erst zur Monatsmitte oder es erfolgte nur eine teilweise Mietzahlung. Auch erfolgte die unpünktliche Mietzahlung dort teilweise auch nach Erhalt mehrerer diesbezüglicher Abmahnungen.
Vorliegend hat der Beklagte zwar zum Teil verspätet gezahlt, allerdings lag eine nur geringfügige Verspätung um wenige Tage vor und die Miete ist vollständig eingegangen, obwohl dem Beklagten gegebenenfalls eine Mietminderung zugestanden hätte (siehe unten). Es bestanden demnach nie große Rückstände über einen längeren Zeitraum und die Miete wurde auch nicht dauerhaft jeden Monat unpünktlich gezahlt.
Darüber hinaus hat der Beklagte unbestritten vorgetragen, seinen Lohn immer erst Mitte des Monats zu bekommen und seinen Wohngeldbescheid erst am 17.03.2023 bewilligt bekommen zu haben. Zwar hat der Mieter eine fehlende oder unpünktliche Mietzahlung wegen Zahlungsunfähigkeit stets zu verschulden. Der danach geltende Grundsatz „Geld hat man zu haben“ wurde in jüngerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich bestätigt (vgl BGH, Urteil vom 04.02.2015, Aktz. VIII ZR 175/14).
Dennoch ist das Vorbringen des Beklagten im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen.
Insbesondere der Wohngeldbescheid ist ein Indiz, dass pünktliche Mietzahlungen für die Zukunft sichergestellt sein werden. In der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2024 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, dass die Miete seit der Bewilligung des Wohngelds pünktlich und vollständig gezahlt worden sei.
Auf der anderen Seite ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem Beklagtenvortrag wiederholt eklatant gegen ihre mietvertraglichen Pflichten verstoßen hat.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass wiederholt in den Wintermonaten die Heizung in der Wohnung vollständig ausgefallen sei, da die Klägerin nicht dafür Sorge getragen habe, den Heizöltank zu befüllen. Da die Klägerin auf Aufforderung zur Mangelbeseitigung nicht reagiert habe, hätten der Beklagte und die Mitmieter den Heizöltank auf eigene Kosten, die ihnen nicht erstattet worden seien, selbst befüllt. Darüber hinaus habe die Klägerin jahrelang trotz Aufforderung keine Nebenkostenabrechnungen erstellt und trotz mehrmaliger Aufforderung keinen Nachweis über die Kaution vorgelegt.
Das Gericht hat für die Annahme der Pflichtverletzungen der Klägerin den Vortrag des Beklagten zugrunde gelegt. Denn das Bestreiten der Klägerin im Schriftsatz vom 24.01.2024, einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, ist als verspätet zurückzuweisen nach § 296 Abs. 1 ZPO, der nach § 340 Abs. 3 Satz 3 ZPO entsprechend anzuwenden ist. Danach sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
Das Bestreiten vom 24.01.2024 erfolgte weder innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung noch innerhalb der Einspruchsfrist.
Die Klägerin hat mit Verfügung vom 26.09.2023 Gelegenheit zur Stellungnahme zur Klageerwiderung bis zum 16.10.2023 erhalten. Es erfolgte keine Stellungnahme.
Nach Erlass des Versäumnisurteils aufgrund der Säumnis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2023 hat die Klägerin zwar Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 eingelegt, diesen aber nicht begründet. Nach § 340 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat der Säumige in seiner Einspruchsschrift seine Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, vorzubringen. Zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln gehört auch das Bestreiten, § 282 Abs. 1 ZPO. Die wesentlichen Gründe des Einspruchs sind also in der Regel in der Einspruchsfrist mitzuteilen. Die Frist zur Begründung des Einspruchs kann nach § 340 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf Antrag verlängert werden. Vorliegend erfolgte keine Begründung in der Einspruchsfrist und es wurde auch keine Fristverlängerung beantragt. Auf die Folgen verspäteten Vorbringens ist die anwaltlich vertretene Klägerin auch ausdrücklich in der Rechtsmittelbelehrung bei der Zustellung des Versäumnisurteils hingewiesen worden, vgl. § 340 Abs. 3 Satz 4 ZPO.
