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Verschweigen eines Mietverhältnisses: Schadensersatz wegen Rechtsmangels

AG Düren – Az.: 47 C 464/17 – Urteil vom 29.05.2019

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 334,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2017 zu zahlen.

Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 92 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 8 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des durch das Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche nach der Veräußerung des Grundstücks Flur …, Flurstück …, Gebäude- und Freifläche, groß 10 qm, … und Flurstück … Gebäude- und Freifläche, groß 621 qm, … eingetragen im Grundbuch … des Amtsgerichts Düren, Blatt … A Gemarkung ….

Die Beklagten waren ursprünglich Eigentümer des Grundstücks in Erbengemeinschaft.

Auf dem Grundstück befand sich ein Wohngebäude, in dem der Beklagte zu 1) lebte.

Am 29.01.2010 schloss er mit Herrn … einen Mietvertrag über folgende von den übrigen Räumlichkeiten nicht abgetrennte Räume im obersten Geschoss des Wohnhauses: „zwei Zimmer, eine Kammer, eine Küche, ein Korridor, ein Bad, eine Toilette und ein Balkon“. Die Miete betrug 250,00 EUR netto. Wegen der Einzelheiten des Mietvertrages wird auf Bl. 28 ff. dA Bezug genommen. Außerdem wohnte Frau … in dem Objekt.

Am 21.02.2017 veräußerten die Beklagten das vorbenannte Grundstück unter der Urkunde des Notars Dr. … in …, Urkundenrolle … /2017, an die Klägerin und ihren Ehemann, Herrn …. Zu dem Termin erschien der Beklagte zu 1) in Begleitung von Frau …. Ebenfalls anwesend war der Makler Herr ….

§ 5 Ziff. 2 des Notarvertrages enthielt die folgende Vereinbarung:

„Miet- und Pachtverhältnisse bestehen nicht. Herr … bewohnt das Vertragsobjekt derzeit noch selbst.“

§ 5 Ziff. 3 lautete:

„Der Verkäufer verpflichtet sich, das Kaufobjekt bis zum 30. Juni 2017 besenrein zu räumen. Auf eine entsprechende Zwangsvollstreckungsunterwerfung wird trotz deutlicher Belehrung verzichtet.

Im Hinblick auf die Zeit ab Kaufpreiszahlung vereinbaren die Beteiligten Folgendes:

Der Käufer gestattet es dem Verkäufer … in dem Objekt noch bis zum 30. Juni 2017 zu verbleiben. Ein Mietverhältnis wird damit ausdrücklich nicht begründet.

Herr … verpflichtet sich insoweit dem Käufer für jeden Monat Nutzung eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 780,00 EUR (netto kalt) zuzüglich Nebenkosten (gleich einem Mieter) zu bezahlen. […]“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Notarvertrages wird auf Bl. 13 ff. dA (Anlage K1) Bezug genommen.

Auf erneute Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und 2) im notariellen Verhandlungstermin bestätigte der Beklagte zu 1), dass so alles korrekt sei, wie es vorgelesen worden sei. Auch die übrigen Anwesenden erhoben keinen Widerspruch.

Am 30.06.2017 gewährte der Beklagte zu 1) der Klägerin und Herrn … Zutritt zu einzelnen Räumen des auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäudes. Herr … informierte sie von dem Mietvertrag mit dem Beklagten zu 1).

Auf dem Grundstück befanden sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht entfernte Gegenstände, darunter Kehrbleche, alte Kartons, größere Kleiderschränke, Reinigungschemikalien, alte Farbreste, Wasch- und Bodenplatten, eine Mikrowelle, Holzregale, Müllsäcke, alte Küchenteile und Teppiche.

Mit Schreiben vom 04.07.2017 forderten die Klägerin und Herr … die Beklagten erfolglos auf, das streitgegenständliche Objekt zu räumen und geräumt unverzüglich herauszugeben.

Am 10.07.2017 veranlassten sie die Kündigung des Herrn … per Bote.

Mit Datum desselben Tages ließen sie Räumungsklage gegen Herrn … vor dem Amtsgericht Düren unter dem Aktenzeichen 47 C 235/17 erheben. Das Amtsgericht stellte bei einem Streitwert von (12 x 1.000,00 EUR =) 12.000,00 EUR Gerichtsgebühren in Höhe von 801,00 EUR in Rechnung.

