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Vernehmbarkeit von Badezimmergeräuschen im Schlafzimmer als Mietmangel

AG Spandau, Az.: 3 C 576/13, Urteil vom 04.04.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Lüftung im WC in der Wohnung der Kläger Berlin durch einen neu einzubauenden Filter und durch eine einzusetzende Abdeckplatte instand zu setzen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Streitwert wird auf 9.380,80 € festgesetzt.

Tatbestand

Vernehmbarkeit von Badezimmergeräuschen im Schlafzimmer als Mietmangel
Symbolfoto: Von ImageFlow /Shutterstock.com

Die Parteien streiten über die Beseitigung von Mängeln sowie über die Feststellung und Gewährung von Mietminderungsansprüchen.

Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.01.2012 ein Mietvertrag über eine … . Die monatliche Miete beträgt 1.066,- € einschließlich Vorschüssen für Nebenkosten.

Zwischen dem Badezimmer und dem Schlafzimmer der Wohnung befindet sich eine 6 cm dicke Trennwand. In dieser Wand befinden sich Wasserleitungen. Die Geräusche von laufendem Wasser sowie der Betätigung der Armaturen im Badezimmer sind im angrenzenden Schlafzimmer zu vernehmen.

Auch funktioniert die Lüftung im Bad nicht ordnungsgemäß; es riecht dort nach Zigarettenqualm. Die Kläger – zuletzt durch die Klägervertreterin am 29.02.2012 – übersandten Mängelanzeigen über insbesondere undichte Fenster, schlechte Schallisolierung zwischen Bad und Schlafzimmer sowie Geruchsbelästigung im Bad und dem Hinweis auf die Zahlung der Miete unter Vorbehalt.

Mit Beschluss vom 22.10.2012 wurde auf Antrag der Kläger beim Amtsgericht Spandau zu Aktenzeichen 13 H 2/12 ein selbständiges Beweisverfahren über folgende Fragen angeordnet:

1.

Ist es richtig, dass in der von den Antragstellern innegehaltenen Wohnung im Hause, sämtliche Fenster der Wohnung nicht mehr ordnungsgemäß schließen und kein hinreichenden Schutz gegen Luftdurchzug und eindringende Feuchtigkeit bieten.

a) Der Sachverständige möge Auskunft über die Ursachen der festgestellten Mängel erteilen.

 

b) Der Sachverständige möge Auskunft darüber erteilen, wie die Mängel zu beseitigen sind und möge die Kosten für die Beseitigung der vorhandenen Mängel mitteilen.

2.

Ist es richtig, dass in der von den Antragsteller innegehaltenen zu Ziffer 1. näher benannten Wohnung

– im Gäste-WC starker Zigarettenqualmgestank festzustellen ist,

– die Toilettenspülung defekt ist, da diese nicht ordnungsgemäß abdichtet und Wasser nachläuft.

a)

Der Sachverständige möge Auskunft über die Ursachen der festgestellten Mängel erteilen.

b)

Der Sachverständige möge Auskunft darüber erteilen, wie die Mängel zu beseitigen sind und möge die Kosten für die Beseitigung der vorhandenen Mängel mitteilen.

3.

Ist es richtig, dass in der von den Antragstellern innegehaltenen zu Ziffer 1. näher benannte Wohnung die Schlafzimmerwand zum Bad lediglich aus zwei Rigipswänden besteht und sich zwischen diesen die Wasserleitung befindet, wodurch keine sowohl bezüglich aktueller DIN Norm als auch der DIN Norm zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses ordnungsgemäße Schallisolierung festzustellen ist und an der Schlafzimmerwand eine Geräuschentwicklung über die jeweilige DIN Norm hinausgehend festzustellen ist.

a) Der Sachverständige möge Auskunft über die Ursachen des festgestellten Mangels erteilen, insbesondere ob eine derartige Verarbeitung fachgerecht ist.

b) Der Sachverständige möge Auskunft darüber erteilen, wie die Mängel zu beseitigen sind und möge die Kosten für die Beseitigung der vorhandenen Mängel mitteilen.

Im November 2012 sowie am 05.08.2013 ließ die Beklagte die Fenster – unter Hinweis, dass dies lediglich zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten jedoch nicht aufgrund von eingeschränkter Gebrauchstauglichkeit geschehe – nachjustieren.

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. erstattete nach Ortsbesichtigung am 04.03.2013 ein schriftliches Gutachten. Wegen dieses Gutachtens vom 29.04.2013 wird auf Anlage K4 der Klageschrift Bezug genommen.