Die Zulassung des Bestreitens würde den Rechtsstreit auch verzögern, denn aufgrund des Bestreitens wäre eine Beweisaufnahme zum Heizungsausfall und der Befüllung des Tanks auf eigene Kosten durch die Vernehmung der Mitmieter als Zeugen (und ggf. gegenbeweislich benannten Zeugen) notwendig. Dies hätte in jedem Fall mindestens einen weiteren Termin zur Beweisaufnahme zur Folge, da eine entsprechende Vorbereitung des Termins am 25.01.2024 mit rechtzeitiger Ladung der Zeugen aufgrund des Schriftsatzes, der einen Tag zuvor bei Gericht einging, nicht mehr möglich gewesen wäre.
Die Verspätung ist auch nicht genügend entschuldigt. Zwar hat der Terminsvertreter der Klägerin vorgetragen, dass der eigentliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin erkrankt sei. Dies entschuldigt die Verspätung aber nicht. Denn zum einen ist dem Gericht zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, dass der Prozessbevollmächtigte längerfristig erkrankt ist. Zwar wurde beim Terminsverlegungsantrag vom 19.12.2023 eine Coronaerkrankung mit schwererem Verlauf mitgeteilt. Jedoch hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seinem Terminsverlegungsantrag angegeben, einen Teil der Arbeiten bereits vom Home Office aus erledigen zu können. Es wurde mitgeteilt, dass der Prozessbevollmächtigte jedenfalls bis 22.12.2023 ausfalle und aufgrund der Erkrankung eine Terminsverlegung auf die zweite Januarhälfte begehrt. Dem ist das Gericht auch gefolgt.
Dass der Prozessbevollmächtigte auch zu diesem Termin nicht würde erscheinen können und die Sache nicht ordnungsgemäß vorbereitet werden könne, wurde nicht vorgetragen. Davon abgesehen handelt es sich bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerseite um eine aus mehreren Rechtsanwälten bestehende Rechtsanwaltskanzlei, bei der davon auszugehen ist, dass die Rechtssache durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten werden kann. Darüber hinaus hätte die Klägerseite Verlegung des Termins am 25.01.2024 aufgrund weiter fortbestehender Erkrankung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragen können, was nicht geschehen ist. Es wurde lediglich Terminsverlegung aufgrund eines Bahnstreiks beantragt.
Schließlich entschuldigt die Erkrankung des Prozessbevollmächtigten im Dezember 2023 (siehe Verlegungsantrag der Klägerseite vom 19.12.2023) nicht, dass der Einspruch gegen das Versäumnisurteil mehr als einen Monat zuvor, nämlich am 09.11.2023, nicht begründet werden konnte. Denn zum vorgetragenen Zeitpunkt der Erkrankung war die Einspruchsfrist längst abgelaufen.
Damit steht fest, dass die vom Beklagten vorgetragenen Pflichtverletzungen zugrunde zu legen sind.
Hat der Vermieter selbst in erheblichem Maße gegen seine Pflichten als Vermieter verstoßen, wobei hier für das Gericht insbesondere der vorgetragene wiederholte Heizungsausfall in den Wintermonaten maßgeblich ist, so verstößt es gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, sich auf geringfügig verspätete Mietzahlungen zu berufen und die Gesamtabwägung ergibt insoweit, dass eine Kündigung wegen geringfügiger Vertragsverletzungen der Mieterseite nicht zulässig ist.
b) Die Kündigung vom 07.02.2023 hat das Mietverhältnis nach Auffassung des Gerichts auch nicht als ordentliche Kündigung beendet.
Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse des Vermieters liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.