Am 24.07.2017 entsorgte Herr … mit Herrn … zwischen 8:00 Uhr und 16.00 Uhr auf dem Grundstück verbliebene Gegenstände und wandte am 17.08.2017 sieben Stunden auf, diese in einen angelieferten Müllcontainer zu werfen. Am 01.08.2017 fand der Umzug des Herrn … statt. Am 02.08.2017 und 03.08.2017 entsorgte Herr … mit einer weiteren Person Müll, um diesen am 17.08.2017 in Müllcontainer zu werfen.

Mit Datum vom 03.08.2017 nahmen die Klägerin und Herr … die Räumungsklage gegen Herrn … zurück und zahlten 267,00 EUR für die Verfahrensbeendigung durch Klagerücknahme.

Mit Schreiben vom 20.09.2017 wurden die Beklagten aufgefordert,

– 334,75 EUR außergerichtliche Anwaltsgebühren für die Kündigung des Herrn …,

– die Kosten für das Kündigungsverfahren,

– 1.000,00 EUR Nutzungsersatz für die Zeit vom 30.06.2017 bis zum 01.08.2017,

– 105,33 EUR für den Umzugswagen,

– 820,00 EUR für die aufgewandte Arbeitszeit bei der Müllentsorgung und

– 543,35 EUR für die Bestellung und Entsorgung des Mülls in Containern

bis zum 15.10.2017 auszugleichen. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Mit der hiesigen Klage verfolgt die Klägerin den Ersatz der vorbenannten Positionen zuzüglich außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR weiter.

Sie ist der Ansicht, umfassend aktivlegitimiert zu sein. Hierzu behauptet sie, Herr … habe ihr schon vor Klageerhebung sämtliche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten übertragen. Dies sei nachträglich per Abtretungserklärung fixiert worden. Als Mandantin ihrer Prozessbevollmächtigten, so die weitere Ansicht der Klägerin, sei sie außerdem Inhaberin der aus dem Verfahren gegen Herrn … geltend gemachten Gebühren.

Die Klägerin behauptet, dass ihr vor Abschluss des Kaufvertrages lediglich bekannt gewesen sei, dass in dem Objekt Personen gewohnt hätten. Von bestehenden Mietverhältnissen sei hingegen nie die Rede gewesen. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten dies noch durch ihren Prozessbevollmächtigten bestätigen lassen. Der Beklagte zu 1), der ein Exemplar des Notarvertrages vorab erhalten habe, habe auch im Verhandlungstermin versichert, dass keine Räumlichkeiten des streitgegenständlichen Wohnhauses vermietet seien und dieses zum 30.06.2017 geräumt werde. Der Notar habe ferner den Text des Vertrags laut vorgelesen.

Die Beklagten zu 2) und 3), so die Ansicht der Klägerin, hätten den Notarvertrag jedenfalls nicht ins Blaue hinein unterschreiben dürfen. Dies sei als fahrlässig zu bewerten.

Eine zeitnähere Kündigung des Herrn … sei nicht erforderlich gewesen. Sie habe den Angaben mit notariellen Kaufvertrag Glauben schenken dürfen, wonach das Grundstück zum 30.06.2017 geräumt werde.

Nachdem Herr … nicht ausgezogen sei, habe sie Räumungsklage erheben dürfen. Der dort angesetzte Streitwert von 1.000,00 EUR, so die Ansicht der Klägerin, sei gerechtfertigt, weil Herr … mangels Abtrennung seiner Räumlichkeiten Zugang zu dem gesamten Haus gehabt habe, mithin eine Vergleichsmiete für das gesamte Wohnhaus zu veranschlagen gewesen sei.

Die Klägerin behauptet weiter, dass sich Herr … nach Anhängigkeit der Räumungsklage mit Herrn … darauf geeinigt habe, für diesen den Umzug durchführen im Gegenzug auf einen Verzicht der Wahrung von Kündigungsfristen. Daraufhin sei die Klage zurückgenommen worden.

Die Klägerin ist schließlich der Ansicht, dass die Beklagten nach Unterzeichnung des Notarvertrags auch dazu verpflichtet gewesen seien, etwaig von weiteren Mietern hinterlassene Gegenstände wegzuschaffen. Vereinbarungen hinsichtlich des Verbleibs von Gegenständen seien nicht getroffen worden.

