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Vermieterzustimmung zum Einbau eines Treppenlifts durch Mieter

AG Pankow-Weißensee – Az.: 3 C 181/12 – Urteil vom 11.10.2012

1. Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % hiervon abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Vermieterzustimmung zum Einbau eines Treppenlifts durch Mieter
Symbolfoto: Von Edler von Rabenstein /Shutterstock.com

Die heute … jährige Klägerin ist seit etwa 50 Jahre Mieterin der im … gelegenen Wohnung. Der Beklagte hat das vorgenannte Anwesen im Jahre 2000 zu Eigentum erworben. Seither hat er wiederholt seine Absicht bekundet, das Anwesen grundlegend zu sanieren und zu modernisieren, hierzu aber weder eine konkrete Modernisierungsankündigung verfasst, noch mit Bau- oder bauvorbereitenden Maßnahmen begonnen. Allerdings teilte er allen Mietern des Hauses mit Schreiben vom 30. Mai 2007 mit, die von ihm geplanten „allumfassenden Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten“ schlössen einen Verbleib der Mieter in ihren Wohnungen aus; deshalb müsse er ihnen kündigen, wolle aber Gespräche über finanzielle Hilfestellungen anbieten. Die von ihm daraufhin erhobene Räumungsklage hat das erkennende Gericht mit Urteil vom 17. September 2008 zum Aktenzeichen 7 C 205/08 – inzwischen rechtskräftig – abgewiesen.

Im Januar 2012 bat die Klägerin die vom Beklagten beauftragte Hausverwaltung schriftlich um eine schriftliche Zustimmung zum Einbau eines Treppenliftes Typ … . Dabei wies sie unter anderem darauf hin, dass sowohl die von ihr ausgewählte Fachfirma … wie auch jede andere Firma den Rückbau kostenfrei vornehmen und daher lediglich Kosten für das Kaschieren der Holzschraubenrückstände von nicht mehr als 200,- € anfallen könnten. Über eine entsprechende Kaution könne man sich ohne weiteres einigen. Mit Schreiben vom 16. Februar 2012 teilte die Pflegekasse der Klägerin mit, sie bewillige ihr den Einbau eines Treppenliftes als notwendige Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes, da der medizinische Dienst der Krankenversicherung die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme bestätigt habe. Unter dem 20. März 2012 bestätigte der Facharzt für Neurologie …, die Klägerin leide aufgrund neurologischer Grunderkrankungen an zunehmenden Lähmungserscheinungen der betont unteren, jedoch auch der oberen Extremitäten, was ihre Gehfähigkeit massiv einschränke. Dies wirke sich insbesondere beim Treppensteigen aus, bei dem eine ausgeprägte Sturzgefährdung bestehe. Zur Vermeidung einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin halte er die Möglichkeit zur Nutzung eines Treppenlifts im häuslichen Umfeld aus fachärztlicher Sicht für unbedingt notwendig.

Mit Schreiben vom 30. März 2012 lehnte der Beklagte die von der Klägerin erbetene Zustimmung mit der Begründung ab, die mit den vom ihm beabsichtigten umfassenden Modernisierungsarbeiten verbundenen Geräte- und Materialtransporte würden die ganze Breite des Treppenhauses erfordern, weshalb der Einbau eines Treppenliftes unmöglich sei.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dem Einbau eines Treppenliftes Typ … auf ihre Kosten im Haus … vom Erdgeschoss bis zum … gemäß einer als Anlage K1 beigefügten Konstruktions-zeichnung gemäß DIN 18065 zuzustimmen.

Hilfsweise, den Beklagten zur Zustimmung wie vorstehend, aber Zug um Zug gegen Leistung einer Barsicherheit in Höhe von 300,- € zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, mit der Gehbehinderung der Klägerin könne es so weit nicht her sein, da sie offenbar in der Lage sei, den in drei Stufen aufgeteilten Höhenunterschied von 60 Zentimetern zwischen der Zuwegung zum Haus und der Schwelle der Hauseingangstür zu überwinden. Der Einbau eines Treppenliftes sei mit dem für das Haus bestehende Denkmalschutz nicht vereinbar. Die Klägerin habe die von ihr zu leistende Sicherheit nicht erbracht. Die Mitteilung der Firma …, bei einem eventuellen Rückbau keinerlei Kosten erheben zu wollen, stelle keine genügende Sicherheit dar.

Im Übrigen beruft er sich auf die bereits vorgerichtlich behauptete Unvereinbarkeit des Einbaus eines Treppenliftes mit den von ihm beabsichtigten Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist derzeit unbegründet.

Der Beklagte schuldet der Klägerin – zumindest derzeit – nicht die Zustimmung zum Einbau eines Treppenliftes.