Die Heilung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gilt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht zwangsläufig auch für die ordentliche Kündigung. Außerdem stellt die Klägerin vorliegend auf wiederholte unpünktliche Mietzahlungen nicht nur der letzten zwei Monate ab.
Der Beklagte hat seine vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt, denn die Miete wurde unstreitig wiederholt unpünktlich gezahlt. Dass der Beklagte einwendet, seinen Lohn erst Mitte des Monats zu erhalten und seinen Wohngeldbescheid erst am 17.03.2023 erhalten zu haben, steht dem grundsätzlich nicht entgegen. Denn einen Mangel an Geld hat der Mieter stets zu vertreten auch ohne Verschulden („Geld hat man zu haben“, siehe oben). Dies zeigt schon der Vergleich mit § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Wenn dort schon kein Verschulden verlangt wird, muss ein unverschuldeter Rückstand mit den Mietzahlungen erst recht unter den weniger engen § 573 BGB fallen (siehe Häublein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 573 BGB, Rn. 59).
Andererseits ist auch bei § 573 BGB eine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Interesse des Vermieters muss von einigem Gewicht sein und das Mieterinteresse an der Beibehaltung seines Lebensmittelpunkts überwiegen. Bei der Gesamtabwägung müssen die auf beiden Seiten zu berücksichtigenden Belange bewertet und abgewogen werden. Hier kann auch der Grad des Verschuldens eine Rolle spielen. Sofern der Mietrückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt, ist die Erheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel nicht überschritten (Häublein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 573 BGB, Rn. 36, 64 ff.). Liegt der Rückstand unterhalb der Grenze des § 543 BGB, müssen gewichtige weitere Umstände hinzutreten (sog. Ausstrahlungswirkung des § 543 BGB), herzu können aber wiederholte unpünktliche Zahlungen der Miete zählen. Schleppende Zahlungen über einen längeren Zeitraum sowie die Tatsache, dass der Vermieter auf einen pünktlichen Mieteingang besonders angewiesen ist, können eine Kündigung rechtfertigen (Häublein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 573 BGB, Rn. 74, 79).
Die vorzunehmende Gesamtabwägung ergibt vorliegend, dass die Kündigung vom 07.02.2023 das Mietverhältnis auch nicht ordentlich beendet hat.
Auf der einen Seite steht das legitime Interesse der Klägerin am Eingang pünktlicher Mietzahlungen. Eine einmalige um einige Tage unpünktliche Zahlung stellt dabei kein ausreichendes Interesse dar. Bei Häufung unerheblicher Pflichtverletzungen kann sich die Erheblichkeit jedoch aus der Häufung ergeben. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Mieten zwar wiederholt verspätet erhalten hat. Die Verspätung betrug jedoch stets nur einige Tage und die Klägerin hat die Miete sodann vollständig erhalten.
Es lag kein größerer Mietrückstand über einen längeren Zeitraum vor. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, auf den pünktlichen Mieteingang in besonderem Maße angewiesen gewesen zu sein. Darüber hinaus lag kein Fall vor, in dem der Mieter auf wiederholte Abmahnungen weiterhin verspätet zahlt. Die einzige vorherige Abmahnung lag bereits anderthalb Jahre zurück.
Auch ist bei der Gesamtabwägung zudem wiederum zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem zugrunde zu legenden Vortrag des Beklagten wiederholt gravierend gegen ihre eigenen mietvertraglichen Pflichten verstoßen hat (siehe oben) und sich auf das Begehren des Beklagten, über eine Mietminderung zu sprechen, nicht gemeldet hat. Steht dem Beklagten, nach seinem zugrunde zu legenden Vortrag (siehe oben) ein Recht zur teilweise vollständigen Mietminderung zu, das er (bislang) nicht geltend gemacht hat und zahlt er auf der anderen Seite nur um wenige Tage verspätet, so ergibt die Gesamtabwägung vorliegend, dass der Klägerin kein Recht zur Kündigung zusteht.