Die Klägerin beantragt mit den Beklagten am 28.12.2017 zugestellter Klage,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 4.028,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 16.10.2017 aus einem Betrag in Höhe von 3.761,62 EUR und einen weiteren Betrag aus 267,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Abtretung etwaiger Ansprüche des Herrn … diene alleine prozesstaktischen Gründen.

Er behauptet, die Klägerin habe vor Abschluss des Notarvertrages, nämlich anlässlich einer Besichtigung im Februar 2017 Kenntnis davon erlangt, dass Räume in dem erworbenen Objekt vermietet waren. Das Objekt sei sogar mehrfach besichtigt worden. Die Klägerin und Herr … hätten bei dieser Gelegenheit auch mit Herrn … und Frau … gesprochen. In einem Gespräch vor dem Notartermin sei die Klägerin in Anwesenheit des Herrn … schließlich ebenfalls auf das bestehende Mietverhältnis hingewiesen worden, was für sie zum damaligen Zeitpunkt kein Problem dargestellt habe.

Auch die Beklagten zu 1) und 2) hätten von dem mit Herrn … abgeschlossenen Mietvertrag gewusst.

Während des notariellen Verhandlungstermins habe der Notar genuschelt und sehr schnell gelesen, sodass der Beklagte zu 1) nicht alles verstanden habe. Er sei im Übrigen an beiden Augen an grauem Star erkrankt gewesen.

Den Abschluss eines Vergleichs mit Herrn … und das Auszugsdatum bestreitet der Beklagte zu 1) mit Nichtwissen.

Nach dem Auszug des Beklagten zu 1) sei das Objekt jedenfalls durch eine beklagtenseits beauftragte Fachfirma entrümpelt worden. Alles, was der Beklagte zu 1) in seiner Wohnung, der Garage und im Garten zurückgelassen habe, sei auf Wunsch der Klägerin dort verblieben. Die übrigen Gegenstände seien den Räumlichkeiten von Herrn … und Frau …, die ihm nicht zugänglich gewesen seien, zuzuordnen. Kosten für einen Umzugswagen und die Müllentsorgung bestreitet er mit Nichtwissen.

Die Klageforderung lasse sich in der Hauptsache nicht nachvollziehen. Gleiches gelte für Grund und Höhe der beanspruchten Nutzungsentschädigung. Es sei nicht nachvollziehbar, welches außergerichtliche Verfahren auch in der hiesigen Sache Rechtsanwaltsgebühren ausgelöst haben solle.

Die Beklagten zu 2) und 3) bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin. Auch sie behaupten, dass die Abtretung aus prozesstaktischen Gründen erfolgt sei.

Die Beklagten zu 2) und 3) sind der Ansicht, dass allenfalls der Beklagte zu 1) gemäß § 425 BGB für die beanspruchten Forderungen einzustehen habe.

Sie machen sich den Vortrag des Beklagten zu 1) zu eigen, wonach die Klägerin noch vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags Kenntnis von Herrn … und seinem Mietverhältnis erlangt habe. Sie sind der Ansicht, dass die Klägerin daher wider besseren Wissens eine formale Rechtsposition ausnutze. Sie habe jedenfalls sorgfaltswidrig gehandelt, indem sie den Kaufvertrag in Kenntnis von der Person des Herrn … unterschrieben habe, ohne hierzu weitere Erklärungen zu verlangen bzw. Aufklärung zu betreiben.

Sie selbst, so die Behauptung der Beklagten zu 1) und 2), hätten von bestehenden Mietverhältnissen nichts gewusst. Sie hätten vor der Veräußerung des Grundstücks keinen Zutritt zu dem Wohnhaus gehabt. Das Verhältnis zu dem Beklagten zu 1) sei zerrüttet gewesen. An der Begründung eines Mietvertrages hätten sie nie mitgewirkt. Der Beklagte zu 1) habe sie auch nie über den Abschluss eines Mietvertrages oder die Abrechnung eines Mietzinses, an dem sie erst recht nicht beteiligt worden seien, informiert.

Sie hätten zwar Kenntnis davon gehabt, dass sich Frau … in dem Wohnhaus aufgehalten habe, seien aber davon ausgegangen, dass es sich um die Lebensgefährtin des Beklagten zu 1) gehandelt habe. Diese habe sämtliche Angelegenheit für den Beklagten zu 1) erledigt und sei auch vorprozessual stellvertretend für diesen Ansprechpartnerin gewesen. Dass mit Frau … ein Mietvertrag abgeschlossen worden sei bzw. diese Mietzahlungen geleistet habe, sei ihnen nicht bekannt gewesen. Insbesondere nachdem im Notartermin weder von dem Beklagten zu 1), noch von Frau …, noch durch Herrn … Einwände gegen den Vertrag erhoben worden seien, hätten sie hierauf vertraut.