Zwar hat das Gericht keinen Zweifel, dass die nach § 554 a Abs. 1 BGB erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Erforderlichkeit des Einbau eines Treppenliftes zur Erstellung einer der Klägerin zumutbaren Nutzung ihrer im … gelegenen Wohnung ergibt sich nach Auffassung des Gerichts ohne Weiteres aus der fachärztlichen Bestätigung vom 20. März 2012, der zufolge die Klägerin aufgrund ihrer neurologischen Grunderkrankungen an zunehmenden Lähmungserscheinungen leidet und beim Treppensteigen deshalb eine ausgeprägte Sturzgefährdung besteht. Daran ändert der Umstand, dass die Klägerin auch nach Einbau eines Treppenliftes noch drei Treppenstufen überwinden muss, um die Schwelle der Hauseingangstür überschreiten zu können, nichts. Dass die Klägerin sich die Bewältigung dieser drei Stufen mit einem Höhenunterschied von insgesamt – nach Darstellung des Beklagten – 60 Zentimeter noch zutraut und zumuten will, stellt nicht in Frage, dass die vernünftige Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand der Klägerin bei der Überwindung der Höhendifferenz von als altbautypisch geschätzten 3,50 Metern zwischen Erdgeschoss und … über (gemäß beigefügter Skizze Bl. 12 d. A.) 20 Stufen und den Einbau eines Treppenliftes erfordert.

Den daraus folgenden rechtlichen schutzwürdigen Interessen der Klägerin stehen keine auch nur gleichgewichtigen Interessen des Beklagten entgegen. Soweit er sich auf von ihm angeblich weiterhin beabsichtigte, noch zu seinen Lebzeiten auszuführende Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten beruft, übersieht er, dass derartige Interessen nach § 554 a Abs. 1 S. 2 BGB ohnehin nicht berücksichtigungsfähig sind. Berücksichtigungsfähig ist allein ein Interesse des Vermieters an der unveränderten Erhaltung der Mietsache, also gerade nicht seine Absicht, das Gebäude „allumfassend“ in einer Weise instand zu setzen und zu modernisieren, die jegliche Wohnnutzung während der Bauphase ausschließt. Soweit er sich auf nicht näher konkretisierte Belange des Denkmalschutzes beruft, übersieht er, dass eine Zustimmung nach § 554 a Abs. 1 S. 1 BGB allein das Rechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter betrifft und die Belange des Denkmalschutzes unberührt lässt. Bauherrin ist im Falle des Einbaus des Treppenliftes ausschließlich die Klägerin, und es ist dem Beklagten unbenommen, der Denkmalbehörde den von ihr beabsichtigten Einbau eines Treppenliftes anzuzeigen. Berechtigte Interessen anderer Mieter im Sinne des § 554 a Abs. 1 S. 3 BGB kommen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil abgesehen von der Klägerin nur eine weitere Mieterin im Haus verblieben ist und diese mit Schreiben vom 18. April 2012 erklärt hat, gegen den Einbau eines Treppenliftes bis zum … keine Einwände zu haben.

Einem Erfolg der Klage steht aber entgegen, dass der Beklagte seine Zustimmung gemäß § 554 a Abs. 2 BGB verweigern kann, weil die Klägerin die von ihr zu leistende angemessene Sicherheit nicht erbracht hat. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann der Vermieter seine Zustimmung von der – vorherigen – Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit abhängig machen. Eben diesen Einwand hat der Beklagte in seiner Klageerwiderung erhoben. Die Klägerin hat es gleichwohl dabei bewenden lassen, ihre Bereitschaft zur Leistung einer ihrer Meinung nach angemessenen Sicherheit zu bekunden.

Die von ihr hilfsweise beantragte Verurteilung zur Zustimmung Zug um Zug gegen Leistung einer Barkaution in Höhe von 300,- € ist ebensowenig begründet. Zwar ist grundsätzlich der Vermieter für eine angemessene Höhe der Sicherheit darlegungs- und beweispflichtig. Das gilt aber jedenfalls dann nicht, wenn die vom Mieter angebotene Sicherheit schon nach eigener Darstellung unzureichend ist. So liegen die Dinge hier. Die Klägerin hat sich zur Bemessung der von ihr angebotenen – sehr geringen – Sicherheit darauf berufen, sowohl die Firma … als auch vergleichbare Fachfirmen würden einen eventuellen Rückbau des Treppenliftes kostenfrei ausführen, weshalb lediglich geringe Kosten für die Kaschierung der beim Einbau geschaffenen Befestigungspunkte entstünden. Das mag in tatsächlicher Hinsicht zutreffen. In rechtlicher Hinsicht verkennt dies jedoch, dass § 554 a Abs. 2 BGB dem Mieter nicht die Möglichkeit lässt, dem Vermieter Sicherheit durch Versprechen beliebiger Dritter zu bieten. Es ist dem Vermieter nämlich grundsätzlich nicht zuzumuten, hinsichtlich der ihm zustehenden Sicherheitsleistung das Insolvenzrisiko irgendeines anderen Schuldners zu übernehmen, den er selbst sich nicht als Vertragspartner ausgesucht hat. Auch darauf hat der Beklagte bereits in seiner Klageerwiderung – zurecht – hingewiesen. Die Klägerin hat auch den entsprechenden Hinweis des Gerichts eingangs der Güteverhandlung nicht zum Anlass genommen, eine höhere, auch den eigentlichen Rückbau-aufwand deckende Sicherheit anzubieten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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