Auch der Grad des Verschuldens des Beklagten spricht hierfür, denn der Beklagte hat ausgeführt, seinen Lohn erst Mitte des Monats zu erhalten und einen Wohngeldbescheid vorgelegt, der ihm erst am 17.03.2023 beschieden worden ist, obwohl der Antrag auf Bewilligung von Wohngeld bereits am 12.10.2022 eingereicht wurde. Auch ist der Beklagte auf zusätzliche Transferleistungen des Jobcenters und diesbezügliche pünktliche Zahlung angewiesen. Dies mindert den Grad des Verschuldens des Beklagten.
Schlussendlich verstößt es nach Auffassung des Gerichts gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, einerseits gravierend gegen grundlegende Vermieterpflichten zu verstoßen und andererseits wegen geringfügig zu spät gezahlter Miete zu kündigen.
2. Auch die Kündigung vom 10.03.2023 hat das Mietverhältnis weder außerordentlich noch ordentlich beendet.
a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine einmalige unpünktliche Mietzahlung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn kurz zuvor bereits wegen unpünktlicher Mietzahlungen außerordentlich gekündigt worden ist (BGH, Urteil vom 11.01.2006, Aktz. VIII ZR 364/04, Rn. 26).
Auch hier ergibt aber die Gesamtabwägung, dass kein Recht zur außerordentlichen Kündigung bestand.
Zum einen erfolgten in dem der BGH-Rechtsprechung zugrunde liegenden Fall die Mietzahlungen zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten im Monat, zum Teil erst im Folgemonat und zum Teil nur in Höhe von Teilzahlungen. Damit ist bereits die Pflichtverletzung auf Mieterseite nicht zu vergleichen, denn der Beklagte hat vorliegend immer nur mit einer kurzen Verspätung von ein paar Tagen und stets vollständig gezahlt.
Darüber hinaus sind auch hier bei der Gesamtabwägung die oben genannten Belange zu berücksichtigen, namentlich die zugrunde zu legenden vorgetragenen gravierenden Verstöße auf Vermieterseite und die „Begründung“ des verspäteten Zahlens durch den Beklagten. Im Rahmen der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass die Bewilligung von Wohngeld mit Wohngeldbescheid vom 17.03.2023 dafür spricht, dass in Zukunft pünktliche Mietzahlungen sichergestellt sind. So haben beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2024 vorgetragen, dass die Mietzahlungen seit der Bewilligung des Wohngeldbescheids vollständig und überpünktlich eingehen.
b) Die Kündigung vom 10.03.2023 hat das Mietverhältnis auch nicht ordentlich beendet.
Auch hier ergibt die vorzunehmende Gesamtabwägung nach Auffassung des Gerichts, dass kein berechtigtes, die Interessen des Mieters überwiegendes Vermieterinteresse an der Beendigung des Mietverhältnisses bestand. Denn auch bei der hilfsweisen ordentlichen Kündigung vom 10.03.2023 sind die gravierenden Verstöße auf Vermieterseite und ein geringes Verschulden des Beklagten zu berücksichtigen sowie die Tatsache, dass der Wohngeldbescheid vom 17.03.2023 dafür spricht, dass in Zukunft pünktliche Mietzahlungen sichergestellt sind (siehe oben).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO. Die Klägerin hat auch die Kosten der Säumnis zu tragen gemäß § 344 ZPO, denn das Versäumnisurteil vom 09.11.2023 ist in gesetzlich zulässiger Weise ergangen.
Die Ladung zum Gerichtstermin am 19.10.2023 ist der Klägerin laut elektronischem Empfangsbekenntnis ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2023 ordnungsgemäß zugestellt worden. Gleichwohl ist zum Gerichtstermin für die Klägerseite niemand erschienen. Gründe für die Säumnis wurden nicht vorgetragen.
IV.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.