Sie sind der Ansicht, dass Ihnen auch nicht vorgeworfen werden könne, das Objekt vorher nicht besichtigt zu haben. Sie hätten sich insofern auf die „gekauft wie gesehen“-Klausel in § 6 des Notarvertrages verlassen dürfen.

Sie behaupten, dass die Klägerin jedenfalls ab April 2017 Kenntnis davon erlangt habe, dass Herr … das Objekt bewohne. Weil sie keine zeitnahe Kündigung ausgesprochen habe, so die Ansicht der Beklagten zu 2) und 3), treffe sie an der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden.

Die Beklagten zu 2) und 3) bestreiten mit Nichtwissen, dass die Immobilie der Klägerin nicht frist- und vertragsgemäß überlassen worden sei. Es sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, weshalb noch am 10.07.2017 Räumungsklage erhoben worden sei, ohne eine Reaktion auf eine mit demselben Tag ausgesprochene Kündigung abzuwarten.

Ferner sei das Mietverhältnis mit Herrn …, so die weitere Ansicht der Beklagten zu 2) und 3) mangels Genehmigung ihrerseits schwebend unwirksam gewesen. Weil die Klägerin von dem faktischen Aufenthalt des Herrn … unstreitig schon vor dem notariellen Kaufvertrag Kenntnis gehabt habe, ließen sich hieraus keine Schadensersatzansprüche herleiten.

Eine vergleichsweise Einigung mit Herrn … bzgl. des Auszugs bestreiten sie mit Nichtwissen. Für eine Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltskosten fehle es, so ihre Ansicht, an einem Verzug des Herrn …. Der im Streitwert deutlich übersetzte Räumungsprozess habe wegen der Unwirksamkeit des Mietvertrages nicht verglichen, sondern mit dem Ergebnis der Kostenentlastung durch eine Entscheidung nach § 91a BGB oder streitig beendet werden müssen.

Die klägerseits im Zusammenhang mit dem Räumungsprozess entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten bestreiten die Beklagten zu 2) und 3) schließlich ebenso Nichtwissen, wie die Notwendigkeit eines Umzugswagens und von Müllcontainern. Die mit 820,00 EUR in Anrechnung gebrachte Arbeitszeit sei bereits nicht hinreichend substantiiert begründet. Gleiches gelte für den mit 1.000,00 EUR bezifferten Nutzungsausfall.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Protokolle zur mündlichen Verhandlung vom 18.07.2018 (Bl. 159 ff. dA) und vom 08.05.2019 (Bl. 477 ff. dA) Bezug genommen.

Die Akte des Amtsgerichts Düren zu dem Aktenzeichen 47 C 253/17 war beigezogen und wurde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 249 BGB, jedoch nur in Höhe von 334,75 EUR.

a)

Hinsichtlich der Haftung der Beklagten dem Grunde nach für solche Schäden, die klägerseits aufgrund des längeren Verbleibs von Herrn … in dem streitgegenständlichen Objekt entstanden sind, bestehen keine Bedenken.

Die Kaufsache litt vorliegend an einem Rechtsmangel i.S.d. § 435 Satz 1 BGB. Danach ist die Sache nur dann frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug hierauf keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte geltend machen können. Hierzu zählen auch obligatorische Rechte wie Mietverhältnisse (Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl. 2019, § 435 Rn. 10 m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt. Es bestand tatsächlich entgegen der Zusicherung im notariellen Kaufvertrag ein Mietverhältnis des Herrn … auf Grundlage des Vertrages mit dem Beklagten zu 1) vom 29.01.2010. Ob der Mietvertrag mangels Genehmigung der Beklagten zu 2) und 3) schwebend unwirksam war, kann dahinstehen. Denn bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne eines Ausdrucks zu haften, § 133 BGB. Dies gilt auch für die Auslegung notarieller Urkunden (Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 133 Rn. 19 m.w.N.). Danach kam es den Parteien bei Vereinbarung der vorbenannten Klausel notwendig darauf an, dass der Klägerin und Herrn … das Wohnhaus nach Auszug des Beklagten zu 1) zur freien Verfügung stehen würde, ohne dass Dritte hieran (berechtigt oder unberechtigt) Besitzrechte beanspruchen. Das folgt auch aus § 5 Ziff. 3 des Kaufvertrages und der darin enthaltenen Bestätigung der Beklagten, wonach der Beklagte zu 1) das Vertragsobjekt derzeit noch selbst bewohne und bis zum 30.06.2017 in dem Objekt verbleiben könne, ohne dass hierdurch ein Mietverhältnis begründet würde. Die Gesamtregelung ergäbe keinen Sinn, wenn weitere Bewohner des Grundstücks hiervon unberücksichtigt und insoweit bestehende Rechte über den 30.06. erhalten bleiben sollten.