Die Kläger behaupten, sämtliche Fenster seien undicht gewesen, wodurch kein Schutz gegen Luftzug gewährleistet gewesen sowie das Eindringen von Feuchtigkeit begünstigt worden sei. Die Kläger behaupten weiterhin, dass eine Nutzung des Schlafzimmers durch die Geräusche aus dem Badezimmer nur eingeschränkt möglich sei. Insbesondere arbeite der Kläger im Schichtdienst und wache durch die verursachten Geräusche regelmäßig auf. Die Kläger sind der Ansicht, die bezüglich der Geräuschmessungen im Schlafzimmer durch einen Sachverständigen herangezogene DIN 4109 gelte nicht nur in Bezug auf den Schallschutz zwischen fremden sondern durch Einbeziehung des Beiblattes 2 zur DIN 4109 von August 1992 auch innerhalb einer Wohnung.

Die Kläger beantragen zu erkennen,

1. Die Beklagte zu verurteilen, die vorhandene Trennwand mit einer Stärke von 6 cm zwischen Schlafzimmer und Bad in der Wohnung der Kläger im Hause Berlin, auf einer Fläche von ca. 2,5 x 3 m derart zu isolieren, dass bei laufenden Wassergeräuschen und betätigen der Armaturen im Bad im angrenzenden Zimmer keine höhere Geräuschbelastung von mehr als 35dB wahrnehmbar sind, sowie die Lüftung im WC durch einen neu einzubauenden Filter und durch eine einzusetzende Abdeckplatte wieder schließt,

2. die Beklagte zu verurteilen an sie, die Kläger, 2.558,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, dass aufgrund des im Antrag zu 1. bezeichneten Mangels des fehlenden Schallschutzes, sie, die Kläger, ab dem 1. Januar 2013 bis zur Beseitigung des Mangels zu einer Mietminderung in Höhe von 10 %, folglich einem monatlichen Betrag in Höhe von 106,60 €, berechtigt sind,

4. die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie, die Kläger, einen weiteren Betrag in Höhe von 1.066,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

5. die Beklagte ferner zu verurteilen, die Prozessbevollmächtigte der Kläger, Frau Rechtsanwältin, von ihren außergerichtlichen Kosten in Höhe einer 0,65 Geschäftsgebühr zzgl. der Auslagenpauschale sowie Mehrwertsteuer, folglich einem Betrag in Höhe von 573,22 € freizustellen und an diese zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die durch den Sachverständigen herangezogene DIN 4109 gelte nicht in Bezug auf den eigenen Wohnraum sondern nur zu schutzbedürftigen Räumen fremder Wohnungen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur in geringem Umfange begründet.

Die Klage ist zulässig. Bezüglich des auf Feststellung gerichteten Antrags zu 3. ist auch das erforderliche Feststellungsinteresse i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO gegeben. Die Klage ist derzeit nicht vollständig bezifferbar und die Beklagte berühmt sich des Anspruches auf ungeminderter Mietzahlung.

Die Klage ist nur teilweise begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Instandsetzung der Lüftung im WC der Wohnung aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und in diesem Zustand zu erhalten. Die Parteien schlossen am 01.01.2012 einen Mietvertrag über die Wohnung Berlin. Es liegt auch ein Mangel vor. Die Lüftung im Badezimmer der Wohnung ist defekt. Die Abdeckung hängt lose herab und ein Filter ist nicht vorhanden.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.066,00 € aus § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 1 BGB. Danach sind die Kläger zwar berechtigt eine Leistung zurück zu verlangen, wenn diese ohne rechtlichen Grund erfolgte. Die Mieten für die Monate ab Januar 2012 wurden aber mit Rechtsgrund geleistet. Der Rechtsgrund ist der Mietvertrag und die dortige Mietzahlungsverpflichtung. Eine Minderungsanspruch konnte nicht festgestellt werden. Hier ist schon nicht klar, für welche Monate die Minderung (Quote 10 %) verlangt wird. Ab Januar bestand die Mangelanzeige; ein Teil der Fenster wurde im November 2012 nachjustiert, der Rest (2 Fenster) am 05.08.2013. Ein Anspruch auf Minderung scheitert aber in jedem Falle an der erforderlichen aber hier fehlenden Gebrauchsbeeinträchtigung.

