Skip to content
Menü

Videoüberwachung des Sondereigentums in WEG-Anlage zulässig?

AG Schöneberg, Az.: 771 C 82/16, Urteil vom 02.06.2017

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Schöneberg, WEG Abteilung 771, auf die mündliche Verhandlung vom 11.05.2017 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Videoüberwachung
Foto: elenathewise / Bigstock

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft B. Straße in B..

Die Wohnungseigentümer T. und S. sind Sondereigentümer der nebeneinander liegenden Stellplätze …..in der Tiefgarage der Anlage. Im Bereich der Stellplätze ist an der Wand ein Sprengwasserzähler angebracht.

In der Vergangenheit kam es im Bereich dieser beiden Stellplätze mehrfach zu Unannehmlichkeiten sowie zu einer Sachbeschädigung durch Unbekannte.

In der Eigentümerversammlung vom 25.05.2016 fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 8 (laufende Nummer 90 der Beschlusssammlung) den Beschluss, dass die Wohnungseigentümer T. und S. eine Überwachungskamera in der Tiefgarage auf eigene Kosten einbauen dürfen, um ihr Eigentum besser überwachen und schützen zu können.

Der Beschluss wurde mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 09.01.2017 für ungültig erklärt.

In der Eigentümerversammlung vom 02.11.2016 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich zu TOP 2 den folgenden „Klarstellungsbeschluss der lfd. Nur. 90 der Beschlusssammlung“:

„Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die zur laufenden Nummer 90 der Beschlusssammlung erteilte Genehmigung dahingehend eingeschränkt wird, dass die Installation einer Überwachungskamera nur dergestalt erfolgen darf, dass mehr als der Bereich der Stellplätze 17 und 18 von der installierten Kamera nicht erfasst werden darf.

Zu diesem Zweck wird den Eigentümern T. und S. erlaubt, an der Garagendecke mittig zwischen den Stützpfeilern der Stellplätze 17 und 18 eine Kamera so anzubringen, dass diese von dort die Außenwand erfasst, hier wiederum begrenzt durch jene links und rechts vorhandenen Eckpfeiler, die mit der Außenwand verbunden sind.

Die Kosten der vorbezeichneten Maßnahme tragen die Eigentümer T. und S.. Dies gilt auch für notwendige Erneuerungs- und Unterhaltungskosten.“

Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 02.11.2016, Bl. 4 – 5 d. A., Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, die Kamera erfasse den an der Außenwand der Tiefgarage installierten Sprengwasserzähler.

Sie ist der Ansicht, der Beschluss zu TOP 8 widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Bei der Installation der Überwachungskamera handele es sich um eine bauliche Veränderung, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe. Das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Mitbenutzer der Garage sei durch den klarstellenden Beschluss immer noch nicht ausreichend geschützt, da die durch den Beschluss genehmigte Überwachungskamera auch die Gemeinschaftseigentum stehende Außenwand sowie den Wasserzähler erfasse. Um Missbrauch zu vermeiden, hätte der Kameratyp festgelegt werden müssen. Der Beschluss verstoße weiterhin gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes.

Die Klägerin hat sich mit am 02.12.2016 bei Gericht eingegangener Klageschrift, die den Beklagten nach Einzahlung am 15.12.2016 des unter dem 09.12.2016 angeforderten Gerichtskostenvorschusses am 03.01.2017 zugestellt worden ist, gegen die Beschlüsse zu TOP 1 und 2 gewendet. Nach Klagerücknahme im Übrigen beantragt sie zuletzt, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.11.2016 zu TOP 2 (lfd. Nr. 92 der Beschlusssammlung) bezüglich der Installation einer Überwachungskamera in der Tiefgarage für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Es liege bereits mangels erheblichen Substanzeingriffs keine bauliche Veränderung vor, zumal die Kamera nicht angeschraubt werden müsse, sondern angeklebt werden könne.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige, insbesondere vor dem gemäß § 43 Nr. 4 WEG zuständigen Gericht erhobene Klage ist, soweit nach der teilweisen Klagerücknahme noch in der Sache zu entscheiden war, nicht begründet.

Die materiell-rechtlichen Anfechtungs- und Begründungsfristen gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG sind zwar eingehalten; der angegriffene Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.11.2016 zu TOP 2 entspricht aber ordnungsmäßiger Verwaltung.

1. Ob die Installation einer Videokamera im Sondereigentum eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG darstellt, kann offen bleiben. Selbst wenn wegen ihrer baulich-optischen Wirkung eine bauliche Veränderung anzunehmen wäre, entspräche die Maßnahme mangels einer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung.

2. Nach § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem Sondereigentum und dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Unter einem Nachteil in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als ein solcher Nachteil; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH, Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10).

a) Sein Sondereigentum darf ein Wohnungseigentümer überwachen, wenn die Überwachung nicht auch fremdes Sondereigentum oder gemeinschaftliches Eigentum sowie öffentliche Flächen oder fremde Grundstücke erfasst. Die theoretische Möglichkeit einer manipulativen Veränderung der Anlage, so dass die Überwachung danach nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche, begründet alleine ihre Unzulässigkeit nicht; konkrete Umstände müssen eine Manipulation nahelegen (BGH, Urteil vom 16.03.2010 – VI ZR 176/09).

aa) Der angegriffene Beschluss legt fest, dass nur der Bereich der Stellplätze 17 und 18 von der Kamera erfasst werden darf. Zwar befindet sich an der Außenwand ein Sprengwasserzähler. Ob dieser von der Kamera erfasst wird, kann offen bleiben. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, entspräche der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. Es ist den übrigen Wohnungseigentümern und erst recht nicht Dritten gestattet, die im Sondereigentum der Wohnungseigentümer T. und S. stehenden Stellplätze zu betreten, um den Zähler abzulesen. Ein Wohnungseigentümer, in dessen Sondereigentum sich ein Zähler befindet, hat nur das Ablesen der Zähler nach vorheriger Absprache durch befugte Personen zu dulden. Zum Kreis der befugten Personen gehören etwa der Verwalter und der Hausmeister, nicht jedoch andere Wohnungseigentümer. Es ist Sache der Sondereigentümer T. und S., für die Dauer der Ablesung ggf. für eine Unterbrechung der Videoübertragung zu sorgen.

bb) Der Beschluss legt fest, dass sich der Erfassungswinkel allein auf das Sondereigentum der Eigentümer T. und S. erstrecken darf. Konkrete Umstände für eine manipulative Veränderung der Kameraausrichtung, so dass Dritte eine Überwachung durch die Kamera objektiv befürchten müssen, sind von den Klägern nicht dargetan. Die Tatsache, dass benachbarte Parteien vor Gericht Rechtsstreitigkeiten austragen, rechtfertigt für sich genommen nicht die Befürchtung einer Partei, künftig in den Überwachungsbereich einer Videoanlage einbezogen zu werden (BGH Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10).

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin muss in dem Beschluss kein bestimmter Kameratyp festgelegt werden. Der Beschluss regelt den Erfassungsbereich der Überwachungskamera; die Installation einer Kamera mit 360 Grad-Rundumsicht wäre von dem Beschluss nicht gedeckt.

c) § 6b BDSG ist nicht einschlägig, da die Beschlussfassung nicht die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume betrifft. Erfasst wird nur das Sondereigentum der Eigentümer T. und S..

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!