Das gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Verschulden der Beklagten wird vermutet. Der Entlastungsbeweis ist ihnen nicht gelungen. Seitens des Beklagten zu 1) ist schon nicht vorgetragen worden, weshalb die Zusicherung im Notarvertrag trotz Kenntnis des vorhandenen Mietvertrags mit Herrn … erfolgt ist. Sollte er tatsächlich aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht in der Lage gewesen sein, den Notarvertrag zu lesen, oder den Vortrag des Notars zu verstehen, wäre es an ihm gewesen, hierauf aufmerksam zu machen. Eine entsprechende vertragliche Zusicherung durch Unterschreiben der Verhandlungsurkunde ist dann jedenfalls als fahrlässig zu werten. Gleiches gilt im Ergebnis für die Beklagten zu 2) und 3). Die auch durch ihre Unterschrift validierte Zusicherung hinsichtlich Drittberechtigter an dem Wohnhaus haben sie jedenfalls fahrlässig erteilt. Es wäre an ihnen gewesen, sich bei dem Beklagten zu 1) konkret über das Bestehen irgendwie gearteter Mietverhältnisse zu erkundigen, oder jedenfalls eine eigene Überprüfung des Objektes zu verlangen. Dies haben sie unstreitig nicht getan, obwohl sie wiederum unstreitig wussten, dass Frau … sich in dem Wohnhaus aufhält. Dabei wird ihnen entgegen ihrer Ansicht gerade keine anlasslose Pflicht auferlegt. Das wäre ggf. zu erörtern, wenn die Parteien im Notarvertrag keine ausdrückliche Regelung getroffen hätten, die Beklagten zu 2) und 3) keine Kenntnis von Frau … gehabt hätten und die Klägerin sich trotz dessen auf § 435 BGB berufen würde. Vorliegend haben die Beklagten aber eine ausdrückliche notarielle Zusicherung unterschrieben, ohne sich über deren Richtigkeit anlässlich der konkreten Umstände hinreichend abzusichern. Weil ihnen damit ein eigener Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, ergibt sich auch nichts anderes aus § 425 BGB.

Etwaige Ansprüche der Klägerin sind auch nicht ausgeschlossen gemäß § 6 des notariellen Kaufvertrags, weil sich der darin enthaltene Gewährleistungsausschluss (nur) auf Sach- und nicht auf Rechtsmängel bezieht.

Eine Haftung der Beklagten ist schließlich nicht gemäß § 442 Abs. 1 BGB wegen positiver Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Mietverhältnisses mit Herrn … ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Klägerin aufgrund vorheriger Besichtigungen hätte erkennen können, oder erkannt hat, dass Teile der mitverkauften Räumlichkeiten von Herrn … belegt bzw. von diesem angemietet waren. Denn erneut handelt es sich gerade nicht um einen Fall, in dem sich der Käufer ohne besondere Regelung im notariellen Kaufvertrag auf einen Rechtsmangel wegen des Besitzanspruchs Dritter beruft. Vielmehr haben die Parteien dahingehend ausdrücklich eine Vereinbarung getroffen. Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage darauf vertrauen, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Miet-)Rechte Dritter nicht (mehr) bestanden.

b)

Der Höhe nach beschränkt sich der Anspruch der Klägerin auf einen Betrag von 334,75 EUR.

(1)

Die Beklagten sind als Gesamtschuldner zum Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verpflichtet, die der Klägerin für die Kündigung des Herrn … in vorbenannter Höhe entstanden sind.