Der Sachverständige konnte bei den beiden verbliebenen Fenstern diese schon nicht feststellen. Weder ein Luftzug noch eindringende Feuchtigkeit konnte der Sachverständige an den beiden Fenstern feststellen, so dass die geringfügig festgestellten Mängel (falsche Griffstellung) keine Minderung sondern lediglich einen Wiederherstellungsanspruch auslöste. Zwar kann angenommen werden, dass bezüglich der nachjustierten Fenster ebenfalls eine Mangelhaftigkeit vorlag. Aber auch hier scheitert der Anspruch an einer konkret dargelegten Gebrauchsbeeinträchtigung.

Die Kläger haben ferner keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Isolierung der Trennwand zwischen Badezimmer und Schlafzimmer aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Es besteht kein Bedarf zur Handlung, da die Trennwand nicht vom vertragsgemäßen oder ansonsten zu erwartenden Zustand abweicht. Im Rahmen der Vermietung einer Wohnung hat der beklagte Vermieter einen Mindeststandard zu gewährleisten, der ein störungsfreies Wohnen ermöglicht. Dieser umfasst auch ein Mindestmaß an Schallschutz innerhalb der Wohnung. Mangels konkreter vertraglicher Vereinbarung zur Beschaffenheit wäre der Stand der Technik zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblich.

Im Rahmen des hier beigezogenen selbständigen Beweisverfahrens wurde vom Sachverständigen zwar eine Überschreitung der DIN Norm 4109 1989-11 mit der Ergänzung 1992-08, nach welcher für Wohn- und Schlafräume ein Wert von kleiner oder gleich 35 dB vorgesehen ist, festgestellt. Diese Norm ist aber für die Frage der Isolierung der Wände innerhalb der Wohnung nicht anwendbar. Die Möglichkeit der Anwendung der DIN 4109 ergibt sich auch nicht aus der Heranziehung des Beiblatts 2 zur DIN 4109. Dieses erweitere die Anwendbarkeit der grundsätzlich nur für schutzbedürftige Räume fremder Wohnungen geltenden DIN. Das Beiblatt beinhalt anerkannte Regeln der Technik und Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohnbereich. Es stelle aber keine zwingende Vorschrift dar. Für eine analoge Anwendung der DIN 4109 auf Innenbereiche fehlt eine planwidrige Regelungslücke. Es ist davon auszugehen, dass der Normgeber gerade den Schallschutz im Innenbereich nicht zwingend regeln wollte. Etwas anderes mag im Rahmen einer möglichen Analogie allenfalls für die Vermietung von Zimmern innerhalb einer Wohnung im Rahmen einer Wohngemeinschaft gelten; dies brauchte hier aber nicht entschieden zu werden.

Der vertragsgemäße Gebrauch selbst ist im vorliegenden Falle aber nicht ausschlaggebend eingeschränkt. Die Wohnung ist bewohnbar. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Kläger durch Geräusche aus dem Bad, die letztlich allein von den Mitbewohnern verursacht werden können, geweckt wird, stellt dies keine unerträgliche Beeinträchtigung dar. Denn im Gegensatz zu dem Verhältnis zu einer fremden Wohnung begibt sich der Mieter durch Einziehen mit einer anderen Person in eine Wohnung in ein enges Näheverhältnis. Im Verhältnis zu einem Nachbarn hingegen muss ein höheres Maß an Intims- und Privatsphäre gewährleistet sein. In diesen Fällen ist eine Teilhabe am Leben des Nachbarn durch das Vernehmen von Geräuschen oder Lärm ungewollt. Bei Einzug in eine gemeinsame Wohnung wird diese Gefahr hingegen bewusst und gewollt eingegangen. Außerdem ist das Geräuschverhalten in der eigenen Wohnung beeinflussbar. Das Verhalten der Nachbarn jedoch nur sehr eingeschränkt. Deshalb ist es gerechtfertigt, für den Lärmschutz zwischen fremden Wohnungen höhere Anforderungen zu stellen.

Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Rückzahlung von 2.558,40 aus § 812 Abs. 1, S. 1, Fall 2 BGB wegen Mietminderung aufgrund fehlender Schallisolierung der Trennwand. Die Zahlung der Miete erfolgte auch hier mit Rechtsgrund. Aus oben angegebenen Gründen liegt ein zur Mietminderung berechtigender Mangel in Form einer ungenügenden Schallisolierung nicht vor. Aus diesem Grunde scheitert auch der Antrag auf Feststellung einer zeitlich weitergehenden Minderung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte nur verhältnismäßig geringfügig unterlegen war und dies keine besonderen Kosten verursachte. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

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