Insoweit ist die Klägerin zunächst aktivlegitimiert. Sie ist Gesamtschuldnerin des Gebührenanspruchs ihres Prozessbevollmächtigten, damit zum Ausgleich der gesamten Forderung verpflichtet und berechtigt, die Beklagten auf Ersatz dieser Kosten in voller Höhe in Anspruch zu nehmen, ohne dass es einer Abtretung durch Herrn … bedarf. Im Übrigen begegnet die Abtretung durch Herrn … keinen rechtlichen Bedenken. Die Abtretung von Ansprüchen, um dem Zedenten den Status eines Zeugen zu verschaffen, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (OLG Köln, VRS 96, 327) und wäre allenfalls im Rahmen der hier nicht erforderlich gewordenen Beweiswürdigung zu berücksichtigen gewesen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) und 3) kommt es für die Ersatzfähigkeit der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren im Übrigen nicht darauf an, ob sich Herr … im Zeitpunkt der Beauftragung des klägerseitigen Bevollmächtigten bereits in Verzug befand. Die Rechtsanwaltskosten sind vielmehr als Teil des oben begründeten Schadensersatzanspruches wegen der festgestellten Vertragsverletzung durch die Beklagten zu ersetzen. Zur Durchsetzung ihres Rechts auf ungehinderten Besitz an dem Wohnhaus durfte die Klägerin sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Es war auch erforderlich i.S.d. § 249 BGB, das Mietverhältnis mit Herrn … jedenfalls vorsorglich für den Fall zu kündigen, dass es Wirksamkeit beanspruchen sollte bzw. das hierin liegende Räumungsverlangen zu konkretisieren, bevor es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. Zu einer früheren Kündigung war die Klägerin, die der notariellen Vereinbarung Glauben schenken und sich auf eine vollständige Räumung des Grundstücks zum 30.06.2017 verlassen durfte, nicht veranlasst.

Die Forderung begegnet auch der Höhe nach keinen Bedenken. Die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts für die vorgerichtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kündigung eines Mietverhältnisses ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 41 Abs. 2 GKG nach dem einjährigen Bezug der Nettomiete, hier jedenfalls 250,00 EUR, zu berechnen (vgl. BGH, Teilversäumnis- und Schlussurt. v. 14.03.2007 – VIII ZR 184/06, NZM 2007, 396). Bei einem Gegenstandswert von (12 x 250,00 EUR =) 3.000,00 EUR beläuft sich die 1,3-fache Gebühr einschließlich Kostenpauschale und Mehrwertsteuer auf 334,75 EUR.

Die Zinsforderung folgt aus § 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB, nachdem die Klägerin die Beklagten unstreitig durch Schreiben vom 20.09.2017 mit Fristsetzung zum 15.10.2017 zur Regulierung aufgefordert hat. Nach erfolglosem Ablauf der Frist befanden sich die Beklagten entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag in Verzug.

(2)

Die darüber-hinaus in der Hauptsache geltend gemachten Schadenspositionen stehen der Klägerin unabhängig von der Frage ihrer Aktivlegitimation jedoch nicht zu.

(a)

Das gilt zunächst für die beanspruchten Kosten des Räumungsverfahrens. Soweit das Amtsgericht Düren in dem Verfahren zu dem Aktenzeichen 47 C 235/17 Gerichtskosten von 801,00 EUR gemessen an einem Streitwert von 12.000,00 EUR eingefordert hat, ist der beigezogenen Akte bereits nicht zu entnehmen, dass die Klägerin einen solchen Vorschuss erbracht hätte.

Darüber hinaus waren Ausgaben für das Kündigungsverfahren, einschließlich der letztlich angefallenen 267,00 EUR für die Beendigung durch Klagerücknahme und der Rechtsanwaltsgebühren, nicht erforderlich i.S.d. § 249 BGB. Denn nach dem Vortrag der Klägerin ist die Kündigung am 10.07.2017, also zeitgleich mit der Klageerhebung auf Räumung, ausgesprochen worden. Es wäre aber, jedenfalls innerhalb einer kurzen Frist, geboten gewesen, eine Reaktion des Herrn … auf die Kündigung abzuwarten, bevor das Begehren anhängig gemacht wird. Dass Herr … einen Auszug jedenfalls nicht kategorisch abgelehnt hat, ergibt sich ebenfalls aus dem Vortrag der Klägerin, wonach sie binnen einer Frist von weniger als einem Monat eine Einigung mit dem Ergebnis erwirkt haben will, dass dieser ausgezogen ist.

(b)

Hinsichtlich der geltend gemachten Nutzungsentschädigung fehlt es jedenfalls an hinreichenden Anhaltspunkten für die Bemessung der Schadenshöhe. So hat die Klägerin für das gesamte Objekt einen Nutzungsausfall von 1.000,00 EUR für den Zeitraum vom 30.06.2017 bis zum 01.08.2017 zugrunde gelegt, ohne dies etwa durch Angabe einer Vergleichsmiete zu substantiieren. Das kann den Anforderung, die § 138 Abs. 1 BGB an die Erheblichkeit parteilichen Vorbringens stellt, insbesondere deshalb nicht genügen, weil die Beklagten jeweils mit der Klageerwiderung die Nachvollziehbarkeit der Forderung dem Grunde und der Höhe nach gerügt haben. Hierauf hat die Klägerin nicht mehr repliziert.

(c)

Gleiches gilt im Ergebnis für die Anmietung von Containern zum Gesamtpreis von 543,35 EUR. Deren Notwendigkeit ist beklagtenseits bestritten worden, ohne dass die Klägerin dem entgegengetreten wäre. Ihre Beweisangebote zu dem Schadenskomplex „Müllbeseitigung“ beschränken sich vielmehr auf die Behauptung, dass unberechtigt zurückgelassene Gegenstände weggeräumt worden sind und dass hierfür Container beschafft wurden. Dass dies auch erforderlich war, ist weder dargelegt, noch unter Beweis gestellt worden.

Auch etwaig für den Arbeitsaufwand bei der Müllbeseitigung entstandene Kosten in Höhe von 820,00 EUR hat die Klägerin trotz entsprechenden Einwands nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Es fehlt bereits an hinreichenden Anhaltspunkten, die es ermöglichen würden, die hierfür aufgewandte Zeit nachzuvollziehen. So hat die Klägerin zwar vorgetragen, am 23.07.2017 sei von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr von den Herren … und … Müll entsorgt und am 17.08.2017 während weiterer sieben Stunden in den Container verfrachtet worden. Soweit darüber hinaus auch am 02.08.2017 und am 03.08.2017 mit einer weiteren Person Müll entsorgt worden sein soll, fehlt es hierzu jedoch an jeder Zeitangabe. Schließlich bleibt der Umfang der angesammelten bzw. entsorgten Gegenstände ebenso offen, wie der Stundenlohn, der dem Gesamtbetrag von 820,00 EUR zugrunde liegen soll.

(d)

Auch etwaige Kosten für die Beschaffung eines Umzugswagens sind nicht Teil des berechtigten Schadensersatzbegehrens. In Abgrenzung zu einem Schaden i.S.e. unfreiwilligen Vermögenseinbuße handelt es sich hierbei nach dem klägerischen Vortrag um eine auf Grundlage eines Vergleichs getroffene, mithin freiwillige Aufwendung.

Aufwendungen sind wiederum nur unter den Voraussetzungen des § 284 BGB ersatzfähig, was u.a. erfordert, dass der Gläubiger die Ausgabe im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung getätigt hat. Auch diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt. Die Klägerin bzw. Herr … haben den Umzugswagen nach ihrem eigenen Vortrag bestellt und etwaige Ausgaben hierfür getätigt, als sie mit einer Erfüllung durch die Beklagten schon nicht mehr gerechnet hat.

2.

Die Beklagten sind schließlich gem. § 249 BGB verpflichtet, die dem hiesigen Verfahren vorausgehenden außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin zu ersetzen. Die Klägerin durfte sich zur vorgerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche auf Schadensersatz anwaltlicher Hilfe bedienen und die Beklagten anwaltlich mit Schreiben vom 20.09.2017 zum Schadensersatz auffordern lassen. Dem Anspruch ist jedoch der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten, vorgerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderung entspricht. Das ist vorliegend ein Gegenstandswert von 334,75 EUR. Die zu ersetzende 1,3-fache Gebühr einschließlich Kostenpauschale und Mehrwertsteuer liegt somit bei 83,54 EUR.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Für eine Entscheidung entsprechend § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bestand kein Raum, weil die Beklagten gemessen an dem Gesamtstreitwert zwar in einem Umfang von unter 10% unterlegen sind, der berechtigte Teil der Forderung jedoch einen Gebührensprung von mehr als 10 % verursacht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708, 709, 711 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 4.028,26 EUR festgesetzt.

 

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